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4 DIE ERFASSUNG VON UMWELT- UND RESSOURCENKONFLIKTEN IM

4.4 B RANCHENANALYSE ANHAND DER D ATEN VON OEKOM RESEARCH

4.4.2 Bergbau und Metalle

Unter der Branchenbezeichnung Bergbau und Metalle (Metals & Mining) bewertet oekom research 20 Unternehmen, davon nur zwei Unternehmen aus Deutschland, die Bergbau betreiben oder die daraus gewonnenen Erze zu Metallen verarbeiten (Norddeutsche Affinerie und Thyssen Krupp). Dreiviertel aller Unternehmen weisen kontroverse Aktivitäten im Bereich Umwelt auf (siehe Diagramm).

Abbildung 6: Kontroverse Aktivitäten - Umwelt (Bergbau & Metalle)

(Eigene Darstellung, basiert auf Daten von oekom research) Insgesamt werden 28 kontroverse Aktivitäten im Bereich Umwelt erfasst, wobei nur zwei Kontroversen mehr als ein Unternehmen betreffen. Dies könnte sehr verschiedene Gründe haben. Erstens, die Projekte werden von einzelnen Unternehmen finanziert und durchgeführt, ohne dass sich weitere Unternehmen dieser Branche daran beteiligen.

Zweitens, kontroverse Bergbauaktivitäten sind prinzipiell vermeidbar und treten nur auf, wenn sich Unternehmen vereinzelt an besonders kontroversen Investitionen und Projekten beteiligen. Die zweite Vermutung wird dadurch verstärkt, dass die Unternehmen ohne Kontroversen keiner bestimmten Gruppe angehören; sie sind aus verschiedenen euro-päischen und nicht-euroeuro-päischen Ländern und von unterschiedlicher Größe. Damit kann eine methodische Befangenheit auf Grund der Medienanalyse in diesem Fall ausgeschlossen werden.

Auf Grund mangelnder Nachfrage hat oekom research für diese Branche kein aktuelles Rating und damit keine aktuellen Informationen zu soziokulturellen Kontroversen erfasst. Um dennoch Einblick in konfliktrelevante soziopolitische Faktoren zu erlangen, wird hier auf den Indikator Menschenrechtsverletzungen zurückgegriffen. Bei diesem Indikator werden aller-dings nur Verstöße im Rating gewertet, die tatsächlich durch ein Urteil als Menschenrechts-verletzungen anerkannt werden. Keiner der sechs erfassten Fälle wird in dieser Kategorie bewertet, da zwei Fälle verjährt sind und es zu den übrigen Fällen keine rechtskräftigen Anklagen oder Urteile gibt.36

36

Unter den Ländern, in den es durch Bergbauaktivitäten zu Menschenrechtskontroversen kommt werden Kolumbien und Ghana genannt. Überwiegend wird allerdings das Vorgehen der Unternehmen allgemein kritisiert und auf verschiedenen (unbenannte) Länder verwiesen.

20

15

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0 5 10 15 20 25 30

Anzahl

Unternehmen insgesamt Unternehmen mit Kontroversen Kontroverse Aktivitäten Umweltkontroversen

Abbildung 7: Menschenrechtsverletzungen (Bergbau % Metalle)

(Eigene Darstellung, basiert auf Daten von oekom research) Trotz der geringen Anzahl an Kontroversen zeigt dieses Diagramm deutlich, dass nur ein Fünftel der Unternehmen der Branche ‚Bergbau und Metalle’ bei oekom research mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.

Die Länder, in den es durch Aktivitäten der Bergbau- und Metallbranche zu Umweltkontroversen kommt, sind Australien, Brasilien, Griechenland, Großbritannien, Indien, Indonesien, Kanada, Papua Neuguinea, Peru, Phillipinen, Sambia, Südafrika, USA, sowie das Flussgebiet des Amazonas. Menschenrechtsverletzungen betreffen Botswana, Ghana, Indonesien und Kolumbien.

Auch hier wird ein qualitativer Unterschied zwischen den Umweltkontroversen in Industrie- und Transformationsländern und Entwicklungsländer deutlich. In Industrie- und Transfor-mationsländern werden im Umweltbereich der hohe Wasserverbrauch oder Schadstoff-emissionen kritisiert. Ekuador hingegen beklagt den Verlust von mehr als 10.000 kmP2P Regenwald durch Ölverseuchung und Schaden durch die Einleitung von 75,71 Milliarden Liter hochgiftigen Abwassers37 in den Amazonas.

Auffallend ist zudem, dass fast alle Kontroversen direkt im Tätigkeitsbereich des Ressourcenabbaus sowie dem Bau von dafür notwendigen Infrastrukturen (vor allem Dämme) auftreten. Im Umweltbereich führen wiederum sehr häufig der unverantwortliche Umgang mit giftigen Chemikalien zu Wasserverschmutzung und der hohe Wasserverbrauch

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Das Abwasser war durch die im Bergbau verwendeten Chemikalien sowie freigesetzten Schwermetalle vergiftet.

20

4

6

0

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

Anzahl

Unternehmen insgesamt Unternehmen mit Kontroversen

Kontroverse Aktivitäten Verurteilte Menschenrechtsverstöße Kontroverse um Menschenrechtsverletzungen

der Branche zu Wassermangel. Beides hat unmittelbar negative Folgen für die Bevölkerung.

Je nach Ausmaß und Abhängigkeit der Anwohner von Wasser und Landwirtschaft kann dies zu gravierenden Gesundheitsschäden und Einkommensbußen führen. Nach Angaben der Daten von oekom research, kommt es in der Bergbau- und Metallbranche auch häufig zu Verletzungen arbeitsschutzrechtlicher Regelungen durch ungeschützten und unaufgeklärten Umgang mit giftigen Chemikalien, der zu Todesopfern und Gesundheitsschäden führt.

Weitere Kontroversen betreffen Proteste der örtlichen Bevölkerung gegen Bergbauaktivitäten die zu Menschenrechtsverletzungen und Gewaltkonflikten mit Sicherheitskräften der Regierung führen.

Internationale Umweltverbände sind die Informationsquellen vieler von oekom research erfassten kontroversen Bergbauaktivitäten. Sie kritisieren Bergbaukonzerne für gravierende Umweltverschmutzungen, die aber nicht unbedingt gegen das jeweilige nationale Umweltrecht verstoßen. Beispielsweise dürfen in manchen Ländern Abwässer aus dem Bergbau ohne weitere Behandlung im begrenzten Umfang in fließende Gewässer eingeleitet werden. In solchen Fällen verstoßen Unternehmen zwar nicht gegen geltendes Recht, allerdings wird ihnen vorgeworfen, die niedrigen Umweltstandards dieser Länder gezielt zu nutzten und dabei die Folgen für die örtliche Bevölkerung in Kauf zu nehmen. Auch ohne einen konkreten Rechtsverstoß führen solche Fälle immer wieder zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten, wenn Anwohner Industrieanlagen sabotieren.

Die von oekom research erfassten Menschenrechtsverletzungen betreffen durchweg Zwangsumsiedlungen. Dabei werden Menschen ohne oder ohne auszureichende Kompensation oder sogar mit Gewaltanwendung von Seiten der Regierung und mit Billigung des Unternehmens umgesiedelt. Die geringe Anzahl der erfassten Kontroversen zu Menschenrechtsverletzungen soll nicht über das qualitative Ausmaß dieser Kontroversen hinwegtäuschen. So sind beispielsweise besonders indigene Bevölkerungen von Zwangsum-siedlungen betroffen, deren Minderheitenschutz gravierend verletzt wird. UmZwangsum-siedlungen bedeuten für diese Gruppen zumeist auch das Ende ihrer indigenen Lebensweise und Kultur. Auch verdeckt die Zahl der Fälle die Anzahl der dadurch betroffenen Bevölkerung.

Dies betrifft beispielsweise die Zwangsumsiedlung von 50.000 Menschen indigener Bevölke-rungsgruppen ohne ausreichende Kompensation in Ghana auf Grund von zwei Berg-bauvorhaben. Ein weiterer Fall fällt aus dem üblichen Erhebungsraster und wurde hier eben-falls nur als ein Fall gezählt, nämlich die öffentliche Verurteilung der Aktivitäten Rio Tintos durch das Britische Parlament im Jahr 1998. Das Unternehmen wird beschuldigt in vielen der 40 Länder seiner Tätigkeit Menschenrechte verletzt, Anwohnergemeinschaften und Umwelt zerstört sowie die Lebensgewohnheiten von Ureinwohnern missachtet zu haben.

Zusammenfassend lässt sich aus der oekom research Information für die Branche „Bergbau und Metalle“ ein vergleichsweise hohes Maß an Umweltzerstörung feststellen. Besonders in Entwicklungsländern ist in manchen Fällen der Schaden dieser Zerstörung gravierend, wie das Beispiel Ekuador zeigt. Dadurch leidet besonders die örtliche Bevölkerung, die häufig nicht kompensiert wird und sich manchmal gewaltsam gegen die Unternehmen wehrt. Um Bergbaumaßnahmen zu ermöglichen werden zudem Anwohnergruppen unfreiwillig oder gewaltsam umgesiedelt und dabei Menschenrechte verletzt. Besonders indigene Bevölkerungsgruppen leiden unter solchen Zwangsumsiedelungen. Die Analyse der Bergbaubranche anhand der oekom research Daten weist auch darauf hin, dass diese

gravierenden Kontroversen nicht die ganze Branche betreffen sondern durch einzelne Unternehmen verursacht werden.