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Die Analyse erfolgte mit einem an der HSLU entwickelten Berechnungstool. Die erarbeitete Berechnungsmethodik bildet neben dem «direkten» Stromverbrauch der Feldgeräte auch deren

«indirekten» Stromverbrauch ab (Speisungsverluste). Dies wird erreicht, indem der ganze Speisungsbaum durchschritten wird – ausgehend von den Feldgeräten bis zum Netzanschluss. Die Berechnungsmethodik wird in den Kapiteln 4.4.1 bis 4.4.4 detaillierter vorgestellt.

Eine erste Version des Berechnungstools wurde im Vorgängerprojekt «Eigenenergieverbrauch der Gebäudeautomation» entwickelt. Diese ist dokumentiert in:

• [1] in Kapitel 5.3 (S. 44 - 46)

• [16] in Kapitel 2.3

• [17] in Kapitel 2.2

Diese erste Version erfuhr im hier dokumentierten Projekt verschiedene Erweiterungen, welche in [18] in Kapitel 2 beschrieben werden. Insbesondere wurde das Tool hinsichtlich Eingabestruktur überarbeitet (Benutzerfreundlichkeit, Vorgabewerte) und um die «Nicht-Gebäudeautomation»

erweitert. Die aktuelle Berechnungsmethodik ist in zwei Konferenzbeiträgen ausführlich dargestellt, [18] und [19].

4.4.1 Ziele und Eigenschaften der Berechnungsmethodik

Bei der Konzeption der Berechnungsmethodik standen folgende Ziele im Vordergrund:

• Generische Methodik: Die Berechnungsmethodik sollte eine generische Methodik sein, d.h. das Berechnungsprinzip sollte unverändert für alle Geräte angewendet werden können, unabhängig

2 Ein Synonym für «Betriebsgerät» ist hier «EVG (elektronisches Vorschaltgerät)».

3 Für Bau 1 waren Messwerte des jährlichen Stromverbrauchs der Beleuchtung vorhanden − der Zeitanteil wurde reduziert auf 5.14% zur guten Übereinstimmung.

vom Gerätetyp. Dies, um die Methodik möglichst einfach, nachvollziehbar und leicht implementierbar zu halten. Dieses Kriterium wurde auch als wichtig erachtet für die Akzeptanz der Methodik bzw. eines Tools bei den anvisierten Anwendern, den GA-Planern.

• Speisungsverluste: Die Verluste der Speisegeräte (und anderer Geräte mit speisender Funktion) sollten näherungsweise korrekt abgebildet werden. Typische Wirkungsgrade bei Nominallast liegen um 85-90%. Das heisst, es fallen bei Nominallast Speiseverluste in der Höhe von 10-15%

der bereitgestellten Leistung an. Werden die Speisegeräte in einem tiefen Teillastbereich betrieben, fallen die Wirkungsgrade teilweise bis unter 50%, wie in [1] (S. 18) gezeigte Messungen belegen. Da Speisegeräte in der Planungspraxis häufig grosszügig dimensioniert werden, dürften deren Speiseverluste deutlich mehr als 10-15% des von allen übrigen Geräten verbrauchten Stroms ausmachen.

• Vollständigkeit: Eine vollständige Abbildung aller Verbräuche soll möglich sein. Dies schliesst insbesondere Verbräuche mit ein, welche über einen Busanschluss bezogen werden.

• Kleiner Aufwand zur Anwendung. Dies im Sinne einer tiefen Anwendungs-Hürde bei den Planern.

• Breite Anwendung: Eignung in einem weiten Bereich des Planungsprozesses – vom frühen Planungsstadium bis zur Detailplanung.

• Aggregierte Auswertungen: Solche sollen automatisch erstellt werden.

Die obengenannten Ziele wurde durch folgende Eigenschaften der konzipierten Berechnungs-methodik erreicht:

Ziel Eigenschaft

Generische

Methodik • Gleiches Gerätemodell, unabhängig vom Gerätetyp

• Angabe des geräteinternen Verbrauchs Speiseverluste

näherungsweise korrekt abgebildet

• Verwendung einer Speisungstopologie

• Die Verlustleistung ist eine lineare Funktion der Ausgangsleistung.

Vollständigkeit • Ein bis mehrere strombeziehende Eingänge pro Gerät Kleiner Aufwand

zur Anwendung • Geringe Anzahl der Eingabe-Objekte: Identische Geräte sind nur einmal zu erfassen. Dies unabhängig davon, wie oft sie im GA-System vorkommen4.

• Geringe Anzahl der Attribute pro Eingabe-Objekt:

a) Zeitliche Mittelwerte der elektrischen Leistung, statt Zeitreihen b) Nur zwei Betriebszustände pro Gerät: «aktiv» und «Standby»

c) Speisungstopologie reduziert die Klassierungseingaben

• Leichte Verfügbarkeit der Eingabe-Daten: Die Basis der Eingaben bildet das Mengengerüst der Feldgeräte (welches ohnehin verfügbar ist beim GA-Planer).

4 Sofern diese identischen Geräte von unter sich wiederum identischen Geräten gespiesen werden.

Breite Anwendung • Die Eingaben sind mit dem fortschreitenden Planungstand ausdetaillierbar.

Aggregierte

Auswertungen • Klassierungsdaten sind Teil der Eingabedaten, um entsprechende Auswertungen automatisch auszugeben.

Die wichtigsten Klassierungen sind:

a) Gebäudeautomation (GA) und Nicht-Gebäudeautomation (nGA)5 b) Ebene der Gebäudeautomation (Feld, Automation, Management) c) Gewerk (Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung, Beschattung) d) Geräteart (Aktor, Sensor, Speisung, …)

4.4.2 Gerätemodell

Die Berechnungsmethodik basiert auf der Eingabe des geräteinternen Stromverbrauchs. Ein Gerät kann sowohl einen fixen Verbrauch aufweisen, wie auch einen linear von der weitergegebenen Leistung abhängigen Verbrauch (Abbildung 1). Zudem kann ein Gerät beliebig viele strombeziehende Eingänge haben. Es stehen zwei Speisungstypen zur Verfügung (Abbildung 2):

• Hauptspeisung: Dieser Strombezug kann teilweise oder vollständig an weitere Geräte weitergegeben werden, auch in gewandelter Form (bezüglich Spannungsniveau, AC/ DC oder auf Bus-Verbindung). Pro Gerät ist nur eine Hauptspeisung zulässig.

• Weitere Speisung: Dieser Strombezug wird vom beziehenden Gerät selbst verbraucht.

Weiter werden die zwei Betriebszustände «aktiv» und «Standby» unterschieden. Damit stehen die in Abbildung 3 gezeigten Zahlenwerte-Eingabefelder für jedes Gerät zur Verfügung.

Abbildung 1:

Gerät mit einem Eingang

Abbildung 2:

Gerät mit mehreren Eingängen

Abbildung 3:

Zahlenwerte-Eingabefelder zum Stromverbrauch

4.4.3 Speisungsbaum

Abbildung 4 zeigt exemplarisch eine Speisungstopologie eines möglichen Gebäudetechnik-Systems. Jedes eingefärbte Rechteck repräsentiert ein Gerät; n bezeichnet, wie oft das Gerät

5 Die Systemgrenze Gebäudeautomation/Nicht-Gebäudeautomation kann durch den Nutzer selbst gezogen werden. Dies, um unterschiedlichen Auffassungen der Systemabgrenzung gerecht werden zu können.

vorkommt. Die Berechnung startet bei den Feldgeräten (Volumenstromregler, Leuchtstofflampe, ...) und schreitet den Speisungsbaum ab bis zum Netzbezug.

Abbildung 4: Speisungs-Topologie eines Beispiel-Gebäudetechnik-Systems

4.4.4 Implementation

Die Berechnungsmethodik wurde als Berechnungstool in Excel umgesetzt. Der eigentliche Berechnungscode wurde dabei in VBA realisiert. Ein Zusatztool erlaubt vergleichende Auswertungen; die Auswertungen in den Kapiteln 6.4 bis 6.6 wurden mit diesem Zusatztool erstellt.

Fallbeispiele (Bauten)

Zur Analyse ausgewählt wurden zwei Bürobauten (Bau 1, Bau 2) sowie ein Hotel (Bau 3). Bau 1 ist seit 2015 in Betrieb, Bau 2 und 3 waren zum Zeitpunkt der Analyse in der Bauphase. Nachfolgend eine Charakterisierung ihrer GA-Systeme. Die Bauten selbst sind in den Kapiteln 5.1 bis 5.3 vorgestellt. Die Analyse vom Bau 1 wurde am brenet Status-Seminar 2020 vorgestellt [20] .

Gewerk Bau 1 Bau 2 Bau 3

GA allgemein Pro vier Raumsegmente eine mit 230 VAC gespiesene

Raumautomationsstation mit integrierten Ein-/Ausgängen.

Die Elemente jedes Raumsegments (Bedienung, Aktoren, Sensoren etc.) sind konventionell oder über EnOcean an die Raumautomationsstationen angeschlossen. Beleuchtung und Präsenzmelder sind über BACnet/DALI-Gateway angebunden.

Die Bedienung erfolgt für alle Gewerke über energieautarke EnOcean-Bediengeräte.

Modulare, mit 24 VAC gespiesene Raumautomationsstationen, welche

Pro Hotelzimmer eine mit 220 VAC gespiesene Raumautomationsstation. Die Raumautomationsstation hat drei integrierte 0..10 V-Ausgänge zur Ansteuerung des Heiz- und des Kühlventils sowie des Lüftungsklappenantriebs. gespiesen mit 24 VAC, Ansteuerung 0..10 V

Thermische und elektromotorische Ventilantriebe, beide gespiesen mit 24 VAC und angesteuert mit 0..10 V. Heizung: thermische Ventilantriebe; Kühlung:

elektromotorische Ventilantriebe.

Lüftung Lüftungsklappenantriebe, gespiesen mit 230 VAC, mit 3-Punkt-Ansteuerung

Lüftungsklappenantriebe, gespiesen mit 24 VAC, Ansteuerung KNX-TP

Lüftungsklappenantriebe, gespiesen mit 24 VAC, Ansteuerung 2..10 V Beleuchtung DALI, präsenzabhängige

Konstantlichtregelung in Bürozonen

DALI DALI, Freigabe der Leuchten via

Hotelcard-Reader Beschattung Die Storensteuerungen sind mit

230 VAC gespiesen und haben integrierte Relais-Ausgänge zur

Die Storensteuerungen sind mit 230 VAC gespiesen und kommunizieren über KNX mit den Storenantriebe.

Tabelle 1: Charakterisierung der GA-Systeme der untersuchten Bauten