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Beide Urm1-Funktionen sind mechanistisch miteinander verknüpft

5. Material und Methoden

3.4 Beide Urm1-Funktionen sind mechanistisch miteinander verknüpft

Der Aktivierungsmechanismus von Urm1 unterscheidet sich von dem anderer eukaryotischer UBLs. So umfasst die Aktivierung des Modifikators die Bildung eines Urm1-Thiocarboxylats (Schmitz et al., 2008). Es wurde nachgewiesen, dass das thiocarboxylierte Urm1 nicht nur als Substrat für die tRNA-Thiolierung dient, sondern wahrscheinlich auch in die Urmylierung eingeht (Leidel et al., 2009; Noma et al., 2009; Van der Veen et al., 2011). Dies führte zu der

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Annahme, dass die Urmylierung durch denselben Schwefeltransferweg vermittelt wird, der ebenfalls zur tRNA-Thiolierung beiträgt. Doch eine solche mechanistische Verknüpfung beider Urm1-Funktionen konnte bisher nicht bestätigt werden.

Um dies zu überprüfen, wurde unter anderem untersucht, ob die Urmylierung Schwefel-abhängig ist. Für die Urm1-vermittelte tRNA-Thiomodifikation konnte bereits eine Schwefelabhängigkeit nachgewiesen werden (Laxman et al., 2013). So ging die tRNA-Thiolierung zurück, wenn Hefezellen in Medium angezogen wurden, dem die Aminosäuren Cystein oder Methionin als Schwefelquellen fehlten. Tatsächlich konnte auch für die Urm1-Konjugation eine Schwefelabhängigkeit demonstriert werden. Dementsprechend war eine Abnahme in der Urmylierung zu beobachten, wenn Hefezellen in Methionin-freiem Medium inkubiert wurden. Eine Schwefelabhängigkeit beider Urm1-Funktionen unterstützt die Annahme, dass diese mechanistisch miteinander verknüpft sind. Vermutlich kommt es bei Schwefelmangel zu einem Rückgang in der Thiocarboxylierung von Urm1, wodurch die tRNA-Thiolierung und wahrscheinlich auch die Urmylierung gehemmt werden. Dieser Rückgang geht womöglich darauf zurück, dass weniger Schwefel für die Bildung des Urm1-Thiocarboxylats bereitsteht. Es konnte aber ebenfalls gezeigt werden, dass Schwefelmangel in Hefe zu einer Reduktion der Uba4-Menge führt (Laxman et al., 2013). Da Uba4 für die Urm1-Aktivierung essentiell ist, sollte dessen Reduktion auch zu einer eingeschränkten Thiocarboxylierung des Modifikators führen. Demnach scheint die Bildung des Urm1-Thiocarboxylats, auf unterschiedliche Weise reguliert zu werden. Vermutlich ist es für Hefen von Vorteil, die Urm1-Thiocarboxylierung an die Schwefelverfügbarkeit anzupassen. So erlaubt dies beispielsweise eine Regulation der tRNA-Thiolierung. Eine Verminderung der tRNA-Thiomodifikation trägt wahrscheinlich dazu bei, dass Hefezellen Schwefelmangel besser überstehen können (Laxman et al., 2013). Zum einen beeinflusst dies die Genexpression und das Zellwachstum. Zum anderen wird durch einen Rückgang der tRNA-Thiolierung der Schwefelverbrauch auch allgemein reduziert. Dies hat womöglich zur Folge, dass mehr Schwefel für andere physiologische Prozesse bereitgestellt wird. Es bleibt fraglich, welche Auswirkung eine verminderte Urmylierung bei Schwefelmangel hat. Allgemein könnte dies ebenfalls dazu beitragen, dass der Schwefelverbrauch in der Zelle reduziert wird.

Es ist aber auch möglich, dass sich ein Rückgang der Urmylierung auf die Aktivität bestimmter Proteine auswirkt.

Nicht nur bei Schwefelmangel, sondern auch in einem tum1∆-Hintergrund kam es zu einer Reduktion der Urmylierung. Tum1 ist eine Schwefeltransferase, die einen indirekten Schwefeltransport von Nfs1 auf Uba4 vermittelt (Noma et al., 2009). Dementsprechend spielt

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es eine wichtige Rolle bei der Bildung des Urm1-Thiocarboxylats. Es ist bekannt, dass ein Verlust von Tum1 die Urm1-Thiocarboxylierung drastisch einschränkt. Dies konnte unter anderem dadurch gezeigt werden, dass in einer tum1∆-Hefemutante nur noch eine stark reduzierte tRNA-Thiolierung möglich ist (Huang et al., 2008). Dieses Ergebnis konnte in dieser Arbeit reproduziert werden. Demnach ist es wahrscheinlich, dass auch die verminderte Urmylierung im tum1∆-Hintergrund auf eine eingeschränkte Urm1-Thiocarboxylierung zurückgeht. Diese Befunde deuten nicht nur auf eine mechanistische Verknüpfung beider Urm1-Funktionen hin. Gleichzeitig sind diese Ergebnisse auch der erste direkte Hinweis dafür, dass die Urmylierung durch denselben Schwefeltransferweg vermittelt wird, der ebenfalls zur Thiolierung beiträgt. Es wird vermutet, dass die eingeschränkte tRNA-Thiolierung, die im tum1∆-Hintergrund vorhanden ist, auf einen direkten Schwefeltransfer zwischen Nfs1 und Uba4 zurückgeht. Solch eine direkte Schwefelübertragung zwischen beiden Proteinen konnte durch in vitro-Analysen bereits demonstriert werden (Noma et al., 2009). Da die Urm1-Konjugation vermutlich über denselben Schwefeltransferweg vermittelt wird wie die tRNA-Thiolierung, geht wahrscheinlich auch die nachweislich drastisch reduzierte Urmylierung im tum1∆-Hintergrund auf diesen direkten Schwefeltransport zurück.

Nfs1 steht als Cysteindesulfurase am Anfang des Urm1-Wegs (Nakai et al., 2008; Noma et al., 2009). Es entzieht der Aminosäure Cystein den Schwefel, der später für die Bildung des Urm1-Thiocarboxylats verwendet wird. Ohne Nfs1 sollte daher auch keine Thiocarboxylierung des Modifikators möglich sein. Da die Urmylierung anscheinend ebenso von der Bildung des Urm1-Thiocarboxylats abhängig ist wie die tRNA-Thiolierung, sollte nach Verlust von Nfs1 keine Urm1-Konjugation mehr stattfinden. Nfs1 ist jedoch ein essentielles Protein. Es versorgt nicht nur den Urm1-Weg mit Schwefel, sondern ist auch an der Thiolierung mitochondrialer tRNAs und der Bildung von Eisen-Schwefel-clustern beteiligt (Li et al., 1999; Nakai et al., 2004). Dementsprechend ist eine nfs1∆-Mutante nicht lebensfähig (Kolman und Söll, 1993). Bei bisherigen Untersuchungen zur Aufklärung der Nfs1-Funktion wurden häufig Hefestämme verwendet, bei denen das Gen der Cysteindesulfurase unter der Kontrolle eines GAL1-Promotors stand (Kispal et al., 1999;

Nakai et al., 2001). Dieser erlaubt eine Hemmung der NFS1-Expression bei Wachstum auf Glukose-haltigem Medium. Ein solcher Stamm könnte ebenfalls verwendet werden, um den Einfluss von Nfs1 auf die Urmylierung näher zu untersuchen. Hierdurch ließe sich vermutlich klären, ob die Thiocarboxylierung von Urm1 wirklich erforderlich ist, damit der Modifikator an andere Proteine angehängt werden kann. Denn es ist durchaus möglich, dass die Urmylierung bestimmter Proteine Schwefel-unabhängig erfolgt. So scheint zumindest die

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Modifikation von Uba4 durch einen alternativen Weg vermittelt zu werden, bei dem die Bildung eines Urm1-Thiocarboxylats nicht erforderlich ist. Dementsprechend konnte gezeigt werden, dass ein Verlust von Tum1 keinen Einfluss auf die Uba4-Urmylierung hat. Trotzdem scheint für die Modifikation der meisten Proteine die Bildung eines Urm1-Thiocarboxylats notwendig zu sein. Es bleibt jedoch offen, was mit dem im Thiocarboxylat eingebauten Schwefel passiert, wenn Urm1 an andere Proteine angehängt wird. Bei der tRNA-Thiolierung wird der Schwefel dafür verwendet, um am wobble-Uridin der tRNAs tQUUG, tEUUC und tKUUU eine Thiogruppe aufzubauen (Nakai et al., 2008; Leidel et al., 2009; Noma et al., 2009). Bei der Urmylierung kommt es vermutlich zur Entstehung einer Isopeptidbindung zwischen Urm1 und einem Lysinrest im entsprechenden Zielprotein (Van der Veen et al., 2011). Eine solche Bindung enthält aber keinen Schwefel. Es ist denkbar, dass die Urmylierung im Zuge der tRNA-Thiolierung erfolgt. Dementsprechend könnte ein Urm1-Thiocarboxylat seinen Schwefel zuerst für die tRNA-Thiolierung bereitstellen, bevor es anschließend in die Urmylierung eingeht. Doch eine solche direkte Kopplung beider Urm1-Funktionen ließ sich nicht zeigen. Denn in einem ncs2∆- oder ncs6∆-Hintergrund, wo eine tRNA-Thiomodifikation nicht mehr möglich sein sollte, blieb die Urmylierung unverändert.

Auch Goehring et al. (2003b) kamen bereits zu einem vergleichbaren Ergebnis.

Demnach gibt es vermutlich einen alternativen Akzeptor, an den das Urm1-Thiocarboxylat seinen Schwefel abgibt. Dies könnte z.B. auch das Protein sein, mit dem Urm1 kovalent verknüpft wird. Hierbei wäre es beispielsweise möglich, dass der Schwefel auf einen Cysteinrest im Zielprotein übertragen wird. Dies hätte zur Folge, dass es an diesem Cystein zur Entstehung eines Persulfids kommt (Abb. 40). Ein solcher Schwefeltransfer sollte noch

Abbildung 40: Möglicher Mechanismus für die Konjugation von Urm1 an Zielproteine.

Für die Generierung des Urm1-Thiocarboxylats wird der Urm1-Weg benötigt. Dieser vermittelt einen Schwefeltransfer von Cystein auf Urm1. Das erzeugte Thiocarboxylat kann mit Zielproteinen verknüpft werden. Im ersten Schritt wird es über eine Acyldisulfidbindung mit einem Cysteinrest im Substrat verknüpft.

Anschließend erfolgt eine Übertragung von Urm1 auf einen Lysinrest, wobei es zur Ausbildung einer Isopeptidbindung kommt. Der vom Thiocarboxylat eingebrachte Schwefel verbleibt als Persulfid am Cystein.

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vor dem Aufbau einer Isopeptidbindung zwischen Urm1 und einem Lysinrest im Zielprotein erfolgen. Hierbei wäre zu erwarten, dass es ähnlich wie bei der Aktivierung des Modifikators durch Uba4 kurzzeitig zur Entstehung einer Acyldisulfidbindung zwischen Urm1 und dem jeweiligen Cysteinrest im Zielprotein kommt. In der Tat konnte in dieser Arbeit demonstriert werden, dass Urm1 in Hefe βME-sensitive Konjugate bildet. Demnach besteht die Möglichkeit, dass der Modifikator auch mit Cysteinresten in Zielproteinen verknüpft wird. Es lässt sich aber nicht ausschließen, dass die nachgewiesenen βME-sensitiven Konjugate darauf zurückgehen, dass urmylierte Proteine über Disulfidbrücken mit anderen Proteinen interagieren. So konnte beispielsweise das abundanteste βME-sensitive Konjugat als das urmylierte Ahp1-Homodimer identifiziert werden. Trotzdem bleibt bei einer tatsächlich stattfindenden Cysteinmodifikation durch Urm1 fraglich, ob diese unter Ausbildung einer Acyldisulfid- oder Thioesterbindung erfolgt. Für das Ubiquitin wurde bereits gezeigt, dass es nicht nur an Lysin-, sondern auch an Cysteinreste angehängt werden kann (Cadwell und Coscoy, 2005; Williams et al., 2007). Wahrscheinlich kommt es hierbei jedoch zum Aufbau einer Thioesterbindung. Demnach könnte auch Urm1 vorzugsweise über eine solche Bindung mit Cysteinresten verknüpft werden.

3.5 Der Mechanismus der Urm1-Aktivierung ist komplexer als bisher angenommen