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Mit dem nachträglichen Einbau einer Kirchenheizung soll dem Besucher ein besserer Komfort ermöglicht werden.

Seiten wird dabei beachtet, dass dadurch das Raumklima der Kirche stark verändert wird.

* Raumlufttemperatur und Feuchte

Mit dem Heizen wird der Feuchtehaushalt der Kirche stark beeinflusst. Langezeit wurde befürchtet, dass dabei die Feuchtigkeit stark abnimmt (-5% r.F. bei 1 K Temperaturanhebung) und Schäden verursacht, doch wird die

Raumluftfeuchte entscheidend durch weitere Faktoren beeinflusst.

Durch das Erwärmen der Raumluft beim Heizen sinkt deren relative Feuchte. Dadurch wird ein Desorptionsprozess, eine Feuchteabgabe aus den Raumumschliessungsflächen an die Luft, eingeleitet. Dies hat zur Folge, dass die absolute Luftfeuchte der Raumluft langsamer abnimmt als erwartet. Die Sorptionsfähigkeit der Gebäudehülle und der Ausstattung üben also eine feuchtepuffemde Wirkung aus.

Umgekehrt wie beim Aufheizen, jedoch langsamer, spielt der Vorgang bei der Luftabkühlung.

Ein wesentlicher Einfluss des Beheizens, der aus der Betrachtung der relativen Luftfeuchte allein nicht zu erkennen ist, geht aus der Sicht der Taupunkttemperatur hervor.

In unbeheizten Räumen folgt die Taupunkttemperatur der Raumluft mit einer gewissen Dämpfung der Taupunkt-temperatur der Aussenluft.

In der beheizten Kirche ist demgegenüber die Taupunkttemperatur in der Heizperiode infolge von Verdunstungs- und Sorptionsvorgängen innen deutlich höher als aussen. Das heisst, die Kondensationsgefahr bei kalten, nicht

wärmegedämmten Bauteilen der Gebäudehülle nimmt zu.

Taupunktunterschreitungen sind grundsätzlich kritische Zustände und sollten vermieden werden. In Kirchen lassen sie sich aber oft aufgrund von verschiedenen Randbedingungen nicht ganz vermeiden. In solchen Fällen sollte dieser Zustand mit einem angepassten Heizbetrieb auf eine möglichst kurze Zeitdauer limitiert werden.

Fig. 50 Aufheiz- und Abkühlvorgang in der Evang. Kirche Glarus Die in Figur 50 wiedergegeben Messungen bestätigen,

dass beim Aufheizen zusätzliche Feuchte im Spiel ist.

Denn nach rein theoretischen Berechnungen hätte die Feuchte beim Aufheizen auf 25 % r.F. absinken müssen. Tatsächlich ist sie aber nur auf 38,5 % r.F.

gefallen, d.h. dass rund 35 Liter Wasser an die Raumluft abgegeben wurden.

Ein grosser Luftwechsel kann, bei konstantem Heizen auch auf niedrigem Niveau, ein starkes Absinken der Luftfeuchte mit Schadensfolge bewirken. Fenster und Türen müssen daher bei beheizten Kirchen, nicht nur aus energetischen Gründen, dicht sein. Da

Bleiverglasungen z.T. einen grossen Luftdurchlass bewirken, sind äussere Zusatzverglasungen auch wegen der Luftdichtigkeit angebracht.

Besteht die Gefahr, dass Salze an der Oberfläche der Baukonstruktion kristallisieren und damit Bauschäden verursachen, darf durch das Heizen die relative Feuchte nicht unter 55 bis 60 % absinken (das Heizen mit Messprogramm begleiten).

* Heizbetrieb

Aufgrund von Untersuchungen an unbeheizten Kirchen in Deutschland kann geschlossen werden, dass auch beheizte Kirchen zwischen den Belegungen grundsätzlich nicht beheizt werden müssen.

Die Wahl einer Grundtemperatur wird daher vorallem von energetischen und regelungstechnischen Gründen (Aufheizzeit) geleitet sein. Aus energetischen Gründen sollte eine Kirche aber nur geheizt werden, wenn der Kirchenraum belegt ist intermittierend Heizen.

Das zentrale und wichtigste Problem beim Aufheizen ist die Reaktion der verschieden an Gebäude und Inneneinrichtung verwendeteten Materialien auf häufige Temperaturwechsel und die Aufheizgeschwindigkeit.

In diesem Zusammenhang ist vorallem die relative Luftfeuchte von Bedeutung. Als Reaktion wiederum ändert der Feuchtegehalt der an die Luft angrenzenden Materialien.

Zwei Auswirkungen sind bei Änderungen der Stofffeuchte speziell zu beachten:

- Materialabhängige Dimensionsveränderungen (Quellen, Schwinden, Werfen), bei organischen Materialien (z.B. Holz) ist die Ausdehnung in den drei Raumebenen unterschiedlich.

- Durch ein Dampfdruckgefälle zwischen Objekt und Umgebung werden Wasserdampf-Diffusionsvorgänge hervorgerufen, die Materialbewegungen an den Grenzflächen verursachen. Dadurch können durch Stauchung

der Zellwände irreversibler Schwund und Rissbildungen an der Zellstruktur auftreten (z.B. bei Holz, Leinwand-gemälden, Malschichten, usw.).

Eswird vermutet, das häufiges und rasches AuFheizen eine beschleunigter Alterung mit sich bringt. In der Literatur wird daher empfohlen mit 1,5 bis max. 2 Kelvin pro Stunde aufzuheizen.

Auch dünne Malschichten an Bauteiloberflächen sind bei raschen Änderungen des Raumklimas erhöhter mechanischer Belastung ausgesetzt.

Durch die direkte Sonnenbestrahlung können einzelne Flächen ebenfalls - ähnlich oder sogar noch extremer wie beim Aufheizen - unerwünschte Temperaturänderungen erfahren. Dabei muss innerhalb Bruchteilen einer Stunde mit Schwankungen der Oberflächentemperaturen von über 5 Kelvin gerechnet werden.

Eventuelle Taupunktunterschreitungen, speziell beim Lüften im Frühjahr, sind wie bei der unbeizten Kirche zu beachten (Lüften siehe 10.1).

Anforderungen an das Raumklima RAVEL Kirchenheizungen

* Befeuchtung

Eine zusätzliche Luftbefeuchtung muss als gravierender Eingriff ins Raumklima viel gefährlicher als das Heizen -eingestuft werden. Schwere Feuchteschäden an Baukonstruktion, Fenstern und Inneneinrichtung können die Folge sein. Das zyklische Aufheizen, Austrocknen. und anschliessende Nachbefeuchten hat sich in vielen Fällen als Teufelskreis herausgestellt.

Die Luftbefeuchtung wurde in der Vergangenheit oft als Folge eines nicht dem Gebäude angepassten Heizbetriebes angewendet. Speziell bei elektrischen Kirchenheizungen ist es nicht vertretbar, dass Kirchen so stark beheizt werden, dass im nachhinein eine Befeuchtung notwendig wird.

Befeuchtungen sollten deshalb mit grössster Zurückhaltung nach Rücksprache mit Experten und nur unter genauer Beobachtung der Auswirkungen angewendet werden.

In der Nähe der Befeuchtungsgeräte kann es als Folge der Regelhysterese (Differenz zwischen Einund Ausschaltpunkt) zu unerwünschten Feuchteund Temperaturänderungen kommen.

Wenn bereits Tauwasser- oder Frostschäden vorhanden sind, oder die Gefahr dazu besteht (z.B. Einfachverglasung), muss jede Befeuchtung in einer Kirche vehement abgelehnt werden.

Kirchen sind nicht mit klimatisierten Museen zu verwechseln, wo relative Raumluftfeuchten von 60 % als optimal gelten.

3.2 Raumklirna und Orgel Grundsätzliches

Mozart schrieb in einem Brief an seinen Vater: «Die Orgel ist doch in meinen Augen und Ohren der König aller Instrumente». Auch technisch gesehen wird die Orgel als «Königin der Instrumente» bezeichnet. Sie ist auch das vielseitigste Instrument, das ein Spieler beherrschen kann.

Es wäre unvollständig ja sogar fahrlässig, sich mit Kirchenheizungen auseinanderzusetzen ohne speziell auf die Orgel -einem der wichtigsten Ausstattungsgegenstände der Kirchen und gleichzeitig auch klimatisch empfindlichen Instrument - einzugehen.

Das vorliegende Kapitel hat drei Ziele.

Erstens soll es eine kurze Erklärung der Orgel sein. Dabei kann nur das Allerwichtigste erwähnt werden, welches für das Verständnis der Funktionsweise einer Orgel und der Zusammenhänge mit dem Raumklima notwendig ist.