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I. BERICHT DER REGIERUNG

2. Begründung der Vorlage

Erweist sich ein mit Abfall belasteter Standort als sanierungsbedürftig, kommt das Altlastenrecht zur Anwendung. Gemäss Altlastenrecht hat der Verursacher die Kosten einer Sanierung zu tragen. Bei einem Aushub auf einem belasteten Stand-ort, welcher nicht sanierungsbedürftig ist, ist indessen das Abfallrecht anwendbar.

Gemäss Abfallrecht im USG hat der Inhaber des Abfalls die Entsorgung zu finanzie-ren (Art. 51 Abs. 1 USG). Die Anwendung der im Abfallrecht geltenden Bestimmun-gen auf den geBestimmun-genständlichen Fall scheint jedoch unbefriediBestimmun-gend.

In einem klassischen abfallrechtlichen Sachverhalt möchte sich der Inhaber eines nicht mehr benötigten Gegenstands entledigen (z.B. ein Stuhl). Erst durch den Ent-ledigungswillen des Inhabers wird der Gegenstand zum Abfall. Der Inhaber des Stuhls ist folglich auch der Verursacher des Abfalls. Der Inhaber des Abfalls hat diesen den dafür vorgesehenen Sammlungen oder Sammelstellen zu übergeben und auch die Kosten der Entsorgung zu tragen (Art. 51 Abs. 1 USG).

Auch der Grundeigentümer möchte sich im Rahmen eines Bauprojekts mittels Aushub des Bodenmaterials entledigen. Das Aushubmaterial wird durch den Aus-hub folglich zu Abfall. Falls ein Standort mit Abfall belastet ist, führt die Entsorgung des Aushubs zu Mehrkosten im Vergleich zu einem unverschmutzten Aushub.

Dem Abfallrecht folgend hätte der Grundeigentümer die vollumfänglichen Aus-hubkosten zu tragen. Diese Bestimmung scheint jedoch dann unbefriedigend, wenn der Verursacher der Belastung ein anderer als der Grundeigentümer ist.

Denn dabei sollte berücksichtigt werden, dass das Bodenmaterial bereits vorbe-lastet wurde, für dessen Verursachung der Grundeigentümer nicht verantwortlich ist und für dessen Entsorgung der Verursacher in den meisten Fällen keine Kosten tragen musste. Dieses Resultat wird insbesondere als unzureichend empfunden, wenn der Verursacher bekannt ist.

Allenfalls kann der Grundstückeigentümer auf zivilrechtlichem Weg die Kosten auf den Verhaltensstörer überwälzen (Schadenersatzansprüche). Bei zivilrechtlichen Ansprüchen stellen sich indessen zwei Probleme: Die Ansprüche verjähren in Be-zug auf belastete Standorte nach drei Jahren ab Entdeckung, spätestens nach 30 Jahren (§ 1489 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) und sie können nur durch-gesetzt werden, wenn eine vertragliche Haftung oder eine unerlaubte Handlung vorliegt.

Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber an diesen Fall nicht gedacht hat und eine Regelungslücke vorliegt, welche es durch eine entsprechende Gesetzes-änderung zu schliessen gilt. Denn es ist nicht gewünscht, die Folgekosten der Ab-lagerungsstandorte aus den 60/70er-Jahren und anderen belasteten Standorten den individuellen Bauherren der heutigen Generation zu übertragen.

Auch in der Schweiz wurde dieser Fall als planwidrige Unrichtigkeit des Gesetzes wahrgenommen und entsprechend korrigiert. Die Regelung in der Schweiz („Bau-herren-Altlast“, Art. 32bbis CH-USG), welche als privatrechtliche Haftungsnorm

konzipiert ist und dem Eigentümer ermöglicht, in der Regel zwei Drittel der Mehr-kosten vom Verursacher zurückzufordern, stellt jedoch einen politischen Kompro-miss dar, welcher von der Lehre als „Sündenfall“ betitelt wird. Problematisch ist an der Bestimmung unter anderem der Umstand, dass auch frühere Eigentümer als Zustandsstörer belangt werden können, trotz fehlendem Kausalzusammen-hang mit der Belastung.

Daher ist es angebracht, eine für Liechtenstein geeignete Lösung zu finden, welche den hiesigen Gegebenheiten am besten entspricht und der Erstellung eines Katas-ters der belasteten Standorte am besten dient.

Die Analogie zum Altlastenrecht rechtfertigt sich unter anderem deshalb, weil die Handlung des Verursachers (Belastung des Bodens mit Abfall) im Abfall- und Alt-lastenrecht vergleichbar ist. Auf die Auswirkung der Belastung auf die Umwelt (Sa-nierungsbedürftigkeit oder nicht) hat der Verursacher grundsätzlich wenig Ein-fluss. Zwar ist hierfür das Abfallmaterial von Bedeutung, aber auch der Zeitpunkt, wann die Belastung entdeckt wird und die Örtlichkeit bzw. die Nähe zu einem Schutzgut, z.B. die Nähe zum Grundwasser. Folglich ist es vertretbar, den Verursa-cher auch vorliegend in die Verantwortung zu ziehen. Dabei ist zu beachten, dass das Verursacherprinzip keine Unter-Strafe-Stellung rechtswidrigen Verhaltens be-zweckt, sondern lediglich ein Kostenzurechnungsprinzip darstellt. Es umfasst folg-lich auch Umweltbeeinträchtigungen, welche die Rechtsordnung duldet oder frü-her geduldet hat.

Gleichzeitig sollte vermieden werden, dass der Verursacher zweimal für die glei-che Belastung einen Ausgleich zu leisten hat. Entspreglei-chend wird vom Amt für Um-welt bei Erstellung der Verfügung über die Kostenverteilung mitberücksichtigt, ob der Verursacher bereits eine entsprechende Entschädigung geleistet hat. Im Ein-zelfall wird die jeweils bereits geleistete Entschädigung mit den tatsächlich ent-standenen Mehrkosten verglichen. Bewegen sich diese in einem angemessenen

vergleichbaren Rahmen, ist der Verursacher von der Kostentragungspflicht zu be-freien. Gleiches gilt für den Fall, in dem der Grundstückeigentümer bereits einen Preisnachlass beim Kauf des Grundstücks vom früheren Grundstückeigentümer er-halten hat.

Bei den bereits erfassten Belastungen, welche durch Unfälle oder Betriebsstand-orte entstanden sind, ist der Verursacher in allen Fällen bekannt. Bei Ablagerungs-standorten, welche von der Gemeinde (oder dem Land) betrieben wurden, ist in-dessen klar, dass die Gemeinde (oder das Land) als Verursacher gilt.

Die Ermittlung des Verursachers bei tolerierten und illegalen Ablagerungsstandor-ten erweist sich deshalb oft als schwierig, weil zum einen meist sehr viele Parteien involviert waren, und zum anderen die Bewirkung der Belastung zeitlich weit zu-rückliegt. Folglich ist davon auszugehen, dass bei der grossen Mehrheit der Fälle von Ablagerungsstandorten die Standortgemeinde und das Land die gegenständ-lichen Mehrkosten als Verursacher oder anstelle des nicht ermittelbaren Verursa-chers zu tragen haben.

Da die Liechtensteinische Rechtsordnung heute geeignete Umweltschutzbestim-mungen kennt, werden kaum mehr neue durch Abfall belastete Standorte entste-hen. Nicht ausgeschlossen werden können jedoch Unfälle, illegale Abfallentsor-gungen sowie neue Formen von Belastungen aufgrund von neuen wissenschaftli-chen Erkenntnissen, wie z.B. chemische Belastungen, welche im Falle der Nichtsa-nierungsbedürftigkeit im Aushub auch gesondert entsorgt werden müssten.

Demzufolge handelt es sich grundsätzlich um einen einmaligen, jedoch voraus-sichtlich langandauernden Bereinigungsprozess von zeitlich weit zurückliegend vorgenommenen oder sich ereigneten Belastungen.

Durch die neue Gesetzesbestimmung kann auch garantiert werden, dass ein Grundstück durch einen Katastereintrag nicht an Wert verliert. Diese Garantie ist

vor allem für die privaten Grundstückeigentümer von Bedeutung, da das Grund-stück oft die wichtigste finanzielle Investition und Vorsorge ist, auch wenn die all-fälligen Mehrkosten als gering einzustufen sind. Dies hat wiederum einen positi-ven Effekt auf den Umweltschutz, nämlich dass die Akzeptanz des Altlasten-Katas-ters durch die Bevölkerung erhöht wird.

Die Verlängerung der verwaltungsstrafrechtlichen Verjährungsfrist von einem auf drei Jahre beruht auf der Problematik, dass Verstösse gegen das Umweltschutzge-setz oft erst einige Zeit nach der Tathandlung festgestellt werden.

Eine Verjährungsfrist von einem Jahr kann in vielen Fällen durchaus angebracht erscheinen. So ist bei zwischenmenschlichen Delikten zumindest dem Opfer be-reits am ersten Tag bekannt, dass eine Deliktshandlung stattgefunden hat. Die Umwelt ist jedoch ein sprachloses Opfer. Oft handelt es sich um Zufallsfunde oder um eine schädliche Auswirkung in der Umwelt, welche erkannt wird, dessen ur-sprüngliche schädliche Handlung jedoch zeitlich bereits länger zurückliegt. Gerade im Bereich der widerrechtlichen Abfallentsorgung im Boden dauert es oft lange, bis eine solche entdeckt wird. Auf der anderen Seite wird die Beweisführung auf beiden Seiten erschwert, je weiter der Vorfall zurückliegt. Auch ist zu beachten, dass bei einem zu grossen Zeitraum zwischen Tat und Urteil die Strafe ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann.

Eine Verfolgungsverjährung von drei Jahren scheint diesbezüglich eine ausgewo-gene Regelung zu sein. Diese entspricht auch der Verfolgungsverjährung für Über-tretungen gemäss Naturschutzgesetz sowie gemäss Baugesetz.