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Auswirkungen des Sortiervorganges auf die Spermaqualität

2 Literatur

2.1 Geschlechtsspezifische Selektion

2.1.3 Durchflusszytometrische Spermiensortierung

2.1.3.6 Auswirkungen des Sortiervorganges auf die Spermaqualität

Während des Sortiervorgangs sind Spermien multiplen, schädigenden Prozessen ausgesetzt.

Dabei handelt es sich um die Kernfärbung, die Inkubation, mechanische Kräfte in Verbindung mit der Passage durch den Zellsortierer, Bestrahlung durch den UV-Laser, die Projektion in die Sammelgefäße unter Hochdruck und eine hohe Verdünnung durch Sheath-Fluid und Auffangmedium (MAXWELL u. JOHNSON 1999). GARNER (2006) verweist zusätzlich auf die möglichen Auswirkungen durch die wechselnden Verdünnermedien mit denen die Spermien während des Sortiervorgangs in Kontakt kommen. Um diese Schäden zu minimieren, ist es essentiell, die Temperatur, die Osmolalität der Puffermedien, den pH-Wert und die Sterilität der Trägerflüssigkeit und der Auffang- und Tiefgefrierverdünnermedien konstant zu halten (MAXWELL et al. 2004). Zudem ist beim Aufbereiten der Spermien für

den Sortiervorgang zu beachten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sortierte Spermien ihre Fertilisationsfähigkeit behalten, größer ist, je weniger Einflüsse auf die Spermien einwirken (JOHNSON et al. 1989; JOHNSON u. WELCH 1999). „Post-sorting“ Behandlungen können möglicherweise zu einem gewissen Teil Schäden, die während des Sortiervorgangs an den Spermien aufgetreten sind, kompensieren (MAXWELL et al. 2004).

GARNER et al. (2001) verbesserten die Vitalität stark verdünnter Bullenspermien durch Zugabe von Seminalplasma. MAXWELL u. JOHNSON (1999) deuten auf die unterschiedliche Bedeutung von Seminalplasma für die In-vitro- und die In-vivo-Fertilisation hin. Während sich die Anwesenheit von Seminalplasma bei IVF-Versuchen mit Ebersperma nachteilig auf die Fertilisationskapazität der Spermien auswirkt (RATH u. NIEMANN 1997), konnten MAXWELL et al. (1996) den Anteil vitaler und akrosomenintakter Eberspermien nach dem Sortierprozess durch 10% Seminalplasma im Färbe- und Auffangverdünner steigern. Von übergeordneter Bedeutung für diesen Unterschied scheint der Einfluss des Seminalplasmas auf den Kapazitationszustand der Spermien zu sein. Sowohl bei kryokonservierten (SCHEMBRI et al. 2002) als auch bei flowzytometrisch sortierten (HOLLINSHEAD et al. 2003) Spermien zeigen sich kapazitationsähnliche Veränderungen.

Man vermutet eine dekapazitierende Wirkung des Seminalplasmas, welche Spermien bei der In-vitro-Fertilisation an der Akrosomenreaktion hindert, welche auf der anderen Seite jedoch eine verlängerte Lebensdauer flowzytometrisch sortierter Spermien bedingt. Bei In-vivo-Besamungen werden die dekapazitierenden Faktoren vermutlich während der Passage durch den weiblichen Reproduktionstrakt abgestreift, verhindern jedoch eine vorzeitige Akrosomenreaktion im unteren, weiblichen Reproduktionstrakt und verbessern somit die Fertilität (MAXWELL u. JOHNSON 1999). Auch bei kryokonservierten Schafbockspermien konnte die Fertilität durch Zugabe von Seminalplasma deutlich verbessert werden (MAXWELL et al. 1999). Spermien zeigten bei Zugabe von Seminalplasma eine verbesserte Motilität und einen geringeren Anteil kapazitierter und akrosomenreagierter Spermien.

DURAND u. OLIVE (1982) untersuchten die Zytotoxizität, Mutagenität und DNA-Schäden bei Hoechst®33342-gefärbten, somatischen Hamsterzellen. Sie konnten zeigen, dass es bereits bei nicht-toxischen Konzentrationen zu Mutationen kommt und dass die angefärbten Zellen schneller absterben, als die Kontrollproben. Die Toxizität des Farbstoffs wurde als gering bezeichnet, die Mutagenität hingegen als moderat. Bei Untersuchung der DNA-Integrität

sortierter, humaner Spermien konnte jedoch keine UV- und Hoechst 33342-bedingte Erhöhung endogener DNA-Strangbrüche, auch bei verlängerter UV-Bestrahlung, festgestellt werden (CATT et al. 1997). Eine Erhöhung, ähnlich wie bei somatischen Zellen, war lediglich bei dekondensierter Spermien-DNA feststellbar. CATT et al. (1997) vermuten, dass die im Vergleich zu somatischen Zellen sehr kompakte und stabile Chromatinstruktur reifer Spermien die Ursache hier für ist. Gestützt werden diese Ergebnisse durch Untersuchungen von PARILLA et al. (2004), in denen Lymphozyten von Ferkeln, die aus Besamungen mit Hoechst 33342-gefärbten Spermien und geschlechtsspezifisch sortierten Spermien stammten, auf Chromosomenaberrationen untersucht wurden. Auch hier konnte kein signifikanter Unterschied zur Kontrollgruppe beobachtet werden.

Untersuchungen der DNA-Integrität mittels SCSA, nach verschiedenen Stufen des Sortierprozess ergaben, dass nicht nur die Färbung mit Hoechst 33342 und die Laserbestrahlung schädigend wirkten, sondern dass vor allem mechanische Einflüsse schädigende Wirkung auf die DNA-Integrität der Spermien hatten (G. E. SEIDEL, JR. u.

GARNER 2002). So erhöhten sich die DFI-Werte bereits um 1,8%, wenn die Spermien den Sortiervorgang ohne Anfärbung mit Hoechst 33342 und ohne Laserbestrahlung durchliefen (GARNER 2001). Zusätzliche Schäden der DNA-Integrität durch Anfärbung mit Hoechst 33342 und Laserbestrahlung waren dagegen gering und statistisch nicht signifikant (G. E.

SEIDEL, JR. u. GARNER 2002). SUH et al. (2005) stellten bei Untersuchungen an Bullen- und Hengstspermien fest, dass bereits durch eine Senkung des Standarddruckes von 50 psi auf 40 psi die Spermienqualität bezüglich Vitalität und Motilität signifikant verbessert werden kann, ohne eine Senkung der Sortierleistung in Kauf nehmen zu müssen.

GUTHRIE et al (2002) untersuchten die Effekte von unterschiedlichen Laserleistungen des Flowzytometers anhand von Befruchtungsraten und der Embryonalentwicklung von Schweineembryonen. Entgegen den Erwartungen zeigten sich signifikante Werte bezüglich einer verminderten Befruchtungsrate, einem erhöhten Prozentsatz an fragmentierten Embryos und einer verlangsamten Embryonalentwicklung für eine Laserleistung von 25 mW, während sich bei einer Laserleistung von 125 mW keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe nachweisen ließen.

Gesammelte Daten aus 11 verschiedenen Feldversuchen mit Besamungen von 1000 Färsen mit flowzytometrisch sortiertem Sperma (G. E. SEIDEL, JR. et al. 1999) zeigten keine

erhöhte Resorptionsrate zwischen dem ersten und zweiten Trächtigkeitsmonat. Die aus diesen Besamungen resultierenden Kälber zeigten phänotypisch keine vermehrten Unterschiede zu Kälbern aus Kontrollbesamungen. FUGGER et al. (1998) berichtet von ausschließlich normalen und gesunden Kindern nach künstlichen Befruchtungen mit flowzytometrisch sortierten Spermien. Die geringe Anzahl an Nachkommen lässt eine statistische Aussage in diesem Fall jedoch noch nicht zu. Auch eine anatomische Untersuchung von über 400 Nachkommen vier verschiedener Spezies, welche aus Besamungen mit flowzytometrisch sortiertem Sperma hervorgegangen sind, konnte keine Auswirkungen des Sortierprozesses auf den anatomischen Phänotyp der Nachkommen feststellen (MORRELL u. DRESSER 1989).

Neuere und ausführlichere epidemiologische Untersuchungen stammen von TUBMAN et al.

(2004). Hier wurden 1,169 Kälber aus Besamungen mit flowzytometrisch sortiertem Sperma mit 793 Kälbern aus Kontrollbesamungen, anhand von Trächtigkeitsdauer, Leichtkalbigkeit, Vitalität der Kälber, Absatzgewicht, Abortrate und Todesrate (neonatal bis zum Absetzen) verglichen. Auch diese Studie konnte keine signifikanten Unterschiede feststellen.

Trotz vielfältiger Untersuchungen zur Zelltoxizität, Embryonalentwicklung von Embryonen aus Hoechst® 33342-gefärbten Spermien und dem Zustand von Nachkommen, ist immer noch wenig bekannt über den Verbleib und das Schicksal des Farbstoffs im weiblichen Reproduktionstrakt oder dessen Langzeiteffekte. GARNER (2006) fordert daher zum einen eine Untersuchung weiterer membrangängiger, DNA-spezifischer Farbstoffe, welcher bei größeren Wellenlängen angeregt werden, da diese zu einer geringeren Mutagenität tendieren.

Zum anderen ist eine Ausweitung epidemiologischer Studien notwendig um die Beobachtungen phänotypisch unauffälliger Nachkommen zu verifizieren (GARNER 2001).