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Auswirkung auf die Reduzierung von Mischwasserüberläufen

4. Ansätze und Verfahren zur Regen(ab)wasserbehandlung- und

4.3. Bestandsgebiete

4.3.4. Auswirkung auf die Reduzierung von Mischwasserüberläufen

Um die Auswirkungen von Umstellungsmaßnahmen auf die Überläufe von Mischsys-temen zu ermitteln, bedarf es zunächst der Vorgabe einer Zielgröße oder eines Ziel-größenkatalogs für die zulässigen bzw. als tolerierbar anzusehenden Schmutzbelas-tungen der Gewässer. Liegen entsprechende Vorgaben vor, lässt sich in einer Istzustandsanalyse das vorliegende Defizit bzw. der notwendige Sanierungsaufwand ermitteln. Außerdem sind Zielvorgaben erforderlich, um die Wirkung verschiedener einzelner Sanierungsmaßnahmen oder kombinierter Maßnahmen miteinander verglei-chen und gegenseitig bewerten zu können.

In Deutschland existieren solche Zielvorgaben für Regenwassereinleitungen im allge-meinen und Mischwassereinleitungen im besonderen in expliziter Form bisher nicht.

Implizit enthalten ist eine solche Zielgröße im Verfahren des ATV-Arbeitsblattes A 128 [ATV-A 128 (1992)] als jährliche CSB-Fracht. Diese aus Mischsystemen flächenspezi-fisch und niederschlagsbedingt in die Gewässer eingetragene CSB-Facht soll nicht größer sein als die aus Trennsystemen eingetragene Fracht. Dabei wird angenommen, dass Mischsysteme ihre niederschlagsbedingte Fracht zu gleichen Teilen über die Mischwasserüberläufe einerseits und die Kläranlagenabläufe andererseits einleiten.

Die Zielgröße des ATV-Arbeitsblattes ist im weiteren in ein Verfahren eingearbeitet, welches zwangsläufig auf den Nachweis eines notwendigen Stauraumvolumens führt.

Die Einhaltung dieses Stauraumvolumens gilt als Erfüllung der Zielvorgabe. Die Ziel-größe „Zulässige jährliche CSB-Einleitungsfracht“ taucht in diesem Verfahren nur dann explizit auf, wenn in einem System das errechnete Stauraumvolumen auf mehrere Standorte verteilt werden soll. In diesem Fall wird zunächst ein virtuelles Zentralbecken angenommen, für das die zugehörige CSB-Entlastungsfracht berechnet wird, die nun als Summe der Entlastungsfrachten der einzelnen realen Becken einzuhalten ist. Im ATV-Arbeitsblatt wird jedoch nicht ausgeführt, dass die dem Zentralbecken zuzuord-nende jährliche CSB-Entlastungsfracht auch die Zielgröße für andere Maßnahmen zur Reduzierung der Mischwasserüberlauffrachten sein kann oder soll. Dieses hängt of-fensichtlich damit zusammen, dass man sich im ATV-Arbeitsblatt auf ein bestimmtes einzelnes Verfahren, den Bau oder Nachweis eines Stauraumvolumens, festgelegt hat und dabei andere Verfahren nicht berücksichtigt worden sind.

Es ist daher dringend erforderlich, verfahrensunabhängige Zielgrößen für Mischwas-sereinleitungen zu erarbeiten bzw. festzulegen, damit in einem Wettbewerb der Verfah-ren, die jeweils effektivste und kostengünstigste Lösung gesucht und gefunden werden kann.

Unter den verschiedenen möglichen Verfahren spielen die Umstellungsmaßnahmen, die zu einer Verringerung der Abflüsse und zu einer Dämpfung der Abflussspitzen füh-ren zweifellos eine wichtige Rolle. Dieses ergibt sich aus der Überlegung, dass das Ausschöpfen der Versickerungsmöglichkeiten innerhalb der Umstellungsmaßnahmen bei allen Niederschlagsereignissen – gleich welcher Größenordnung - zu einer Verrin-gerung der überlaufenden Mischwassermengen und damit zu einer VerrinVerrin-gerung der ausgetragenen Fracht führt. Dieses steht im Gegensatz zum Verfahren der Stauraum-volumina nach ATV-Arbeitsblatt A 128, deren Speicherfähigkeit bei Niederschlagser-eignissen ab einer gespeicherten Abflusshöhe von 2-3 mm erschöpft ist und daher auf größere Ereignisse nur eine geringe Rückhaltewirkung ausübt.

Das Ausschöpfen der Versickerungsmöglichkeiten innerhalb der Umstellungsmaß-nahmen führt ferner dazu, dass der versickernde Teil der Abflüsse auch der Kläranlage ferngehalten wird und keine niederschlagsbedingte Fracht über die Kläranlage ausge-tragen wird. Dieses steht ebenfalls im strikten Gegensatz zum Verfahren der aus-schließlichen Speicherung nach ATV-Arbeitsblatt A 128, bei dem die gespeicherten Niederschlagsabflüsse über die Kläranlage geleitet werden und damit zwangsläufig

innerhalb der Restverschmutzung der Kläranlagenabläufe zu einem Frachtaustrag beitragen.

Die Speicherkapazitäten der dezentralen Bewirtschaftungsanlagen innerhalb der Um-stellungsmaßnahmen sind mit 30-50 mm Abflusshöhe 10-15-fach höher als die nach ATV-Arbeitsblatt A 128 vorzusehenden Speichervolumina.

Bei Umstellungsmaßnahmen mit unvollständiger Versickerung und Einleitung der Restabflüsse in die Mischkanalisation treten diese nur in sehr gedämpfter Form auf, sind zeitlich gestreckt und gegenüber direkten Niederschlagsabflüssen stark verzögert, so dass sie nur einen relativ geringen Beitrag zu den Überlaufereignissen leisten.

4.3.4.2. Praktisches Vorgehen

Ausgangspunkt des Verfahrensablaufs zum Nachweis der Auswirkung von Umstel-lungsmaßnahmen auf die Mischwasserentlastungen sind wieder die Planunterlagen des Istzustandes und der Umstellungsszenarien nach Abschnitt 4.3.2. Mit Hilfe eines hydrologischen Schmutzfrachtmodells wird zunächst unter Vorgabe langfristiger Nie-derschlagsdaten und bezogen auf die Überlaufpunkte des vorhandenen Systems der Istzustand der Mischwassereinleitungen hinsichtlich der Wassermengen und hinsicht-lich der Schmutzkonzentrationen und –frachten der relevanten Parameter berechnet.

Dieser Nachweis wird als „Schmutzfrachtberechnung mittels hydrologischer Langzeit-simulation“ bezeichnet.

Ein Vergleich der errechneten Kennwerte des Istzustandes mit den vorzugebenden verfahrensunabhängigen Zielgrößen zeigt auf, welche Verbesserungen bezüglich der Mischwassereinleitungen mindestens erreicht werden müssen.

Die Wiederholung der vorgenannten Schmutzfrachtberechnung, nun aber unter Zugrundelegung der Umstellungsszenarien ergibt neue, verminderte Kennwerte der Mischwassereinleitungen, die erneut mit den Zielgrößen zu vergleichen sind. Es ist zu erwarten, dass zumindest das kurzfristig umzusetzende Szenario mit der geringsten Umstellungsrate die Zielgrößen noch nicht erreicht oder unterschreitet. Man wird da-her, insbesondere bezüglich des Erreichens der Zielgrößen kurze Fristen einzuhalten sind, zusätzlich weitere Maßnahmen zur Verringerung der Mischwassereinleitungen ergreifen müssen. Hier kommen z B. in Betracht:

• Erhöhung der Kläranlagenzuflüsse von 2Qs+Qf auf z.B. 3Qs+Qf

• Ausschöpfen der Speicherungsmöglichkeiten im Kanalnetz durch Abflusssteue-rungsmaßnahmen. Diese Speicherungsmöglichkeiten können erst durch die Um-stellungsmaßnahmen entstanden sein bzw. sich dadurch vergrößert haben.

• Bau von Bodenfilterbecken usw.

Weitere Hinweise zur praktischen Vorgehensweise sind der Beispielsuntersuchung im Anhang zu entnehmen.