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Auswahl und Priorisierung der Zieldimensionen

Olaf Köller, Johannes Magenheim, Uwe Pfenning, Jörg Ramseger, Mirjam Steffensky, Christian Wiesmüller, Esther Winther, Bernd Wollring

In den vorigen Kapiteln wurden Zieldimensionen für Multiplikatorinnen und Multi-plikatoren in der frühen MINT-Bildung beschrieben . Das ausgeführte Modell pro-fessioneller Lehrkompetenz (siehe Abbildung 4) leitet, ausgehend vom aktuellen Forschungsstand über die Wirksamkeit von Lehrkräftefortbildungen sowie über gelingende Erwachsenenbildung, relevante Zieldimensionen ab, die für Fortbil-dende im Bereich der frühen MINT-Bildung relevant sind . Diese theoriebasierte Zusammenstellung ist komplex und umfangreich; auch sind nicht alle darin ent-haltenen Kompetenzbereiche gleichartig für die Anwendung in der Praxis (bei-spielsweise zur Kompetenzeinschätzung oder zur gezielten Weiterentwicklung einzelner Zieldimensionen) geeignet, so dass eine Auswahl und Gewichtung von Zieldimensionen für die Anwendung des Modells angezeigt ist . Diese Priorisie-rung durch die Autorinnen und Autoren erfolgt vor dem Hintergrund sowohl theo-retisch-wissenschaftlicher als auch praxisorientierter Überlegungen . Handlungs-leitend für die Praxisorientierung sind dabei vordergründig die Trainerinnen und Trainer der Initiative „Haus der kleinen Forscher“ als ein relevanter Akteur in der frühen MINT-Bildung innerhalb Deutschlands .

Auf der obersten Ebene des Modells sind vier Zieldimensionen spezifiziert (sie-he Abbildung 4): Motivationale Orientierungen in Bezug auf MINT-Bildung, Über-zeugungen und Werthaltungen in Bezug auf Lernen und Lehren, selbstregulative Fähigkeiten der Lehrenden sowie das Professionswissen . Im Kanon dieser vier großen Kompetenzbereiche werden das Professionswissen sowie die motivatio-nale Orientierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als hoch relevante Zieldimensionen für gelingende Fortbildungen im MINT-Bereich für pädagogi-sche Fachkräfte aus Kita, Hort und Grundschule erachtet . Dem Professionswissen kommt als kognitiver Zieldimension hierbei eine übergeordnete Rolle zu, da die darin enthaltenen Aspekte von Wissen und Können den Kern der Professionalität darstellen (Baumert & Kunter, 2006) . Das Modell professioneller Handlungskom-petenz von Lehrenden differenziert die übergeordnete Zieldimension Professions-wissen weiter aus . Ihr zugeordnet sind sieben Wissensbereiche, welche wiederum teilweise noch weiter aufgegliedert sind . Auf Ebene dieser Wissensbereiche

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den Fachwissen und epistemologisches Wissen, fachdidaktisches Wissen sowie allgemein-pädagogisches Wissen und Beratungswissen priorisiert (siehe Abbil-dung 6) .

Abbildung 6. Kompetenzbereiche für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren früher MINT-Bildung (vorrangig gewichtete Kompetenzbereiche sind dunkelgrün dargestellt)

4.1 Fach- und fachdidaktisches Wissen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik

Neben dem allgemein pädagogisch-psychologischen Wissen und Können inner-halb des Professionswissens, sind für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der frühen MINT-Bildung auch domänenspezifische Wissensbestandteile von Bedeutung . Bei diesen Wissensbestandteilen steht im Gegensatz zum pädagogi-schen Wissen, das sowohl die Erwachsenen- als auch die Elementar- und Primar-bildung umfasst, letzterer Aspekt im Vordergrund . In Anknüpfung an Kapitel 3 .3 und 3 .4, die die Wissensbereiche Fachwissen und fachdidaktisches Wissen erläu-tern, wird folgende Gewichtung empfohlen:

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sollten über die MINT-übergreifenden Grundlagen im Fachwissen und fachdidaktischen Wissen verfügen, wie sie die hierzu formulierten Indikatoren näher beschreiben . Domänenunabhängig geht es um das grundlegende Verständnis der (prozessbezogenen) Gemeinsamkeiten der verschiedenen MINT-Fachdisziplinen . Zusätzlich zu diesem Grundverständnis werden vertieftes Fachwissen sowie fachdidaktisches Wissen in mindestens einer

Motivationale Orientierungen in Bezug auf MINT-Bildung

MINT-Fachwissen (inhalts- und prozessbezogen inkl.

epistemologischem Wissen) MINT Fachdidaktisches Wissen

Allgemein-pädagogisches Wissen und Beratungswissen Überzeugungen und Werthaltungen in

Bezug auf Lehren und Lernen

Selbstregulative Fähigkeiten Organisationswissen und Wissen über Rahmenbedingungen des Berufsbilds

Professionelle Kompetenz

Domäne für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der frühen MINT-Bildung als bedeutsam erachtet .

Weiterhin ist das epistemologische Wissen, das auf Wissen über die einzel-nen Domäeinzel-nen und die jeweilige Struktur und Genese von Wissen abzielt, in seiner Gesamtheit ebenfalls hervorgehoben . Multiplikatorinnen und Multiplikatoren mit entsprechendem Wissen und Können in diesem Wissensbereich unterstützen da-durch die Fortbildungsteilnehmenden darin, mathematische, naturwissenschaft-liche, informatische sowie technische Handlungsweisen in der Auseinanderset-zung mit MINT-Phänomenen von anderen zu unterscheiden .

4.2 Allgemein-pädagogisches Wissen

Der Wissensbereich allgemein-pädagogisches Wissen (siehe Kapitel 3 .5 Allge-mein-pädagogisches Wissen, Beratungswissen und Organisationswissen) um-fasst die pädagogisch-psychologischen Grundlagen professioneller Kompetenz von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowohl in Bezug auf das (frühe) Kindesalter als auch auf das Erwachsenenalter und setzt sich im Modell aus ins-gesamt sieben Wissensfacetten zusammen . Als vorrangig werden davon einge-schätzt:

■ Bildung und Erziehung im (früh-)kindlichen und Erwachsenenalter,

■ Didaktik und Methodik,

■ Lernen, Entwicklung und Sozialisation in der frühen Bildung und im Erwach-senenalter sowie

■ Differenzierung, Integration und Förderung .

Diese Auswahl betont die Wichtigkeit, die insbesondere in der Gestaltung förder-licher Lernumgebungen unmittelbar im Fortbildungssetting mit Erwachsenen (im Austausch mit Fortbildungsteilnehmenden) und mittelbar mit Kindern (die Fortbil-dungsteilnehmenden in ihren jeweiligen institutionellen Settings Kita, Hort und Grundschule) liegt . Unabhängig von fachlichen Inhalten und der dazugehörigen Fachdidaktik (siehe Kapitel 4 .3 Beratungswissen) ist es wesentlich, dass Multipli-katorinnen und Multiplikatoren dieses allgemeine pädagogisch-psychologische Wissen und Können haben .

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4.3 Beratungswissen

Des Weiteren vorrangig gewichtet ist der Wissensbereich Beratungswissen . Kern-element dieses Wissensbereichs ist das Wissen und Können von Multiplikatorin-nen und Multiplikatoren, um die Interaktion im Fortbildungssetting angemessen zu gestalten (also die Lernbegleitung) . In Bezug auf die Beratungs- und Unterstüt-zungsprozesse sind die Gestaltung der Lernsituation und die Prozessbegleitung der Lernenden entscheidende Faktoren für erfolgreiche Fort- und Weiterbildungs-maßnahmen . Erst die Begleitung und Unterstützung des gesamten Lernprozesses bedingt, dass Merkmale erfolgreicher Fortbildungen, wie sie für Lehrkräfte oder allgemein in der Erwachsenenbildung beschrieben wurden (beispielsweise Feed-back an Lehrkräfte oder das Anknüpfen an das Vorwissen und die Vorerfahrungen der Teilnehmenden; siehe Kapitel 3 .5 Allgemein-pädagogisches Wissen, Bera-tungswissen und Organisationswissen), zum Tragen kommen können .