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Der Weg vom auslösenden Signal bis zur zellulären ReaktionReaktion

4.2 Phosphatabhängiges Verhalten auf Ebene der Genregulation

4.2.5 Der Weg vom auslösenden Signal bis zur zellulären ReaktionReaktion

energieintensive Genexpression zu betreiben.

Hat H. salinarum den Phosphatmangel aber erst einmal erkannt, reagiert es genauso energisch wie viele Bakterien. Dort wurden Induktionsraten von eintausendfach für einige Gene des Pho-Regulons gemessen [148, 68]. Mit einer 400-900fachen Induktion der ABC-Transportsysteme steht H. salinarum diesen Raten kaum nach (Tab. 3.6, S.

50).

Setzt man Phosphathunger leidenden Zellen wieder geringe Mengen Phosphat zu (1mM im Medium), so füllen sie ihren internen Speicher bis auf unglaubliche 170mM anorganisches Phosphat auf (Tab. 3.7, S. 52). Dieses Verhalten, vermutlich zurückzu-führen auf die Aktivität der stark exprimierten ABC-Transporter Pst1 und Pst2, erhöht automatisch die Toleranz gegenüber erneutem Phosphatmangel. Denn mit dem Vierfa-chen des normalen intrazellulären Phosphatvorrats sind die Zellen natürlich viel länger in der Lage, ihren normalen „Geschäften“ nachzugehen.

4.2.5 Der Weg vom auslösenden Signal bis zur zellulären

unwahr-4.2 Phosphatabhängiges Verhalten auf Ebene der Genregulation 97

scheinlich wird. Laut dieser Kausalitätskette sollten Mehrfachdeletionen von halobak-teriellen Antwortregulatoren zu dem gleichen, bereits vorliegenden Ergebnis kommen, dass sich der Schalter des Pho-Regulons nicht in den Reihen der Zwei-Komponenten Systeme versteckt.

Grundsätzlich kann man sich zwei Möglichkeiten vorstellen, wie dieser Schalter funk-tioniert. Zum Einen könnte der Regulator selbst ein Phosphat bindendes Protein sein, das entweder bei Substratsättigung negativ oder in phosphatfreiem Zustand positiv auf die Promotoren des Pho-Regulons wirkt. Dieses Funktionsprinzip erfordert nicht mehr als eine Proteinkomponente. Die zweite Möglichkeit des Schaltens besteht in einer post-translationalen Modifikation, vorzugsweise einer Phosphorylierung. Ein solches System müsste wiederum aus mindestens zwei Komponenten bestehen, von denen die eine das Signal „niedriger Phosphatvorrat in der Zelle“ wahrnimmt und eine zweite Komponente modifiziert. Der zweiten Komponente obläge dann die Steuerung der Transkription.

Natürlich können beide funktionellen Komponenten in einem Protein fusioniert sein.

Ein Szenario, mit dem sich das Zwei-Komponenten Schema umgehen lässt, bestünde darin, die Phosphorylierung des Regulators direkt an den Spiegel von ATP oder eines anderen energiereichen Phosphatdonors wie Acetyl- oder Carbamoylphosphat zu kop-peln. Abhängig von der Höhe des Spiegels wird der Regulator phosphoryliert, was seine regulativen Eigenschaften bezüglich der Zielgene ändert.

An dieser Stelle kommen die PhoU-Homologen von H. salinarum ins Spiel. PhoU-Homologe finden sich nur in Bakterien und Archaeen. Von Studien inE. coli weiss man, dass PhoU für die Regulation der phosphatabhängigen Genexpression im Zusammen-spiel mit Pst und PhoR essentiell ist (siehe auch Abb. 3.10, S. 28). Bei dem Trans-portvorgang des Pi-ABC-Transporters Pst hingegen spielt dieses Protein keine Rolle [124]. Der genaue molekulare Mechanismus der Mediatorfunktion von PhoU bleibt al-lerdings bis heute ein Mysterium. Daneben gibt es auch Bakterien wie B. subtilis, an deren Pst-Transportern kein PhoU assoziiert und deren Phosphatregulation ohne dieses Mediatorprotein arbeitet [54].

Der aufmerksame Leser stellt sich in diesem Zusammenhang sicher sofort die Frage, wozu H. salinarum überhaupt PhoU-Proteine braucht? Schliesslich benutzt der

Orga-∗Aus Gründen der Leserlichkeit wird nur die maskuline Form benutzt, obwohl natürlich beide Ge-schlechter angesprochen sind.

nismus ja auch keine Zwei-Komponenten Systeme zur Phosphatregulation. Nun, die Möglichkeit der Regulation über eine Histidinkinase und eine weitere „Nicht-Antwortre-gulator“-Komponente kann bislang nicht völlig ausgeschlossen werden. Folgerichtig wäre auch ein Zusammenspiel einer solchen HK mit dem Pst-Transporter über PhoU denkbar.

H. salinarum leistet sich den Luxus, gleich vier zu E. coli-PhoU homologe Proteine zu kodieren. Zwei davon befinden sich am Ende der polycistronischen Operons der Pst-Transporter (OE1674R nach phoX2-pstC2A2B2 und OE4476R nachphoX1-pstC1A1B1), die anderen zwei sind in monocistronischen Operons kodiert (OE1681F und OE2128F).

Die genauere Betrachtung dieser vier Proteine offenbart einige bemerkenswerte Unter-schiede. Die Analyse der Primärsequenz ergab eine Aufspaltung in zwei Lager (Abbil-dung 4.1A). OE1674R (229 Aminosäuren) bildet eine Gruppe mit den Vergleichssequen-zen der PhoU-Proteine von E. coli (241AS) und Clostridium acetobutylicum (219AS).

Die drei anderen PhoU-Homologen OE4476R (372AS), OE1681F (334AS) und OE2128F (342AS) versammeln sich in einer zweiten Gruppe. Als Vergleichssequenzen für den Ver-wandschaftsbaum in Abbildung 4.1A dienten ein ribosomales Protein (Rps3, 302AS), ein halobakerieller Transducer (Car, 452AS) sowie die beiden Phosphatbindeproteine von H. salinarum (PhoX1, 379AS und PhoX2, 344AS).

Rps3

0,1

PhoX2

PhoX1

Car

Ecol-PhoU Cace-PhoU

OE2128F OE1681F

OE4476R

O1674R

Ecol-PhoU

A B

OE1674R

OE1681F

AS

Abbildung 4.1: Bioinformatische Analyse von PhoU-Homologen. A: Verwandschaftsbaum. Die bei-den Gruppen mit PhoU-Proteinen sind mit grauen Ellipsen hervorgehoben. Darüber hinaus enthält der Baum noch die Vergleichsproteine Rps3, Car, PhoX1 und PhoX2. B: SMART-Darstellung von ausge-wählten PhoU-Homologen. Die Vierbuchstaben-Abkürzungen der Organismennamen sind im Anhang auf S. 142 nachzuschlagen.

Eine SMART-Analyse offenbart nur bei OE1674R zwei Pfam-PhoU-Bereiche, wie man

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sie auch inE. coli- undC. acetobutylicum-PhoU findet (Abbildung 4.1B). Damit handelt es sich bei OE1674R um das einzige „echte“ PhoU von H. salinarum. Die anderen drei PhoUs sind ca. 100 Aminosäuren länger und enthalten nur einen, bei OE4476R und OE2128F kaum detektierbaren Pfam-PhoU-Bereich. Am N-Terminus dieser drei

„unechten“ PhoU-Homologen befindet sich aber ein etwa 60 AS langer Bereich, der Homologien zu den Transkriptionsfaktoren AbrB bzw. SpoVT besitzt (in Abbildung 4.1B anhand von OE1681F beispielhaft dargestellt). Beide Faktoren regulieren in B.

subtilis ein Vielzahl von Genen und spielen eine wichtige Rolle bei dem Eintritt in die stationäre Phase bzw. der Sporenbildung [30, 8]. Daneben verringert sich die Induktion des Pho-Regulons bei einem B. subtilis ∆abrB-Stamm um 80% [54]. Weiterhin wurde die DNA-Bindeaktivität von AbrB auf die ersten 55 Aminosäuren eingegrenzt [152], eben jenen Bereich, zu dem die drei AbrB-PhoU-Chimären homolog sind.

Diese Verschmelzung von Ähnlichkeiten mit DNA bindenden Bereichen (AbrB) und ir-gendwie in die Phosphatregulation involvierten Bereichen (PhoU) findet sich ausschließ-lich in archaealen Genomen (SMART-Suche mit der OE1681F-Sequenz nach Proteinen mit ähnlicher Domänen-Organisation bzw. -Zusammensetzung).

Die Mikroarray-Analyse zeigte für drei PhoU-Homologe eine phosphatabhängig variie-rende Genexpression. Das vierte, nicht regulierte PhoU-Homolog OE2128F ist gleichzei-tig das Protein mit der schwächsten Konservierung des PhoU-Motivs. OE1681F sitzt ge-nau am anderen Ende der Skala. Unter den AbrB-PhoU-Chimären besitzt es die stärkste Konservierung sowohl des AbrB/SpoVT-Bereichs als auch des PhoU-Teils. Ausserdem zeigt dieses Gen eine ähnliche Kinetik wie der stark induzierte Pst1-Transporter.

Zusammengefasst: (i) die phosphatabhängige Genexpression benötigt keine klassi-schen Zwei-Komponenten Systeme, (ii) inH. salinarum existieren mehrere AbrB-PhoU-Chimären mit wahrscheinlich DNA bindenden Bereichen und (iii) einige davon sind selbst phosphatabhängig reguliert. Die Hinweise verdichten sich also, dass eines der AbrB-PhoU-Homologen der Schalter des Pho-Regulons vonH. salinarum darstellt. Auf-grund der Sequenz- und Regulationsähnlichkeit von OE1681F und OE4476R ist eine funktionelle Redundanz hier eher wahrscheinlich als auszuschließen. Sollte sich die Hy-pothese der Phosphatregulation über diese Chimären bestätigen, würde dies eine für Archaeen exklusive Steuerung des Pho-Regulons darstellen.