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Ausbildung der Zukunft: Ein Beruf Psychotherapeut/in

Im Dokument Liebe Kolleginnen und Kollegen, (Seite 36-39)

– weitgehend identische akademisch wis-senschaftliche Grundqualifikationen aus den Bereichen der Psychologie, Pädagogik bzw. Sozial- und Heilpädagogik (150 ECTS aus 300). Die Psychotherapieausbildung ist konzipiert mit einem „Common Trunk“, in dem beide Berufsgruppen die gleichen Inhalte lernen und einer Schwerpunkt-setzung für die Behandlung Erwachsener bzw. Kinder und Jugendlicher. Am Ende der Ausbildung erhält man eine Approbati-on als Erwachsenenpsychotherapeut bzw.

Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut.

Den jeweils anderen Schwerpunkt können alle Psychotherapeuten durch eine zweite (um den Common Trunk verkürzte) Aus-bildung erwerben und mit einer zweiten Approbation dokumentieren. Die Berufs-bezeichnung „Psychologischer Psychothe-rapeut“ würde es nicht mehr geben; sie würde durch die Bezeichnung „Erwachse-nenpsychotherapeut“ oder „Psychothera-peut für Erwachsene“ ersetzt werden, der dann weder berufs- noch sozialrechtlich Kinder und Jugendliche behandeln dürfte.

Modell 2: Auch hier haben Psychothe-rapeuten mit dem Schwerpunkt Erwach-sene bzw. Kinder und Jugendliche – wie von den Forschern (Strauß et al., 2009) vorgeschlagen – identische akademisch wissenschaftliche Grundqualifikationen aus den Bereichen der Psychologie, Päda-gogik bzw. Sozial- und HeilpädaPäda-gogik (150 ECTS aus 300). Die Psychotherapieausbil-dung ist konzipiert mit einem „Common Trunk“, in dem alle Ausbildungsteilnehmer die gleichen Inhalte erfahren, und einer Schwerpunktsetzung für die Behandlung Erwachsener bzw. Kinder und Jugendli-cher. Am Ende der Ausbildung steht eine Approbation als Psychotherapeut. Erst im Zeugnis (Anlage 3 der APrV) würde neben dem Verfahrensbezug auch die Schwer-punktsetzung für Erwachsene bzw. Kinder und Jugendliche dokumentiert (entspricht einem Fachkundenachweis). Berufsrecht-lich dürften alle Psychotherapeuten alle Altersgruppen behandeln, sozialrechtlich bliebe es bei der Aufteilung, dass Psycho-therapeuten mit dem Schwerpunkt Er-wachsene auf die Behandlung Erwachse-ner, die mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche auf die Behandlung von Kin-dern und Jugendlichen beschränkt sind. In den Berufsordnungen wäre zu regeln, dass Abbildung 2

Abbildung 3

schungsgutachten vorschlägt, ist hilfreich und sinnvoll, wenn in ihr das notwendige und hinreichende Spektrum an Wissen und fachlicher und personaler Kompetenz für die jeweilige Altersgruppe erworben werden kann.

Aber lässt sich daraus ableiten, dass es den eigenständigen Heilberuf des Kin-der- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit eigener Approbation braucht?

Diskutiert werden im Moment mehrere Ausbildungsmodelle. An dieser Stelle sollen zwei davon dargestellt werden, die am En-de zu zwei bzw. einer Approbation führen.

Modell 1: Psychologische Psychothera-peuten und Kinder- und Jugendlichenpsy-chotherapeuten haben – wie von den Au-toren des Forschungsgutachtens zur Frage der Reform des Psychotherapeutengeset-zes (Strauß et al., 2009) vorgeschlagen

Psychotherapeutenjournal 1/2010 37

P. Lehndorfer

die Schwerpunktsetzung auf dem Praxis-schild geführt werden muss. Den jeweils anderen Schwerpunkt könnte man z. B.

durch Weiterbildung – bundesweit einheit-lich in den entsprechenden Ordnungen der Landespsychotherapeutenkammern geregelt – erwerben. Die abgeschlossene Weiterbildung hat dann sozialrechtliche Auswirkungen. Dieses Modell bezweckt al-so die Verschmelzung zu einem Beruf: den des Psychotherapeuten und ermöglicht gleichzeitig die Fortsetzung der Tradition der Kinder- und Jugendlichenpsychothe-rapie2 und den Fortbestand der berufs-rechtlichen Behandlungserlaubnis für die Psychologischen Psychotherapeuten.

Entscheidend für die Qualität der Ausbil-dung und damit für die Kompetenzen der künftigen Psychotherapeuten ist die inhalt-liche Gestaltung des Common Trunk und der Schwerpunktsetzungen. Darüber hat die Diskussion gerade erst begonnen. Ab-bildung 3 soll ein solches AusAb-bildungsmo- Ausbildungsmo-dell skizzieren und zur Diskussion beitra-gen, auch wenn dieses Modell noch weiter auszudifferenzieren ist.

Selbsterfahrung, theoretische Grundkennt-nisse, Hospitation und Kasuistik könnten im Common Trunk vermittelt werden, wäh-rend die praktische Ausbildung vorwiegend im jeweiligen Schwerpunkt beheimatet

wäre. Als sinnvoll und notwendig erweist es sich, wenn in dem einen Schwerpunkt auch Grundlagen des jeweils anderen Schwerpunkts vermittelt würden, da Psy-chotherapeuten mit dem Schwerpunkt Erwachsene auch häufig mit den Kindern von Patientinnen und Patienten in Berüh-rung kommen und Therapeuten mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliche fast immer mit den Eltern der in Behandlung befindlichen Kinder arbeiten. Dies hätte ei-ne Erweiterung des Kompetenzspektrums für alle Psychotherapeutinnen und Psycho-therapeuten zur Folge.

Die von den Forschern vorgeschlagene Verkürzung der Ausbildung um 800 Stun-den (von 4.200 auf 3.400 StunStun-den) wür-de sich dann vermutlich nicht realisieren lassen. Eine Verlängerung wäre aber auch nicht nötig. Notwendigerweise müssen auch Regelungen für Ausbildungsstätten erarbeitet werden, die nur in einer der beiden Schwerpunktsetzungen ausbilden wollen.

Was können solche Ausbildungsmodelle für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen bedeu-ten? Gelegentlich wird die Befürchtung geäußert, dass dann alle, die es könnten, die Erwachsenenpsychotherapieausbil-dung beginnen würden, so dass sich die

psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen deutlich ver-schlechtern würde. Diese Annahme kann bereits heute als widerlegt gelten, wenn man sich die Ausbildungszahlen anschau-en. In den derzeitigen Ausbildungsgängen für Kinder- und Jugendlichenpsychothe-rapeuten sind bis zu 1/3 der Teilnehmer Diplompsychologen. Dabei handelt sich um Ausbildungsteilnehmer, die ohne wei-teres bereits heute die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ma-chen könnten. Die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist also weder durch das Modell 1 noch durch das Modell 2 gefährdet, da die psy-chotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen attraktiv ist und es immer an dieser Altersgruppe interessierte Kollegin-nen und Kollegen geben wird – auch weil man weiß, dass man flexibel ist und durch Kompetenzerweiterung andere Schwer-punkte hinzufügen kann.

Der Begriff „Approbation“ bedeutet im Zusammenhang mit Psychotherapie die

2 Zu erarbeiten sind auch Übergangsregelun-gen für jetzt approbierte Kinder- und JuÜbergangsregelun-gend- Jugend-lichenpsychotherapeuten, damit diese nach einer entsprechenden Kompetenzerweite-rung auch die Behandlungsbefugnis für Er-wachsene erwerben können.

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Psychotherapeutenjournal AS 11.2.2010

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Ausbildung der Zukunft: Ein Beruf Psychotherapeut/in

Zulassung zu einem Heilberuf durch den Gesetzgeber. Bei den anderen Heilberufen wie zum Beispiel den Ärzten, den Zahn-ärzten, den Apothekern und auch den Psychologischen Psychotherapeuten wird in der Approbation keine altersabhängige Behandlungserlaubnis erteilt, wie dies bei den Kinder- und Jugendlichenpsychothe-rapeuten der Fall ist. Ärzte erwerben die spezielle Kompetenz in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen nach der Approbation durch Weiterbildung zum Kin-der- und Jugendarzt bzw. zum KinKin-der- und Jugendpsychiater. Modell 2 entspräche so-mit der Systematik der anderen Heilberufe in Deutschland und könnte zu einer Schär-fung des Profils der Psychotherapeuten innerhalb der Heilberufe führen.

Auch im Hinblick auf die Diskussion der Berufsqualifikationsrichtlinie der Europä-ischen Union bietet Modell 2 Vorteile.

Es gibt in Europa so genannte geregelte und ungeregelte Heilberufe3. Zu den ge-regelten Heilberufen gehören derzeit die Berufe des Arztes, Zahnarztes, Apothe-kers und Tierarztes. Zu den ungeregelten Heilberufen gehören (noch) die Psycho-therapeuten. Es ist zu erwarten, dass es in den nächsten Jahren eine Bewegung in Europa geben wird, auch den Heilberuf des Psychotherapeuten zu regeln. Da es europaweit den eigenständigen Heilberuf des Kinder- und Jugendlichenpsychothe-rapeuten nicht gibt, besteht eine größere Chance, deutsche Ausbildungsstandards für die Psychotherapieausbildung durchzu-setzen, wenn diese auch auf europäischer Ebene als ein Heilberuf Psychotherapeut auftreten und argumentieren.

Das Modell einer Ausbildung in einem Common Trunk und einer entsprechenden Schwerpunktsetzung bietet gute Voraus-setzungen dafür, dass den verschiedenen Altersgruppen der Bevölkerung auch in Zukunft eine wirksame und gute psycho-therapeutische Behandlung zur Verfügung stehen wird. Für die Option, nur noch eine Approbation als Psychotherapeut mit der entsprechenden Schwerpunktsetzung vor-zusehen, gibt es derzeit bessere und mehr Argumente. Der Konflikt ist klar: Modell 1

würde für die Psychologischen Psycho-therapeuten die Einschränkung ihrer be-rufsrechtlichen Behandlungsbefugnis auf erwachsene Patienten bedeuten, Modell 2 für die Kinder- und Jugendlichenpsycho-therapeuten den Verlust der spezifischen Approbation. Eine Entscheidung für oder gegen den einheitlichen Heilberuf des Psychotherapeuten bedarf der breiten Zu-stimmung der Profession, sowohl der Kin-der- und Jugendlichenpsychotherapeuten wie auch der Psychologischen Psychothe-rapeuten.

Im Moment hat die Profession die Auf-gabe, die unterschiedlichen Modelle und Positionen darzustellen, zu beurteilen, zu modifizieren und letztlich nach gründlicher Diskussion Entscheidungen zu treffen, die dann mit der Politik kommuniziert werden können. Die Bundespsychotherapeuten-kammer (BPtK) wird im Frühjahr in zwei Symposien unter breiter Beteiligung der Landeskammern, der Fachverbände und der Ausbildungsträger die unterschiedli-chen Modelle zur Diskussion stellen, um mögliche Entscheidungen auf dem nächs-ten Deutschen Psychotherapeunächs-tentag vorzubereiten. Die beiden vorgestellten Modelle sind nur ein Teil der denkbaren Lösungsansätze. Die Diskussion und die Entscheidung sollte von dem Bemühen al-ler geprägt sein, die psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung zu verbes-sern, gute Grundlagen für die zukünftige Position der Psychotherapeuten innerhalb der Heilberufe und des Gesundheitswe-sens und eine attraktive Ausbildung und Berufsperspektive für den Nachwuchs zu schaffen.

Literatur

Esser, G. (2003). Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Stuttgart:

Thieme.

Lehndorfer, P. (2008). Kompetenzen in der analytischen Kinder- und Jugendli-chenpsychotherapie. Zeitschrift für Indi-vidualpsychologie, 33, 255-269.

Stadler, T. (2008, März). Die Lehranalyse:

notwendige, aber nicht hinreichen-de Selbsterfahrung für Kinhinreichen-der- und

Jugendlichenanalytiker. Vortrag beim Workshop der VAKJP und StäKo zu Fra-gen der Selbsterfahrung, Berlin.

Strauß, B., Barnow, S., Brähler, E., Fegert, J., Fliegel, S., Freyberger, H.J., Goldbeck, L., Leuzinger-Bohleber, M. & Willutzki, U. (2009). Forschungsgutachten zur Ausbildung von Psychologischen Psy-chotherapeutInnen und Kinder- und Ju-gendlichenpsychotherapeutInnen. Ver-fügbar unter: http://www.bmg.bund.

de/cln_151/SharedDocs/Downloads/

DE/Standardartikel/P/Psychotherapie/

Psychotherapeuten__Gutachten,tem plateId=raw,property=publicationFile.

pdf/Psychotherapeuten_Gutachten.pdf [19.01.2010].

3 Gemeint ist, vereinfacht ausgedrückt: „eu-ropaweit einheitlich geregelt“, so dass die Ausbildung in einem europäischen Staat die unmittelbare Tätigkeitsgenehmigung für die anderen europäischen Staaten impliziert und keine individuelle Prüfung mehr stattfinden muss, wenn man in einem anderen europäi-schen Staat seine Berufstätigkeit aufnehmen will.

Dipl.-Soz.päd. Peter Lehndorfer Kinder- und Jugendlichenpsychothera-peut, niedergelassen in eigener Praxis, Mitglied im Vorstand der Bundespsycho-therapeutenkammer, Vizepräsident der PTK Bayern

PTK Bayern St.-Paul-Str. 9 80336 München peter@lehndorfer.de

Zusammenfassung: Die derzeitige Diskussion um mögliche Veränderungen des Psychotherapeutengesetzes im Hinblick auf die psychotherapeutische Ausbildung und Fragen der Zugangsqualifikationen hat sich um die Frage des Erhalts der bei-den Heilberufe bzw. Schaffung eines Heilberufes erweitert. In diesem Beitrag werden die besonderen Kompetenzen des Kinder- und Jugendlichenpsychothe-rapeuten dargestellt, für die es einer fundierten Ausbildung bedarf, sowie auf die lange eigenständige Tradition der KJP, insbesondere auch unter dem Aspekt der Zugänge sowohl der Psychologen als auch der pädagogischen Studienabsolven-ten. Weiterhin wird die Bedeutung des eigenständigen Berufes KJP unter dem Ge-sichtspunkt der Versorgung der Bevölkerung beleuchtet und Bezug auf den 13.

Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung genommen. Die Diskussion erfolgt sowohl auf Grundlage der Vorschläge des Forschungsgutachtens als auch dem Diskussionspapier der BPTK.

Im Dokument Liebe Kolleginnen und Kollegen, (Seite 36-39)