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Aufklärung des genetischen Defekts bei der Tangier Erkrankung

Im Dokument Apolipoprotein AI und HDL (Seite 37-40)

1.2. Die Proteine der Rho-Familie als zentrale Regulatoren der Zytoskelettorganisation

1.3.2. Aufklärung des genetischen Defekts bei der Tangier Erkrankung

1.3.2.1. ABC-Transporter

ABC-Transporter sind hochkonservierte Transmembran-Proteine, die für die Translokation verschiedenster Moleküle aus unterschiedlichen Stoffklassen über Membransysteme verantwortlich sind [Higgins (1992)]. Der Transfer von Ionen, AS, Peptiden, Zuckern, Vitaminen, Steroid-Hormonen, Gallensäuren, Xenobiotika und Lipiden ist energieabhängig, wobei die Energie aus der Hydrolyse von ATP stammt.

Innerhalb der Zelle können die ABC-Transporter an der PM, an Peroxisomen, am

Einleitung 35 Komplex, am ER und an intrazellulären sekretorischen Vesikeln lokalisiert sein [Bauer et al. (1999)]. Die klassische Funktion einiger ABC-Transporter liegt im Export von zytotoxischen Agenzien und kann in Tumorzellinien zur Multi-Drug-Resistenz führen [Higgins (1992)], was ursprünglich zur Entdeckung dieser Gen-Familie führte. Die ABC-Transporter bestehen aus zwei tandemartig verknüpften funktionellen Einheiten. Jede Untereinheit beinhaltet eine ATP-Bindungskassette und eine komplex aufgebaute Transmembran-Domäne [Klein et al. (1999)]. Es gibt mehrere Hypothesen dafür wie ABC-Transporter agieren: 1. nach der Aktivierung können die Transporter Membran-Poren formen, um lösliche Substanzen in das extrazelluläre Milieu zu translozieren, 2.

durch sterische Veränderungen in der Membran können sie als Flippase agieren oder 3.

sie formen einen hydrophoben Raum in der Membran in Form eines „hydrophoben Vacuum-Cleaner“ [Higgins (1994); Ueda et al. (1997); van Veen and Konings (1997)].

Zudem beinhalten sie Bindungsdomänen für verschiedenste Proteine, die u.a. die Verbindung zur Signaltransduktion und dem Zytoskelett herstellen. Neben den klassischen Aufgaben in transformierten Zellen mehren sich die Beweise, dass die ABC-Transporter am zellulären Lipidtransport beteiligt sind. Es konnte gezeigt werden, dass die Transporter MDR1 und MDR3 Phospholipide zwischen der inneren und äußeren PM translozieren [Smith et al. (1994), van Helvoort et al. (1996), Crawford et al. (1997)]. Untersuchungen in humanen Zellinien konnten eine Rolle für MDR1 im Cholesterin-Transport von der PM zum ER zeigen [Luker et al.1999]. Bei einem anderen Mitglied aus der Unterklasse der „half-size“-Transporter, dem ABCG1 (ABC8), konnte eine Beteiligung im Cholesterin-Transport in Makrophagen postuliert werden [Klucken et al. (2000)]. Für zwei weitere ABC-Transporter, dem ABCG5 und ABCG8 konnte eine Beteiligung in der Cholesterinaufnahme gezeigt werden. Diese beiden ABC-Transporter sind in Patienten mit Sitosterolämie mutiert und in der Leber und dem Intestinum hoch exprimiert. Die Patienten zeigen Xanthome, Prädisposition zur Arteriosklerose und vorzeitiges Risiko zur KHK. Sie besitzen eine erhöhte Absorption und eine verminderte Sekretion von Cholesterin und Sterolen und dadurch eine dramatisch erhöhte Konzentration von Sterolen im Plasma. Durch Cholesterin-Fütterung in Mäusen werden beide Gene hochreguliert. Diese Befunde legen nahe, dass normalerweise ABCG5 und ABCG8 in der Limitation der intestinalen Absorption und nachfolgenden Reseketion von Sterolen involviert sind. [Berge et al. (2000); Lee et al. (2001)]. Das Konzept, dass ABC-Transporter auch Funktionen im Lipidtransport übernehmen, konnte nach der Identifikation weiterer ABC-Gene, die eine wichtige Rolle in der Lipoproteinhomöostase übernehmen, geklärt werden.

Einleitung 36 1.3.2.2. Tangier Erkrankung und ABCA1

Der genetische Defekt der Tangier-Erkrankung konnte 1999 am hiesigen Institut und von anderen Gruppen aufgeklärt werden [Remaley et al. (1999); Bodzioch et al. (1999);

Brooks-Wilson et al. (1999); Rust et al. (1999), Brousseau et al. (2000)]. Dabei handelt es sich um Mutationen im ABCA1-Gen, welches einen „full-size“ ABC-transporter (ABCA1) codiert [Broccardo et al. (1999)]. ABCA1 ist exprimiert in verschiedenen Organen, wie der Placenta, der Leber, der Lunge, in adrenalen Drüsen und fetalen Geweben [Langmann et al. (1999)]. Die cDNA-Sequenz kodiert für ein 2201 AS-Protein mit einem Molekulargewicht von 220kDa. Das humane Gen ist lokalsiert auf Chromosom 9q31 und zusammengesetzt aus 50 Exons, welche eine Region von 70kb umspannen [Luciani et al. (1994); Rust et al. (1998)]. Die biologische Funktion konnte im Zusammenhang mit der mutierten Form des ABCA1 in der Tangier Erkrankung gezeigt werden. Hier konnte ABCA1 als Regulator-Protein des HDL-Metabolismus charakterisiert werden [Marcil et al. (1999); Lawn et al. (1999); Hayden et al. (2000);

Ordovas (2000)]. Zunächst wurde in humanen Monozyten gezeigt, dass das ABCA1-Protein durch Cholesterinbeladung induziert und durch HDL3 supprimiert werden kann [Langmann et al. (1999)]. Diese Cholesterin-abhängige Regulation legt nahe, dass ABCA1 im Cholesterin- und Lipidtransport eine entscheidende Rolle spielt. Diese Rolle konnte im Weiteren durch Experimente an Tangier-Monozyten, Tangier Fibroblasten, transfizierten HeLa-Zellen und ABCA1-knock-out Mäusen belegt werden. In differenzierten und mit acLDL beladenen Tangier-Monozyten konnte, im Vergleich zu Kontroll-Monozyten, ein reduzierter Cholesterin und Phospholipid-Efflux zu HDL3

gemessen werden. Durch Versuche an ABCA1-überexprimierten HeLa-Zellen konnte weitere Evidenz für die Rolle von ABCA1 im apoA-I vermittelten Lipidtransport gefunden werden. Bei den transfizierten Zellen wurde eine deutlich signifikante Steigerung der Efflux-Induktion durch apo A-I erreicht, im Gegensatz zur Kontrolltransfektion, wo keine Induktion zu beobachten war. Die Steigerung ist sowohl beim Cholesterin- als auch beim Phospholipid-Efflux induzierbar. Entsprechend wurde durch die Transfektion auch der HDL3-vermittelte Efflux gesteigert. Weiter wurde gezeigt, dass die Phopholipide mit einer höheren Effizienz als Cholesterin exportiert werden, wobei beide Lipide in einem zweistufigen Prozeß transloziert werden können [Liebisch (1999)]. Im Einklang damit stehen die Befunde, dass in ABCA1-defizienten Maus-Fibroblasten keine Induktion des apoA-I vermittelten Lipid-Effluxes stattfindet. Diese Daten indizieren, dass ABCA1 über die Vermittlung von Cholesterin-sensitiven Signaltransduktionsprozessen am Transport von Cholesterin und „Cholin-Backbone“-Phospholipide an der PM beteiligt ist. Die

Einleitung 37 Beobachtung, dass in unstimulierten Fibroblasten ABCA1 auch im Zytosol und an der Golgi-Fraktion zu detektieren ist, legt nahe, dass das Protein auch als bewegliches Molekül zwischen der PM und dem Golgi translozieren kann, welches die klassische vesikuläre Route für neusynthetisiertes Cholesterin in der Zelle darstellt. Zusätzlich zu den Untersuchungen zum Lipid-Efflux konnte in den ABCA1-defizienten Maus-Zellen das gleiche veränderte Lipidprofil wie in den humanen Tangier Zellen gefunden werden.

Sie besitzen kaum ausgereifte HDL und zeigen somit in der Isotachophorese das für Tangier Patienten typische Lipidprofil. Weiter zeigen diese Zellen einen dilatierten Golgi mit vergrößerten trans-Golgi-Zisternen. Diese ultrastrukturelle beobachtbare abnormale Morphologie des Golgi-Apparates zeigen auch verschiedene Zelltypen der Tangier Patienten. [Orsó et al. (2000); Lawn et al. (1999)].

Im Dokument Apolipoprotein AI und HDL (Seite 37-40)