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Assoziations- und Dissoziationsverhalten der Inhibitoren

4.2 Biochemische Charakterisierung der 14mer-Inhibitoren

4.2.4 Assoziations- und Dissoziationsverhalten der Inhibitoren

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während des Prozessierungsassays signifikant dissoziiert und von einem ptRNA-Substrat verdrängt wird, was zu einer Erhöhung des Ki-Wertes führen würde.

Tab. 4.2: Kinetische Daten der 14mer-Analoga

∞ Dissoziationsrate, mittels Verdünnungsexperiment bestimmt (3.5.3); ¤ Bestimmung der Dissoziationsrate durch Kompetitionsexperiment (3.5.3), * Assoziationsrate berechnet aus KD und koff

nach KD = koff/kon; # aus Vorinkubationskinetiken ermittelte Assoziationsraten (3.5.3); die kinetischen Parameter wurden aus mindestens drei unabhängigen Experimenten abgeleitet; n.u., nicht untersucht.

Ki [nM] KD [nM] koff[h-1] koff¤[h-1] kon*[M-1s-1] kon#[M-1s-1] RNA-14mer 2,2 ± 0,6 0,7 ± 0,2 0,016 ± 0,01 n.u. 0,63*104 (6,8 ± 2,0)*104 DNA-14mer 25 ± 5 2,6 ± 0,4 0,22 ± 0,07 0,27 ± 0,07 2,3*104 (2,3 ± 0,7)*104 LNA-14mer 3,9 ± 2,5 n.u. n.u. n.u. n.u. (8,6 ± 4,5)*104 PNA-14mer 12,5 ± 2,5 n.u. n.u. n.u. n.u. (2,2 ± 0,5)*105

4.2.4.2 Dissoziationskinetik

Dissoziationsraten wurden mit zwei unterschiedlichen Methoden ermittelt. Inhibitor und RNase P RNA wurden bis zur Gleichgewichtseinstellung inkubiert und der Ansatz entweder mit Puffer 1: 20 verdünnt (Verdünnungsexperiment), oder ein Überschuss an nicht radioaktiv markiertem Inhibitor hinzugefügt (Kompetitionsexperiment). Die Einstellung des jeweils neuen Gleichgewichts wurde durch Auftrennen von Inhibitor und Komplex auf einem Gelfiltrationssäulchen und Vermessen von Eluat und Säule verfolgt. Mit der Kompetitionsmethode wurde für das RNA-14mer eine Dissoziationsrate (koff) von 0,016 h-1 und für das DNA-14mer von 0,22 h-1 gemessen (Tab. 4.2, Abb. 4.12). Daraus wurde anhand des ermittelten KD-Wertes die Assoziationsrate berechnet, die sich für das RNA-14mer als kon = 0,6 x 104 M-1s-1 und für das DNA-14mer als kon = 2,3 x 104 M-1s-1 ergab. Für das DNA-14mer wurden mit beiden Methoden fast identische koff-Werte von 0,22 und 0,27 h-1 bestimmt (Tab. 4.2). Die Dissoziation des RNA-14mers verlief sehr langsam (10 % in sechs Stunden), wodurch eine exakte Messung deutlich erschwert wurde, wie auch an dem hohen Fehler zu erkennen ist. Deswegen konnte der koff-Wert in diesem Fall nur mit der Kompetitionsmethode und nicht mit der Verdünnungsmethode ermittelt werden.

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Abb. 4.12: Bestimmung der Dissoziationsrate von E. coli-P RNA und RNA-14mer bzw. DNA-14mer nach der Kompetitionsmethode

Die Teilabbildungen repräsentieren je eines von mehreren Einzelexperimenten für das RNA-14mer (A) und das DNA-14mer (B). Die Abnahme des radioaktiv markierten AS-ON im Komplex nach Zugabe des Überschusses an unmarkiertem Oligonukleotid ist als Funktion der Zeit dargestellt. Die Daten wurden mit einer Gleichung erster Ordnung bearbeitet und ergaben so die oben aufgeführten koff -Werte. C0, die maximale Komplexkonzentration zum Zeitpunkt Null, wurde dabei um die Menge an Oligonukleotid korrigiert, die in Ansätzen ohne P RNA nicht von der Säule zurückgehalten wurde; C entspricht der durch Szintillationsmessung bestimmten Komplexkonzentration aus radioaktivem AS-ON und P RNA zum Zeitpunkt der Einzelexperimenten.

4.2.4.3 Assoziationskinetik

Assoziationsraten der Bindung der 14mer-Oligomere an die P RNA von E. coli wurden über die Inaktivierung des Ribozyms bestimmt, wobei die Vorinkubationszeit des Inhibitors und der P RNA von 0 bis 40 min variiert wurde. In einem Vorversuch konnte gezeigt werden, dass die Reaktionsgeschwindigkeit linear von der freien P RNA-Konzentration abhängig war.

Dazu wurde die P RNA-Konzentration von 1 bis 10 nM variiert und die Umsatzgeschwindigkeit bei 100 und 500 nM ptRNA gemessen (Abb. 4.13 A und B). Der Unterschied von ungefähr 10 fmol/ min, der sich zwischen den beiden Substratkonzentrationen bei den Kurven der 5 und 10 min-Werte ergab, kann damit begründet werden, dass geringe Abweichungen in der Umsatzgeschwindigkeit bei 500 nM Substrat stärker in den Endwert eingehen als bei 100 nM Substrat. So erklären sich auch die relativ hohen Fehlerbalken der 10 min-Kurve bei 500 nM ptRNA.

Abb. 4.13: Lineare Abhängigkeit des Substratumsatzes von der E. coli-P RNA-Konzentration Die Datenpunkte stellen Mittelwerte dar, die aus mindestens drei unabhängigen Experimenten berechnet wurden, die Fehlerbalken waren teilweise so gering, dass sie nicht über die verwendeten Symbole hinausragten; kobs, beobachtete Umsatzgeschwindigkeit. A: Assaykonzentration der ptRNAGly: 100 nM, B: Assaykonzentration der ptRNAGly: 500 nM

Die lineare Abhängigkeit des Substratumsatzes von der P RNA-Konzentration ermöglichte es, den Anteil an freier P RNA nach einer bestimmten Vorinkubationszeit von Enzym und Inhibitor aus der Umsatzgeschwindigkeit abzulesen und so auf den Anteil an Enzym-Inhibitor-Komplex zu schließen. Zu diesem Zweck wurde das Ribozym (10 nM) für unterschiedliche Zeitintervalle mit einem 10-fachen Überschuss an Inhibitor präinkubiert, anschließend die Prozessierungsreaktion durch Zugabe von ptRNA-Substrat (100 or 500 nM) gestartet und nach 2 min gestoppt. Die kurze Prozessierungszeit von 2 min wurde gewählt, um die initiale lineare Phase der Reaktion zu erfassen und um mögliche Inhibitor-Assoziationsereignisse während der Prozessierungsphase zu minimieren, was zu einer Überschätzung der Assoziationsrate hätte führen können. Mögliche Inhibitor-Dissoziationsereignisse während der 2-minütigen Prozessierungsphase konnten aufgrund der geringen Dissoziationsraten der Inhibitoren (Tab. 4.2) als vernachlässigbar betrachtet werden. Aus der Auftragung von 1-krel über der Vorinkubationszeit konnte mit einer Gleichung erster Ordnung die Assoziationsrate berechnet werden (Abb. 4.14), krel repräsentierte dabei das Verhältnis der Prozessierungsraten in An- versus Abwesenheit des Inhibitors. Zuerst wurde die Methode für das LNA-14mer bei beiden Substratkonzentrationen (100 und 500 nM ptRNA) angewandt, wobei die Assoziationskurven praktisch identisch waren (Abb. 4.14 A). Das Ergebnis bestätigte, dass keine signifikante Inhibitorassoziation während der Prozessierungsphase stattfand. Ansonsten hätte man Unterschiede zwischen den bei 100 und 500 nM erhaltenen Daten erwartet, da 500 nM Substrat den Zugang des Inhibitors zur CCA-Bindungsstelle effektiver hemmen sollten als 100 nM. Für die übrigen 14mer-Inhibitoren wurden ebenfalls Assoziationskurven bei beiden Substratkonzentrationen ermittelt und die mittlere Assoziationsrate aus mindestens drei unabhängigen Experimenten berechnet (Tab. 4.2). Für die PNA-, RNA- und DNA-Inhibitoren sind in Abb. 4.14 B die

64__________________________________________________Ergebnisse und Diskussion Assoziationskurven je eines Beispielexperiments bei 100 nM Substratkonzentration dargestellt.

Abb. 4.14: Bestimmung der Assoziationsraten für das DNA-, RNA-, LNA- und PNA-14mer

A: Assoziationskurven des LNA-14mers bei 100 und 500 nM ptRNAGly; krel beschreibt den Quotienten der Umsatzgeschwindigkeiten in Gegenwart (100 nM) versus Abwesenheit des Inhibitors; 1-krel

spiegelt die Zunahme des E. coli-P RNA-AS-ON-Komplexes wider; B: Assoziationskurven für das PNA-, RNA- und DNA-14mer; dargestellt ist jeweils eine Beispielkurve. Die LNA–Kurve ist in dieser Teilabbildung nicht enthalten, da sie zwischen der PNA- und der RNA-14mer Kurve verläuft und dadurch die Übersichtlichkeit der Darstellung beeinträchtigt worden wäre.

Bezüglich der Assoziationsraten ergab sich die gleiche Rangfolge wie in dem Vorexperiment zur Variation der Vorinkubationszeit (Abb. 4.11). Die schnellste Assoziation zeigte das PNA-14mer mit einem kon von 2,2 x 105 M-1s-1, gefolgt von dem LNA-14mer mit 8,6 x 104 M-1s-1, dem RNA-14mer mit 6,8 x 104 M-1s-1 und dem DNA-14mer mit 2,3 x 104 M-1s-1 (Tab. 4.2).

4.2.4.4 Vergleich der Assoziations- und Dissoziationsdaten

Die Unterschiede zwischen den mit verschiedenen Methoden ermittelten Assoziationsraten können auf die unterschiedlich gute Eignung der Methoden für diese Problemstellung zurückgeführt werden. Für AS-ON mit einer langsamen Dissoziationskinetik scheint die Verdünnungsmethode nicht gut geeignet zu sein, da für das RNA-14mer kein zuverlässiger koff-Wert bestimmt werden konnte. Die Dissoziation war mit 10 % in sechs Stunden zu langsam. Die Kompetitionsmethode lieferte zwar einen Wert für die Dissoziationsrate, allerdings war dieser mit einem großen Fehler (60 %) behaftet (Tab. 4.2). Bei der kon -Bestimmung für das RNA-14mer mittels Vorinkubationskinetiken wurde eine Assoziationsrate gemessen, die 10-mal höher war als jene, die aus koff und KD-Wert abgeleitet wurde (Tab. 4.2). Die auf Vorinkubationskinetiken basierende Methode scheint aufgrund der geringeren Schwankungen in den Einzelwerten und dem daraus resultierenden kleineren Fehler (± 30 %) die geeignetere Methode für die Bestimmung der Assoziationsrate zu sein. Dass jedoch prinzipiell die Bestimmung der Assoziationsrate mit allen drei Methoden

möglich ist, zeigen die Daten des DNA-14mers. Hier konnten mit jeder Methode nahezu identische Werte mit relativ geringen Fehlern ermittelt werden (Tab. 4.2).

Die in der vorliegenden Arbeit gemessenen Assoziationsraten liegen in der gleichen Größenordnung wie bereits veröffentlichte Daten zu RNA- und PNA-Oligomeren sowie 2’-O-Methyloligoribonukleotid/LNA-Mixmeren (mit einem endständigen 2’-O-Methyl-Ribo-nukleotid), die ebenfalls bei mittleren Salzkonzentrationen gemessen wurden (Eckardt 1997, Arzumanov 2001). In den beiden genannten Studien wurde HIV als target verwendet.

Während Eckardt et al. (1997) ein 69 Nukleotide langes Antisense-RNA-Oligonukleotid einsetzten, untersuchten Arzumanov et al. (2001) 12 Nukleotide lange 2’-O-Methyloligoribonukleotide, O-Methyloligoribonukleotid/LNA-Mixmere und PNA-Oligomere, die komplementär zu einer Sequenz in der TAR-RNA-Region von HIV waren und durch Inhibition der Bindung des Tat-Proteins die Transkription des kompletten HIV-Genoms verhindern. Sie blockieren die Tat-abhängige Transkription, wodurch die vollständige Transkription von HIV inhibiert wird. Arzumanov et al. (2001) testeten die verschiedenen Oligonukleotide in in vitro-Assays bei unterschiedlichen Salzkonzentrationen (eine niedrigere, eine mittlere Salzkonzentration und ein komplexer zusammengesetzter Puffer mittlerer Salzkonzentration). Dabei schwankten die kinetischen Daten des PNA-Inhibitors bei verschiedenen Salzkonzentrationen nur geringfügig, während deutliche Unterschiede bei dem 2’-O-Methyloligoribonukleotid/LNA-Mixmer gemessen wurden. Das Ergebnis zeigt, dass Daten von Studien mit nicht identischen Pufferbedingungen nur sehr begrenzt vergleichbar sind. In der vorliegenden Arbeit wurden erstmalig direkt und unter gleichen Salzbedingungen die kinetischen und thermodynamischen Parameter von sequenzidentischen RNA-, DNA-, LNA- und PNA-Oligomeren bezüglich ihrer Bindung an eine stabile RNA gegenübergestellt.

Insbesondere existierten bisher keine vergleichbaren Daten für ein komplett LNA-modifiziertes AS-ON.

Die für einige natürliche Systeme gemessenen Assoziationsraten in der Größenordnung von 1x 106 M-1s-1 liegen klar über denen künstlicher Systeme (Kolb 2000a, Eckardt 1997, Arzumanov 2001). In natürlichen Systemen sind Antisense-RNA und target durch Koevolution optimiert worden. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht die Schwierigkeit, AS-ON zu entwerfen, die zu natürlichen Systemen vergleichbare Assoziationsraten aufweisen. Die anfängliche Annahme, dass sich durch Modifikation der AS-ON sowohl die Ki-Werte als auch die Assoziationskinetik verbessern lassen, trifft bezüglich des 14mer-Inhibitors nur auf letztere zu. Die Ki-Werte des LNA- und PNA-14mers lagen in einem zum RNA-14mer vergleichbaren Konzentrationsbereich.

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