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Jens Schreiber Klinik für Pneumologie

Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät

Inhaltliche Schwerpunkte auf dem diesjährigen Kongress der American Society of Clinical Oncolo-gy zur Tumorbiologie beim Bronchialkarzinom wa-ren vor allem die Charakterisierung von Mutationen und das Verständnis von Resistenzmechanismen.

Es wurden zahlreiche neue Wirkstoffe und An-satzpunkte für eine medikamentöse Therapie vor-gestellt, die von einer Ausnahme abgesehen, auf die ich noch eingehen werde, jedoch noch keinen wesentlichen therapeutischen Fortschritt erkennen lassen. Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses, der jedoch noch mit spürbarer Zurückhaltung dis-kutiert wurde, war die Erhaltungstherapie („main-tenance therapy“) nach erfolgter initialer

Chemo-therapie beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC).

Zur Diagnostik des NSCLC stellten Tournoy und Mitarbeiter eine prospektive randomisierte Studie zum Vergleich der endobronchialen Sonographie mit Punktion der mediastinalen Lymphknoten-stationen und der Mediastinoskopie vor (ASTER-Studie). Erwartungsgemäß bestätigte sie, dass die Endosonographie, gefolgt von einem chirur-gischen Staging, im Vergleich zur alleinigen Me-diastinoskopie eine signifikant höhere Sensitivität und negativen Vorhersagewert hat und die Anzahl

frustraner Thorakotomien signifikant reduziert. Dies

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bestätigte allerdings lediglich die aktuellen diagnos-tischen Standards. So ist die endobronchiale So-nographie mit einem Evidenzgrad A bereits in der aktuellen deutschen S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Bronchialkarzinoms enthalten.

Eine prospektive Untersuchung zur Sekundärprä-vention des radikal operierten NSCLC im Stadium I mit Selen erbrachte das enttäuschende Ergebnis, dass in der Verumgruppe mit Selensuplimentation das Gesamtüberleben signifikant schlechter war als in der Kontrollgruppe, sodass auch hier der Ver-such, einer Chemotherapieprävention versagt hat (Karp et al.).

Bereits auf dem ASCO 2008 (Kelly et al.) wurde eine Studie zur Erhaltungstherapie mit Gefitinib (Iressa®) vs. Placebo bei Patienten nach kurativ in-tendierter kombinierter Strahlen-/Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen NSCLC vorgestellt, die eine relevant und signifikant erhöhte Mortali-tät im Interventionsarm zeigte. Auf dem diesjäh-rigen ASCO wurde eine ähnliche Phase-III-Studie (GR.19, Goss et al.) Studie präsentiert, in der bei Patienten mit komplett reseziertem NSCLC (Sta-dium Ib bis IIIa) eine prophylaktische Therapie mit Gefitinib versus Placebo durchgeführt wurde. Auch mit diesem Studiendesign zeigten die Patienten in der Verum-Gruppe eine signifikant erhöhte Sterb-lichkeit, sodass beide Studien überzeugend bele-gen, dass eine prophylaktische Therapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Gefitinib nach kurativ behan-delten NSCLC schädlich ist. Dies betraf interes-santerweise die Patienten mit einer EGFR-Mutation oder einer KRAS-Mutation in höherem Maße als die

„wild-type“-Patienten.

Die französische Arbeitsgruppe um Frau Westeel präsentierte Langzeitüberlebensdaten (12 Jahre) von Patienten, bei denen nach neoadjuvanter Che-motherapie eine Resektion eines NSCLC, teilweise kombiniert mit einer Strahlentherapie, erfolgt war.

Sie wiesen nach, dass sich der Überlebensvorteil der neoadjuvanten Chemotherapie über diesen lan-gen Zeitpunkt nachweisen lässt. Der Vorteil des Gesamtüberlebens und auch des krankheitsfreien Überlebens war vor allem durch eine hochsigni-fikante Reduktion des Auftretens von Knochen-metastasen und nicht vordergründig der lokalen Tumorkontrolle bedingt. Gemeinsam mit den im letzten Jahr in Lancet publizierten Untersuchungen von Albain et al., die ebenfalls einen Überlebens-vorteil nach Lobektomie, nicht jedoch nach Pneu-monektomie, nach neodajuvanter Chemotherapie nachgewiesen haben, kann dieses multimodale Therapiekonzept aus neoadjuvanter

Chemothera-pie, Operation und ggf. Strahlentherapie als eta-bliert betrachtet werden.

Die IFCT-0501-Studie verglich eine kombinierte Therapie aus wöchentlich Paclitaxel und monatlich Carboplatin mit einer Monotherapie mit Vinorelbin oder Gemcitabin, gefolgt von einer Second-Line-Therapie mit Erlotinib bei älteren Patienten zwi-schen 70 und 89 Jahren. Erwartungsgemäß bestä-tigte diese Untersuchung, dass auch in der älteren Patientengruppe die Kombinationstherapie einen si-gnifikanten Vorteil (medianes Gesamtüberleben von 6,2 Monaten in der Monotherapiegruppe vs 10,3 Monate in der Kombinationsgruppe) erbracht hat und dass die genannte Kombinationstherapie auch bei älteren Patienten praktikabel ist.

Etwa 5 % der Patienten mit einem pulmonalen Adenokarzinom haben eine EML4-ALK Mutation.

Diese wurde erst 2007 erstmalig beschrieben und bereits auf dem diesjährigen ASCO wurden die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit einem ALK-Inhibitor (PF-02341066 = Crizotinib) bei Patienten mit ALK-positivem NSCLC vorgestellt. Diese Stu-die zeigte eindrucksvolle Responseraten bei nahezu allen Patienten. Eine prospektive Phase-III-Studie wurde initiiert.

Eine weitere Auswertung der Daten zur Therapie von Patienten mit einem NSCLC, hier vor allem mit plattenepithelialer Histologie, die eine Kombination aus einer First-Line-Chemotherapie mit und ohne Cetuximab (Erbitux®) erhalten haben, bestätigten, dass das Gesamtüberleben bei den Patienten, die nach dem 1. Zyklus Cetuximab mit einem aus-geprägten Hautausschlag (Rush) reagiert haben, relevant verlängert war. Die Umsetzbarkeit dieser Befunde in den klinischen Alltag ist noch offen, sie bestätigten jedoch, dass es eine Subpopulation von Patienten mit NSCLC gibt, die von einer Therapie mit Cetuximab profitieren (O´Byrne et al.).

Gridelli und Mitarbeiter präsentierten die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie mit einem Vergleich einer Erst-Linien-Therapie mit dem Tyro-sinkinase-Inhibitor (TKI) Erlotinib gefolgt von einer Zweit-Linien-Therapie mit Cisplatin und Gemcita-bin, gegen eine Erst-Linien-Therapie mit Cisplatin/

Gemcitabin gefolgt von einer Zweit-Linien-Thera-pie mit Erlotinib (TORCH-Studie). Die Ergebnisse zeigten eindrucksvoll, dass das Gesamtüberleben in der etablierten Sequenz Chemotherapie, gefolgt von Tyrosinkinase-Inhibitor der umgekehrten Rei-hung deutlich überlegen ist, sodass das bisher üb-liche Vorgehen zur initialen Chemotherapie, gefolgt von einem Zweitlinien-TKI erhalten bleiben muss.

Berichte

33 Dies ist sicher nicht auf die kleine Gruppe der

Pa-tienten mit einer EGFR-Mutation übertragbar.

Die TOPICAN-Studie (Lee at all) untersuchte den primären Einsatz von Erlotinib verglichen mit Pla-cebo in chemotherapienaiven Patienten mit fort-geschrittenem NSCLC Stadium IV, die aufgrund ihres Allgemeinzustandes für eine zytostatische Chemotherapie ungeeignet waren. In der Gesamt-gruppe fand sein kein Überlebensvorteil der pri-mären TKI-Therapie. Die Subgruppenalyse zeigte einen gewissen Vorteil für Frauen, nicht jedoch für Männer. Dieser Vorteil und diese Geschlechtsun-terschiede waren auch bei Patienten mit einem wild-type- EGFR nachweisbar. In dieser Studie war lediglich bei 3,5 % der Patienten eine EG-FR-Mutation nachweisbar. Von diesen Patienten zeigten 4 in der Verumgruppe ein vergleichswei-se langes Überlegen von bis zu 17 Monaten, was auch ohne die Möglichkeit einer statistischen Aus-wertung die Ergebnisse der IPASS-Studie (Mok et al.) mit Gefitinib bestätigt, dass Patienten mit einer EGFR-Mutation von einer primären Therapie mit einem TKI profitieren.

Spigel at al. präsentierten die Ergebnisse einer randomisierten Phase-II-Studie, die bei älteren Patienten mit einem fortgeschrittenen NSCLC in Kombination Pemetrexed/ Gemcitabin/Be-vacizumab mit Pemetrexed/Carboplatin/Beva-cizumab als First-Line-Behandlung verglichen hat.

Die Kombination mit Carboplatin zeigte mit einem medianen Gesamtüberleben von 14,8 Monaten im Vergleich zur Kombination mit Gemcitabin (me-dianes Gesamtüberleben 7,5 Monate) einen ein-drucksvollen Vorteil, der in einer Phase-III-Studie bestätigt werden sollte.

Ein Schwerpunkt auf dem diesjährigen ASCO war die Diskussion einer möglichen Erhaltungsthera-pie nach initialer ChemotheraErhaltungsthera-pie eines NSCLC.

Bisherige Studien zur Erhaltungstherapie haben oft lediglich eine vorgezogene Second-Line-The-rapie untersucht und hatten teilweise methodische Probleme hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Therapiearme. Es war das erste Mal, dass ich auf einem großen Kongress in einer Pro- und Con-tra-Diskussion erlebt habe, dass selbst der Pro-Diskutant seinen Standpunkt, hier die Erhaltungs-therapie, als „im Einzellfalle als überlegenswert“

darstellte. Eine Phase-III-Studie zur Erhaltungs-therapie mit Gemcitabin+BSC vs. BSC nach einer Kombinationstherapie mit Gemcitabin/Carboplatin stellten Belani et al. vor. In diesem Studienansatz erbrachte die Erhaltungstherapie gegenüber Best Supportive Care keinerlei Überlebensvorteil.

Ausgesprochen spärlich waren Beiträge zum kleinzelligen Bronchialkarzinom (SCLC), was ei-nen Referenten zu der Aussage veranlasste, dass der „Kleinzeller“, gemessen an der Anzahl der Abstracts inzwischen zur „orphan-disease“ ge-worden sei. Die SPEAR-Studie von Ciuleanu und Mitarbeiter untersuchte prospektiv den Einsatz von Picoplatin gegen Best Supportive Care bei Patienten mit einem SCLC in der Second-Line-Therapie des Rezidivs. Picoplatin ist ein Platin-derivat, das speziell zur Vermeidung der Platinre-sistenz entwickelt wurde. In dieser Studie zeigte die Picoplatingruppe eine Verbesserung des me-dianen Überlebens von 0,87 Wochen, was ca. 6 Tagen entspricht. Auch wenn der Referent sich redlich mühte, die Bedeutung dieses Überlebens-vorteils für die Patienten herauszustellen, gibt es inzwischen eine Mitteilung der Firma, diese Entwicklung nicht weiter zu verfolgen. Dies be-stätigt den positiven Trend, bei therapeutischen Innovationen wieder vermehrt auf einen wirklich relevanten Nutzen für die Patienten zu schauen.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Jens Schreiber Klinik für Pneumologie

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg Tel. 0931/671 54 21

e-mail: jens.schreiber@med.ovgu.de

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