Die aktuelle Corona-Krise hat zu drastischen Umsatzeinbrüchen geführt und erinnert an die Finanzkrise vor rund zehn Jahren. In der damaligen Krise hatten die Betriebe ein umfangreiches Bündel von Maßnahmen zur Sicherung der Beschäftigung eingesetzt. Neben der Kurzarbeit nutzten die Betriebe damals vor allem Arbeitszeitkonten (siehe auch Kapitel 3.2). Dass der befürchtete Abbau von Beschäftigung ausblieb und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in der damaligen Krise vermieden werden konnte, kann auch auf den Einsatz dieser Instrumente zurückgeführt werden.27
Der aktuellen Befragung zufolge gibt es solche Konten mittlerweile in etwas mehr als jedem vierten Betrieb in Bremen. Der Anteil von Betrieben mit Arbeitszeitkonten in Bremen liegt damit zwar deutlich unter dem Niveau der Vergleichsregionen. Die Beschäftigtenreichweite ist jedoch in Bremen etwas höher (vgl. Abbildung 36).
27 Vgl. Zapf, I.; Brehm, W.: Flexibilität in der Wirtschaftskrise. Arbeitszeitkonten haben sich bewährt. IAB Kurzbericht 22/2010.
IAB-Betriebspanel Bremen 2020
Abbildung 36: Betriebe und Beschäftigte mit Arbeitszeitkonten in Bremen, in westdeutschen Großstädten und in Deutschland insgesamt
Quelle: IAB-Betriebspanel, Befragungsjahr 2020
Da die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein solcher Instrumente mit der Betriebsgröße steigt, erstreckt sich die Reichweite auf einen deutlich höheren Anteil von Beschäftigten.
Während gerade einmal 13 % der zahlreichen Bremer Kleinstbetriebe Arbeitszeitkonten nutzen, gibt es dieses Instrument in über 60 % der Mittelbetriebe und in nahezu allen Großbetrieben (vgl. Tabelle 50).
Tabelle 50: Betriebe mit Arbeitszeitkonten nach Betriebsgrößenklassen
Betriebsgrößenklasse
Betriebe (mit)…
Regelungen zu Arbeitszeitkonten
geplanten Arbeitszeitkonten
ohne Regelungen zu Arbeitszeitkonten
% % %
Kleinstbetriebe (< 10 Beschäftigte) 13 2 85
Kleinbetriebe (10 bis 49 Beschäftigte) 42 2 56
Mittelbetriebe (50 bis 249 Beschäftigte) 61 7 32
Großbetriebe (ab 250 Beschäftigte) 95 0 5
Insgesamt 26 2 72
Quelle: IAB-Betriebspanel, Befragungsjahr 2020
In den einzelnen Bereichen der bremischen Wirtschaft sind Arbeitszeitkonten unterschiedlich stark verbreitet (vgl. Tabelle 51).
26
35 36
57 55 55
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Bremen Westdeutsche Großstädte Deutschland insgesamt
Betriebe mit Arbeitszeitkonten Beschäftigte in Betrieben mit Arbeitszeitkonten
IAB-Betriebspanel Bremen 2020
Tabelle 51: Betriebe mit Arbeitszeitkonten nach Branchen
Branche
Betriebe (mit)…
Regelungen zu Arbeitszeitkonten
geplanten Arbeitszeitkonten
ohne Regelungen zu Arbeitszeitkonten
% % %
Verarbeitendes Gewerbe 55 0 45
Baugewerbe* 26 0 74
Handel 21 1 79
- dar. Einzelhandel 22 0 78
Logistik 17 0 83
Wirtschaftsbezogene Dienstleistungen 22 3 75
Gesundheits- und Sozialwesen 32 4 64
Sonstige Dienstleistungen 22 3 75
- dar. Hotel- und Gaststättengewerbe 10 1 88
Öffentliche Verw., Org. ohne Erwerbszweck* 35 0 65
Insgesamt 26 2 72
Quelle: IAB-Betriebspanel, Befragungsjahr 2020. *Die ausgewiesenen Werte sind aufgrund der geringen Fallzahl in dieser Branche nur mit Einschränkungen interpretierbar.
In den von der aktuellen Corona-Krise stark betroffenen Branchen sind solche Instrumente bislang wenig verbreitet: In 21 % der Betriebe im Einzelhandel und in 10 % der Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe gibt es Arbeitszeitkonten – gegenüber 55 % im Verarbeitenden Gewerbe.
Fazit: Im Jahr des Ausbruchs der Corona-Pandemie ist die Beschäftigtenreichweite von Tarifverträgen weiter zurückgegangen. Während die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in größeren Betrieben in der Regel von Firmen- oder Flächen-tarifverträgen bestimmt werden, unterliegen die Beschäftigten in den zahlreichen Kleinstbetrieben in der Regel keinerlei tariflichen Regelungen. Die Befragung hat gezeigt, dass die Beschäftigten in Betrieben, die besonders stark von der Krise betroffen sind (z. B.
Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe), in der Regel weniger geschützt sind als Beschäftigte in (Groß-)Betrieben mit Tarifvertrag. Eine abnehmende Tarifbindung der Betriebe erhöht somit tendenziell die Heterogenität der Arbeits- und Einkommens-bedingungen in der Bremer Wirtschaft. Wenn mehr als drei Viertel der Bremer Betriebe formal nicht tarifgebunden sind, heißt dies allerdings nicht zwangsläufig, dass in diesen Betrieben prekäre Verdienste gezahlt werden. Eine nicht unerhebliche Zahl nicht tarifgebundener Betriebe zieht Flächentarifverträge als Maßstab bei der Festlegung von Löhnen und Gehältern heran. Die Ergebnisse der aktuellen Befragung zeigen, dass die Mehrheit der Betriebe mit Tariforientierung vergleichbare Löhne zahlt.
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GLOSSAR
Ausbildungsbetrieb
Ein Betrieb wird als „Ausbildungsbetrieb“ betrachtet, wenn mindestens eines der folgenden Merkmale zutrifft: Ausbildung von Auszubildenden zum Befragungszeitpunkt, Abschluss von Neuverträgen für das zum Zeitpunkt der Befragung zu Ende gehende Ausbildungsjahr oder für das beginnende Ausbildungsjahr, geplanter Abschluss von Neuverträgen für das zum Zeitpunkt der Befragung beginnende Ausbildungsjahr, Ausbildung von Auszubildenden mit erfolgreichem Abschluss der Ausbildung in den ersten Monaten des Befragungsjahres und damit vor dem Stichtag der Befragung im dritten Quartal des Jahres. Diese Definition ist somit relativ weit gefasst.
Auszubildende
Im Rahmen des IAB-Betriebspanels gelten als „Auszubildende“ sowohl Auszubildende als auch Beamtenanwärter und Beamtenanwärterinnen.
Beschäftigte
Im Rahmen des IAB-Betriebspanels gelten als „Beschäftigte“ alle Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und zwar unabhängig davon, ob sie eine sozial-versicherungspflichtige oder eine nicht-sozialsozial-versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, unabhängig von der Dauer der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig zu leistenden wöchentlichen Arbeitszeit und unabhängig von ihrer Stellung im Beruf. Als Beschäftigte werden also auch Beamte, tätige Inhaber, mithelfende Familienangehörige und geringfügig Beschäftigte erfasst.
Betriebe
Im vorliegenden Bericht werden ausnahmslos „Betriebe“ betrachtet. Unter „Betrieb“ wird eine regional und wirtschaftlich abgegrenzte Einheit verstanden, in der mindestens ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter tätig ist – entsprechend den Meldungen der Arbeitgeber. Diese erstatten für ihre sozialversicherungspflichtig (und geringfügig Beschäftigten) Meldungen zur Sozialversicherung. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 28a Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Damit Betriebe an dem automatisierten Meldeverfahren zur Sozialversicherung teilnehmen können, benötigen sie eine Betriebsnummer. Diese wird durch den Betriebsnummernservice der Bundesagentur für Arbeit vergeben und ist das Kriterium für die Abgrenzung eines Betriebes im Sinne des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung.
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Dienstleistungen
Der Branche „Sonstige Dienstleistungen“ werden Betriebe aus den folgenden Bereichen zugeordnet: Beherbergung und Gastronomie, Kunst/Unterhaltung/Erholung/Sport, sonstige personenbezogene Dienstleistungen (z. B. Wäschereien, Friseurgewerbe, Sauna) sowie Erziehung und Unterricht.
Der Branche „Wirtschaftsbezogene Dienstleistungen“ werden Betriebe aus den folgenden Bereichen zugeordnet: Informationstechnologische Dienstleistungen, Finanz- und Versiche-rungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen, Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Architektur- und Ingenieurbüros, Forschung und Entwicklung, Werbung und Marktforschung, Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften, Wach- und Sicherheitsdienste.
Fachkräfte
Als „Fachkräfte“ bzw. „qualifizierte Arbeitskräfte“ gelten im vorliegenden Bericht alle Arbeitskräfte, die auf Stellen eingesetzt werden, die nach Einschätzung der befragten Arbeit-geber und ArbeitArbeit-geberArbeit-geberinnen sowie Personalverantwortlichen eine Berufsausbildung oder eine akademische Ausbildung voraussetzen.
Weiterbildung
Im Rahmen des IAB-Betriebspanels gelten als „Weiterbildung“ alle inner- und außer-betrieblichen Maßnahmen, für deren Teilnahme Arbeitskräfte freigestellt wurden bzw. die Kosten hierfür ganz oder teilweise vom Betrieb übernommen wurden. Das Spektrum der erfassten Maßnahmen ist relativ breit definiert. Als Weiterbildung gelten sowohl die Teilnahme an internen und externen Lehrgängen und Kursen, die Teilnahme an Vorträgen, Fachtagungen u. ä. wie auch Arbeitsplatzwechsel (Job-Rotation) oder selbstgesteuertes Lernen mit Hilfe von Medien (z. B. computergestützte Selbstlernprogramme).
Impressum
Herausgeber: Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa der Freien Hansestadt Bremen Verfasser: Marek Frei, Silke Kriwoluzky, Simone Prick, Monika Putzing, (SÖSTRA)
Datenerhebung: Kantar Public Deutschland GmbH
Redaktionsschluss: 31.08.2021