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IV. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

4.1 Arbeitsteilung in den Familien mit Migrationshintergrund

4.1.1 Tatsächliche Arbeitsteilung

Die relativ geringere Erwerbsbeteiligung der Mütter mit Migrationshintergrund spiegelt sich auch in den Erwerbskonstellationen in den Familien wider.

Insgesamt lebt nur noch jede dritte Familie in Deutschland das Einverdienermodell, bei dem ein Elternteil erwerbstätig ist und der andere sich ausschließlich um Kinder und Haushalt kümmert. Dieses Modell gehört somit mehrheitlich nicht mehr zur Lebensrealität der Fami-lien. Allerdings ist diese Form der Arbeitsteilung bei den Familien mit Migrationshintergrund mit 42 Prozent dennoch deutlich weiter verbreitet als bei den Familien ohne Migrationshinter-grund (27 %) (Abbildung 4-1). In der überwiegenden Zahl der alleinverdienenden Familien mit Migrationshintergrund ist es der Vater, der erwerbstätig ist, während die Mutter zu Hause bleibt (36 % aller Familien). In sechs Prozent der Familien ist die Mutter die Familienernährerin.

Abbildung 4-1: Erwerbskonstellationen in Paarfamilien mit und ohne Migrationshintergrund

Beide Eltern erwerbstätig Ein Elternteil erwerbstätig Beide nicht erwerbstätig 0 %

Quelle: Sonderauswertung Mikrozensus 2012. Eigene Darstellung Prognos AG.

In knapp der Hälfte der Familien mit Migrationshintergrund sind beide Elternteile erwerbs-tätig. Dabei besteht die Arbeitsteilung meist im sogenannten Zuverdiener-Modell: Der Mann arbeitet in Vollzeit und die Frau in Teilzeit (34 % der Familien). Deutlich seltener kommt es vor, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten (11 % der Familien), beide einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen (2 % der Familien) oder die Mutter in einem größeren Stundenumfang arbeitet als der Vater (ein Prozent der Familien).

Mit 71 Prozent ist das Zweiverdienermodell bei den Familien ohne Migrationshintergrund noch deutlich beliebter. Hier leben knapp die Hälfte der Familien das männliche Zuverdiener-Modell (52 %), in 16 Prozent der Familien sind beide Elternteile in Vollzeit erwerbstätig. Wie bei den Familien mit Migrationshintergrund kommt es selten vor, dass beide Elternteile einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen (2 % der Familien) oder die Mutter in einem größeren Stun-denumfang arbeitet als der Vater (1 % der Familien).

Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass in den Familien mit Migrationshintergrund häufiger als in Familien ohne Migrationshintergrund nur ein Elternteil erwerbstätig ist. Zugleich gibt es auch anteilig mehr Familien, in denen kein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Dies betrifft etwa jede zehnte Paarfamilie mit Migrationshintergrund, aber nur zwei Prozent der Familien ohne Migrationshintergrund.

Die zusammenfassenden Ergebnisse verbergen jedoch, dass innerhalb der Familien mit Migra-tionshintergrund eine ausgesprochen hohe Heterogenität der Lebens- und Arbeitsmodelle besteht. Dies zeigt sich etwa mit Blick auf verschiedene Herkunftsgruppen: So ist das Einver-diener-Modell am häufigsten bei türkischen Familien zu finden. Die Arbeitsteilung von südeu-ropäischen und polnischen Familien ähnelt dagegen der von Familien ohne Migrationshinter-grund. Spätaussiedler sowie Familien mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien liegen etwa im Durchschnitt der Familien mit Migrationshintergrund.

Abbildung 4-2: Erwerbskonstellationen in Paarfamilien mit und ohne Migrationshintergrund, nach Herkunftsgruppen

Beide nicht erwerbstätig Beide Elternteile erwerbstätig Ein Elternteil erwerbstätig

0 %

Quelle: Sonderauswertung Mikrozensus 2012. Eigene Darstellung Prognos AG.

4.1.2 Gewünschte Arbeitsteilung

Die Formen der partnerschaftlichen Arbeitsteilung, die Familien tatsächlich leben, müssen nicht unbedingt den Wünschen der Eltern entsprechen. So sehen es laut demoskopischen Untersuchungen nur rund 30 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund als ideal an, wenn der Mann in Vollzeit arbeitet und die Frau sich um Kinder und Haushalt kümmert (Tabelle 4-1). Auch wenn die Zahlen nicht eins zu eins vergleichbar sind, zeigt sich, dass deut-lich mehr Familien dieses Modell leben (laut Mikrozensus 37 %), als sich Familien dieses wün-schen.

Tabelle 4-1: Welche Form der Arbeitsteilung Eltern mit und ohne Migrationshintergrund am liebsten leben würden (in Klammern: tatsächliche Verbreitung laut Mikrozensus)

Eltern

Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Befragungen 11004 und 6280 (2013).Mikrozensus (2012).

Eigene Darstellung Prognos AG.

Die meisten Eltern aus Familien mit Migrationshintergrund haben den Wunsch, dass beide Elternteile erwerbstätig sind. Besonders beliebt ist – wie auch bei den Eltern ohne Migrations-hintergrund – das Zuverdienermodell, bei dem der Vater in Vollzeit und die Mutter in Teilzeit arbeitet. 41 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund finden diese Arbeitsteilung ideal.

Zehn Prozent wünschen sich stattdessen, dass beide in Vollzeit arbeiten. Ein erkennbares Interesse besteht auch daran, dass beide Elternteile in Teilzeit arbeiten und sich die Arbeit im

Haushalt und bei der Kinderbetreuung teilen. 14 Prozent der Eltern aus Familien mit Migrations-hintergrund wünschen sich diese Form der Arbeitsteilung. Nach den Mikrozensuszahlen stellt die Teilzeit-Teilzeit-Lösung allerdings bislang eine Randerscheinung dar (2 % der Familien).

Insgesamt unterscheiden sich die Vorstellungen der Eltern mit Migrationshintergrund relativ wenig von denen der Eltern ohne Migrationshintergrund. Lediglich das Alleinerverdienermo-dell erfährt bei den Eltern mit Migrationshintergrund eine deutlich größere Akzeptanz als bei den Eltern ohne Migrationshintergrund (30 % vs. 18 %). Dabei sind es vor allem Väter mit Mig-rationshintergrund, die häufig präferieren, dass der Mann in Vollzeit arbeitet und die Frau sich um Kinder und Haushalt kümmert (36 %). Geringer ist die Zustimmung zu dieser Arbeitstei-lung bei Müttern mit Migrationshintergrund (26 %).

Demoskopische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Mütter mit Migrationshintergrund insgesamt etwas seltener mit der Arbeitsteilung in den Familien zufrieden sind als Mütter ohne Migrationshintergrund. So sagen rund zwei Drittel der Mütter ohne Migrationshintergrund, dass sie im Großen und Ganzen zufrieden damit sind, wie die Aufgaben verteilt sind, aber nur etwas mehr als die Hälfte der Mütter ohne Migrationshintergrund (56 %). Dies gilt sowohl für erwerbstätige als auch nichterwerbstätige Mütter.31

Fast die Hälfte der Mütter mit Migrationshintergrund wünscht sich, dass der Partner sie bei der Arbeit im Haushalt und mit den Kindern stärker unterstützt. Interessanterweise ist dieser Anteil seit 2010 deutlich und parallel zur Zunahme der erwerbstätigen Mütter gestiegen. Das weist darauf hin, dass sich die Erwerbsverhältnisse offenbar schneller ändern als die Arbeits-teilung der Mütter und Väter in den Haushalten (Allensbach 2013, S. 78–79).

4.1.3 Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern

Das Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS) erhebt unter anderem auch die Einstel-lungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern. Generell ist festzustellen, dass Mütter und Väter ohne Migrationshintergrund häufiger ein partnerschaftliches Erwerbsmodell bevorzugen als Eltern mit Migrationshintergrund. Dabei unterscheidet sich das Antwortverhalten auch stär-ker hinsichtlich des Merkmals „Migrationshintergrund“ als in Bezug auf das Geschlecht der Befragten.

Beispielsweise finden knapp die Hälfte der Mütter sowie über 60 Prozent der Väter mit Migra-tionshintergrund, dass es Aufgabe des Mannes ist, Geld zu verdienen, und Aufgabe der Frau, sich um Haushalt und Familie zu kümmern. Bei den Vätern ohne Migrationshintergrund hat weniger als jeder dritte, bei den Müttern ohne Migrationshintergrund etwa jede fünfte diese Einstellung. Ganz ähnlich ist das Zustimmungsverhalten zu der Aussage „Was Frauen wirklich wollen, sind ein Heim und Kinder“ (Abbildung 4-3).

31 Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 5276 (2010), Akzeptanzanalyse I.

Dass eine Frau bereit sein sollte, ihre Arbeitszeit wegen der Familie zu verringern, findet in allen Gruppen eine sehr hohe Zustimmung. Knapp 90 Prozent der Mütter mit Migrationshin-tergrund im Vergleich zu etwa 70 Prozent der Mütter ohne MigrationshinMigrationshin-tergrund sind dieser Meinung. Am geringsten ist die Zustimmungsquote unter den Vätern ohne Migrationshinter-grund (68 %).

Abbildung 4-3: Anteil der Mütter und Väter mit und ohne Migrationshintergrund, die folgenden Aussagen zu Rollenmustern von Frauen und Männern „voll und ganz“ oder „eher“ zustimmen

0 % Frau sollte bereit sein, Arbeitszeit wegen

Familie zu verringern

Was Frauen wirklich wollen, sind ein Heim und Kinder Eine berufstätige Mutter kann ein genauso herzliches Verhältnis zu Kindern haben wie nichtberufstätige Mutter Aufgabe des Ehemanns ist, Geld zu verdienen, Aufgabe der Ehefrau, sich um Haushalt und Familie zu kümmern

25 % 50 % 75 % 100 %

Quelle: PASS 5. Welle, Berechnungen FIT. Eigene Darstellung Prognos AG.

Auch die Zustimmung zur Aussage, dass berufstätige Mütter ein genauso herzliches Verhältnis zu ihren Kindern haben können wie nichtberufstätige Mütter, ist in allen Gruppen sehr hoch.

Dies spricht für eine hohe Toleranz gegenüber unterschiedlichen Rollenmodellen. Diese ist mit über 90 Prozent bei den Müttern ohne Migrationshintergrund am stärksten ausgeprägt und mit rund 70 Prozent am geringsten bei den Vätern mit Migrationshintergrund. Etwa jeder vierte Vater mit Migrationshintergrund ist also „eher“ der Meinung, dass berufstätige Mütter ein weniger herzliches Verhältnis zu ihren Kindern haben. Dies kann als Hinweis verstanden werden, dass in einem Teil der Familien mit Migrationshintergrund die Einstellung der Väter auf die Erwerbstätigkeit der Mütter einen nicht unwesentlichen Einfluss hat. Wie stark diese Rollenerwartungen in den einzelnen Herkunftsgruppen sind, kann anhand der verfügbaren Daten nicht untersucht werden.

Ganz konkret bezogen auf die Erwerbstätigkeit der eigenen Partnerin zeigt eine aktuelle Befra-gung von Familien mit Migrationshintergrund, dass Väter mit Migrationshintergrund diese in aller Regel unterstützen. So äußern sich 86 Prozent der Väter, de ren Partnerinnen erwerbstätig sind, zustimmend zu dieser Berufstätigkeit.

Abbildung 4-4: Einstellungen von Vätern mit Migrationshintergrund und Kinder unter 18 Jahren zur Erwerbstätigkeit ihrer Partnerinnen

0 % 20 %

Partnerin ist erwerbstätig Partnerin ist nicht erwerbstätig 40 %

60 % 80 % 100 %

86 % 3 % 11 %

40 % 34 % 26 %

Zustimmung Ablehnung Unentschieden

34 %

Quelle: Allensbacher Archiv, Umfrage 6280 (2013). Eigene Darstellung Prognos AG.

Eine etwas kritischere Einstellung zur Erwerbstätigkeit haben Väter mit Migrationshinter-grund, deren Partnerinnen aktuell nicht erwerbstätig sind. Nur noch 40 Prozent der Väter mit Migrationshintergrund würden nach den Ergebnissen von Allensbach die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch ihre Partnerinnen begrüßen. Ein weiteres Drittel lehnt die Erwerbs-aufnahme tendenziell ab.