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Arbeitslosigkeit

Im Dokument Metropole Berlin (Seite 63-69)

tungen abhängig – ohne ihre Familien­

mitglieder zu zählen. Viele der Erwerbs­

losen wurden aber statistisch gar nicht erfasst, so dass von einer offenen und einer verdeckten Arbeitslosigkeit ge­

sprochen wird.

Zahlenangaben über die Arbeitslosigkeit sind für diese Zeit schwer zu ermitteln.

Das liegt einerseits daran, dass die seit dem Krieg bestehenden kommunalen Arbeitsnachweise nur Arbeitssuchende registrierten, die Unterstützungszahlun­

gen an Erwerbslose aber aus verschiede­

nen Quellen kamen. Unter anderem waren die Gemeinden, also auch Berlin, zur Unterstützung der Arbeitslosen verpflichtet. Erst 1927 wurde eine allge­

meine Arbeitslosenversicherung in Ver­

bindung mit den Arbeitsämtern einge­

führt.

Aufgrund der allgemeinen Krisensitua­

tion wurde in Berlin bereits im Mai 1920 die Dauer der Arbeitslosenunterstützung von 26 auf 13 Wochen halbiert. Wer nach Arbeitslose vor dem Arbeitsamt Berlin Süd-Ost in Neukölln, 1932

Nur wenige Jahre später folgte durch die zunehmende Inflation die nächste Krise.

Im September 1922 gab es in Berlin be­

reits wieder 116.000 Arbeitssuchende und Ende 1923 erhielten 236.000 Berli­

ner Erwerbslosenunterstützung aus un­

terschiedlichen Quellen, dazu gab es Tausende Empfänger von Zuschlägen, unter anderem Kurzarbeiter. Mit insge­

samt 435.000 Unterstützten waren mehr als zehn Prozent der Berliner Bevölke­

rung von arbeitsbedingten Transferleis­

dieser Zeit immer noch keine Arbeit ge­

funden hatte, erhielt Mittel aus der all­

gemeinen städtischen Armenpflege, der späteren Sozialhilfe. Die Zahl der Dauer­

arbeitslosen, in der Sprache der Zeit die

„Ausgesteuerten“, stieg in der Inflations­

krise stark an. Im Juni 1921 erhielten 21 Prozent der Arbeitslosen Sozialhilfe, im April 1922 waren es bereits 35 Pro­

zent. Arbeits losigkeit ereilte nicht mehr nur die unge lernten Arbeiter, sondern zunehmend auch die Facharbeiter und später die Angestellten, ja selbst den öf­

fentlichen Dienst, der Anfang 1924 ein Viertel seiner Beschäftigten entließ. Aus einem Krisenphänomen der Nachkriegs­

zeit war ein strukturelles Problem am Ar­

beitsmarkt geworden.

Die Arbeitslosenzahlen blieben nach der Inflation anhaltend hoch. Sie lagen meist über 200.000, von denen die Hälfte bis zwei Drittel Arbeitslosenunterstützung bezogen. Das heißt, dass Dauerarbeitslo­

sigkeit in den Jahren nach der Inflation noch nicht das entscheidende Problem tungen abhängig – ohne ihre Familien­

mitglieder zu zählen. Viele der Erwerbs­

losen wurden aber statistisch gar nicht erfasst, so dass von einer offenen und einer verdeckten Arbeitslosigkeit ge­

sprochen wird.

Zahlenangaben über die Arbeitslosigkeit sind für diese Zeit schwer zu ermitteln.

Das liegt einerseits daran, dass die seit dem Krieg bestehenden kommunalen Arbeitsnachweise nur Arbeitssuchende registrierten, die Unterstützungszahlun­

gen an Erwerbslose aber aus verschiede­

nen Quellen kamen. Unter anderem waren die Gemeinden, also auch Berlin, zur Unterstützung der Arbeitslosen verpflichtet. Erst 1927 wurde eine allge­

meine Arbeitslosenversicherung in Ver­

bindung mit den Arbeitsämtern einge­

führt.

Aufgrund der allgemeinen Krisensitua­

tion wurde in Berlin bereits im Mai 1920 die Dauer der Arbeitslosenunterstützung von 26 auf 13 Wochen halbiert. Wer nach Arbeitslose vor dem Arbeitsamt Berlin Süd-Ost in Neukölln, 1932

war. Dies änderte sich mit dem Einsetzen der Weltwirtschaftkrise im Herbst 1929.

Die Zahl der Arbeitslosen stieg rasant auf 470.000 im Jahr 1931, 600.000 im Jahr 1932 und 665.000 in 1933 an. Gleichzei­

tig nahm die Zahl der aus der Arbeitslo­

senversicherung Unterstützten rapide ab und die Zahl der Menschen, die in Berlin auf Sozialhilfe angewiesen waren, stieg auf fast 350.000 Personen im Jahr 1933.

Es ist das damit verbundene soziale Elend, das die politische Krise der frühen 1930er Jahre beschleunigte, die zur Machtübergabe an die Nationalsozialis­

ten im Januar 1933 führte.

1933

1912

„Je mehr der Verkehr gesteigert wird, desto stärker wird das Geschäftsleben befruchtet.“ – Oberbürgermeister Gustav Böß, 1929

Der öffentliche Personennahverkehr ist neben dem Wohnungsbau das prominen­

teste Handlungsfeld nach der Bildung von Groß­Berlin 1920. In ihm zeigt sich idealtypisch die kommunale Politik Ber­

lins zwischen 1920 und 1933, die auf Modernisierung und Kommunalisierung beruhte. Allerdings fallen die Ansätze dieser Stadtentwicklungspolitik schon in die Zeit um 1900. Das neu gebildete Groß­Berlin konnte auf diesen älteren Entwicklungen aufbauen und sie konse­

quent weiterentwickeln. Symbolisch da­

für ist die Bildung der BVG zum 1. Januar 1929, die den rechtlichen und geschäfts­

mäßigen Rahmen für einen – bis auf die von der Reichsbahn betriebene S­Bahn – einheitlichen öffentlichen Nahverkehr bildete. Die Entwicklung der drei Ver­

kehrsträger Straßenbahn, Autobus und U­Bahn wird im Folgenden ausgeführt.

Zentraler Verkehrsträger Berlins und seiner Vororte war die Straßenbahn.

Es bestanden eine ganze Reihe privater Straßenbahngesellschaften, die weder ihre Tarife noch die Streckenführung koordinierten. So entstand vor allem im Stadtzentrum Berlins ein dichtes Netz an Linien, in den Vororten jedoch nur dort, wo der Betrieb wirtschaftlich war. Im­

merhin unterstützten die Landkreise die Ausstattung der interessierten Gemein­

den. Noch vor dem Ersten Weltkrieg zeichnete sich eine Wende in der Ver­

kehrspolitik ab: Berlin begann schon 1908 mit dem Aufbau eines kommuna len Straßenbahnnetzes, als sich die Koordi­

nationsprobleme der privaten Straßen­

bahngesellschaften nicht lösen ließen.

Mit der Bildung des Zweckverbands Groß­Berlin 1912 wurde die Verkehrs­

planung systematisiert und der Zweck­

verband erhielt die Vollmacht, regelnd einzugreifen. Das Ergebnis waren Ver­

träge mit den Straßenbahngesellschaf­

ten zur Koordination des Liniennetzes und der schrittweise Kauf kleiner Gesell­

schaften durch die Große Berliner Stra­

ßenbahn, die schließlich selbst 1919 vom Zweckverband erworben wurde und 1920

Verkehr – Dienstleistung

und Utopie

an Berlin überging. Das Liniennetz der Straßenbahnen wurde zunächst, unter Vermeidung von Parallelbahnen und un­

ter dem Sparzwang der Nachkriegsjahre, unter kommunaler Regie erheblich aus­

gedünnt. Es kam zu Massenentlassung und Lohnstreiks, da die Stadt versuchte, das Versprechen eines sozialen Tarifs für die Fahrgäste einzulösen. Erst ab 1924

wurde das Straßenbahnnetz wieder sys­

tematisch ausgebaut und erreichte 1929 eine Länge von 643 Kilometern. Nach der Stilllegung aller Straßenbahnlinien in West­Berlin bis 1967 umfasst Berlins Straßenbahnnetz heute 300 Kilometer.

Potsdamer Platz mit Verkehrsturm, Postkarte, 1930

Mit der Motorisierung der Omnibusse kurz nach der Jahrhundertwende ent­

stand ein weiterer Verkehrsträger, der die Straßenbahn ergänzte. Auch hier kam es vor dem Ersten Weltkrieg zu ei­

nem Konzentrationsprozess, aus dem die ABOAG als einzige Busgesellschaft übrigblieb. Durch die Kriegsfolgen ging der Busverkehr zunächst massiv zurück, bevor er sich allmählich konsolidierte und mit 19 Stadtlinien und 7 Vorortlinien 1926 wieder zu einem Faktor im Berliner Nahverkehr wurde. Die Busgesellschaft fiel in mehreren Schritten an die Stadt Berlin, die bis 1926 mehrere Anteilseig­

ner aufkaufte.

Monatskarte der „Großen Berliner Straßenbahn“ und anderer privater Straßenbahngesellschaften, 1913/14

Der Omnibusbetrieb stellte sich als finanziell wenig lukrativ dar und war lediglich eine Ergänzung zur Straßen­

bahn, insbesondere in den Vororten.

Es stellt sich die Frage, warum seine Kommunalisierung betrieben wurde.

Zwei Gründe könnten dafür ausschlag­

gebend gewesen sein. Zum einen lag der Stadt an einer Koordination der Ber­

liner Verkehrsmittel in dem Bestreben, einen nutzerfreundlichen Einheitstarif zu schaffen. Es ging also um eine soziale Frage. Zum anderen waren die modernen motorisierten Busse auch faszinierend.

Die Berliner Doppeldecker busse galten zeitweise als die größten Europas. Die ABOAG hatte sich ihrerseits an den Lon­

doner Doppeldeckern orientiert. Es kann daher vermutet werden, dass es der Stadt auch um den Nachweis eines angemes­

senen Standards für eine Weltstadt ging.

Wie dem auch sei, die ABOAG wurde 1929 in die BVG integriert.

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