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3 Nachfrageanalyse: Regionalökonomische Effekte des naturnahen Tourismus im

3.2 Methodik und Vorgehen

3.3.2 Anzahl und Freizeitaktivitäten der Gäste

Die Hochrechnung der erhobenen Zahl naturnaher TouristInnen ergibt für das Simmental und das Diemtigtal im Winter 2005/2006 und Sommer 2006 zusammen etwa 750’000 Gäste. Davon entfallen etwa 212’000 Gäste auf die Sommer- und etwa 538’000 Gäste auf die Wintersaison. Von den insgesamt etwa 1,040 Mio. Übernachtungs8- und Tagesgästen im Simmental und Diemtigtal9 (zur Berechnung vgl. Anhang 5 und 6) gehen schätzungsweise 72 % vorwiegend naturnahen Freizeitaktivitäten nach. Das Simmental hat mit 86,7 % im Sommer und 89,3 % im Winter jeweils den höheren Anteil. Es ist zu betonen, dass diese Zahlen auf Hochrechnungen basieren, da keine Vollerhebung aller Gäste möglich ist, und eher Grössenordnungen als exakte Werte angeben. Die hochgerechnete Dominanz der Gäste im Simmental fällt dank des hohen Anteils an Tagesgästen im Diemtigtal nicht so deutlich aus wie bei den offiziellen Übernachtungs-zahlen. Das Bundesamt für Statistik weist für das Untersuchungsgebiet 147’495 Logiernächte (2003) und einen Anteil von Übernachtungen ausländischer Gäste von

8 Eine Beispielrechnung zeigt die Plausibilität dieser hochgerechneten Besucherzahlen: Das Bundesamt für Statistik weist für die Gemeinde Lenk 2003 113’304 Logiernächte aus (BFS 2005b). Die aus Zählungen und Kurzinterviews hochgerechneten Besucherzahlen geben für die Sommersaison 60’785 Übernachtungsgäste (66,2 %), 17’834 Tagesgäste (19,4 %) und 13’226 einheimische Gäste (14,4 %) an – insgesamt 91’845 Gäste. Für die Wintersaison werden für die Lenk 389’058 Übernachtungsgäste (86,4 %), 22’668 Tagesgäste (5 %) und 38’439 einheimische Gäste (8,6 %), insgesamt 450’164 Gäste ausgewiesen. Die Anteile der Übernachtungskategorien verteilen sich im Sommer zu 34 % auf gewerbliche und zu 66 % auf nicht-gewerbliche Übernachtungen, im Winter zu 27,7 % auf gewerbliche bzw. zu 72,3 % auf nicht-gewerbliche Übernachtungen. Damit ergeben sich insgesamt 20’667 gewerbliche Übernachtungsgäste im Sommer und 107’769 im Winter, zusammen 128’436. Der Unterschied der Modellrechnung zu den bereits drei Jahre alten Zahlen beträgt also lediglich 13,4 %. Für die Parahotellerie beträgt die Abweichung von den letztmalig 2001 erhobenen Übernachtungszahlen 8,4 % (Eigene Berechnung nach BfS 2003).

9 Etwa 115’000 einheimische BesucherInnen werden nicht berücksichtigt, da sie kein Einkommen von Aussen in die Region bringen.

15,7 % aus (BFS 2005b). In den letzten verfügbaren Übernachtungszahlen der wesentlich bedeutenderen Parahotellerie werden 541’229 Logiernächte (2001/2002) gezählt (BFS 2003b). Das ergibt zusammen etwa 688’724 Übernachtungen im Untersuchungsgebiet, die sich im Verhältnis 9 zu 91 auf das Diemtigtal und Simmental verteilen. Wird die hochgerechnete Anzahl an Tagesgästen einbezogen, verringert sich die Dominanz des Simmentals auf 80 zu 20.

Zusammenfassend sind die Gästezahlhochrechnungen als eher vorsichtig und konservativ zu bezeichnen, da durch die zahlenmässig beschränkte Anzahl an Zähl- und Befragungs-standorten von Anfang an keine Vollerfassung der Besucher in beiden Tälern möglich war. Es kann und wird deshalb eine Reihe von naturnahen Touristen geben, die im Befragungszeitraum im Untersuchungsgebiet unterwegs waren, aber dennoch nirgends erfasst wurden, weil sie weder gezählt noch befragt wurden noch eine der in die Untersuchung einbezogenen Bergbahnen mit ihren automatisierten Zählstellen benutzt haben10.

Im Bezug auf die Kurzinterviews zur Feststellung der Gästekategorie kann von einer echten Zufallsstichprobe gesprochen werden, da strikte Vorgaben zur Auswahl der zu befragenden Besucher gemacht und eingehalten wurden. Deshalb lassen sich verlässliche Angaben zur Aufteilung der Besucher auf die Gästekategorien Übernachtungsgäste, Tagesgäste und Einheimische machen. Diese Verteilung ist von grösster Wichtigkeit, was die Analyse des Ausgabeverhaltens der Gäste und darauf aufbauend die Berechnung der regionalen Wertschöpfungseffekte angeht. Auf der Ebene des gesamten Untersuchungs-gebietes wird deutlich, dass sowohl in der Sommer- als auch in der Wintersaison etwa 10 % der Besucher aus dem Untersuchungsgebiet selbst stammen.

Abb. 8: Gästekategorien auf Tälerebene (Quelle: Eigene Erhebung)

10 Es sei an dieser Stelle ausdrücklich vor dem möglicherweise auftretenden Eindruck von Scheingenauigkeit gewarnt: die genannten Zahlen sind Grössenordnungen und rechnerische Grössen, auch wenn sie bis auf Nachkommastellen exakt angegeben sind. Die wahren Werte dürften in einer gewissen Bandbreite von Irrtumswahrscheinlichkeit darüber und/oder darunter liegen – diesem Faktum sollte man sich bei der Interpretation und Verwendung der hier genannten Daten bewusst sein.

Die Abbildung 8 zeigt die starke Prägung des Tourismus im Diemtigtal durch den Tagesausflugsverkehr, dessen Hauptquellgebiete die Agglomerationsräume Thun-Spiez und Bern-Mittelland sind. Im Simmental nimmt der Übernachtungstourismus eine sehr viel stärkere Rolle ein, der Tagesausflugsverkehr ist aber, wie besonders die Sommer-Zahlen zeigen, eine nicht zu vernachlässigende Grösse.

Die Ergebnisse der Kurzinterviews zeigen, dass im Sommer die nicht-gewerblichen Übernachtungen vorherrschen (Abb. 9): im Simmental übernachten nur 27 % der Gäste in Hotels und im Diemtigtal nur etwa 10 %, was belegt wie wenig aussagekräftig die offizielle Übernachtungsstatistik in diesem Fall ist. Im Diemtigtal wird häufiger in Gruppenunterkünften, auf Campingplätzen und auf Bauernhöfen/Alpen übernachtet. Auf das Gesamtgebiet bezogen dominieren die Übernachtungen in Ferienwohnungen mit etwa 48 % deutlich – hier unterscheiden sich die beiden Täler kaum voneinander.

Abb. 9: Anteile Unterkunftskategorien Sommer (Kurzinterviews, Quelle: Eigene Erhebung)

Im Diemtigtal fehlt die wertschöpfungsintensive Hotellerie der höheren Preis- und Komfortklasse, was durch den direkten Vergleich mit dem Simmental deutlich wird (Abb. 10). Für die Analyse des Ausgabeverhaltens ebenfalls von Bedeutung ist, dass von den Ferienwohnungen nur knapp die Hälfte gemietet ist. Etwa 35 % der Gäste übernachten in der eigenen Ferienwohnung und etwa 20 % in der von Verwandten oder Freunden (vgl. Abb. 11).

Die Ergebnisse aus der Winterbefragung unterscheiden sich nicht wesentlich von den Sommerergebnissen. Wieder ist die Hotellerie unterrepräsentiert, vor allem im Diemtigtal, wo nicht einmal 10 % Hotelübernachtungen erreicht werden. Das Gros der Übernach-tungen findet wie auch im Sommer mit über 40 % in Ferienwohnungen statt, von denen etwas mehr als die Hälfte gemietet werden. Auffallend ist zudem die grosse Bedeutung von Gruppenunterkünften im Diemtigtal.

Abb. 10: Anteile Hotelübernachtungen pro Preiskategorie Sommer (Kurzinterviews, Quelle:

Eigene Erhebung)

Abb. 11: Anteile Ferienwohnungen an Eigentums-Kategorien Sommer (Kurzinterviews, Quelle:

Eigene Erhebung)

Entscheidend für die Abschätzung der regionalökonomischen Bedeutung des naturnahen Tourismus im Simmental und Diemtigtal ist die Differenzierung der Gäste nach Aktivitätsgruppen. Die Interviewer hatten Anweisung bei den Zählungen auch die momentan ausgeübte Aktivität der Besucher festzuhalten und in unklaren Fällen nachzufragen11.

Im Sommer (Abb. 12, Anhang 7 und 8) sind Wandern und Spazierengehen für fast 80 % der Gäste im Diemtigtal die Hauptaktivitäten, an der Grimmialp fast ausschliesslich.

Dagegen spielt am Wiriehorn die Trendsportart Downhill-Mountainbike eine bedeutende Rolle (>30 %). Auch im Simmental dominieren Wandern und Spaziergehen (>80 %).

Erwartungsgemäss sind an den Hochgebirgsstandorten Betelberg/Leiterli, Stockhorn und Sparenmoos die Wandergäste in der Überzahl. Am Jaunpass machen sich die zahlreichen

11 Im Sommer erwies sich die Unterscheidung zwischen Wanderern, Spaziergängern und Bergsteigern als nicht einfach, da Beobachtung der Interviewer und Selbsteinstufung der Gäste oftmals divergierten. Als probate Lösung erwies sich in diesem Fall zumeist der Blick auf die Ausrüstung, vor allem auf das Schuhwerk der Gäste. Auf diese Weise lassen sich bspw. Besucher am Jaunpass, die lediglich dem Mittagessen auf der Passhöhe einen kürzeren Spaziergang folgen lassen von Wanderern unterscheiden, die eine mehrstündige Wanderung durch das Gantrisch-Massiv unternehmen.

SonntagsnachmittagsspaziergängerInnen bemerkbar. Kritische Grössenordnungen er-reichen weder Bergsteigen und Klettern, noch Fischen an den beiden Stockenseen oder Bungee-Springen und Gleitschirmfliegen. Diese Freizeitaktivitäten besetzen dennoch wichtige Angebotsnischen. Das Sparenmoos ist der einzige Standort im Untersuchungs-gebiet, an dem das Trotinettfahren eine relevante Grössenordnung erreicht (17,5 %). Da hier häufiger grössere Veranstaltungen und Familienfeiern stattfinden, sind – ebenso wie am Stockhorn – zahlreiche Gäste anzutreffen, die nur das Restaurant besuchen.

Abb. 12: Sommeraktivitäten im Untersuchungsgebiet (Quelle: Eigene Erhebung)

Abb. 13: Winteraktivitäten im Untersuchungsgebiet (Quelle: Eigene Erhebung)

In der Wintersaison (Abb. 13, Anhang 9 und 10) dominieren ebenfalls zwei Freizeit-aktivitäten: Skifahren/Snowboarden und Winterwandern/Spazierengehen machen über 80 % der Freizeitaktivitäten im Diemtigtal und über 95 % im Simmental aus. Andere naturnahe Winteraktivitäten wie Skitourengehen, Schneeschuhlaufen, Langlaufen und Schlitteln sind schwieriger zu erfassen, weil sie weniger massentouristisch geprägt sind, sich disperser im Raum verteilen und von deutlicher weniger Gästen betrieben werden.

Trotz grosszügiger Hochrechnung dieser Freizeitaktivitäten dominiert der alpine Pistenskilauf den Wintertourismus deutlich (Simmental 85 %; Diemtigtal12 62 %).

Sekundär ist das Winterwandern/Spazierengehen (Simmental 11,4 %; Diemtigtal 19,7 %), gefolgt von Schlitteln, Langlaufen, Skitourengehen und Schneeschuhlaufen. In beiden Tälern ist die Situation insofern vergleichbar, da eine gewisse Abhängigkeit von den gewählten Zählstandorten gegeben ist.