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8.3 Anwendbarkeit und Nutzen einer generischen Transitionsschulung bei

ModuS-T wurde an 14 verschiedenen Indikationen überprüft. Darunter befanden sich häufige Erkrankungen wie Asthma und Neurodermitis, aber auch seltene wie Zustand nach Organ-transplantation und Mukoviszidose. Die meisten Workshops wurden für Typ 1 Diabetes, chro-nisch entzündliche Darmerkrankungen und ADHS durchgeführt. Die geringe Teilnehmerzahl pro Gruppe ließ allerdings keinen Vergleich zwischen den Indikationen zu. Schmidt et al. (2018) fanden jedoch Hinweise, dass es unterschiedliche Effekte abhängig von der Indikation gab. Ju-gendliche mit CED, die keine Schulungserfahrung hatten, profitierten signifikant stärker von den Schulungen als Jugendliche mit Typ 1 Diabetes. Dies betraf nicht nur die

Transitionskompetenz, sondern auch die Lebensqualität. Die Autoren vermuten, dass die bishe-rige Schulungserfahrung die entscheidende Variable für den gefundenen Effekt ist.

Nach Aussagen von Zentren, Trainern und Schulungsteilnehmern scheint der generische An-satz bei allen somatischen Erkrankungen erfolgreich, wenn patientenseits keine kognitiven Ein-schränkungen vorliegen. Selbst bei einer psychiatrischen Diagnose wie ADHS wurde ModuS-T mit Erfolg erprobt. Obwohl hier durch Sonderregelungen kein Arztwechsel für die Heranwach-senden notwendig war, stellte ADHS die dritthäufigste Diagnose bei den Workshops. Der

darf einer Jugendschulung, die auf das Erwachsenwerden vorbereitet und die besonderen Themen des Jugendalters aufgreift, bestand somit unabhängig vom Arztwechsel.

Die einzige Diagnose bei der ModuS-T in seiner jetzigen Form nur bedingt anwendbar ist, war CF. Durch die unterschiedliche Keimbesiedelung der Patientinnen und Patienten musste die ohnehin kleine Patientengruppe in weitere Untergruppen aufgeteilt werden. Hinzu kam die gro-ße Angst der Jugendlichen und Eltern vor Ansteckung, so dass von den 9 geplanten CF-Workshops nur einer stattfand und dieser auch nur mit drei Familien. Dies ist bedauerlich, da von den Zentren insbesondere bei dieser Indikation ein großer Bedarf für eine Jugendschulung gesehen wurde. Jugendliche mit CF haben häufig starke Zukunftsängste, sind verunsichert, welche Berufe für sie geeignet sind, und haben viele Fragen zu Fertilität und Schwangerschaft.

Bei Jugendlichen mit CF werden daher andere Wege gesucht werden müssen, um sie auf das Erwachsenenleben vorzubereiten. Zu diskutieren wären Schulungen in der stationären Rehabili-tation, Einzelschulungen im ambulanten Bereich und Online-Angebote.

Der generische Ansatz von ModuS hat sich auch bei Jugendlichen bewährt. Trotz der Unter-schiedlichkeit der Erkrankungen sind die Themen des Erwachsenwerdens (u.a. Berufswahl, Offenlegung der Erkrankung, Lösung vom Elternhaus, Arztwechsel) sehr ähnlich. Der Bezug zur jeweiligen Erkrankung wurde durch die Beiträge der Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen der Trainerinnen bzw. Trainer geschaffen. Im Doc special bestand zudem die Möglichkeit, krankheitsspezifische Fragestellungen z.B. in Bezug auf Fertilität und Schwangerschaft, Konsum von Alkohol, Zigaretten und Drogen sowie Einbindung der Therapie in den jugendlichen Lebensstil mit einem Spezialisten zu klären. Bei Jugendlichen, die wenig geschult sind, könnte es sinnvoll sein, das Doc special zeitlich stärker auszudehnen, um intensiver über die Erkrankung und ihre Therapie zu sprechen. Ein solches Angebot scheint indiziert, da in Deutschland nur für Typ1 Diabetes und chronische Niereninsuffizienz spezielle Jugendschulungen vorliegen (vgl. Oldhafer 2016). Die meisten anderen Patientenschulungen konzentrieren sich hinsichtlich Inhalten und Didaktik auf Kinder bis ca. 12 Jahre. Dabei ist es laut neuester Rahmenempfehlungen der GKV erforderlich, dass in Schulungsprogramme Ju-gendaspekte wie die Transition einbezogen werden. Da eine Kostenübernahme gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V derzeit nur bei einer indikationsbezogenen Jugendschulung erfolgen kann, ist die Beantragung der Kostenübernahme durch die GKVen für das übergreifende Schu-lungskonzept ModuS-T jedoch erschwert. Aktuell werden Gespräche mit der GKV geführt, ob dennoch eine Anerkennung möglich ist. Ein anderer Weg ist die Angliederung von ModuS-T an bestehende Schulungsprogramme. Dies erfolgt z.B. bei der Neurodermitisschulung für Kinder und Jugendliche, die aktuell überarbeitet wird. Die existierende Schulung wird dabei um die Module zur Jugend und Transition erweitert. Ein ähnlicher Weg wird bei den bestehenden Mo-duS-Schulungsprogrammen bestritten, die jetzt zur Prüfung beim MDK eingereicht werden sol-len (u.a. CED, CF, PKU).

8.4 Anwendbarkeit und Nutzen einer generischen Transitionsschulung in unterschiedlichen Settings

ModuS verfolgt nicht nur in Bezug auf die Indikation einen generischen Ansatz, sondern auch in Bezug auf das Setting. Die meisten Patientenschulungen im Kindes- und Jugendalter werden ambulant in Spezialambulanzen oder spezialisierten Kinder- und Jugendarztpraxen durchge-führt. Insbesondere bei Jugendlichen bietet jedoch auch die stationäre Rehabilitation die Chan-ce, diese für Schulungen schwer erreichbarer Zielgruppen anzusprechen. Während der Rehabi-litation setzen sich die Jugendlichen mit ihrer Gesundheit auseinander und beschäftigen sich

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mit ihren krankheitsbedingten Besonderheiten. Sie sind somit schon für das Thema sensibili-siert. Zudem besteht während der Rehabilitation das sonst übliche Problem von konkurrieren-den Angeboten und Terminschwierigkeiten nicht. Diese erhöhte Teilnahmebereitschaft zeigt sich auch an der gefundenen niedrigen Rate von 7,8% von Ablehnungen für eine Studienteil-nahme im stationären Bereich.

Wie zu erwarten, wiesen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Rehabilitation in den meisten Bereichen schlechtere Ausgangswerte auf als im ambulanten Setting. Dies betraf z.B. die Krankheitskontrolle, das Transitionswissen, die Patientenaktivierung und die HRQoL. Vier Wo-chen nach der Schulung konnten die stationären Teilnehmenden dieses Defizit ausgleiWo-chen und lagen mit vielen Werten sogar durchschnittlich über den ambulanten Workshopteilnehmenden.

Auch in der Verlaufsbefragung nach 24 Monaten konnten sie diesen Wissens- und Kompetenz-vorsprung halten. Allerdings erreichten die gezeigten Effekte in der Rehabilitation aufgrund der kleinen Stichprobengröße keine statistische Signifikanz. Ein Vergleich der Gruppen ist jedoch nur mit Vorbehalt möglich, da die stationäre Gruppe nur bedingt mit der ambulanten vergleich-bar ist (u.a. homogeneres Krankheitsspektrum, größere Krankheitsbelastung). Zudem betrug die Teilnahmequote an der 25-Monate Nachbefragung im stationären Bereich nur 41% (60% im ambulanten Bereich), so dass Selektionseffekte nicht auszuschließen sind.

Die Durchführung von ModuS-T während der stationären Rehabilitation fordert nach unseren Erfahrungen gewisse Anpassungen an die Rahmenbedingungen.

- In der Rehabilitation war es schwer, homogene Indikationsgruppen zusammenzustellen.

Die Kliniken haben nur wenig Einfluss auf die Zuweisung zur Rehabilitation, so dass meist nicht ausreichend jugendliche Betroffene einer Indikation zur gleichen Zeit anwe-send sind. Während des Projektes wurde daher die Durchführung von ModuS-T in indi-kationsgemischten Gruppen erprobt. Da die Workshops ohnehin generisch ausgelegt sind (s. 8.3), war dies problemlos möglich.

- Der Einbezug der Eltern gestaltete sich schwierig, da Jugendliche in der Regel ohne El-tern anreisen. Innerhalb der Studie wurden die ElEl-tern mit erheblichem Zeit- und Kosten-aufwand zum Abreisetermin der Jugendlichen eingeladen, an dem halbtägigen Eltern-Workshop teilzunehmen. Es wird jedoch schwierig werden, ein solches Eltern-Angebot in die Regelversorgung zu überführen. Zukünftig werden ModuS-T-Workshops in der Rehabilitation daher nur in Ausnahmen für Eltern angeboten werden können. Bei Schmidt et al. (2016) zeigten sich jedoch auch Jugendangebote ohne Eltern erfolgreich.

- Zur Nachhaltigkeit der Schulungseffekt in der Rehabilitation ist aufgrund der kleinen Stichprobe wenig zu sagen. Es ist jedoch zu vermuten, dass diese stärker

beeinträchtigte Gruppe eine intensivere Unterstützung und Nachbetreuung bedarf. Diese könnte z.B. durch ein individuelles Case-Management nach dem Workshop bereit

gestellt werden. Ob dabei neue Optionen durch das Flexi-Rentengesetz von 2017 genutzt werden können, bleibt abzuwarten. Auch der stärkere Einbezug der heimischen ärztlichen Betreuung scheint notwendig, damit vor Ort die Aktivitäten zur Unterstützung der Transition nach der stationären Rehabilitation fortgeführt werden.

Eine weitere Durchführungsmöglichkeit eröffnet sich während Selbsthilfetreffen. Diese Durch-führungsart bietet sich insbesondere bei seltenen Erkrankungen an, bei denen die wenigen Be-troffenen über das gesamte Bundesgebiet verteilt leben. Während des Projektes wurde dies bei anorektalen Fehlbildungen, Ehlers-Danlos-Syndrom und Undine-Syndrom erprobt. Da auch die Eltern bei den Selbsthilfetreffen anwesend waren, war die Durchführung problemlos möglich.

Durch die längere gemeinsame Zeit konnte sich zudem wie in der Reha ein stärkeres Gruppen-gefühl entwickeln. Die Durchführung während Selbsthilfetreffen erfordert allerdings sehr enga-gierte Selbsthilfevereinigungen mit intensiver Jugendarbeit. Durch Anpassungen (z.B. Weglas-sen des Elternworkshops bei Jugendfreizeiten) könnte die Durchführung im Selbsthilfe-Setting erleichtert werden.

Gemeinsam mit dem Kindernetzwerk wird aktuell überlegt, wie das Thema Transition stärker in die Selbsthilfen getragen werden kann. Die 4tägige Ausbildung eines Transitionscoaches für Selbsthilfen soll ein erster Schritt in diese Richtung sein (s. 11.4.3). Dass hier ein großes Inte-resse besteht, zeigen die hohe Rate der Anmeldungen zu dieser Ausbildung und die Vielzahl von Anfragen vonSelbsthilfevertretern zu KomPaS-Transitionsangeboten.

8.5 Anwendbarkeit und Nutzen einer generischen Transitionsschulung für Eltern