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Anforderungen und Möglichkeiten der frühen Embryokultur

Die Entwicklung eines Embryos ist ein sehr komplexer Prozeß, der auf einem genetischen Programms basiert. Es besteht aus einer hierarchischen Anordnung regulierender Gene, die das Zellschicksal und die Differenzierung bestimmen (GANDOLFI, 1994).

Studien haben gezeigt, daß Eileiterzellen oder Eileiterflüssigkeiten spezies-unspezifische Substanzen enthalten, die eine geeignete Umgebung für die Entwicklung porciner Embryonen darstellen. WISEMAN et al. (1992) finden in Eileiterflüssigkeit meßbare Konzentrationen der Wachstumsfaktoren Insulin-like growth factor I und II (IGF I und -II), die während des Östrus signifikant erhöht sind. Dabei verlaufen die Konzentrationen im Blutplasma und in der Eileiterflüssigkeit nicht parallel, so daß davon ausgegangen werden kann, daß beide Flüssigkeiten unabhängig voneinander gebildet werden.

Gonadotropin stimulierte Kumulus-Oozyten-Komplexe sezernieren das Mucopolysaccarid Hyaluronsäure (EPPIG, 1979b), das kurz vor der Befruchtung in die Eileiter entlassen wird. SATO et al. (1990) und MIYANO et al. (1994) berichten, daß Hyaluronsäure eine vitalitätsfördernde Aktivität auf Mäuse- und Schweineoozyten ausübt.

Den synthetischen Medien fehlen offensichtlich Faktoren, die eine synchrone Kern-und Zytoplasmareifung ermöglichen (THIBAULT et al., 1975; MASUI & CLARKE, 1985, EPPIG & SCHROEDER, 1986; BÖTTCHER et al., 1992).

TSAFRIRI & CHANNING (1975) beobachten, daß TCM199 mit zusätzlich Supplementierungen von Pyruvat, Lactat und Insulin bessere Reifungsraten erzielt als ohne.

Embryonen produzieren Faktoren, die ihre Entwicklung gegenseitig auf paracrine Weise unterstützt (TROUNSON et al., 1994). Eine zu geringe Menge an Embryonen in einer zu großen Mediummenge schlägt sich bei der Maus in reduzierten Entwicklungsraten nieder. Als optimal wird in der Untersuchung von KATO &

TSUNODA (1994) ein 1:1 Verhältnis (1 Embryo/1µl Medium) angesehen. Ein Ansteigen der Gruppengröße hat keinen negativen Effekt. Der Zusatz von EGF, TGF-α

oder -β hat einen stimulierenden Einfluß auf die Embryoentwicklungsrate, so daß die Autoren darauf schließen, daß diese Wachstumfaktoren als paracrine Faktoren in Frage kommen.

Alle Zellen der Säugetiere werden durch aktiven Sauerstoff, der gebildet wird, wenn molekularer Sauerstoff als Elektronenfänger während oxidativer Reduktionen der Zellen benutzt wird, geschädigt. Superoxid-Anionen sind die häufigsten Formen des aktiven Sauerstoffs, die durch viele Enzymsysteme gebildet werden. Superoxid -Anionen reagieren mit Proteinen oder Lipiden (NODA et al., 1991). Sauerstoffradikale sind extrem reaktionsfreudig und schädigen die Zellen durch Fettperoxidation, Enzyminaktivierung und Beschädigungen der DNA (TROUNSON, 1992). RIEGER et al.(1992) betonen, daß diese Sauerstoffradikalbildung Embryonen in vitro massiv negativ beenflußt.

Es ist bekannt, daß reduzierte Sauerstoffspannungen (5% O2, 5% CO2, 90% N2) während der Kultur durch die Reduktion von Sauerstoffradikalbildung (PEURA, 1993) sich sehr positiv auf die Entwicklungsrate von Schweinembryonen auswirken (FUNAHASI et al., 1994a). PINYOPUMMINTR & BAVISTER (1994a, 1995) fordern für die Kultur von Rinderembryonen eine höhere Sauerstoffspannung von 20%. Freie Radikale werden durch Enzyme wie Superoxid-Dismutase reduziert oder durch Radikalfänger wie Taurin eliminiert (LIU et al. 1995). Auch Glutathion spielt zum Schutz der Zellen gegen Sauerstoffschädigungen in der Zellkultur eine entscheidende Rolle (MEISTER & ANDERSON, 1983, GRUPEN et al., 1995).

Der CO2-Begasung in Kombination mit einem bicarbonat-gepufferten Medium schreiben ENG et al. (1986) bei der IVM und IVF eine wichtige Rolle zu. CO2 wird vorwiegend in Aminosäuren und Proteinen inkorporiert. Dieses findet wahrscheinlich durch Pyruvat-Carboxylase gesteuerte Kondensation von Kohlendioxid zu Oxalacetat statt.

Studien von KANE (1975) zeigen, daß eine N-2-Hydroxyethyl Piperazin N´-2 Ethansufat Säure (HEPES) beim Kaninchen eine Weiterentwicklung bis zur Morula zwar unterstützt, eine Entwicklung bis zur Blastozyste allerdings nur mit Bicarbonat möglich war.

Untersuchungen von Eileiterflüssigkeit zeigen, daß sie hohe Bicarbonatkonzentrationen enthält (VISHWAKARMA, 1962; HAMNER, 1973; MAAS et al., 1977).

Eine Studie von WALKER et al. (1989) zeigt, daß der Zusatz von HEPES die Entwicklungskapazität von Embryonen in Langzeitkulturen drastisch reduziert. Zum einen hat HEPES einen direkten toxischen Effekt. Wenn HEPES-gepuffertes Medium

Licht ausgesetzt wird, nimmt die Produktion zytotoxischer Produkte zu (ZAIGLER et al., 1985). Weiterhin führen die Autoren an, daß ein Ersatz von Natriumbicarbonat durch HEPES zu einer Imbalance der Bicarbonationen im Medium führt.

Die Inkubationstemperatur von Gameten ist von der Kerntemperatur der jeweiligen Spezies abhängig. LENZ et al. (1983) haben am Rind gezeigt, daß die körperähnlichen Inkubationstemperaturen bezüglich der Gameteninteraktion vorteilhafter sind als höhere oder niedrigere Temperaturen.

ENG et al. (1986) und TROUNSON (1992) bestätigen diese Aussage am Schwein und raten, daß in weiteren Studien die Kernkörpertemperatur beachtet werden sollte. So werden Schweinegameten von NAITO et al. (1989) und HAJDU et al. (1994) bei 39°C erfolgreicher als bei 37°C kultiviert

Hohe NaCl-Konzentrationen ohne Anwesenheit von Glutamin verhindern bei der Maus eine Embryonalentwicklung in vitro (TROUNSON et al., 1994). Für die verschiedenen Kultivierungsphasen porciner Oozyten und Embryonen gelten unterschiedliche Toleranzen bezüglich der Osmolarität. McGAUGHEY (1975; 1977) sowie FUNAHASHI et al., (1994b) berichten, daß eine Osmolarität von 305 mOsmol/kg bei der Kultivierung von Oozyten nicht überschritten werden sollte, da sonst eine nukleare Reifung nicht gewährleistet ist. REED et al. (1992) sehen allerdings keine Probleme bei der Kultivierung von Schweinembryonen bei hohen Osmolaritäten.

2.7.1 1. Energetische Versorgung

2.7.1.1.1. Aminosäuren

Die Anwesenheit von Aminosäuren im Medium ist für die Embryonalentwicklung als Energiequelle absolut notwendig (TROUNSON et al, 1994).

Neben Glutamin als Energielieferant (ROSENKRANS et al., 1989) agiert Taurin als ein Osmoregulator, indem es Zellen mit seiner antioxidativen Wirkung vor toxischen Substanzen schützt (SPINDLE, 1995, KANE et al., 1992). Taurin und sein Vorläufer Hypotaurin sind schwefelhaltige ß-Aminosäuren, die auch im weiblichen Reproduktionstrakt in großen Konzentrationen vorkommen (MEIZEL et al., 1980).

CHANG et al. (1976) untersuchten die Aminosäuregehalte in kleinen, mittleren und großen Follikeln sowie die Gehalte im Serum von Sauen. Bezüglich Taurin stellten sie fest, daß es zu 9,6 µM/dl in kleinen Follikeln, 8,9µM/dl in mittleren und 7,3µM/dl in großen Follikeln enthalten ist. Das Serum enthält sogar 18 µM/dl.

2.7.1.1.2. Glucose und Phosphat

FLOOD & WIEBOLD konnten 1988 zeigen, daß der frühe Schweineembryo (1-4-Zeller) den Pentose-Phosphat-Zyklus im Glucosemetabolismus nutzt. Die Glucose wird in den späteren Embryonalstadien wie Morula und Blastozyste auch durch die Glycolyse genutzt. Das Produkt der Glycolyse ist Pyruvat oder Lactat, die das embryonale Wachstum beim Schwein unterdrücken (DAVIS & DAY, 1978).

Dihydrogenphosphat und Glucose haben in Kombination suppressiven Einfluß auf die Entwicklung des präimplantativen Embryos. Die biochemische Erklärung für dieses Phänomen liegt wohl in einer inadäquaten Energiebereitstellung infolge der Behinderung der mitochondrialen oxidativen Phosphorilierung begründet, die maßgebend die Quelle für das Adenosin-Triphosphat (ATP) darstellt (SCHINI &

BAVISTER, 1988; SESHAGIRI & BAVISTER, 1989, PINYOPUMINTR & BAVISTER, 1991). Phosphat ist durch seine Fähigkeit, drei glykolytische Enzyme zu aktivieren (Glukokinase, Phosphofruktokinase und Glyceraldehyd-3-Phosphat Dehydrogenase) stimulierend für die Glykolyse (WU, 1965), so daß ein Wettstreit mit der mitochondrialen Respiration entsteht. Man spricht hierbei auch vom Crabtree-Effekt (CRABTREE, 1929; KOOBS, 1972). Die Behinderung der Respiration resultiert in einer limitierten Energiebereitstellung, was sich wiederum in einem reduzierten embryonalen Wachstum niederschlägt.

PETTERS et al. (1990) konnten diese destruktiven Effekte bei der Kultivierung von Schweineembryonen in Gegenwart von Glucose und Phosphat nicht bestätigen.

2.7.1.1.3. Serumalbumin

Die Reinheit von BSA variiert stark zwischen den Chargen; die Reste von Fettsäuren im BSA könnten einen trophischen (ernährenden) Effekt auf die Embryonen ausüben.

Die Arbeiten von MIYANO et al., (1994) zeigen, daß BSA sowohl inhibierende als auch stimulierende Faktoren auf die Embryonenentwicklung enthält.

EBERHARDT et al. (1994) erkennen, daß fettsäure-freies BSA (Cat. Nr. A-0281, Sigma Chemical Co., St. Louis, MO) aus einer 95%igen Alkohohl Präparation bessere Ergebnisse bezüglich der Entwicklungsfähigkeit von Schweineembryonen zeigt, als das üblicherweise verwendete BSA Fraction V. BECKMANN (1991) kann für die porcine In-vitro-Entwicklung keine unterschied bezüglich der BSA-Chargen finden.

2.7.1.1.4. Wachstumsfaktoren

Insulinrezeptoren existieren schon im frühen Embryo (WATSON et al, 1992). Durch Insulin wird der Aminosäuretransport (KAYE et al., 1986), die Mitose (GARDNER &

KAYE, 1991) und die Proteinsynthese (HARVEY & KAYE, 1988; SAITO & NIEMANN, 1991) unterstützt. Der Zusatz von Insulin zum Maturationsmedium verbessert die Kumulusexpansion und die Fertilisationsraten (ZHANG et al., 1991). Während THIBODEAUX et al., (1995) berichten, daß Insulin, Transferrin und Natriumselenit einen großen Einfluß auf die embryonale Proliferation ausüben, konnten EBERHARDT et al. (1994) diesen Effekt nur in Zusammenhang mit BSA erkennen.

Auf der Zelloberfläche wird die Rezeptorenanzahl für Insulin-like-growth factor durch den Zusatz von Insulin gesteigert, so daß dem Insulin von GRAHAM et al. (1990) eine große Bedeutung bei der IVF zugesprochen wird.

DIAMOND et al. (1985) erkennt, daß eine hohe Insulinkonzentration im Follikel der Frau auf gut fertilisierbare Oozyten hinweist. DORINGTON et al. (1987) weisen darauf hin, daß IGF-I zu den lokalen Faktoren gehört, die von den Granulosazellen des Follikels selber gebildet werden und als Verstärker der Gonadotropinwirkung fungieren.

Transferrin wird die Fähigkeit zugeschrieben, Eisen in die Zelle zu transportieren. In Kombination mit Insulin und Natriumselenit kann es die Wirkung von Aminosäuren unterstützen (PRATTEN et al., 1988; ZHANG & ARMSTRONG, 1990).