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Anfechtung bei wertausschöpfender Belastung

AnfG § 1 Abs. 1 Leitsatz (amtlich):

Der eine Grundstücksübertragung anfechtende Gläubi-ger kann gegenüber dem Einwand des Erwerbers, das Grundstück sei bereits wertausschöpfend belastet ge-wesen, die Anfechtbarkeit einer vorrangigen Belastung nicht geltend machen, wenn die Möglichkeit der Anfech-tung nur im Verhältnis zu Dritten besteht (im Anschluss an BGH, NJW 1996, 3147).

BGH, Urt. v. 13.09.2018 – IX ZR 190/17

Tatbestand:

[1] Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung auf Duldung der Zwangsvollstre-ckung in ein Grundstück in Anspruch.

[2] Die M. GmbH (fortan: M. GmbH) sowie deren Mehrheits-gesellschafter und Geschäftsführer W. M. (fortan: WM) waren Eigentümer eines im Jahre 1999 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworbenen Grundstücks. Den Grundstückserwerb fi-nanzierten sie (fortan für beide: Schuldner) durch einen Kre-dit, der durch eine erstrangige Grundschuld i.H.v. 340.000 DM nebst Zinsen gesichert wurde und zum 16.11.2001 i.H.v.

390.615,96 DM valutierte. Im Oktober 2000 ließen die Schuld-ner an zweiter und dritter Rangstelle Eigentümergrundschulden eintragen, die sie im Januar 2001 an die C. GmbH & Co. KG

(fortan: C. KG) und im März 2001 an die A. eG (fortan: A.) zur Sicherheit abtraten. Für den Kläger ist im Grundbuch an rangletzter Stelle eine Sicherungshypothek eingetragen.

[3] Mit notariellem Vertrag vom 08.10.2001 veräußerten die Schuldner das Grundstück für 400.000 DM an die Beklagte, die zugleich alle bestehenden Belastungen mit dinglicher Wirkung übernahm. Die Beklagte, für die am 02.11.2001 eine Auflas-sungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde, zahlte im Juni 2003 den Kaufpreis. Im Oktober 2003 wurde sie als Al-leineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Kläger hatte bereits im Jahr 2001 rechtskräftige Zahlungstitel gegen WM und die M. GmbH als Gesamtschuldner erwirkt. Vollstreckungsver-suche waren ohne Erfolg geblieben. Die Schuldner gaben die eidesstattliche Versicherung ab, die M. GmbH ist zwischenzeit-lich wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.

[4] Im Januar 2002 hat der Kläger Anfechtungsklage gegen die Beklagte und zunächst auch gegen die Schuldner erhoben.

Das diese Klage abweisende Urteil des Landgerichts ist vom Oberlandesgericht aufgehoben und die Sache an das Land-gericht zurückverwiesen worden. Das LandLand-gericht hat der auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das vorbenannte Grundstück gerichteten Klage nunmehr stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

[5] Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[6] I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger kön-ne von der Beklagten die Duldung der Zwangsvollstreckung gem. §§ 1, 2, 3 Abs. 1, Abs. 2, § 11 AnfG verlangen. Fraglich sei nur, ob eine objektive Gläubigerbenachteiligung festgestellt werden könne. Dies sei zu bejahen, weil eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung gegeben sei. Ob in der Folgezeit eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist, sei deshalb nicht entscheidungserheblich. Mit der Veräußerung sei das Grundstück dem Zugriff der Gläubiger beider Schuld-ner ohne gleichwertige Gegenleistung entzogen worden. Es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung am 02.11.2001 nicht über den Verkehrswert von mindestens 400.000 DM hinaus belastet gewesen. Die allein zu berück-sichtigende Grundschuld zugunsten der den Kaufpreis finan-zierenden Bank habe am 16.11.2001 in Höhe von höchstens 390.615,96 DM valutiert. Hingegen seien die an die Agrarge-nossenschaft und die C. KG übertragenen Eigentümergrund-schulden bei der anfechtungsrechtlichen Prüfung ausgehend von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.07.1996 (IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3149) nicht zu berücksich-tigen, weil deren Übertragung ihrerseits anfechtbar sei.

[7] II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprü-fung in wesentlichen Punkten nicht stand. Zutreffend wendet das Berufungsgericht das Anfechtungsgesetz in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung an, § 20 Abs. 3 und 4 AnfG. Je-doch konnte mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begrün-dung die Berufung der Beklagen nicht zurückgewiesen werden.

Rechtsprechungsreport

Insolvenzrecht

[8] 1. Eine Gläubigeranfechtungsklage scheitert nicht bereits daran, dass die Schuldtitel des Klägers gegen WM und die M.  GmbH als Gesamtschuldner gerichtet sind, während Eigentümerin des nach Ansicht des Klägers anfechtbar über-tragenen Grundstücks die aus beiden Schuldnern bestehen-de Gesellschaft bürgerlichen Rechts war. Zwar steht das Anfechtungsrecht dem Gläubiger nur zu, wenn und soweit er eine Forderung gegen den Schuldner besitzt (BGH, Urt.

v. 02.03.2000 – IX ZR 285/99, NJW 2000, 2022, 2023 f.;

v. 08.12.2011 – IX ZR 33/11, NJW 2012, 1217 Rn. 14).

Die anfechtungsrechtliche Identität von Titelschuldner und handelndem Schuldner ist jedoch gewahrt.

[9] WM und die M. GmbH haben als persönliche Schuld-ner der titulierten Ansprüche des Klägers Vermögen der von ihnen gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen, in welches ihre Gläubiger nach § 736 ZPO hätten vollstrecken können. Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gesell-schaft bürgerlichen Rechts durch die Rechtsprechung ist zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht zwingend ein Titel gegen die Gesellschaft erforderlich. Auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter, der im Hinblick auf ihre persönliche Mithaftung ergangen ist, kann in das Gesellschafts-vermögen vollstreckt werden (BGH, Beschl. v. 16.07.2004 – IXa ZB 288/03, WM 2004, 1827, 1829 f.; v. 02.12.2010 – V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 6; Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 249/09, WM 2011, 1036 Rn. 11). Die vollstreckungs-rechtliche Gleichstellung von Titeln gegen die rechtsfähige Außengesellschaft bürgerlichen Rechts mit Titeln gegen sämt-liche Gesellschafter setzt sich im Recht der Gläubigeranfech-tung fort. Denn dieses bezweckt, dem einzelnen Gläubiger eine vor der anfechtbaren Handlung bestehende Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in einen bestimmten Vermögensgegen-stand des Schuldners zu erhalten (BGH, Urt. v. 09.06.2016 – IX ZR 153/15, WM 2016, 1455 Rn. 21 und 28 m.w.N.).

[10] 2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen je-doch den Schluss auf das Vorliegen einer unmittelbaren Gläu-bigerbenachteiligung nicht zu.

[11] a) Das angefochtene Urteil kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht einen von der Be-klagten zugestandenen „Verkehrswert“ des Grundstücks zu-grunde gelegt hat, ohne zu prüfen, ob es sich um einen Wert handelt, der im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielt wer-den könnte. Allein auf diesen kommt es aber an (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 Rn. 7;

v. 15.11.2007 – IX ZR 232/03, JurBüro 2008, 269 unter III.).

Einen Anspruch auf den bei einer freihändigen Veräußerung zu erzielenden Verkehrswert hat der Kläger als anfechtungsberech-tigter Gläubiger auf der Grundlage des Anfechtungsgesetzes nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2005, a.a.O.; v. 09.06.2016 – IX ZR 153/15, WM 2016, 1455 Rn. 28 m.w.N.). Maßgeb-lich muss vielmehr sein, ob bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks unter Berücksichtigung der Kosten des Zwangs-versteigerungsverfahrens ein an den Gläubiger auszukehren-der Erlös erzielt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2005, a.a.O.). Dazu fehlt es an ausreichenden Feststellungen.

[12] Auf die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte den angesetzten Verkehrswert zugestanden habe, kommt es deshalb nicht an.

[13] b) Auch durfte das Berufungsgericht bei der Prüfung einer wertausschöpfenden Belastung des übertragenen Grundstücks die nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der Beklagten an die Agrargenossenschaft und die C. KG abgetretenen Grundschulden nicht unberück-sichtigt lassen. Im Verhältnis zur Beklagten kann sich der Klä-ger nicht auf eine Anfechtbarkeit dieser Übertragung berufen.

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 11.07.1996 (IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3149), das sich nur auf die Abtretung einer Eigentümergrundschuld an den Grundstückserwerber bezieht.

[14] aa) Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat nur dann eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 1 Abs. 1 AnfG zur Folge, wenn der in der Zwangsversteigerung erzielbare Erlös des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens über-stiegen hätte. Eine Gläubigerbenachteiligung kommt deshalb nicht in Betracht, wenn das Grundstück wertausschöpfend belastet ist und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung des anfechtenden Gläubigers ge-führt hätte. Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstücks sowie der tatsächlichen Höhe derjenigen Forderung ab, die durch die eingetragenen Grundbuchrechte gesichert werden (st. Rspr.; etwa BGH, Urt.

v. 19.05.2009 – IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 19 f.

m.w.N.; Beschl. v. 21.02.2013 – IX ZR 219/12, ZInsO 2013, 608 Rn. 5; Urt. v. 09.06.2016, a.a.O., Rn. 20 f.).

[15] bb) Für die Frage der gläubigerbenachteiligenden Wir-kung einer Grundstücksübertragung können nicht stets sol-che Grundstücksbelastungen außer Betracht bleiben, die der Anfechtung unterliegen. Vielmehr kann sich der die Grund-stücksübertragung anfechtende Gläubiger gegenüber dem Einwand des Erwerbers, das Grundstück sei bereits wert-ausschöpfend belastet gewesen, auf die Anfechtbarkeit der vorrangigen Belastungen nur dann berufen, wenn die Mög-lichkeit der Anfechtung gerade im Verhältnis zum Grund-stückserwerber besteht, dieser also auch insoweit richtiger Anfechtungsgegner wäre.

[16] (1) Die Gläubigeranfechtung soll dem einzelnen Gläu-biger – dem Anfechtungsgegner – den Vollstreckungszugriff wieder ermöglichen, der durch die angefochtene Rechtshand-lung vereitelt wurde (§ 2 AnfG), und ihm somit den Vor-sprung vor anderen Gläubigern, den er einmal hatte wieder verschaffen (BGH, Urt. v. 23.10.2008 – IX ZR 202/07, ZIP 2008, 2272 Rn. 23 m.w.N.; v. 11.03.2010 – IX ZR 104/09, WM 2010, 772 Rn. 11; v.  09.06.2016 – IX ZR 153/15, WM 2016, 1455 Rn. 21; Onusseit, in:  Ahrens/Gehrlein/

Ringstmeier, Insolvenzrecht, 3. Aufl., § 11 AnfG Rn. 14;

Huber, Anfechtungsgesetz, 11. Aufl., Einführung Rn. 9). Es geht um die Beseitigung desjenigen Hindernisses, das dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers gerade durch die je-weils angefochtene Rechtshandlung bereitet wurde (BGH, Urt. v. 23.10.2008, a.a.O.; v. 11.03.2010, a.a.O., Rn. 12;

MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, § 11 Rn. 36). Dementspre-chend hat der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung durch den Anfechtungsgläubiger in den Gegenstand in der gleichen Art und Weise zu dulden, wie es der Schuldner ohne die anfechtbare Weggabe hätte tun müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314, 322;

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Hinkel, in: Cranshaw/Hinkel, Gläubigerkommentar Anfech-tungsrecht, 2. Aufl., Einleitung zum § 1 AnfG Rn. 3). Eine darüber hinausgehende Verbesserung der vollstreckungsrecht-lichen Stellung des anfechtenden Gläubigers gegenüber ande-ren Gläubigern des Schuldners bewirkt die Anfechtung nicht (MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, a.a.O., Rn. 36). Insbesonde-re vermittelt sie ihm nicht schon kraft der Anfechtung eine vorrangige dingliche Befugnis am anfechtbar übertragenen Vermögensgut (BGH, Urt. v. 13.07.1995, a.a.O. S. 322).

[17] Handelt es sich bei dem weggegebenen Vermögens-gegenstand um ein bereits vor der anfechtbaren Veräußerung belastetes Grundstück, hat der Erwerber es nur mit derselben oder einer gleich schweren Belastung für den Gläubigerzugriff zur Verfügung zu stellen (BGH, Urt. v. 29.04.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787, 791; Jaeger, Die Gläubigeranfech-tung außerhalb des Konkursverfahrens, 2. Aufl., § 7 Anm. 13;

Onusseit, a.a.O. § 11 AnfG Rn. 24; Huber, a.a.O. § 11 Rn. 19). Die Realisierungschancen des Gläubigers vor der angefochtenen Rechtshandlung erschöpfen sich in dem voll-streckungsrechtlichen Zugriff auf das entsprechend belastete Grundstück und dem sich hieraus ergebenden Rang. Diese Zugriffslage wird durch die Anfechtung dadurch wiederher-gestellt, dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus der-selben Rangstelle betreiben kann wie ohne die anfechtbare Handlung (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.1995, a.a.O. S. 327).

[18] (2) Die Gläubigeranfechtung verschafft dem Anfechtungs-gläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch nur gegen den jeweiligen Anfechtungsgegner (BGH, Urt. v.  05.02.1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36, 42; v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184, 194; v. 13.07.1995, a.a.O. S. 328;

vgl. auch MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, § 11 Rn. 12 und 16;

zu § 143 Abs. 1 InsO Jacoby, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2017, § 143 Rn. 11 und 15). So wie der Eintritt einer Gläubi-gerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret angefoch-tene Minderung des Aktivvermögens zu beurteilen ist (zur In-solvenzanfechtung BGH, Urt. v. 13.07.2017 – IX ZR 173/16, WM 2017, 1673 Rn. 23 m.w.N.), so ist auch die jeweils ge-schuldete Wiederherstellung des vereitelten Vollstreckungszu-griffs selbständig und bezogen auf die am Anfechtungsverhältnis Beteiligten zu betrachten. Inhaltlich wird der Bereitstellungsan-spruch gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG durch das Befriedigungs-bedürfnis des konkreten anfechtenden Gläubigers ausgestaltet (vgl. BGH, Urt. v. 09.05.1996 – IX ZR 50/95, ZIP 1996, 1178, 1179 unter 1; Jaeger, a.a.O. § 1 Anm. 3 und § 7 Anm. 2;

Onusseit, a.a.O. § 11 Rn. 12 und 14). Allein im Verhältnis zu diesem Gläubiger muss sich der Anfechtungsgegner so behan-deln lassen, als gehöre der anfechtbar veräußerte Gegenstand noch zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners (BGH, Urt.

v. 05.02.1987, a.a.O. S. 42; v. 23.10.2008, a.a.O., Rn. 23).

[19] Erfolgte eine Belastung des übertragenen Grundstücks zugunsten eines Dritten, sind Grundstücksübertragung und Belastung anfechtungsrechtlich auch dann gesondert zu be-trachten, wenn die Belastung und Grundstücksübertragung gleichzeitig erfolgen. Es handelt sich von vornherein um zwei anfechtbare Übertragungen, die inhaltlich verschiedene Rechtsfolgen auslösen, nämlich einerseits die Verpflichtung des Grundstückserwerbers zur Duldung der Zwangsvollstre-ckung in das belastete Grundstück und andererseits die Ver-pflichtung des Grundpfandrechtserwerbers zur Duldung der

Pfändung des Grundpfandrechts (vgl. Jaeger, a.a.O. § 7 Anm.

13; MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, § 11 Rn. 50 m.w.N.;

Onusseit, a.a.O. § 11 AnfG Rn. 24 f.).

[20] (3) Trotz dieser rechtlichen Selbständigkeit der Anfech-tungsverhältnisse und ihrer Rechtsfolgen kann ausnahmsweise eine einheitliche Betrachtung erfolgen, wenn sich der Anfech-tungsgegner einem weiteren Anfechtungsanspruch desselben Gläubigers ausgesetzt sieht und die Beurteilung des einen An-fechtungsanspruchs die des anderen beeinflussen kann, etwa weil die Bestellung eines vorrangigen Grundpfandrechts an dem anfechtbar übertragenen Grundstück im Verhältnis zu demsel-ben Anfechtungsgegner gleichfalls anfechtbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.1996 – IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3149).

[21] Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Be-klagtenvortrag erfolgte die Abtretung nicht an die Beklagte, sondern an Dritte. Ausgehend hiervon konnte die Belastung mit den Grundschulden, deren Abtretung die Beklagte be-hauptet, für die Frage der gläubigerbenachteiligenden Wirkung einer Grundstücksübertragung nicht außer Betracht bleiben.

[22] III. Das Urteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, hat eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zu erfolgen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:

[23] 1. Im Streitfall kommt – wie das Berufungsgericht rich-tig gesehen hat – neben einer Anfechtung der Grundstücks-übertragung gem. § 3 Abs. 1 AnfG auch eine solche nach § 3 Abs. 2 AnfG in Betracht. Sowohl das Veräußerungsgeschäft als auch die Übereignung des Grundstücks sind als entgeltlicher Vertrag zwischen nahestehenden Personen zu bewerten. Das Näheverhältnis der Beklagten zu den in Gesellschaft bürger-lichen Rechts handelnden Schuldnern wird maßgeblich über die Person WM vermittelt. Dieser ist zugleich Geschäftsführer der Beklagten (§ 138 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 3 InsO) sowie Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der M. GmbH, die neben ihm Gesellschafter der veräußernden Gesellschaft ist (§ 138 Abs. 2 Nr. 1 und 3, Abs. 1 Nr. 3 und 4 InsO; vgl. BGH, Urt. v. 22.12.2016 – IX ZR 94/14, WM 2017, 486 Rn. 9 ff.).

[24] 2. Die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen sind für diese Anfechtungstatbestände auf unterschiedliche Zeitpunk-te bezogen zu prüfen.

[25] Nur im Rahmen des § 3 Abs. 2 AnfG kommt es für die Frage, ob die Grundstücksübertragung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung bewirkt, auf den nach § 8 Abs. 1 und 2 AnfG maßgeblichen Zeitpunkt an. Da der Notar einen von ihm gestellten Antrag auf Eintragung einer Auflassungs-vormerkung auch ohne Zustimmung der Beklagten wieder zurücknehmen durfte und eine Antragstellung durch die Be-klagte selbst nicht festgestellt ist, dürfte im Streitfall maßgeb-lich der Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormer-kung für die Beklagte sein. Erst zu diesem Zeitpunkt dürfte die Beklagte eine für die Anwendung von § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG erforderliche gesicherte Rechtsposition erlangt haben (vgl. zu § 140 Abs. 2 InsO BGH, Urt. v. 02.02.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 23; v.  19.05.2009 – IX  ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 22).

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AnfG aus, wenn erst im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die gläubigerbenach-teiligende Wirkung eintritt, die auch auf dem Hinzutreten weiterer Umstände beruhen kann (BGH, Urt. v. 19.05.2009, a.a.O., Rn. 29). Allerdings verwirklicht auch eine festge-stellte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung zugleich eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung (MünchKomm-AnfG/

Kirchhof, § 1 Rn. 110), wenn nicht jene bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachträglich beseitigt wird (MünchKomm-AnfG/ Kirchhof, a.a.O., Rn. 110 Fn. 539 und Rn. 169). Eine Rückführung der durch die Grundschulden gesicherten Forderungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz kann als später ein-tretender Umstand beachtlich sein, soweit der Anfechtungs-anspruch auf § 3 Abs. 1 AnfG gestützt wird. Liegt in diesem Zeitpunkt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, kann sich der Anfechtungsgegner auf eine frühere wertausschöp-fende Belastung nur berufen, wenn er sie mit eigenen Mitteln beseitigt hat oder wenn eine inzwischen eingetretene Wert-erhöhung auf eigenen werterhöhenden Maßnahmen beruht (BGH, Urt. v. 19.05.2009, a.a.O., Rn. 30; v. 09.06.2016 – IX ZR 153/15, WM 2016, 1455 Rn. 34 f.).

[27] 3. Setzt der Anfechtungstatbestand die unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch das Veräußerungsgeschäft voraus, fehlt es nicht bereits deshalb an einer gleichwertigen Gegenleistung für die Grundstücksübertragung, weil sich der Gegenanspruch der Schuldner auf die Zahlung von Geld rich-tete. Die Versilberung des Grundstücks mag einem Schuldner zwar das Verschleudern dieses Vermögenswertes ermöglichen oder erleichtern. Dies bewirkt für sich allein grundsätzlich noch keine Gläubigerbenachteiligung.

[28] 4. Für die Frage einer wertausschöpfenden Belastung des Grundstücks vor der angefochtenen Grundstücksüber-tragung sind Feststellungen dazu zu treffen, ob von der Be-klagten Grundstückslasten übernommen wurden und in welcher Höhe diese gegebenenfalls zum jeweils maßgeblichen

Zeitpunkt valutierten. Dass die zugunsten der den Ersterwerb des Grundstücks durch die Schuldner finanzierenden Bank bestellte Grundschuld gemäß der Vertragsänderung vom Mai 2003 lediglich das von der Beklagten selbst zur Kaufpreisfi-nanzierung aufgenommene Darlehen sichern sollte, steht ihrer Berücksichtigung als Grundstücksbelastung in der Höhe ihrer Valutierung nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.2009, a.a.O., Rn. 31 zu § 3 Abs. 1 AnfG). Dem steht auch nicht entgegen, dass die dingliche Übernahme dieser Grundschuld durch die Beklagte erst nach dem Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung durch eine Änderung des ur-sprünglichen Kaufvertrags erfolgte. Im Streitfall bot das Ver-mögen der Schuldner dem Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Zugriffsmöglichkeit auf ein von der Grundschuld unbelastetes Grundstück. Vor dem Vertragsschluss stand die Grundschuld der den Ersterwerb finanzierenden Bank zu. Die zunächst ver-einbarte, aber später geänderte Regelung zu ihrer Löschung hätte dem Kläger nicht schon den auf die Grundschuld ent-fallenden Grundstückswert als Haftungsobjekt zugänglich gemacht. Mithin hat die (nachträgliche) Vereinbarung einer dinglichen Übernahme auch der Grundschuld die vollstre-ckungsrechtliche Stellung des Klägers nicht geändert.

[29] 5. Die Frage, ob unter Berücksichtigung der festgestell-ten Grundstücksbelastungen und der Höhe ihrer Valutierung in dem nach dem Anfechtungstatbestand maßgeblichen Zeit-punkt (Eintragung der Auflassungsvormerkung bzw. Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht) bei einer Zwangsversteigerung ein an den Kläger auszukehren-der Erlös zu erwarten war (vgl. BGH, Urt. v. 09.06.2016, a.a.O., Rn. 46), kann nur durch Einholung eines Sachver-ständigengutachtens geklärt werden, welches auf der Grund-lage der gem. § 195 Abs. 1 Satz 2 BauGB zur amtlichen Kaufpreissammlung mitgeteilten Zuschlagsbeschlüsse das voraussichtliche Zwangsversteigerungsergebnis für das von der Anfechtung betroffene unbebaute Grundstück unter Prüfung etwaiger Besonderheiten feststellt (vgl. BGH, Urt.

v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 Rn. 9 a.E.;

v. 13.01.2011 – IX ZR 13/07, WM 2011, 365 Rn. 5).

Literaturreport

ZNotP-Fragezeichen

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