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Analyse der pelagialen Strukturen

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4.1. Kritische Betrachtung der angewandten Methoden

4.1.5. Analyse der pelagialen Strukturen

Die Ermittlung der Biomasse einzelner Organismengruppen unterliegt, wie bereits im Kapitel 4.1.2.

beschrieben, vielen Fehlerquellen. Neben den systematischen und subjektiven Fehlem kommt die größte Bedeutung den verwendeten Konversionsfaktoren zu, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zufriedenstellend verifiziert wurden und aufgrund der schnell wechselnden physikochemischen und biologischen Rahmenbedingungen dieses Lebensraumes sowie unterschiedlicher physiologischer Zustände einzelner Organismen diesen Anspruch wohl auch nie erfüllen können. Darüber hinaus besitzt die mikroskopische Bemaßung der Organismen sowie ihre statistische Verteilung und Anzahl auf den Filtern bzw.

in den Zählkammern einen großen Einfluß auf die Berechnung und Variationsbreite der ermittelten Biomassewerte. Konnte für das Piko- und Nanoplankton der für die Biomasseberechnung zu bezeichnende Basiswert (Gesamtzellzahl) mit einem prozentualen Fehlerbereich von 5 bis 23 % erreicht werden (siehe Kapitel 4.1.2.), so müssen besonders für größere Phytoplanktonarten, die meist einen hohen Zellkohlenstoffgehalt besitzen, nach dem Zählmodus von Edler (1979) maximale Fehler von bis zu ±28 % und für Ciliaten und Tintinnen in Einzelfällen bis zu ± 100 % veranschlagt werden. Eine weitere Unsicherheit in der Interpretation der Absolutwerte ergibt sich aus der erforderlichen vertikalen und z. T. auch aus der vorgenommenen zeitlichen Integration (zentrale Ostsee, Darß - Zingster Boddengewässer, Nordostatlantik) der Einzelwerte für die jeweiligen Wasserbereiche.

Unter den oben angeführten Einschränkungen ergibt sich eine mögliche Uber- oder Unterschätzung der realen Biomasseverhältnisse einzelner Organismengruppen, die sich nicht bemessen läßt und eine generelle Problematik jeder biomassebezogenen Untersuchung darstellt. Da nicht analysierte Fraktionen des Planktons (Mikro- und Mesozooplankton und biogener Detritus, s. u.) durch Differenzbildung vom Gesamt - POC - Gehalt zur Summe der Biomasse aller untersuchten Organismengruppen berechnet wurden, ist auch in dem

Fall, daß sich die möglichen Ober- und Unterbestimmungen der ermittelten Einzelbiomassekonzentrationen nicht annähernd aufheben, keine exakte Beurteilung ihrer Biomasse möglich. In diesem Zusammenhang muß erneut erwähnt werden (siehe Kapitel 33.5. und 3.4.5.), daß in Einzelfällen (zentrale Ostsee, Darß - Zingster Boddengewässer) eine Bestimmung der Phytoplanktonbiomasse nur über ein Kohlenstoff zu Chlorophyll a

-Verhältnis von 35 erfolgen konnte. Dieser Faktor liegt im Bereich der im Kapitel 333 . zitierten Literatur, wird aber u. a. von Banse (1977) bezüglich der allgemeingültigen Anwendbarkeit dieses Konversionsfaktors kritisiert. Wenn auch die Absolutwerte innerhalb dieser Studie kritisch beurteilt werden müssen, lassen sich dennoch unter Rpxnrfrsirhtignng der möglichen Varianz der Einzelmessungen Informationen über die Strukturierung pelagialer Systeme auf der Basis der Biomasse ableiten. Dieses gilt insbesondere für das Piko- und Nanoplankton, für das neben einer ausreichenden Zellzahl aufgrund der geringeren Variation der Zelldimensionen und meist unkomplizierteren Zellmorphologie auch eine relativ genaue Zellvolumenbestimmung durchgeführt werden konnte.

Eine weitere F Jnsriiränlm ng ergibt sich aus dem in dieser Studie nicht differenzierten Anteil des Detritus-, Mikro- und Mesozooplanktonkohlenstoffanteils am Gesamt - POC - Gehalt, weil eine Bestimmung der Gesamtbiomasse des Zooplanktons nicht durchgeführt wurde und sich die Konzentration des biogenen Detrituskohlenstoffes nicht direkt messen läßt. Da dem Mikro- und Mesozooplankton innerhalb der Proben ein Biomasseanteil zukommt, der nicht diskriminiert werden sollte, erfolgte eine Zusammenfassung beider Variablen in der künstlichen Gruppe ’Detritus / Zooplankton’. Zum Teil ergeben sich bei der Aufstellung der biomassebezogenen Strukturierung des Pelagials für den nicht bestimmten Anteil des Terms ’Zooplankton’

Überschneidungen, die im folgenden näher erläutert werden sollen. Innerhalb der Größenklassifizierung des Mikrozooplanktons (Sieburth et al., 1978) wurden vereinzelt (< 1 %) heterotrophe Flagellaten vorgefunden, die jedoch der Gruppe der heterotrophen Nanoflagellaten zugeordnet wurden. Für die Kieler Bucht und Kieler Förde wurde zusätzlich die Bestimmung der Ciliaten- und Tintinnenbiomasse durchgeführt, um deren Anteil die Biomasse des Terms ’Zooplankton’ reduziert werden muß. Innerhalb der Zooplanktonfraktion kommt vermutlich den Mesozooplanktonorganismen (0,2 - 20 mm) eine untergeordnete Bedeutung zu, da die Durchsicht der Filterrückstände und Utermöhlproben keine erkennbare Abundanz von mesoskopischen Organismen im Untersuchungsmaterial ergab. Erklärt werden kann dieses zum einen durch die in der Regel für die Analysen erforderlichen geringen Probenvolumina und zum anderen durch die Fähigkeit dieser Organismen, auf Störungen, wie sie z. B. durch Bewegungen der Wasserschöpfer hervorgerufen werden können, mit schnellen Fluchtbewegungen zu reagieren (Kapp, Morales, Reitmeier, pers. Mitteilungen).

Dennoch soll die Präsenz von Mesozooplanktern in den Proben nicht völlig ausgeschlossen werden und ist deshalb in der künstlichen Gruppe ’Detritus / Zooplankton’ zu berücksichtigen.

Da die Fraktion ’Detritus / Zooplankton’ insgesamt einen sehr hohen Anteil des Gesamt - POC - Gehaltes ausmachen kann (in dieser Studie bis zu 87,6 %), ist eine quantitative Differenzierung beider Fraktionen wünschenswert. Hinweise über die möglichen Biomasseverhältnisse von Detritus zu Zooplankton finden sich im Vergleich zu den Analysen der pelagjalen Struktur dieser Studie bei Untersuchungen von Vadstein et aL (1989) für einen eutrophen See in Norwegen. Die von ihnen durchgeführten Untersuchungen weisen dem Zooplankton > 45 ¿un einen Anteil von 1,7 % am Gesamt - Detrituspool zu. Hin ebenfalls geringer Zooplanktonkohlenstoffanteil - hier jedoch am Gesamt - POC - Gehalt gemessen - bestimmten Faganeli et aL (1989) mit 0,2 - 3,2 % im Adn atischen Meer. Die Ergebnisse spiegeln jedoch, bezogen auf die produktive

Phase des Pelagials vom Frühjahr bis zum Herbst, eher Minimalverhältnisse wider, da die Untersuchungen während der Winterzeit erfolgten und zur Bestimmung der Zooplanktonbiomasse lediglich Netzzooplankton ( > 250 tun) herangezogen wurde. Geringste Anteile der Zooplanktonbiomasse am Detritusgehalt ermittelten Schiewer et al. (1990), die in einem hypertrophen Boddengewässer (Darß - Zingst) einen prozentualen Anteil der Biomasse von Crustaceen, Rotiferen und Ciliaten von nur 0,005 - 0,017 % gegenüber der Detrituskonzentration errechneten. Die Ergebnisse von Blanchot et al. (1989) weisen für eine oligotrophe Lagune des Tikehau Atolls mit 3,4 % ebenfalls einen geringen Prozentsatz für die Zooplanktonbiomasse auf.

Höhere Verhältnisse dokumentierte Lenz (1974) für die Kieler Bucht, nach dem das heterotrophe Plankton der Größenklasse 150 - 600 |im im Mittel 22,2 % und das heterotrophe Plankton > 600 pjn im Mittel 12,5 % am Trockengewicht der organischen Substanz erreicht. Für die heterotrophe Fraktion 1 -150 tun, die neben Bakterien und Flagellaten auch Anteile des kleineren Mikrozooplanktons beinhaltet, wurden 65,4 % ermittelt.

Diese von Lenz (1974) publizierten Verhältnisse basieren jedoch auf Umrechnungsfaktoren chemischer Zellbestandteile (Chlorophyll a, Protein und POC), die durch Differenzbildung nach der Berechnung der Phytoplanktonbiomasse ermittelt wurden.

Eine weitere Möglichkeit zur Abschätzung des Zooplanktonanteils der Gruppe ’Detritus / Zooplankton’

läßt sich über die Relation ihrer Biomasse zur Bakterien- und Phytoplanktonbiomasse sowie über die Schätzung der Detrituskonzentration durchführen. Nielsen & Richardson (1989) ermittelten für die Nordsee ein Verhältnis der Copepodenbiomasse, die das Zooplankton dominierte, zur Bakterienbiomasse von 1,14 - 2,72 und zum Phytoplanktonkohlenstoff von 0,03 - 0,16. Bezogen auf die Biomasse des Phytoplanktons und der Bakterien stellten Vadstein et al. (1989; s. o.) im Vergleich zu dieser Publikation mit 0,11 bzw. 1,84 ähnliche Verhältnisse fest. Für die Kieler Bucht und Kieler Förde liegen Daten über den möglichen Anteil des Detritus am Gesamt - POC - Gehalt von Lenz (1974 und 1977b), abgeschätzt über den Chlorophyll a - und Proteingehalt der Proben, mit 20 - 53 % vor. Aufgrund der für diese Abschätzung erforderlichen und nicht verifizierbaren Annahmen beurteilt der Autor die Anteile der Detritusfraktion am Gesamt - POC - Gehalt als Minimalwerte, so daß diese Daten für die derzeitige Fragestellung keine zufriedenstellenden Aussagen erlauben. Sehr hohe Detritusanteile am Gesamt - POC - Gehalt ermittelten mit 80,5 - 84,7 % Vadstein et al.

(1989) und Blanchot et al. (1989). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Holm - Hansen & Booth (1966), die mit Hilfe von ATP - Messungen oberhalb 100 m einen lebenden POC - Anteil von 14 - 79 % feststellten, während unterhalb dieser Wassertiefe mit einer Ausnahme (27 %) nur noch 6 - < 3 % der Partikel eine biologische Aktivität zeigten. Insgesamt stimmen diese Angaben mit der grundlegenden Arbeit von Menzel & Goering (1966) überein, die einen Detritusbeitrag am Gesamt - POC - Pool von 43 - 84 % (Mittelwert: 61,7 ± 11,6 %) ermittelten, und außerdem nachweisen konnten, daß sich Detritus gegenüber biologischen Abbauprozessen sehr refraktär verhält.

Aus dieser Literaturanalyse ergibt sich ein heterogenes Bild bezüglich der Zooplanktonbiomasse in Relation 711m Detrituskohlenstoffgehalt, wobei die Mehrzahl der angesprochenen Publikationen sowie die Ergebnisse dieser Studie (Analyse der Filtrationsrückstände, Utermöhlzählungen für die Kieler Bucht und

Kieler Förde) der Zooplanktonbiomasse nur einen geringen Anteil am Detrituskohlenstoff zuordnet. Dieses Ergebnis induziert eine geringe Bedeutung des Energie- und Kohlenstofftransfers über die TViritmnahmngRlrritf». (diese Betrachtungen berücksichtigen nicht den Detritusabbau via mikrobieller exoenzymatischer Aktivität), was durch den von Menzel & Goering (1966) festgestellten refraktären Charakter von Detritusmaterial erklärt werden könnte. Unter dieser Voraussetzung und gleichzeitiger Berücksichtigung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik ist eine geringe Zooplanktonbiomasse zu erwarten, da ein Großteil der primär gebildeten Energie und organischen Substanz bereits innerhalb des ’microbial loop’ in nicht verwertbare Wärme umgesetzt wurde und somit den durch das Mikro- und Mesozooplankton gebildeten trophischen Ebenen nicht mehr zur Verfügung steht. Bis heute wird, zusammengefaßt unter dem Begriff ’link or sink’, die Effizienz der Kopplung des Protozoa - an das Metazoa - Nahrungsnetz (Sherr & Sherr, 1988) kontrovers diskutiert (Pomeroy, 1984; Ducklow et aL, 1986; Sherr et aL, 1987; Ducklow, 1991). Besonders für pelagiale Systeme mit hohen Primärproduktionsanteilen in der Größenklasse < 5 jun konnte vielfach

(gnsam m engefap t bei Sherr & Sherr, 1988) nachgewiesen werden, daß nur ein geringer Prozentsatz ( < 20 % der Primärproduktion) das Zooplankton erreicht (siehe auch Kapitel 4.7.2.).

Inwieweit die Beobachtungen über den geringen Biomasseanteil des Zooplanktons für die aufgestellten Pelagialstrukturen dieser Arbeit zutreffend sind, kann nicht sicher beurteilt werden. So sind zumindest im Küstenbereich und in flachen Meeresregionen saisonale Ereignisse wie das Auftreten meroplanktischer Larvenformen ebenso denkbar wie z. B. Oszillationen in den Reproduktionszyklen eudominanter Zooplanktonorganismen, die meist mit dem Nahrungsangebot gekoppelt sind und in ihrer Konsequenz zumindest über kurze Zeitskalen den Anteil des Zooplanktons am Gesamt - POC - Gehalt deutlich erhöhen können.

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