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3.2 Projektkonzeption .1 Aufgaben und Ziele

3.2.3.3 Analyse des Mikrostandortes

Unter dem Mikrostandort einer Immobilie wird dessen Grundstück und das fußläufig erreichbare direkte Umfeld verstanden.246 Bei der Analyse des Mi-krostandortes geht es in einem ersten Schritt darum, die Lage und Beschaffen-heit des Grundstücks genauer zu untersuchen, um anhand der grundstücks-spezifischen Charakteristika die Nutzungspotentiale zu ermitteln. Dies gilt so-wohl für bebaute als auch für unbebaute Grundstücke, wobei in diesem Zu-sammenhang zunächst relevant ist, ob es sich um einen integrierten oder einen solitären Standort handelt.

Integrierte Standorte liegen in der Regel innerhalb eines gewachsenen, eta-blierten Umfelds, während Grundstücke, die aufgrund ihrer isolierten Lage nicht in ihr Umfeld eingebunden sind, als solitäre Standorte bezeichnet werden.247

Während sich bei solitären Standorten die Qualität des Umfeldes in be-schränktem Maße durch die Art der Nutzung und Bebauung beeinflussen läßt, sind bei integrierten Lagen die Möglichkeiten, auf ihre Standortqualitäten Ein-fluß zu nehmen, sehr beschränkt, da das Umfeld etabliert und oft regelrecht zusammengewachsen ist. Komplementäre Nutzungen können sich in diesen

245 Im Falle des Centro-Oberhausen wurde hierzu ein Radius von 250 km um das Projekt gezo-gen, in dem 60 Millionen Menschen leben. Vgl. Franck, Entertainment, S. 10.

246 Vgl. Muncke, Marktanalyse, S. 112; Pearson, Location, S. 13.

247 Ein gutes Beispiel für diese Zusammenhänge stellt der Messeturm in Frankfurt am Main dar.

Vom solitär stehenden Bürohochhaus zwischen einer Ausfallstraße und den Messehallen wandelte er sich in den letzten Jahren langsam zu einem integrierten Standort, nachdem in unmittelbarer Nachbarschaft das Congress-Center mit einem Maritim-Hotel sowie die beiden Bürotürme Castor und Pollux errichtet wurden.

Fällen aufgrund der Synergieeffekte ideal ergänzen und sich dadurch gegen-seitig aufwerten - eine Grundidee übrigens, die auch bei Mixed-use Projekten verfolgt wird. Im Gegensatz dazu sind konkurrierende Nutzungen dadurch ge-kennzeichnet, daß sie sich einschränken oder gar ausschließen.

Neben der Lage bestimmen Grundstücksgröße und -zuschnitt das Nutzungs-potential in hohem Maß, da sie die Ausrichtung und Anordnung der Baukörper unter Umständen erheblich beschränken können.248 Diese Merkmale lassen sich anhand eines Ausschnitts aus der Flurkarte oder eines Lageplans doku-mentieren. In diesem Zusammenhang sind auch die jeweiligen Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeiten entsprechend zu überprüfen und zu dokumentieren.249

Mit der Analyse der infrastrukturellen Erschließung assoziiert man in der Regel zunächst die Anbindung an den Individualverkehr.250 Die Straßenerschließung sollte mindestens aus einem Weg, einer Zufahrt oder einer Straße bestehen, wobei die Charakteristika der Straßenführung zu berücksichtigen sind. Darunter fallen Kriterien wie Straßenbreite, Anzahl der Spuren, Verkehrsführung sowie deren baulicher Zustand. Analog ist der bauliche Zustand von Radwegen oder Gehsteigen zu überprüfen.

Eine ebenso wichtige Rolle wie der Individualverkehr spielt selbstverständlich auch die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).251 Dar-unter versteht man zunächst die Entfernung zu Bus-, U-Bahn- und S-Bahn-Haltestellen. Dabei sollte jedoch nicht nur geprüft werden, ob entsprechende Haltestellen in der Nähe sind, sondern auch welche Qualität diese Anbindun-gen aufweisen, d.h. wie lange beispielsweise die Fahrzeiten zu zentralen Ein-richtungen sind, welche Anschlußmöglichkeiten bestehen oder wie die jeweili-gen Jaktfrequenzen gestaltet sind. Neben dieser eher lokal orientierten

Einbin-248 Vgl. Dasso/Shilling/Ring, Estate, S. 242; Falk, Immobilien-Handbuch, Kap. 13.1, S. 5. Gege-benenfalls bietet es sich im Rahmen einer Standortanalyse an, die Akquisition von angren-zenden Grundstücken zu überprüfen, wenn sich dadurch das Nutzungspotential vergrößern läßt.

249 Vgl. Pearson, Location, S. 13 ff.

250 Vgl. Miles et al., Development, S. 189.

251 Vgl. Sraeel, Professional, S. 34; Falk, Immobilien-Handbuch, Kap. 13.1, S. 5.

dung in das öffentliche Verkehrsnetz ist die überregionale Anbindung zu prüfen.

In diesem Zusammenhang ist die Nähe zu Autobahnen und Bundesstraßen sowie Ausfallstraßen und Brücken zu beurteilen. Ebenfalls in diese Rubrik ein-zuordnen wäre die Nähe zu örtlichen Bahnhöfen und Intercity-Stationen. Die Feststellung der räumlichen und zeitlichen Distanz zum nächsten Flughafen rundet die angestellten Betrachtungen ab.

Bei unbebauten Grundstücken sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berück-sichtigen: So sind Untersuchungen der Bodenbeschaffenheit ein wichtiges Analysekriterium, da die Natur des Baugrundes immer auch die Baukosten be-einflußt.252 Durch entsprechende Bodengutachten lassen sich hier potentielle Risiken frühzeitig erkennen. Besonders beim Redevelopment ehemaliger Ge-werbe- oder Industrieflächen bleibt die Problematik von Altlasten von ungebro-chener Aktualität, da deren Beseitigung mit hohen Kosten verbunden sein kann.253 Eventuell ist eine Parzelle auch auf Fliegerbomben oder sogenannte

„Bodendenkmäler" zu untersuchen.254

Darüber hinaus ist die technische Erschließung, d.h. die Ver- und Entsorgung des Grundstücks zu klären. Darunter werden die Leitungsanschlüsse für Was-ser und AbwasWas-ser, Strom und Gas sowie die relevanten Telekommunikations-einrichtungen zusammengefaßt.255 Bei gewerblichen Immobilien sollten auch die geltenden Gewerbesteuersätze berücksichtigt werden. Bei industriellen Nutzungen erscheint darüber hinaus auch die Höhe der lokalen Abgaben sowie die Höhe der Nebenkosten (für Wasser, Energie usw.) relevant.

Nach den genannten typischen harten Standortfaktoren lassen sich auch eine ganze Reihe rechtlicher Regelungen in dieser Richtung interpretieren. An erster Stelle ist hier das Grundbuchrecht zu nennen,256 das zunächst Aufschluß über

252 Vgl. Silverman, Homework, S. 8; Dasso/Shilling/Ring, Estate, S. 242 f.

253 Vgl. Atkinson, Hazards, S. 67 ff.; Falk, Immobilien-Handbuch, Kap. 28.3, S. 1.

254 Zu den erforderlichen denkmalpflegerischen Maßnahmen im Falle archäologischer Funde siehe o.V., Denkmalschutz, S. 8.

255 Vgl. Dasso/Shilling/Ring, Estate, S. 243; Peiser/Schwanke, Development, S. 131.

256 Vgl. auch Falk, Immobilien-Handbuch, Kap. 13.2, S. 1 f.

die Eigentumsverhältnisse schaffen soll; ein Aspekt, der insbesondere in den Neuen Bundesländern von Bedeutung ist. Neben der Eigentümerfrage ist in diesem Zusammenhang auch zu klären, inwiefern eventuelle Grundstücksbela-stungen, wie etwa Geh- oder Fahrtrechte angrenzender Eigentümer, oder Dienstbarkeiten die Nutzungs- und Bebauungsmöglichkeiten einschränken. Da derartige Rechte im Grundbuch eingetragen sind, ist deren Recherche relativ unproblematisch.

Nächster Punkt ist üblicherweise eine Überprüfung des gültigen Baurechts. Zu diesem Zweck ist die Ausweisung der zulässigen Nutzungsmöglichkeiten in aktuellen Flächennutzungs- und Bebauungsplänen in Erfahrung zu bringen.257

In diesem Zusammenhang ist die jeweilige Grundflächenzahl (GRZ) und die Geschoßflächenzahl (GFZ) von großer Bedeutung, da anhand dieser beiden Kennziffern das maximale Maß der baulichen Ausnutzung festgelegt wird.258 Die Grundflächenzahl bestimmt, wieviel Prozent der Grundstücksfläche überbaut werden darf, während die Geschoßflächenzahl festlegt, in welchem Verhältnis die Bruttogeschoßfläche zur Grundstücksfläche maximal stehen darf.259

i Im Rahmen dieser Nachforschungen kann es auch von Bedeutung sein, aktu-elle Absichten der Kommune, bestehende Planungen zu ändern bzw. zu über-arbeiten, in Erfahrung zu bringen.280 Ebenso kann es vorkommen, daß ein er-stellter Bebauungsplan noch nicht rechtskräftig ist. Falls für ein Gebiet kein Be-bauungsplan vorliegt, ist zu untersuchen, ob Baurecht nach §34 BauGB

(In-257 Siehe hierzu auch die Einteilung von Gebietstypen gemäß §§ 1 bis 11 der BauNVO, die Auf-schluß über die Zulässigkeit bestimmter baulicher Nutzungen gibt.

258 In diesem Zusammenhang weist Cook (Development, S. 16 ff.) jedoch darauf hin, daß die maximale Ausnutzung der gesetzlich zulässigen Bebauung vor dem Hintergrund möglicher Diseconomies of Scale - höhere Finanzierungskosten pro mJ infolge überproportional länge-rer Bau- bzw. Vermarktungszeiten, höhere Projektmanagementkosten pro m2 infolge zuneh-mender Komplexität, höhere Baukosten pro m2 bei besonders hohen Gebäuden - ökono-misch nicht notwendigerweise sinnvoll ist.

259 Siehe §§ 19 und 20 der BauNVO. So darf zum Beispiel auf einem Grundstück von 1.000 m2, bei einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von 1,2 die Gebäudegrundfläche maximal 400 m2

(1.000 m2 x 0,4) betragen und die errichtete Bruttogeschoßfläche darf 1.200 m2 (1.000 m2 x 1,2) nicht übersteigen.

280 Vgl. Silverman, Homework, S. 7.

nenbereich) vorliegt. Im Zweifelsfall sind die entsprechenden Vorschriften hin-sichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung beim Bauamt zu erfragen.

In Großstädten sind darüber hinaus oft besondere städtische Verordnungen bzw. Satzungen zu beachten. So schreibt zum Beispiel die hessische Bauord-nung die Errichtung einer bestimmten Anzahl an Parkplätzen vor, allerdings verbietet die Stadt Frankfurt am Main mit ihrer Parkplatzsatzung im Innenstadt-bereich deren Errichtung bei der Erstellung von Bürogebäuden größtenteils.

Dafür fordert die Stadt für jeden vorgeschriebenen aber nicht errichteten -Parkplatz eine Ablöse von DM 15.000 oder DM 20.000.261

Neben den harten Standortfaktoren, die oben ansatzweise behandelt wurden, spielen selbstverständlich auch auf der Mikroebene die weichen Standortfakto-ren eine Rolle. In diesem Zusammenhang wird häufig vor allem auf das Presti-ge des Standortes abPresti-gestellt.262 Das Image, das mit gewissen Städten, Vierteln, Quartieren oder Straßenzügen assoziiert wird, ist oft ausschlaggebend für die erfolgreiche Vermarktung von Immobilien. So kann beispielsweise die Adresse eines Projektes aufgrund des damit verbundenen Renommees zu einer Prämie bei Miet- oder Kaufpreisen führen. Als Beispiele hierfür gelten im Bereich der Einzelhandelsimmobilien der Ku'damm in Berlin, der Jungfernstieg in Hamburg, die Königsallee in Düsseldorf oder die Maximilianstraße in München. Aus-schlaggebend für ein gutes Standortimage sind die Qualität der Bebauung, die Attraktivität des Umfelds sowie die lageprägenden Nutzer.

Darüber hinaus ist die Exposition der Liegenschaft in zweifacher Hinsicht ein relevanter weicher Standortfaktor. So kann einerseits die Sichtbarkeit beson-ders wichtig sein, wie dies etwa bei Hotels und Einzelhandelsimmobilien der Fall ist, und andererseits stellt auch die Qualität der Aussicht ein bedeutendes Entscheidungskriterium für potentielle Interessenten dar - so zum Beispiel bei Büro- oder Wohnimmobilien.

261 Vgl. o.V., Stellplatzablöse, S. 66.

262 Vgl. Dasso/Shilling/Ring, Estate, S. 240; Dowall, Research, S. 39.

Im Rahmen von Projektentwicklungen ist schließlich auch die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber dem Standort von großer Bedeutung.263 Dies gilt in erster Linie für die angrenzenden Grundstückseigentümer, bezieht sich darüber hinaus aber auch auf die Kommune und dabei auf die Frage, ob sie Projekt-entwicklern gegenüber tendenziell auf Kooperation oder Konfrontation ausge-richtet sind.264 Dies ist insofern wichtig, als sich bei partnerschaftlichen Bezie-hungen mitunter Möglichkeiten zur höherwertigen Nutzung und verbesserten Auslastung eines Grundstückes bieten. Zum Bild in der Öffentlichkeit trägt letzt-lich auch die Presse bei, die der Standort genießt, insbesondere dann, wenn dieser als städtebaulich sensibel eingeschätzt wird. So wirken sich positive Darstellungen in den Medien gleichsam positiv für die Projektvermarktung aus, wohingegen negative Darstellungen das Standortmarketing noch zusätzlich erschweren.265