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4 Berufsspezifische Auswertungen für aus- aus-gewählte Herz-Kreislauf-Erkrankungen

4.1 Krankheiten des Herzens und des Kreislaufs

4.1.2 Akuter Myokardinfarkt (ICD-10 I21)

Der akute Myokardinfarkt (AMI) bzw. Herzinfarkt stellt die schwerste Form der is-chämischen Herzerkrankungen dar und bildet nach der CIHD die zweithäufigste To-desursache in Deutschland (LÖWEL, 2006).

Er tritt meist im fortgeschrittenen Alter auf und ist durch einen Untergang von Herz-muskelgewebe aufgrund eines akuten Verschlusses eines Herzkranzgefäßes ge-kennzeichnet (MOSER et al., 2009; TERRES et al., 2009). Es gibt große Unterschie-de in Unterschie-der Symptomatik, Unterschie-dem Verlauf und auch Unterschie-dem Altersgang zwischen beiUnterschie-den Ge-schlechtern (CANTO et al., 2012; MOSER et al., 2009). Der akute Herzinfarkt ver-läuft bei den 25- bis 74-Jährigen in ca. 40 % tödlich (LÖWEL, 2006). Er verursacht meist längere AU-Zeiten. Wichtige bekannte Risikofaktoren sind Rauchen, Überge-wicht, Bewegungsarmut, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und Fettstoffwech-selstörungen (LÖWEL, 2006; THYGESEN et al., 2007; YUSUF et al., 2004). Auch arbeitsbedingte Faktoren, z. B. Lärm und psychosoziale Faktoren, können das Risiko für AMI erhöhen (KERSTEN und BACKÉ, 2015; YUSUF et al., 2004).

Die wirtschaftliche Bedeutung der Diagnose „Akuter Myokardinfarkt“ zeigt sich auch an den insgesamt ca. 210.000 vollstationären Krankenhausfällen, die im Jahr 2008 beobachtet wurden. Es wurden ca. 134.000 Männer und ca. 77.000 Frauen stationär behandelt. Die altersspezifische Fallzahl steigt von 26 Fällen pro 100.000 Einwohner bei den 15- bis 44-Jährigen auf 261 Fälle pro 100.000 Einwohner bei den 45- bis 64-Jährigen (STATISTISCHES BUNDESAMT (DESTATIS), 2009).

Für die Diagnose AMI werden vom AOK-Bundesverband für das Jahr 2008 mehr als 12.000 AU-Fälle berichtet. Sie teilen sich mit 10.000 bei den Männern und knapp 2.000 bei den Frauen auf. Dies sind 3 % der Fälle der AU aufgrund von HKE, 4,3 % bei den Männern und 1,1 % bei den Frauen (AOK-BUNDESVERBAND, 2009b).

4.1.2.1 Verteilung der Arbeitsunfähigkeit allgemein

Für das Jahr 2008 sind insgesamt 21.324 Fälle von AU durch AMI bei Männern und Frauen erfasst. Von der jüngsten zur ältesten Altersklasse besteht bei den Männern ein Anstieg der relativen Häufigkeit auf das 100fache, bei den Frauen auf das 40fache.

Der AMI führte bei den Männern zu 17.600 AU-Fällen und 909.000 AU-Tagen. Bei den Frauen führte diese Diagnose zu 3.700 AU-Fällen und 175.000 AU-Tagen.

In beiden Geschlechtern nehmen die AU-Fälle mit dem Alter zu. In der höchsten Al-tersklasse (55 bis 64 Jahre) treten bei den Männern 4 Fälle pro 1.000 Versicherte und bei den Frauen 1 Fall pro 1.000 Versicherte auf. Am stärksten steigt die relative AU-Häufigkeit in beiden Geschlechtern von den 35- bis 44-Jährigen zu den 45- bis 54-Jährigen an (Anstieg auf ca. das 3,5fache) (Abb. 4.4 und Tab. 4.4).

Die durchschnittliche Dauer der AU ist für beide Geschlechter sehr ähnlich. Sie steigt mit dem Alter von ca. 10 Tagen in der jüngsten Altersklasse (15- bis 24-Jährige) zu über 50 Tage je Fall in der höchsten Altersklasse (55- bis 64-Jährige) (Tab. 4.4).

Ausführliche Abschätzungen zum berufsgruppen- und altersabhängigen AU-Verlauf des akuten Myokardinfarkts berichten BRENDLER et al. (2013b).

Abb. 4.4 Relative Anzahl der Fälle von Arbeitsunfähigkeit durch die Diagnose

„Akuter Myokardinfarkt“, stratifiziert nach Geschlecht und Alter (10-Jahres-Gruppen), Deutschland 2008

0 2 4 6 8 10

15 bis 24 25 bis 34 35 bis 44 45 bis 54 55 bis 64 Altersklassen (Lebensjahre)

AU-Fälle pro 1.000 erwerbst. Versicherte Männer Frauen

Tab. 4.4 Anzahl der Fälle und Tage von Arbeitsunfähigkeit durch die Diagnose

„Akuter Myokardinfarkt“, stratifiziert nach Geschlecht und Alter (10-Jahres-Gruppen), Deutschland 2008

15–24 2.155.260 88 0,0 773 8,8

25–34 3.149.471 399 0,1 10.679 26,8

35–44 3.575.320 2.728 0,8 120.193 44,1

45–54 3.214.339 7.896 2,5 409.811 51,9

55–64 1.635.679 6.512 4,0 367.128 56,4

Frauen

15–24 1.777.943 41 0,0 434 10,6

25–34 2.695.645 124 0,0 3.106 25,0

35–44 3.195.389 442 0,1 16.406 37,1

45–54 3.237.518 1.618 0,5 78.314 48,4

55–64 1.539.247 1.476 1,0 76.300 51,7

4.1.2.2 Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeit in den Berufsgruppen nach BLOSSFELD Bei der Auswertung der Berufsgruppen nach BLOSSFELD weisen bei den Männern die Gruppen der gering qualifizierten Dienstleistungsberufe (SMR 1,36; KI: 1,29–1,44), der gering qualifizierten manuellen Berufe (SMR 1,29; KI: 1,22–1,36) und der qualifi-zierten manuellen Berufe (SMR 1,10; KI: 1,03–1,16) mehr AU-Fälle als die Ver-gleichsgruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe auf. Für die gering qualifizierten Verwaltungsberufe (SMR 1,16; KI: 0,98–1,36) und die qualifizier-ten Dienstleistungsberufe (SMR 1,12; KI: 0,90–1,38) besteht eine Tendenz zu mehr AU-Fällen (Tab. 4.5, Abb. 4.5).

Eine Tendenz zu weniger AU-Fällen besteht bei den Männern in den Berufsgruppen der Ingenieure (SMR 0,78; KI: 0,58–1,03) und Professionen (SMR 0,64; KI: 0,36–1,04).

Die Berufsgruppen der Techniker, der Semiprofessionen, der Manager und der Agr-arberufe weisen ein ähnliches Risiko wie die Vergleichsgruppe auf.

Bei den Frauen zeigen die Gruppen der gering qualifizierten manuellen Berufe (SMR 1,54; KI: 1,29–1,82), der gering qualifizierten Dienstleistungsberufe (SMR 1,48;

KI: 1,29–1,68), der qualifizierten manuellen Berufe (SMR 1,44; KI: 1,10–1,84), gering qualifizierten Verwaltungsberufe (SMR 1,22; KI: 1,03–1,44) und der Semiprofessionen (SMR 1,22; KI: 1,02–1,44) mehr AU-Fälle als die Vergleichsgruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe. Für die qualifizierten Dienstleistungsberufe (SMR 1,18; KI: 0,92–1,47) besteht eine Tendenz zu vermehrten AU-Fällen (Tab. 4.6, Abb. 4.6).

4.1.2.3 Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeit in Einzelberufen

Die Untersuchung von Einzelberufen kann dieses Ergebnis für beide Geschlechter bestätigen. Im Folgenden wird dies anhand von maximal je drei Berufen der jeweili-gen Berufsgruppe mit dem höchsten bzw. niedrigsten SMR von AU-Fällen darge-stellt.

Bei den Männern liegen für 237 Berufe Angaben zu mindestens 5 AU-Fällen auf-grund von AMI vor, zu denen in 114 Berufen präzise SMR berechnet werden können.

Für 8 Berufe werden für die Einzelberufe signifikant höhere SMR und für keinen

Be-ruf signifikant niedrigere SMR im Vergleich zur Referenzgruppe Bürofachkräfte ge-funden:

 Entsprechend den o. g. Berufsgruppen nach BLOSSFELD werden für die gering qualifizierten Dienstleistungsberufe mehr AU-Fälle als in der Vergleichsgruppe für Wächter und Aufseher (SMR 1,49), Straßenreiniger und Abfallbeseitiger (SMR 1,46) sowie Kraftfahrzeugführer (SMR 1,40) berichtet.

 Ebenso gilt dies für gering qualifizierte manuelle Berufe: Metallarbeiter (SMR 1,52), Warenmaler und -lackierer (SMR 1,51) und Kunststoffverarbeiter (SMR 1,44).

Für keinen Einzelberuf einer anderen Berufsgruppe nach BLOSSFELD bestehen signifikant erhöhte bzw. erniedrigte SMR.

Bei den Frauen liegen für 80 Berufe Angaben zu mindestens 5 AU-Fällen aufgrund von AMI vor, zu denen für 27 Berufe präzise SMR berechnet werden können. Für 7 Berufe werden signifikant höhere SMR und für keinen Beruf signifikant niedrigere SMR im Vergleich zur Referenzgruppe Bürofachkräfte gefunden:

 Entsprechend den o. g. Berufsgruppen nach BLOSSFELD werden für die Gruppe der gering qualifizierten Dienstleistungsberufe mehr AU-Fälle als für die Vergleichsgruppe berichtet: Kraftfahrzeugführer (SMR 2,41), Wächter/

Aufseher (SMR 2,34) sowie hauswirtschaftliche Betreuer (SMR 1,55).

 Für die Gruppe der gering qualifizierten manuellen Berufe kann dies nur für Warenaufmacher/Versandfertigmacher (SMR 1,65)

 und in der Gruppe der Semiprofessionen für Sozialarbeiter/Sozialpfleger (SMR 1,48) gefunden werden.

 Entsprechend der Tendenz der Gruppe der qualifizierten Dienstleistungs-berufe gilt dies auch für Helfer in der Krankenpflege (SMR 1,56).

Im Anhang 2 sind für die Diagnose I21 – Akuter Myokardinfarkt – die SMR mit den 99,9 % KI in Einzelberufen aufgeführt.

Tab. 4.5 Morbiditätsratio (SMR und 99,9 % KI) für das Auftreten von AU-Fällen aufgrund der Diagnose „Akuter Myokardinfarkt“, Berufsgruppen nach BLOSSFELD (1985), Deutschland 2008, Männer

Berufsgruppe nach BLOSSFELD* Anzahl Versicherte Anzahl AU-Fälle SMR 99,9 %KI

Agrarberufe 309.992 383 0,96 0,79–1,16

gering qualifizierte manuelle Berufe 2.951.974 4.703 1,29 1,22–1,36 qualifizierte manuelle Berufe 3.538.961 3.989 1,10 1,03–1,16

Techniker 667.643 690 1,04 0,90–1,20

Ingenieure 331.183 184 0,78 0,58–1,03

gering qualifizierte Dienste 2.333.932 4.757 1,36 1,29–1,44 qualifizierte Dienste 318.130 323 1,12 0,90–1,38

Semiprofessionen 404.730 392 0,98 0,80–1,18

Professionen 133.762 53 0,64 0,36–1,04

gering qualifizierte Verwaltungsberufe 542.659 538 1,16 0,98–1,36

Manager 221.965 219 0,97 0,74–1,24

qualifizierte Verwaltungsberufe 1.636.397 1.234 1 (Referenz)

* Bezeichnung nach BLOSSFELD gering modifiziert

Abb. 4.5 Morbiditätsratio (SMR und 99,9 % KI) für das Auftreten von AU-Fällen aufgrund der Diagnose „Akuter Myokardinfarkt“, Berufsgruppen nach BLOSSFELD (1985), Deutschland 2008, Männer

Abb. 4.6 Morbiditätsratio (SMR und 99,9 % KI) für das Auftreten von AU-Fällen aufgrund der Diagnose „Akuter Myokardinfarkt“, Berufsgruppen nach BLOSSFELD (1985), Deutschland 2008, Frauen

0 0,5 1 1,5 2

gering qualifizierte Dienste gering qualifizierte manuelle Berufe gering qualifizierte Verwaltungsberufe qualifizierte Dienste qualifizierte manuelle Berufe Techniker qualifizierte Verwaltungsberufe Semiprofessionen Manager Agrarberufe Ingenieure Professionen

SMR und Konfidenzintervall für AU-Fälle

Berufszuordnung nach BLOSSFELD

(Referenz)

0 0,5 1 1,5 2

gering qualifizierte manuelle Berufe gering qualifizierte Dienste qualifizierte manuelle Berufe gering qualifizierte Verwaltungsberufe Semiprofessionen qualifizierte Dienste qualifzierte Verwaltungsberufe Agrarberufe Manager Techniker Professionen Ingenieure

SMR und Konfidenzintervall für AU-Fälle

Berufszuordnung nach Blossfeld

(Referenz)

Tab. 4.6 Morbiditätsratio (SMR und 99,9 % KI) für das Auftreten von AU-Fällen aufgrund der Diagnose „Akuter Myokardinfarkt“, Berufsgruppen nach BLOSSFELD (1985), Deutschland 2008, Frauen

Berufsgruppe nach BLOSSFELD* Anzahl Versicherte Anzahl AU-Fälle SMR 99,9 % KI

Agrarberufe 130.252 28 0,87 0,38–1,69

gering qualifizierte manuelle Berufe 842.681 499 1,54 1,29–1,82 qualifizierte manuelle Berufe 482.641 227 1,44 1,10–1,84

Techniker 358.308 47 0,81 0,43–1,35

Ingenieure 107.420 8 0,70 0,11–2,22

gering qualifizierte Dienste 1.448.910 844 1,48 1,29–1,68 qualifizierte Dienste 1.282.075 269 1,18 0,92–1,47

Semiprofessionen 1.851.860 500 1,22 1,02–1,44

Professionen 223.620 22 0,71 0,27–1,49

gering qualifizierte Verwaltungsberufe 1.719.310 515 1,22 1,03–1,44

Manager 245.286 33 0,81 0,38–1,49

qualifizierte Verwaltungsberufe 3.509.418 693 1 (Referenz)

* Bezeichnung nach BLOSSFELD gering modifiziert