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P OHOO

5 Ergebnisse und Diskussion

5.3 Durch Cisplatinliposomen aktivierte intrazelluläre Signalwege

5.3.2 Differenzierung des intrinsischen und extrinsischen Signalweges

5.3.2.2 Aktivität der Caspasen

unbehandelten A2780-Zellen und innerhalb der resistenten A2780cis-Zellen sogar ca. 40 % über dem Niveau von unbehandelten Zellen.

Bei der Expressionsanalyse der Caspasen des intrinsischen und extrinsischen Apoptoseweges wird ergänzend zu den Erkenntnissen des Protein-arrays (Abschnitt 5.3.1) deutlich, dass nach einer Behandlung mit liposomalem Cisplatin auch auf der Effektorebene der Apoptose Proteine des extrinsischen Signalwegs deutlich stärker repräsentiert sind als nach einer Behandlung mit freiem Wirkstoff. Obwohl die Caspase-8 in der resistenten Zelllinie generell weniger exprimiert wird, ist die Induktion der Expression von Caspase-8 durch die Cisplatinliposomen in den resistenten Zellen sogar so ausgeprägt, dass genauso viel Caspase-8 wie in liposomal behandelten A2780-Zellen vorliegt.

Im Gegensatz dazu ist der intrinsische Signalweg bei freiem Wirkstoff auf Ebene der Proteinlevel stark hochreguliert, während liposomal mit Cisplatin behandelte Zellen sich nur geringfügig von unbehandelten Zellen unterscheiden.

Diese Beobachtungen legen deutlich den Unterschied in der zellulären Reaktion auf eine Cisplatinbehandlung offen, die entweder mit freiem Arzneistoff oder Cisplatinliposomen durchgeführt wird. Von den Initiatormolekülen bis hin zu den Caspasen des intrinsischen und extrinsischen Signalweges zeichnet sich für die Liposomen eine stärkere Aktivierung des extrinsischen Apoptoseweges ab. Der freie Wirkstoff verursacht hingegen in Übereinstimmung mit der Literatur eine Aktivierung von Stresssignalen und intrinsischer Apoptose, die beide bei der Resistenzsignatur der A2788cis Zellen als Gegenregulationsmechanismen auf mRNA-Ebene im Vordergrund stehen (Abschnitt 5.2.1).

Diese Verschiebung der Apoptosemechanismen durch Cisplatinliposomen hin zu Signalwegen, die bei der Chemoresistenz eine weniger dominante Rolle spielen, unterstreicht das Potential der liposomalen Formulierung, welches auch auf Proteinebene deutlich über eine reine Transporterfunktion hinausgeht.

Daher wurde die Zytotoxizität der Cisplatinformulierungen unter Einfluss verschiedener Caspaseinhibitoren untersucht. Die peptidischen Inhibitoren aus jeweils vier Aminosäuren sind vom Hersteller so modifiziert worden, dass sie durch ihre N-terminale Z-Schutzgruppe (Benzyloxycarbonyl-), C-terminale FMK-Modifizierung (Fluoromethylketon-) und methylierten sauren Aminosäurereste membrangängig sind und Caspase-8, -9 oder -3 spezifisch hemmen. Die jeweilige Hemmbarkeit ist dabei im Umkehrschluss ein Maß für die Aktivität des Signalweges, der letztlich die Zytotoxizität verursacht.

Caspase-3 Inhibitor Caspase-8 Inhibitor Caspase-9 Inhibitor 200

250 300 350

cDDP

liposomales cDDP

** ***

EC50 (% der Kontrolle)

Abb. 5.26: EC50 von freiem Cisplatin und Cisplatinliposomen in resistenten Ovarialkarzinomzellen (A2780cis) unter

Einfluss eines Caspase-3-,-8- oder -9-Inhibitors (50 µmol/L) im Vergleich zu

Zellen, die ohne Inhibitor mit freiem Wirkstoff bzw. Cisplatinliposomen

behandelt wurden (Kontrolle).

Durch den Caspase-3-Inhibitor lassen sich die bei der Caspase-3 zusammenlaufenden Signalwege der intrinsischen und extrinsischen Apoptose mit beiden Cisplatinformulierungen in ca. gleichem Maße inhibieren (Abb. 5.26). Dabei liegen die EC50 mehr als doppelt so hoch wie bei nicht mit Inhibitor inkubierten Zellen (= 100 %). Insgesamt lässt sich die Apoptose mit dem Caspase-3-Inhibitor jedoch nicht so stark hemmen wie mit den anderen beiden Caspaseinhibitoren (ca. 250–320 %). Da sie in gleicher Konzentration eingesetzt wurden, ist dies eine Bestätigung dafür, dass sowohl intrinsischer als auch extrinsischer Signalweg bei der Caspase-3 zusammenlaufen und sich das apoptotische Signal addiert. Demzufolge müssten für ein vergleichbares Ausmaß der Apoptosehemmung nur über Caspase-3 höhere Konzentrationen des Inhibitors eingesetzt werden. Eine vergleichbar geringe Wirkung hat lediglich der Caspase-9-Inhibitor in liposomal behandelten Zellen.

Eine Hemmung der extrinsischen Apoptose über Caspase-8 hat einen stärkeren Effekt bei den mit Cisplatinliposomen behandelten Zellen (cDDP: ~ 250 %; liposomales cDDP ~320 %), während die intrinsische Apoptose über Caspase-9 stärker bei A2780cis-Zellen beeinflusst

wird, die mit freiem Wirkstoff behandelt wurden (cDDP: ~ 300 %; liposomales cDDP: ~ 210 %). Dies bestätigt somit auch auf funktioneller Ebene die gefundenen Expressionsunterschiede im extrinsischen bzw. intrinsischen Apoptoseweg nach der Behandlung mit freiem Wirkstoff gegenüber einer Behandlung mit liposomalem Cisplatin.

Nach einer Behandlung mit Cisplatinliposomen sind die an der extrinsischen Apoptose beteiligten Proteine also nicht allein in größerer Menge vorhanden, die Überexpression äußert sich zudem zusätzlich in einer erhöhten Aktivität des Signalweges. Genau gegenläufig verhält es sich beim intrinsischen Apoptoseweg. Dieser ist nach einer Behandlung mit freiem Wirkstoff deutlich stärker exprimiert und aktiv.

Unter Berücksichtigung, dass die durch freies Cisplatin ausgelöste Zytotoxizität vorwiegend über den intrinsischen Apoptoseweg und assoziierte Kaskaden wie die des oxidativen Stresses vermittelt wird, für die gleichzeitig aber auch die meisten Resistenzmechanismen bekannt sind, erscheint die durch Cisplatinliposomen ausgelöste zytotoxische zelluläre Antwort im Hinblick auf eine gewünschte Resistenzüberwindung als äußerst vorteilhaft.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die verwendeten Cisplatinliposomen in der Lage sind, die Chemoresistenz der A2780cis-Ovarialkarzinomzellen zu überwinden. Dies geschieht jedoch nicht durch den mit Liposomen als reine Arzneistoffträger vorgesehenen Ansatz, bei dem lediglich eine höhere intrazelluläre Arzneistoffkonzentration oder eine höhere Platinierungsrate angestrebt wird. Die gene array-Analysen stellen dabei die intrazellulären Signalwege der p53-abhängigen Apoptose als Hauptunterschied in der Reaktion auf die Behandlung mit freiem oder liposomalem Cisplatin heraus. Dabei werden die größten Unterschiede in der Expression der signalgebenden Proteine des intrinsischen und extrinsischen Apoptosesignalweges offensichtlich. Dies konnte außerdem auch für die Expression der extrinsischen Caspase-8 und intrinsischen Caspase-9 auf der Effektorebene der Apoptose durch western blotting gezeigt werden. Durch weitergehende Inhibitorstudien kann festgestellt werden, dass sich eine Behandlung mit Cisplatinliposomen im Vergleich zu einer Behandlung mit freiem Wirkstoff in einer erhöhten Aktivität des extrinsischen und einem Rückgang der Aktivität des intrinsischen Apoptoseweges als Folge aus dem veränderten Expressionsmuster auswirkt. Die Überwindung der Chemoresistenz durch liposomales Cisplatin resultiert somit aus einer Verschiebung des apoptotischen Geschehens hin zu Mechanismen, gegen die in den resistenten Ovarialkarzinomzellen geringere Gegenregulationsmechanismen existieren.

Da es bereits in der klinischen Prüfung etablierte liposomale Cisplatinpräparate gibt, stellt sich die Frage, ob der oben beschriebene Wirkmechanismus auch einen Beitrag zu deren Wirksamkeit leistet.