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1 Einleitung

1.3 Adenosinrezeptoren im Immunsystem

Extrazelluläres Adenosin akkumuliert in entzündeten oder beschädigten Geweben, wobei diese Akkumulation durch eine Unterbrechung der lokalen Mikrozirkulation und die dadurch bedingte Hypoxie ausgelöst wird. Es werden dabei Konzentrationen von bis zu 10 µM erreicht - dem Hundertfachen des Basalwertes.31,85 Diese erhöhten Adenosin-konzentrationen kommen einerseits durch eine Verringerung der intrazellulären ATP-Konzentration während einer Hypoxie und dadurch erhöhte AMP- und Adenosinkon-zentrationen zustande,86 andererseits wird unter hypoxischen Zuständen die Adenosin-kinase gehemmt,87 spezifische Transporter sorgen dann für einen Transport von Adenosin in den Extrazellulärraum.88 Colgan et al. konnten zeigen, dass unter hypoxi-schen Bedingungen die membrangebundenen Enzyme Ecto-ATP-Apyrase (CD39) und Ecto-5´-Nukleotidase (CD73) verstärkt exprimiert werden89 und so ihren Teil zu einer Erhöhung der extrazellulären Adenosinkonzentration beitragen.

Diese erhöhten Adenosinkonzentrationen zeigen in der Folge antiinflammatorische und Gewebe-protektive Effekte, welche einerseits über die Aktivierung der Cyclooxygena-se 2 (COX-2)90,91 zustande kommen, andererseits werden Adenosinrezeptoren aktiviert, wobei hier vor allem A2A-Adenosinrezeptoren eine wichtige Rolle zu spielen scheinen - ihre Expression wurde auf nahezu allen Zellen des Immunsystems wie zum Beispiel Lymphozyten, Monozyten, dendritischen Zellen und Makrophagen nachgewiesen.78,92 Ohta und Sitkovsky sprachen ihnen dabei eine Rolle als Sensoren zu, deren Aufgabe es ist, eine Überreaktion der Immunantwort und damit eine Beschädigung von körpereige-nem, gesundem Gewebe zu verhindern.93 Sie beziehen sich dabei auf das von ihnen postulierte „2-Signal-Modell“ (siehe auch Abb. 1-10). Pathogene, Virus-infizierte, mutierte oder sonstwie beschädigte Zellen initiieren eine Immunantwort, indem sie Immunzellen aktivieren und diese daraufhin proinflammatorische Moleküle wie Zytoki-ne sezernieren, dem ersten Gefahrensignal (a), was alles in allem zu eiZytoki-ner Entzündung führt. Das Ausmaß dieser Immunantwort ist abhängig von der Art und Intensität des Gefahrensignals. Die aktivierten Immunzellen bekämpfen nun die Gefahrenquelle, können aber bei starker Aktivierung auch nicht-infizierte, gesunde Zellen angreifen (b).

Werden dabei Zellen des Blutkreislaufes beschädigt, führt dies zu einer Verminderung oder gar Unterbrechung der Mikrozirkulation und damit zu einer Hypoxie (c, siehe

oben). Diese Hypoxie wiederum führt zu einer vermehrten Ausschüttung von Adenosin (d, siehe oben), welches Gs-gekoppelte A2-Adenosinrezeptoren vor allem vom A2A -Subtyp auf den aktivierten Immunzellen stimuliert (e), dem zweiten Gefahrensignal.

Dabei wird vermehrt intrazelluläres cAMP ausgeschüttet (f), was stark immunsuppressi-ve Eigenschaften besitzt und im weiteren Verlauf weitere proinflammatorische Funktio-nen und AktioFunktio-nen der Zelle inhibiert (g und h).93,94 In Analogie dazu wirkt die A1- und A3-Adenosinrezeptor-vermittelte Absenkung intrazellulärer cAMP-Konzentrationen proinflammatorisch.95

Abb. 1-10: Rolle der A2-Adenosinrezeptoren im negativen Feedback-Mechanismus zur Herunterregulie-rung von aktivierten Immunzellen während einer Entzündung93,96

Dieser negative Feedback-Mechanismus lässt Immunzellen genügend Zeit, Pathogene zu bekämpfen - schützt aber das gesunde Gewebe gleichzeitig vor einer überschießen-den Immunreaktion, indem die Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine und zyto-toxischer Moleküle effektiv gehemmt wird.96

Diese These wird durch ein A2A-Rezeptor-KO-Maus-Modell unterstützt, in dem gezeigt werden konnte, dass A2AAR-KO-Mäuse schwere Gewebeschäden, höhere

Konzentra-tionen an proinflammatorischen Zytokinen und eine höhere Letalität nach Gabe von inflammatorischen Stimuli zeigten, welche wiederum in Wildtyp-Mäusen nur sehr geringe Schäden verursachten.97 Obwohl A2A-Adenosinrezeptoren primär für die anti-inflammatorischen Effekte verantwortlich zu sein scheinen, gibt es auch Anhaltspunkte für eine Beteiligung der anderen Adenosinrezeptorsubtypen im Immunsystem – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. So wurde auch deren Expression auf mehreren Zellen des Immunsystems unterschiedlicher Spezies nachgewiesen, wie zum Beispiel auf Monozyten, Makrophagen, dendritischen Zellen, Mastzellen sowie B- und T-Lymphozyten.95 Hierbei zeigt sich aber ein sehr viel komplexeres Bild. Adenosin kann sowohl pro- als auch antiinflammatorische Effekte vermitteln, was von mehreren Faktoren wie dem involvierten Zelltyp, den äußeren Bedingungen und der Adenosin-konzentration abhängig zu sein scheint.31,98

So hat eine Aktivierung des A3AR auf humanen Monozyten eine verminderte Ausschüt-tung proinflammatorischer Zytokine wie TNF- ,99,100 IL-6, IL-8 und IL-12100,101 zur Folge und es wird vermehrt das antiinflammatorisch wirksame IL-10102 gebildet.103 Eine Aktivierung der Monozyten über proinflammatorische Zytokine zieht außerdem eine verstärkte Expression von A2A-104 und A2B-Adenosinrezeptoren105 nach sich. Auch in murinen und humanen Makrophagen wurde eine verstärkte Expression des A2A -Adenosinrezeptors nach Stimulation des TLR-4 beschrieben,106 genauso wie in humanen dendritischen Zellen nach TLR-Stimulation,107 dort wird dabei außerdem gleichzeitig die Expressionen von A1- und A3-Adenosinrezeptoren heruntergefahren.107 Adenosin stimuliert dabei unreife humane dendritische Zellen zu einer verstärkten Expression kostimulatorischer Moleküle wie MHC-I und -II. In reifen dendritischen Zellen verrin-gert Adenosin die Ausschüttung von IL-12, TNF- und des Chemokins CXCL-10 und stimuliert die Ausschüttung des antiinflammatorisch wirksamen IL-10.108 Zusätzlich wird die Fähigkeit reifer humaner DC verhindert, eine Th1-Differenzierung in CD4+ T-Zellen zu induzieren.108 Humane Granulozyten exprimieren die Adenosinrezeptor-subtypen A1, A2A und A2B109

und können dabei über den A1AR proinflammatorisch110 und über den A2AAR antiinflammatorisch aktiviert werden, wobei die antiinflammatori-schen Wirkungen überwiegen111 und Adenosin zum Beispiel Granulozyten-vermittelte Endothelschädigungen vermindern kann,112 indem es die Expression von ß-Integrinen und damit die Adhäsion an das Endothel verringert110,113 sowie die Ausschüttung von Sauerstoffradikalen114,115 und TNF- 99,116 bzw. die Degranulierung von Granulozyten

inhibiert.117 Ein genau entgegengesetztes Bild zeigt sich in Mastzellen der Ratte: durch eine Aktivierung von A2A- und A3-Adenosinrezeptoren degranulieren Mastzellen und es werden vermehrt Histamin, Serotonin, Chemokine und Proteasen ausgeschüttet,118,119 die so vermittelte Entzündung scheint sich vor allem in den Atemwegen und der Lunge zu manifestieren.120 Auch eine Beteiligung von humanen Mastzell-A2B -Adenosin-rezeptoren an entzündlichen Atemwegserkrankungen über die verstärkte Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine wie IL-4, IL-6, IL-8 und IL-13 wurde postuliert.121 Mastzellen sind somit eine der wenigen Zelltypen des Immunsystems, die durch Adeno-sin nicht inhibiert sondern aktiviert werden.

Auch in den Zellen des adaptiven Immunsystems – den Lymphozyten – spielen Adeno-sinrezeptoren eine Rolle. Eine Stimulierung der AdenoAdeno-sinrezeptoren auf humanen B-Lymphozyten hat eine Erhöhung der cAMP-Konzentration zur Folge,122 welche wiederum verschiedene Effekte auf die B-Zellaktivierung hat, wie zum Beispiel den Eintritt in die G1-Phase des Zellzyklus oder eine Regulierung des Ca2+-Einstromes.123 Welche Rolle Adenosinrezeptoren allerdings auf die Regulation, Zellentwicklung, Anti-körperproduktion und Zytokinausschüttung von B-Lymphozyten spielen, konnte bis dato noch nicht geklärt werden.124

Auf T-Lymphozyten scheint Adenosin einen inhibitorischen Effekt auszuüben, sowohl auf CD4+- als auch auf CD8+-Subpopulationen. Es wird über eine Hemmung der Aus-schüttung von IL-2125 und IFN- 126 in murinen Zellsystemen berichtet, genauso wie über eine Hemmung der Proliferation von Ratten-T-Zellen,127 Zytotoxizität128 und der Ex-pression von Aktivierungsmarkern (murine Zellen).126 Dabei scheint der A2A -Adenosinrezeptor hauptverantwortlich für diese Effekte zu sein, er wird auf T-Lymphozyten am stärksten exprimiert125,127,129,130

und bei einer Aktivierung der T-Zellen noch weiter hochreguliert.126,131 Dementsprechend führt eine Aktivierung der Adenosinrezeptoren zu einem Anstieg der cAMP-Konzentration und der dadurch ver-mittelten T-Zell-inhibitorischen Effekte. Es konnte aber auch gezeigt werden, dass eine mehrfache Aktivierung der Adenosinrezeptoren auf T-Zellen zu einem verminderten Signal führt, die Zellen sich sozusagen eine Rezeptoraktivierung merken können und das Ausmaß der Antwort bei jeder weiteren Aktivierung immer geringer wird.125 Auf Grundlage dieses Mechanismus konnte eine Methode von Tumorzellen geklärt werden, sich vor Angriffen von zytotoxischen T-Zellen zu schützen: da in der Umgebung der

meisten Tumore eine lokale Hypoxie und somit erhöhte Adenosinkonzentrationen herr-schen, führt dies immer wieder zur Stimulation der Adenosinrezeptoren auf den angrei-fenden T-Zellen, welche nach kurzer Zeit durch den „Dauerbeschuss“ mit Adenosin und der daraus resultierenden Toleranz unschädlich gemacht werden und so eine Koexistenz von Tumorzellen und zytotoxischen T-Lymphozyten möglich wird, dem sogenannten Hellstrom-Paradoxon.132

Auf Grundlage dieser Wirkungen von Adenosin auf die myeloiden und lymphoiden Zellen und der damit verbundenen Beteiligung an der Regulation des Immunsystems konnte gezeigt werden, dass Adenosin auch an der Pathophysiologie mehrerer entzünd-licher Erkrankungen mitwirkt. So spielt Adenosin bei asthmatischen Erkrankungen und chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD) eine wichtige Rolle31,78,84,95,133

und ist dabei mitverantwortlich für auftretende Bronchospasmen, vermittelt vor allem über A2B -Adenosinrezeptoren auf Mastzellen. Im Widerspruch hierzu steht ein A2B -Rezeptor-KO-Maus-Modell in dem gezeigt wurde, dass ein A2B-Rezeptor-KO eine vermehrte Aus-schüttung proinflammatorischer Zytokine und eine vermehrte Expression von Adhä-sionsmolekülen auf Gefäßendothelzellen zur Folge hat. Auf Grundlage dieses Maus-Modells wurde postuliert, dass der A2B-Adenosinrezeptor antiinflammatorisches Poten-tial besitzt.134 Ansatzpunkte zur Erklärung dieser Datenlage lieferten Blackburn und Mohsenin mit ihrer These, dass A2B-Adenosinrezeptoren nur durch pathologische Ade-nosinkonzentrationen aktiviert werden und damit mitverantwortlich für die Regulierung von schädlichen und schützenden Effekten von Adenosin auf das Gewebe sind – abhän-gig von der lokal herrschenden Adenosinkonzentration.135 Ryzhov et al. konnten eben-falls in einem A2B-Rezeptor-KO-Mausmodell Daten reproduzieren die zeigen, dass diese Mäuse erhöhte TNF- -Plasmaspiegel aufweisen.136 Sie konnten jedoch die Interpretati-on vInterpretati-on Yang et al.134 nicht bestätigen, dass es sich dabei um eine Aktivierung von A2B -Adenosinrezeptoren über endogenes Adenosin handelt, was wiederum für eine Inhibiti-on der TNF- -Ausschüttung in Wildtyp-Mäusen verantwortlich wäre. Sie beobachteten diese Effekte in Anwesenheit von ADA, was die Möglichkeit einer Rezeptoraktivierung über endogenes Adenosin praktisch ausschliesst, ausserdem konnte der A2B AR-KO-Phänotyp durch selektive Blockade der Rezeptoren über Antagonisten wie IPDX oder MRS-1754 in Wildtyp-Mäusen nicht beobachtet werden. Im Gegenteil, durch Gabe der selektiven Antagonisten wurde die Adenosin-vermittelte Ausschüttung des proinflam-matorischen Zytokins IL-6 deutlich inhibiert.136 Ein weiteres Argument, das gegen die

Interpretation von Yang et al. spricht, ist die Tatsache, dass A2AAR-KO-Mäuse – einem im Immunsystem eindeutig als antiinflammatorisch wirksam identifizierten Rezeptor-subtyp – das Phänomen erhöhter TNF- -Spiegel nicht zeigen, paradoxerweise werden bei diesen Mäusen sogar erniedrigte Spiegel beobachtet.137,138 In weiteren Studien konn-te gezeigt werden, dass der neue, selektive A2BAR-Antagonist CVT-6883 entzündliche Erkrankungen der Lunge deutlich mildert,139,140 bzw. dass eine A2BAR-Aktivierung bronchiale Entzündungen fördert.139,141 Weitere sowohl pro- als auch antiinflammatori-sche Eigenschaften wurden beschrieben,98,142-144 sodass die Rolle dieses Suptyps im Entzündungsgeschehen bis heute umstritten ist.

Endogenes Adenosin scheint auch eine wichtige Rolle bei Autoimmunerkrankungen und entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zu spielen und vermittelt hier im wesentlichen entzündungshemmende Effekte,145,146 vermittelt hauptsächlich über A2A- und A3-Adenosinrezeptoren.

Grob zusammengefasst kann man feststellen, dass Adenosin über den A1 -Adenosin-rezeptor im Immunsystem auf vielerlei Weise hauptsächlich proinflammatorisch wirkt,147 während der A2A-Adenosinrezeptor in vielschichtiger Weise antiinflammatori-sche Effekte zeigt148 und immunsuppressiv wirkt.149 Für den A2B-Adenosinrezeptor ist die Datenlage widersprüchlich, es lässt sich hier keine eindeutige Aussage treffen - der A3-Adenosinrezeptor wiederum wird als hauptsächlich antiinflammatorisch beschrie-ben.147 Diese Aussagen zeigen leider nur grobe Tendenzen auf und lassen sich in keinster Weise verallgemeinern, eine differenzierte Betrachtung und weitere Untersu-chungen scheinen unerlässlich zum besseren Verständnis der Rolle von Adenosinrezep-toren im Immunsystem, die bis heute immer noch nicht restlos geklärt werden konnte.

Ein weit verbreitetes Testsystem für T-Lymphozyten stellt die Zelllinie Jurkat T dar.

Dabei handelt es sich um eine humane, akute lymphozytische Leukämie (ALL)-Zelllinie, die erstmals 1980 als eine Interleukin-2 produzierende Leukämie-T-Zelllinie beschrieben wurde.150 Immunologisch charakterisiert sich diese Zelllinie in Überein-stimmung mit den allgemeinen Eigenschaften von T-Lymphozyten, sie ist CD2+, CD3+, CD4+, CD5+, CD6+, CD7+, CD8-, CD13-, CD19-, CD34+, TCR +, TCR -.