1 Abschlussorientierte Differenzierung
1.1 Abschlussorientierte Lehrplananforderungen
Grundlage für den Unterricht im Fach Physik sind der für alle Fächer gültige Grundsatzband der Gemeinschaftsschule sowie der Fachlehrplan Physik für die Sekundarschule. Für die Planung und Gestaltung abschlussorientierten Unterrichts ist das ebenfalls der Fachlehrplan Physik für das Gymnasium.
Der Grundsatzband für die Gemeinschaftsschule berücksichtigt im Kapitel 1, dass Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Zielstellungen beim Schulabschluss gemeinsam unterrichtet werden. Unterricht an der Gemeinschaftsschule zielt in gleicher Weise auf Berufs- und Studienori-entierung sowie auf Ausbildungs- und Allgemeine Hochschulreife. Um das im Fachunterricht so umzusetzen, muss man neben dem Fachlehrplan für die Sekundarschule auch den des Gymnasi-ums zur Hand nehmen. Die im Grundsatzband unter 3.1 beschriebenen Anforderungen an das Lernen sind schulformübergreifend gültig.
Das Gemeinsame der Fachlehrpläne Physik für die Sekundarschule und das Gymnasium erleich-tert es der unterrichtenden Lehrkraft, die Vorgaben zur Grundlage für die Planung und Gestaltung des Unterrichts zu machen.
Es handelt sich zunächst um kompetenzorientierte Fachlehrpläne, die in gleicher Weise strukturiert sind.
Die physikalische Allgemeinbildung als Teil der naturwissenschaftlichen Bildung wird in beiden Fachlehrplänen mit einem fast identischen Kompetenzmodell beschrieben.
Kommunizieren
Informationen sach- und fachbezo-gen austauschen
Reflektieren und Bewerten
naturwissenschaftliche Sachverhalte in Kontex-ten erkennen und bewerKontex-ten
Erkenntnisse gewinnen
mit naturwissenschaftlichen Methoden Erkenntnisse gewinnen
naturwissenschaftliche Hand-lungskompetenz
Fachwissen erwerben und anwenden
mit naturwissenschaftlichen Kenntnissen umgehen und diese selbstständig erweitern
Abb. 1: Kompetenzmodell der Fächer Astronomie, Biologie, Chemie und Physik für das Gymnasi-um
Dieses Kompetenzmodell unterscheidet sich von dem für die Sekundarschule durch die zwei farb-lich hervorgehobenen Ergänzungen. Darauf wird später genauer eingegangen. In beiden Fach-lehrplänen wird die Herausbildung vergleichbarer Kompetenzen beschrieben, wenn auch in unter-schiedlichen Ausprägungsgraden.
Die Strukturierung der auf die Inhalte bezogenen Kompetenzen orientiert an den gleichen Basis-konzepten „Materie“, „System“, „Wechselwirkungen“ und „Energie“.
Die Unterrichtsgegenstände haben (zumindest in den Schuljahrgängen 6 bis 9) eine große Über-einstimmung hinsichtlich der ausgewählten physikalischen Phänomene und Anwendungen physi-kalischer Erkenntnisse.
Als wesentliche Gemeinsamkeit bleibt festzuhalten, dass die Anforderungen an guten Physikunter-richt und somit erfolgreiche Kompetenzentwicklung in allen Schulformen sehr dicht beieinander liegen.
Die folgende Übersicht stellt die Kompetenzschwerpunkte (KSP) beider Schulformen gegen-über.
Sjg. KSP der Sekundarschule Zuordnung der KSP des Gymnasiums 6 Schatten und Bilder untersuchen Strahlenoptik Die
Natur-wissenschaft Physik Bewegungen von Körpern beschreiben Eigenschaften und
Bewe-gung von Körpern und Teil-chen
Wärmeübergänge ermitteln und beeinflussen Temperatur und Wärme Magnetismus
7/8 Kräfte und ihre Wirkungen beobachten und vorhersagen
Druck und Auftrieb Kräfte und ihre Wirkungen Energien und Arbeiten bilanzieren
Wärmewirkungen erklären und Wärmeaus-tauschprozesse bilanzieren
Wärme und Aggregatzustände
Verhalten von Gasen und technische Anwendungen Elektrische Ströme und ihre Wirkungen
beein-flussen
Elektrischer Strom und seine Wirkungen Stromkreise und Elektromagnetismus
9 Bewegungen von Körpern untersuchen, be-schreiben und vorhersagen
Beschleunigte Bewegungen und Energiebilanzen
Bereitstellung und Übertragung elektrischer Energie untersuchen und vergleichen
Elektromagnetische Induktion und Leitungsvorgän-ge
Wirkungen von Strahlen untersuchen und bewerten
Radioaktivität und Kernenergie
10 Eigenschaften der Schallausbreitung nutzen Mechanische Schwingungen und Wellen Optische Phänomene beschreiben und mit
verschiedenen Modellen erklären
Eigenschaften des Lichtes
Experimente planen, durchführen und aus-werten
Experimentalpraktikum
In welchem Umfang es zwischen vergleichbaren KSP Übereinstimmung gibt bzw. bei vergleichba-ren KSP die Kompetenzerwartungen und angestrebten Wissensbestände des Gymnasiums über die der Sekundarschule hinausgehen, ist im Detail herauszuarbeiten.
Zu beachten ist, dass Kompetenzen und Wissensbestände zum Magnetismus, wie sie der Fach-lehrplan des Gymnasiums (Schuljahrgänge 6 bis 8) ausweist, im FachFach-lehrplan der Sekundarschule nicht berücksichtigt sind.
Die folgenden Ausführungen benennen 5 Aspekte, die den Anspruch des Physikunterrichts am Gymnasium verdeutlichen.
Dieser wird schon durch die Ergänzungen im Kompetenzmodell deutlich. Die Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I sollen dazu befähigt werden,
(1) ihr Fachwissen zunehmend selbstständig, unter Nutzung von unterschiedlichen Quellen zu vertiefen und zu erweitern.
(2) ihre Arbeitsergebnisse, insbesondere auch ihr Vorgehen bei der theoretischen und expe-rimentellen Bearbeitung physikalischer Problemstellungen, kritisch zu reflektieren und Schlussfolgerungen für die weitere Arbeit abzuleiten.
Der genaue Vergleich der in den einzelnen Kompetenzschwerpunkten aufgeführten Teilkompeten-zen und grundlegenden Wissensbestände offenbart zum anderen weitere Unterschiede im An-spruch bzw. in der Ausrichtung der angestrebten Kompetenzen in den verschiedenen Bil-dungsgängen. Im Fachlehrplan des Gymnasiums wird eine größere Nähe zur Theorie, also zur Wissenschaft Physik, deutlich. Das kommt im Wesentlichen in folgenden Aspekten zum Ausdruck:
(3) ausgeprägter Gebrauch theoretischer Modelle und des Fachwortschatzes (4) Beschreibung physikalischer Zusammenhänge mit mathematischen Modellen (5) stärkere Hervorhebung der Natur der Naturwissenschaften
Exemplarisch sollen insbesondere die Aspekte (3), (4) und (5) für ausgewählte Kompetenzschwer-punkte verdeutlicht werden. Hier ist zu beachten, dass die Bezeichnung des jeweiligen Kompe-tenzschwerpunktes dem Fachlehrplan für die Sekundarschule entnommen wird.
Kompetenz-schwerpunkt
Aspekt Sekundarschule Gymnasium
Schatten und Bilder untersuchen (Sjg. 6)
(3) – diffuse Reflexion, Absorption, virtuelles Bild
– Messergebnisse nach Anleitung in Ta-bellen und Diagrammen darstellen und als Je-desto-Beziehung auswerten
Schatten und Bilder untersuchen (Sjg. 6)
(2) – die Bilder von Spiegeln, Sammellinsen
sowie Lochkameras vergleichen und ih-re Qualität bewerten
Wärmeübergänge ermitteln und beein-flussen (Sjg. 6)
(5) – Celsiusskala – Skalen nach Celsius, Kelvin, Fahrenheit
(3) – Zusammenhang zwischen der
Bewe-gung der Teilchen und der Temperatur eines Körpers erfassen
(3) – Längen- und Volumenänderung bei
Temperaturänderung mit dem Teil-chenmodell erklären
Kompetenz-schwerpunkt
Aspekt Sekundarschule Gymnasium
Wärmewirkungen erklären und Wär- meaustauschpro-zesse bilanzieren (Sjg.7/8)
(3) – das Vielteilchensystem auf Gase
über-tragen
Elektrische Ströme und ihre Wirkungen beeinflussen (Sjg. 7/8)
(3) – den elektrischen Widerstand eines
Bau-elementes mithilfe des Teilchenmodells beschreiben
(4) – Stromstärken und Spannungen in Stromkreisen be-rechnen
– Stromstärken, Spannungen, Widerstän-de und Leistungen berechnen
(1) – den Einsatz elektri-scher Geräte unter ökologischen Aspek-ten kritisch werAspek-ten
– den Energiebedarf im Haushalt nach Leistung und Zeitdauer ermitteln und da-raus das energiebewusste Handeln beim Einsatz von Elektroenergie an Bei-spielen begründen
– das Entstehen einer Induktionsspan-nung erläutern (Generatorprinzip, Trans-formatorprinzip)
– die Selbstinduktion als Rückwirkung des Magnetfeldes der felderzeugenden Spu-le beschreiben
Wirkungen von Strah-lung untersuchen und bewerten (Sjg. 9)
(4) – den radioaktiven Zerfall als stochasti-scher Prozess erläutern
– die Zerfallskurve diskutieren (1) – Recherchen zu
– die prinzipielle Wirkungsweise von tech-nischen Anwendungen radioaktiver Strahlung recherchieren und darstellen
(5) – Risiken und Sicher-heitsmaßnahmen bei der Nutzung von Strahlung ... bewer-ten
– die Ambivalenz der Anwendung von Radionukliden in der Medizin diskutieren
Optische Phänomene beschreiben und mit verschiedenen Model-len erklären (Sjg. 10)
(2) – Hypothesen zum Strahlenverlauf an
Linsen und zur Interferenz des Lichts am Doppelspalt aufstellen und geeigne-te Ungeeigne-tersuchungen und Experimengeeigne-te zur Überprüfung planen, durchführen und auswerten
(3) – das Fermat’sche Prinzip als
grundle-gendes Naturgesetz anschaulich be-schreiben
(4) – das Brechungsge-setz anwenden
– das Brechungsgesetz quantitativ herlei-ten und auf die Bildentstehung anwen-den
(2) – die Anwendbarkeit des Strahlen- bzw.
Wellenmodells des Lichts beurteilen