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Indikatoren für Akzeptanz

Die Akzeptanz des Nationalparks Schwarzwald in Baden-Württemberg und in den Anrainer-Orten ist für die drei Indikatoren unterschiedlich:

Sie ist relativ hoch, wenn es um Aufmerksamkeit geht. Der Nationalpark ist in Baden-Württemberg rund zwei Dritteln der Bevölkerung 14 Jahre und älter bekannt. In den Anrainer-Orten ist dieser Anteil erwartungsgemäß sehr viel höher. Der Anteil derjenigen, die am Nationalpark interessiert sind, liegt in Baden-Württemberg bei rund 60% und ist in den Anrainer-Orten mit fast 70% deutlich höher. An der Diskussion um den Nationalpark haben sich in Baden-Württemberg rund 10% intensiver und länger beteiligt. In den Anrainer-Orten ist dieser Anteil mit rund 30% sehr viel höher.

Unter dem Gesichtspunkt der Bewertung ist die Akzeptanz des Nationalparks relativ hoch und entspricht der allgemein hohen Wertschätzung von Nationalparks (vgl. BMUB 2014). Rund zwei Drittel der über 14-Jährigen in Baden-Württemberg finden es gut, dass ein Nationalpark eingerichtet wurde. Nur 7% finden das nicht gut. In den Anrainer-Orten deuten die Anteilswerte auf eine geringfügig geringere Akzeptanz. Die Arbeit des Nationalparkteams wird überwiegend positiv wahrgenommen. Vorteile für die Region werden häufiger genannt als Nachteile: Naturschutz, Fremdenverkehr, Freizeitmöglichkeiten und mehr Arbeitsplätze. Der am häufigsten genannte Nachteil ist die Befürchtung, dass der motorisierte Verkehr zunehmen wird. Immerhin rechnen aber auch rund 40% mit einer Beschränkung von persönlichen Freiheits- und Zugangsmöglichkeiten. Das wirkt sich insgesamt aber nicht so aus, dass von Seiten der Anrainer der Nationalpark grundlegend anders bewertet und wahrgenommen wird als im übrigen Baden-Württemberg. Der mit dem Nationalpark verbundene Anspruch „eine Spur wilder“ wird nur von wenigen als realisiert betrachtet. Besucher bewerten den Nationalpark überwiegend positiv. Am häufigsten wird das damit verbundene Naturerlebnis genannt (fast 60%). Auch Attraktivität und hoher Erlebniswert haben für viele Besucher einen hohen Stellenwert. Auf die Frage, was denn überhaupt nicht gefallen hat, antworten rund zwei Drittel der Besucher, dass es nichts gibt, was ihnen nicht gefallen hätte. 16% bemängeln, dass die auf Naturschutz angelegte Konzeption nicht konsequent genug realisiert ist. Nur 6% meinen, dass diese Konzeption zu konsequent verfolgt wird.

Das hohe Ansehen des Nationalparks findet auch seinen Ausdruck darin, dass die meisten der von uns befragten Personen keine Vorschläge zur Verbesserung der Situation des Nationalparks gemacht haben. Viele sagen sogar, dass „alles gut“ ist und zahlreiche Vorschläge bringen zum Ausdruck, dass die insgesamt gute Konzeption noch deutlicher verfolgt werden sollte. Allerdings wünschen auch nicht wenige eine stärkere Hinwendung zu Attraktionen, die den Erlebniswert steigern, aber nicht unbedingt mit den Ideen zu einem Nationalpark vereinbar sind.

Unter dem Gesichtspunkt der Nutzung ist die Akzeptanz des Nationalparks noch relativ gering. In Baden-Württemberg haben „nur“ 8% der über14Jährigen den Nationalpark bereits besucht. Für die Anrainer-Orte beträgt dieser Anteil 18%. Diese relativ geringen Besucherquoten hängen natürlich

14 damit zusammen, dass es den Nationalpark erst seit dem 1.1.2014 gibt. Die Antworten auf die Frage nach einem geplanten Besuch lassen erwarten, dass die Besucherzahlen deutlich zunehmen werden.

Prädiktoren für Akzeptanz

Für alle Akzeptanz-Indikatoren sind im Wesentlichen die folgenden Merkmale wichtige Prädiktoren:

Durchgängig erweist sich die Zufriedenheit mit der Bürgerbeteiligung als ein wichtiger Prädiktor: Je größer die Zufriedenheit ist, desto positiver wird der Nationalpark bewertet und desto größer ist auch die Neigung, den Nationalpark zu besuchen. Es ist ganz offensichtlich, dass die Erfolge einer Innovation, wie es die Einführung des Nationalparks Schwarzwald ist, in hohem Maße davon abhängt, wie gut die Beteiligungs- und Mitsprachemöglichkeiten sind. Bei diesem Ergebnis sollte jedoch berücksichtigt werden, dass wir nicht die tatsächliche Bürgerbeteiligung mit der Einstellung gegenüber dem Nationalpark in Verbindung bringen konnten, sondern nur die Einschätzung: ob jemand damit zufrieden oder nicht zufrieden war. Diese Einschätzung kann selber von der Bewertung des Nationalparks abhängen: Wer ihn positiv bewertet, wird möglicherweise auch eher zufrieden als unzufrieden sein. Wie auch immer: Bürgerbeteiligung – ob tatsächliche oder eingeschätzte – ist ein ganz wesentlicher Faktor für die Akzeptanz des Nationalparks (vgl. dazu u.a. Ott 2002). Dieses Ergebnis konnte sowohl für die repräsentative Stichprobe, wie auch für die Anrainer-Stichprobe beobachtet werden. In beiden Stichproben ist der Anteil derjenigen, die „sehr zufrieden“ oder „eher zufrieden“ sind ungefähr gleich hoch: 73% in der für Baden-Württemberg repräsentativen Stichprobe und 68% in der Stichprobe für die Anrainer-Gemeinden.

Besonders bedeutsam ist eine ökologisch-nachhaltige Grundorientierung. Diese Orientierung äußert sich in einem an der Idee der Nachhaltigkeit ausgerichteten Konsumverhalten, in der großen Bedeutung, die der Natur für eine hohe Lebensqualität zugesprochen wird und in einem hohem Maß an Vertrautheit mit Natur (vgl. dazu u.a. Liebecke et al. 2011, Ruschkowski 2010, Hunziker et al.

2012). Dieses Merkmal erweist sich für alle Akzeptanzkriterien als bedeutsam: für Bekanntheit und Interesse, für die Teilnahme am Diskussionsprozess, für die Bewertungen und auch für die tatsächliche und geplante Nutzung des Nationalparks. Diese Grundorientierung ist bei älteren Menschen stärker ausgeprägt als bei Jüngeren und offenbar spielen auch frühe Kindheitserfahrungen eine nicht unwichtige Rolle. Wenn Wald in der Kindheit eine große Bedeutung hatte, dann ist auch eher eine ökologisch-nachhaltige Grundorientierung zu erwarten. Ob das in einem kausalen Sinne interpretierbar ist, muss jedoch offen bleiben. Die Annahme ist ja durchaus plausibel, dass Menschen mit einer stark ausgeprägten ökologisch-nachhaltigen Grundorientierung rekonstruktiv dem Wald für ihre Kindheit eine besondere Bedeutung verleihen. Ein gewisser Zusammenhang ist auch zwischen der Schulbildung und einer ökologisch-nachhaltigen Orientierung beobachtbar. Aber ob jemand über eine solche Einstellung verfügt, ist nur sehr wenig von der Schulbildung abhängig. Deutlicher dagegen sind geschlechtsspezifische Unterschiede: Bei Frauen ist eine ökologisch-nachhaltige Grundorientierung im Durchschnitt stärker ausgeprägt als bei Männern.

Für alle Akzeptanz-Indikatoren erweist sich der Schulabschluss als wichtig und wenn wir generalisieren wollen: das „kulturelle Kapital“, das auch mit einem je spezifischen Habitus verbunden ist: Mit steigendem Schulabschluss nehmen Bekanntheit und Interesse zu, der Anteil positiver Bewertungen steigt und auch die Neigung zur Nutzung des Nationalparks nimmt zu. Hier ergeben sich Fragen, die im Rahmen einer umfassenderen Analyse von Freizeitverhalten und Präferenzen ausführlicher beantwortet werden können.

15 Von einiger Bedeutung für die Akzeptanz des Nationalparks ist auch die räumliche Nähe des Wohnorts zum Nationalpark. Zumindest gilt das für Bekanntheit und Interesse und auch für die tatsächliche und für die geplante Nutzung. Für die Bewertung des Nationalparks Schwarzwald hat die Entfernung dagegen keine Bedeutung. Die in der Forschung als sicher geltende Annahme eines

„Akzeptanzkraters“ bzw. „Akzeptanztrichters“ kann durch unsere Studie nicht bestätigt werden. Als

„Akzeptanzkrater“ gilt die Beobachtung, dass mit zunehmender Nähe zu einem Schutzgebiet auch die Zustimmung der Bevölkerung abnimmt (Rentsch 1988, Ruschkowski 2010, Ott 2002). Die von uns vorgeschlagene Differenzierung in drei Akzeptanzdimensionen macht deutlich, dass ein „Krater“ in diesem Sinne nicht beobachtbar ist. Für die Indikatoren Aufmerksamkeitsgrad und für die Nutzung wird die „Krater-Hypothese“ sogar widerlegt. Mit steigender Nähe zum Nationalpark steigen die Aufmerksamkeit, die Bekanntheit und das Interesse und auch die Nutzung, d.h. der Besuch des Nationalparks nimmt zu mit abnehmender Entfernung zum Nationalpark. Für den Indikator Bewertung des Nationalparks Schwarzwald lässt sich kein Zusammenhang zur Entfernung beobachten. Wie einleuchtend die „Krater-Hypothese“ auch sein mag, für den Nationalpark Schwarzwald kann sie nicht bestätigt werden.

Ein eher weniger wichtiger Faktor für Erklärungen ist schließlich das Alter. Allerdings ist die Bedeutung des Alters nicht einfach einzuschätzen. Mit steigendem Alter nehmen zwar die Bekanntheit und das Interesse am Nationalpark deutlich zu. Auf Bewertungen hat das Alter jedoch keinen direkten, sondern nur einen indirekten Einfluss über die mit dem Alter zunehmende Bedeutung einer ökologisch-nachhaltigen Grundorientierung. Es zeigt sich dann aber auch, dass die Neigung zum Besuch des Nationalparks nur wenig mit dem Alter korreliert. Das starke Interesse am Nationalpark in den höheren Altersgruppen ist sicher Ausdruck eines mit dem Begriff „aktives Altern“ beschreibbaren Kulturwandels. Aber dieses in höheren Altersgruppen vorhandene Interesse am Nationalpark setzt sich dann nicht sehr deutlich in ein entsprechendes Nutzerverhalten um.

Konzeptueller und methodischer Ansatz der Studie

Die Untersuchung zum Nationalpark Schwarzwald unterscheidet sich in mehreren Punkten von den Akzeptanzstudien zu anderen Nationalparken:

1. In der Studie geht es nicht nur um die Akzeptanz des Nationalparks bei einer lokal-einheimischen Bevölkerung. Es wird auch untersucht, welche Ablehnung oder Zustimmung der Nationalpark in der Bevölkerung von ganz Baden-Württemberg findet. Dazu werden zwei repräsentative Stichproben gezogen: eine für das Land Baden-Württemberg und eine zweite für die Anrainer-Landkreise. Ein Nationalpark ist eine Einrichtung, die allgemeine Ziele des Umwelt- und Naturschutzes verfolgt, für die ein Interesse in der gesamten Bevölkerung vorausgesetzt werden kann.

2. In der Studie kommen Methoden zur Anwendung, mit denen sich komplexe Zusammenhänge und Abhängigkeiten untersuchen lassen: multivariate Analysen in Form von Strukturmodellen, die es ermöglichen, die Bedeutung von Prädiktoren für Akzeptanz differenziert abzuschätzen.

3. Die hier vorgelegten Ergebnisse beruhen auf einer „Pilotstudie“. Es ist beabsichtigt, diese Forschung auf der Grundlage der gewonnenen Erfahrungen als ein kontinuierliches sozio-kulturelles Monitoring zum Nationalpark fortzusetzen.

4. Die von uns vorgeschlagene Differenzierung in verschiedene Akzeptanzaspekte hat sich bewährt. Sie ermöglicht neue Einsichten und sie macht deutlich, dass es sinnvoll ist, den

16 Akzeptanzbegriff nicht auf Einstellungen zu reduzieren. Diese spielen auch eine Rolle und finden in dem Indikator Bewertungen ihre Berücksichtigung. Wichtig sind aber auch die anderen Aspekte: Ob der Nationalpark überhaupt wahrgenommen wird und Teil der öffentlichen Aufmerksamkeit wurde und ob und in welchem Maße sich der Nationalpark als eine öffentliche Infrastruktur verstehen lässt, die auch für das Handeln der Menschen bedeutsam ist. Akzeptanz ergibt sich erst aus dieser komplexen Synthese von Aufmerksamkeit, Bewertung und Handeln, d.h. Nutzung.

5. Eine mit dieser Forschung verbundene Hoffnung besteht darin, dass sie auch dazu anregt, Instrumentarien zu entwickeln, mit denen sich komparative Informationen erheben lassen.

Neben der fehlenden Zeitperspektive in den bislang durchgeführten Akzeptanzforschungen ist das eines der wirklich gravierende Probleme: Es fehlen vergleichbare und belastbare Daten, mit denen sich Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der Akzeptanz verschiedener Nationalparke feststellen lassen, und mit denen sich auch untersuchen lässt, ob es Unterschiede in der Bedeutung von Prädiktoren für Ablehnung und Akzeptanz gibt.

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Akzeptanzmodell ... 3

Abb. 2: Bekanntheit und Interesse ... 4

Abb. 3: Teilnahme am Diskussionsprozess um den Nationalpark ... 5

Abb. 4: Wichtige Prädiktoren für Aufmerksamkeit in der repräsentativen Stichprobe ... 6

Abb. 5: Bewertung des Nationalparks auf einer Skala ... 7

Abb. 6: Wahrnehmung der Arbeit des Nationalparkteams... 7

Abb. 7: Vor- und Nachteile des Nationalparks aus der Sicht der Anrainer ... 8

Abb. 8: Einschätzung der "Wildnishaftigkeit" des Nationalparks ... 8

Abb. 9: Prädiktoren für die Bewertung des Nationalparks auf einer Skala von 1 (negativ) bis 10 (positiv) ... 10

Abb. 10: Besuch des Nationalparks... 11

Abb. 11: geplanter Besuch des Nationalparks ... 11

Abb. 12: Prädiktoren für den Besuch/geplanten Besuch des Nationalparks (repräsentative Stichprobe) ... 12

Literatur

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (2014): Naturbewusstsein 2013. Bevölkerungsumfrage zu Natur und biologischer Vielfalt. Unter Mitarbeit von SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH.

Hunziker, M.; Lindern, E. von; Bauer, N.; Frick, J. (2012): Das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zum Wald. Waldmonitoring soziokulturell: Weiterentwicklung und zweite Erhebung – WaMos 2. Birmensdorf: Eidg.

Forschungsanstalt für Wald, Schnee und.

Liebecke, R.; Wagner, K.; Suda, M. (2008): Die Akzeptanz des Nationalparks Bayerischer Wald bei der lokalen Bevölkerung (Kurzfassung). In: Berichte aus dem Nationalpark Bayerischer Wald (5).

Liebecke, R.; Wagner, K.; Suda, M. (2011): Die Akzeptanz des Nationalparks bei der lokalen Bevölkerung (Langfassung). Nationalpark Bayerischer Wald. Hg. v. Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald. Grafenau.

Online verfügbar unter

https://www.wup.wi.tum.de/fileadmin/w00beh/www/Files/Langfassung_Akzeptanzstudie_NP_Bay_Wald.pdf, zuletzt geprüft am 24.4.15.

Ott, K. (2002): Akzeptanzdefizite Naturschutz. In: Schriftenreihe des Deutschen Rates für Landespflege 74, S.

75–81.

Rentsch, G. (1988): Die Akzeptanz eines Schutzgebietes. Untersucht am Beispiel der Einstellung der lokalen Bevölkerung zum Nationalpark Bayerischer Wald. In: Münchener Geografische Hefte 57.

Ruschkowski, E. von (2010): Ursachen und Lösungsansätze für Akzeptanzprobleme von Großschutzgebieten.

am Beispiel von zwei Fallstudien im Nationalpark Harz und im Yosemite National Park. Stuttgart.