• Keine Ergebnisse gefunden

3 Tiere, Material und Methoden

3.3 Methoden

3.3.4 Ablauf der Verhaltensexperimente

Drei Tage vor Beginn der Verhaltensversuche wurden die Tiere gehändelt.

Dabei wurden sie für 15 min direkt mit dem Experimentator vertraut gemacht, d.h., dieser hielt sie einzeln auf dem Arm, der vom während des Experimentes getragenen Laborkittels bedeckt war. Die Ratten wurden ausschließlich mit einem Tuch vorsichtig gehandhabt. Die Vorteile des Handlings mit dem Tuch sind zahlreich. Zum einen stellt es nach sehr kurzer Zeit für die Tiere etwas Vertrautes, Ungefährliches und Sicheres dar. Weiterhin sind so auch unter-schiedliche Gerüche der Hand des Experimentators weniger relevant. Der wich-tigste und ursprüngliche Grund für das durchgehende Handling mit Tuch liegt in der damit wesentlich unproblematischeren Entfernung der Tiere aus dem Holeboard. Auf diese Weise wird ein Verheddern in den Mikrodialyseschläuchen verhindert. Das Tuch ist aber auch eine Art Versteck für die Ratten. Die Tiere sind wesentlich ruhiger und gelassener als ohne Tuch, da diese Art des Hand-lings nur wenig mit dem Angriff eines Feindes zu tun hat. Anfangs versuchten sich die Ratten beim Handling in der Armbeuge zu verstecken. Doch bereits nach wenigen Minuten erkundeten sie die nächste Umgebung im Rahmen des natürlichen Erkundungsverhaltens, des Wechsel zwischen Vorgehen und Zu-rückweichen. Dabei wurde das Tuch als sicheres Versteck betrachtet. Nach die-sen 15 min des Handlings wurde den Ratten für wenigstens weitere 15 min ge-stattet, sich mit dem Warteraum des Holeboards vertraut zu machen, sowie die gleichzeitige Anwesenheit des Experimentators in unmittelbarer Nähe zu tole-rieren. Die Ratten konnten sich in dem Warteraum frei bewegen. Je vertrauter die Tiere nach dem ersten Teil des Handlings waren, um so rascher erkundeten sie auch hier den Warteraum. Dieser Teil des Handlingtrainings endete, wenn die Tiere 2 Futterpellets, die in der entfernten Ecke des Warteraums platziert wurden, gefunden und gefressen hatten. Nur Ratten, die sich relativ sicher füh-len, fressen. Auf diese Weise wurde ein ungefähr gleicher Vertrautheitsstatus aller Ratten mit dem Experimentator und der Versuchsapparatur gewährleistet.

Außerdem haben so alle Tiere die Futterpellets als fress- und genießbar er-kannt.

Anschließend wurden die Tiere bis zum Beginn des Experimentes für etwa 72 Stunden Futter depriviert. Die Menge der zugeteilten Futterpellets wurde so

3.3 Methoden 46 bemessen, dass die Ratten nach diesen drei Tagen noch etwa 80 % ihres ad libitum Gewichtes erreichten. Der Zugang zu Wasser wurde nicht einge-schränkt. Die Tiere wurden mit Beginn des Handlings bis zum Ende des Experi-mentes in einer der bereits beschriebenen Recording-Boxen (Seite 44) gehal-ten.

Zum Experiment wurde der Blindstopfen der Führungskanüle durch eine Mikro-dialysesonde ersetzt. Die aktive Membran der Sonde hatte eine Länge von 1 mm. Die Sonde wurde an die Mikrodialysepumpe CMA100 angeschlossen.

Diese pumpte mit 1,8 µl/min eine Ringerlösung als Austauschflüssigkeit in das Gehirn. Die Dialysate wurden ununterbrochen während des gesamten Experi-mentes gesammelt. Die Ratten hielten sich im Warteraum des Holeboards auf.

Nach 1 h, die zur Stabilisierung der Basislinie der Dialysate (à 27 bis 28 µl in 15 min) diente, wurde den Tieren die Möglichkeit gegeben, das Holeboard erstmals für 10 min zu erkunden. Der Erkundungszeitraum wurde wegen der Kompliziertheit der zu erlernenden Bewegung so hoch angesetzt. Der Kopf der Ratten ist mit implantierter Mikrodialysesonde etwa 2 cm höher als normal. Da die Löcher des Holeboards einen Durchmesser von 6 cm haben, wird die normale Bewegung der Ratte – zentral die Nasenspitze in ein Loch zu führen – enorm eingeschränkt. Durch den Aufbau auf ihrem Kopf müssen die Ratten einen neuen Bewegungsablauf erlernen, der es ihnen ermöglicht, durch ein Abducken des Kopfes bei gleichzeitigem Hochziehen der Schultern an den Rän-der des Loches und dem Abstemmen Rän-der Hinterpfoten auf dem glatten Boden des Holeboards, die Schnauzenspitze dezentral in das Loch zu schieben und so an das Futterpellet zu gelangen. Wegen dieser komplexen Bewegung wurde auch die Versuchszeit von 2 min (Uzakov et al., 2005) auf 4 min erhöht. Damit die Ratten während dieses Testdurchganges nur lernten, dass es in diesen Löchern Futter gibt und wie sie daran gelangen können, wurden alle Löcher mit Futterpellets beködert. Hatte eine Ratte in weniger als den vorgegebenen 10 min bereits 6 oder 7 Pellets aus den Löchern entfernt, wurde der Übungs-durchlauf vorzeitig beendet. Zum einen geschah dies, um die Futterdepri-vierung nicht aufzuheben, zum anderen um den Ratten, die diese komplizierte Bewegung langsamer lernten, keinen zu großen Nachteil zu verschaffen.

Vor den eigentlichen Trials im Holeboard wurden Basiswerte der Dialysate auf-gezeichnet. Unmittelbar vor jedem Trial wurde das Sammelgefäß ausgetauscht, so dass jedes Dialysat einen vollständigen Trial im Holeboard und den an-schließenden bis zu den vollen 15 min Sammlungszeit verbleibenden Zeitraum erfasste. Die Dialysate wurden unmittelbar nach dem Austauschen in den Au-toinjektor des HPLC-Systems gegeben und auf ihre Inhalte hin analysiert. Ka-wahara et al. (2001) fanden nach der Applikation verschiedener Substanzen (NMDA, Kainat, Idazoxan, Propranolol) in den Locus coeruleus im mPFC Konzentrationsänderungen für DA und NA über wenigstens 60 min. Daher erscheint es richtig, die Sammlungszeit von 15 min als sinnvoll für die Regis-trierung von Änderungen der Neurotransmitterkonzentrationen zu betrachten.

Ein Versuchsdurchgang im Holeboard lief auf folgende Weise ab. Fünf Löcher wurden zufällig ausgewählt (mit zwei Würfeln, bei 6 x 6 Löchern je einer für eine Koordinate) oder nach dem festgelegten Muster mit Futterpellets

3.3 Methoden 47 beködert. Der Probenbehälter wurde nach den abgelaufenen 15 min Sammlungszeit durch einen neuen ersetzt. Unmittelbar darauf wurde das Tier durch die Schleuse vom Warteraum in den Experimentierteil des Holeboards geschickt. Dabei musste darauf geachtet werden, dass die Verbindung zur Mikrodialyse-Pumpe erhalten blieb. Betrat die Ratte das eigentliche Holeboard, wurden die Holeboard- und die Videoaufzeichnungen gestartet. Der Zeitraum des Experimentes war auf 240 s begrenzt. Die Aufzeichnungen wurden entweder nach Ablauf dieser Zeit oder wenn die Ratte alle Pellets gefunden hatte gestoppt. Unmittelbar danach wurde das Tier aus dem eigentlichen Holeboard mit Hilfe des Handlingstuches entfernt und in den davor gelegenen Warteraum überführt. Hier verblieb die Ratte unbeeinflusst bis zum Start des nächsten Trials und dem davor erfolgenden Austausch des Probenbehälters.

Das einzelne Experiment erstreckte sich in Anlehnung an andere Arbeiten (Uzakov et al., 2005; Korz und Frey 2007; Makhracheva-Stepochkina et al., 2008) über 3 Tage: 5 Trials wurden am ersten Tag durchgeführt, 4 am zweiten und ein Lauf am dritten Tag. Am Ende jedes Versuchstages verblieb das Tier für die 15 min eines weiteren zu sammelnden Dialysates im Warteraum des Holeboards. Da der letzte Trial des Tages (5., 9., 10.) jeweils nach maximal 4 min beendet ist, sich dem noch weitere 11 min verbleibender Sammelzeit dieses Dialysates anschließen, verbringt das Tier die nächsten 26 bis maximal knapp 30 min nach dem letzten Trial noch im Warteraum des Holeboards.

Die Tiere der Kontrollgruppen verblieben während ihrer kompletten Versuchszeit, d.h., während der Sammlung der Dialysate, im Warteraum vor dem Holeboard. Sie hatten, wie die anderen Gruppen auch, keinen Zugang zu Wasser und erhielten während dieser Zeit auch keine Nahrung. Sie verbrachten den größten Teil dieser Zeit schlafend.

Bei dem Teil der Verhaltensversuche, bei denen in den PFC eine Injektion mit spezifischen Blockersubstanzen erfolgte, wurde, bis auf die folgende Beschrei-bung, wie eben erwähnt vorgegangen. Nach abgeschlossener Aufnahme der Basiswerte wurde unmittelbar vor dem ersten Trial im Holeboard die intakte Mikrodialysesonde durch eine ohne Membran ausgetauscht. Dadurch war es möglich, dem Tier in den PFC Substanzen in den gegebenen Konzentration zu injizieren. Bei einem Teil der Versuche wurde 1 µl einer SCH 23390-Lösung (Schering, Deutschland) in einer Konzentration von 10 ng/µl bei einer Ge-schwindigkeit von 1 µl/2 min mit einer Hamilton-Spritze als DA-Rezeptor-blocker injiziert. Bei anderen Experimenten wurde 1 µl einer Propranolol-Lösung als Blocker noradrenerger Rezeptoren ebenfalls in einer Konzentration von 10 ng/µl mit einer Geschwindigkeit von 1 µl/2 min gegeben. Auch die Kon-trollsubstanz, 1 µl einer NaCl-Lösung, wurde in einer Konzentration von 10 ng/µl mit einer Geschwindigkeit von 1 µl/2 min injiziert. Nach der Appli-kation verblieb die membranlose Mikrodialysesonde noch für eine halbe Stunde in der Führungskanüle, um eine Diffusion der Substanz weg von der Sonden-spitze zu ermöglichen. Danach wurde wieder eine intakte Sonde eingesetzt und der normale Versuchsablauf fortgesetzt.

3.3 Methoden 48