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A USBLICK IN DIE Z UKUNFT

4 DISKUSSION

4.6 A USBLICK IN DIE Z UKUNFT

Ein großes Anliegen der Spendeeinrichtungen müsste darin bestehen, das Potenzial ihres vorhandenen Spenderpools auszuschöpfen. Einzelne Spendergruppen werden bis jetzt zu wenig beachtet und in ihrem Willen Blut zu spenden nicht weitgehend unterstützt. Crawford et al. und Röhrig et al. vertraten den Standpunkt, dass die jüngeren Spender zwischen 18 und 24 Jahren in ihrem Spendeverhalten uneinheitlich und schwerer zu rekrutieren seien. Die ältere Spenderpopulation bezeichneten sie als sehr zuverlässig in ihrem Spendevorhaben (Crawford et al. 2008, Röhrig et al. 2011).

In den Jahren 2006 bis 2010 trat der zweithöchste Zuwachs des Spenderanteils bei den 55 bis 68-jährigen Mehrfachspendern von Vollblut auf (Ritter, Hamouda &

Offergeld, 2012). Dieser Effekt könnte durch eine gezielte Ansprache und Reaktivierung älterer Spender entstanden sein. Sie könnten einen großen Beitrag zur Versorgung mit Blutprodukten leisten. Da diese Altersgruppe auch in Zukunft wachsen wird, stellt sie potentiell ein großes Spenderkollektiv dar, das bis jetzt wenig Beachtung findet (Ehling & Pötzsch, 2010).

Unter dem Punkt Altersverteilung (3.1.1) kann man sehen, dass in der Altersgruppe der über 64-Jährigen im Vergleich zu anderen Altersklassen deutlich weniger Menschen Blutspenden gingen. Dieses Phänomen lässt sich dadurch erklären, dass im Alter die Wahrscheinlichkeit an einer Nebenerkrankung zu leiden und vom Blutspenden ausgeschlossen zu werden erhöht ist (Simon et al. 1991). Simon et al konnten allerdings festhalten, dass es bei ehemaligen Spendern im Alter von 63 bis 77 Jahren zu keiner Häufung an unerwünschten Reaktionen nach der Spende oder erhöhten Infektionszahlen kam. Auch Goldmann et al. bestätigten die Behauptung, dass die Blutspende auch im höheren Alter bis 74 Jahre ohne erhöhte Risiken für den Spender und den Empfänger stattfinden kann. Ein Vorteil der älteren Bevölkerung sei zudem die Tatsache, dass sie regelmäßiger und mit Freude spenden würden (Goldman et al. 2007). Darüber hinaus war die ältere Bevölkerung in vorliegender Studie auch eher bereit ohne Aufwandsentschädigung spenden zu gehen. Diese Altersgruppe sollte also in Zukunft keinesfalls in Vergessenheit geraten. Anhand vorliegender Studie konnten Motivationsgründe ausgearbeitet werden, die ein neues Anschreiben für die ältere Bevölkerung möglich macht. Es konnte festgestellt werden, dass Ältere spenden wollen, um ihr Blut zu erneuern, da mithilfe der Blutspende der Körper zur Neubildung von Blutzellen angeregt wird. Außerdem kann man den Aspekt der Gruppenzugehörigkeit gesondert hervorheben, da 37,0 % der Rentner angaben, dass sie sich durch die Spende als Teil einer Gruppe fühlten und animiert wurden, Blut zu spenden.

97 Ältere Menschen hatten eher familiäre Gründe oder greifen auf persönliche Erlebnisse zurück. 13,5 % dieser Altersklasse gaben an, dass jemand im Bekannten-/Familienkreis Blut benötigt und sie deshalb zum Spenden animiert wurden im Vergleich zu jungen Spendern, die diesen Grund nur zu 5,9 % angaben (p < 0,001).

Auch der kostenlose Gesundheitscheck wurde von den Rentnern als motivierend angegeben (2,92; 83,3 % vs. junge Spender: 75,4 %; p = 0,025). Den älteren Spendern scheinen Krankheiten im alltäglichen Leben häufig präsenter zu sein und ein kostenloser Gesundheitscheck gewichtet diese Altersklasse scheinbar häufiger als Gesundheitsvorsorge.

Auch in der Literatur ist ein Angebot von unterschiedlichen Blutuntersuchungen von vielen Spendern gewünscht worden (Nguyen et al., 2008; Sanchez et al., 2001; Glynn et al., 2002). Dies könnte ein Angebot zur Messung des Prostataspezifisches Antigens (PSA-Wertes) bei älteren Männern und die Messung des Cholesterinspiegels beinhalten. Dies würde nach Glynn et al. viele Spender zu einer erneuten Blutspende bewegen (Glynn et al. 2003). Dieser Ansatz müsste in Zukunft besser erforscht werden.

Ein großes verborgenes Spenderkollektiv liegt auch in den Spendern, die aufgrund einer Problematik des Eisenmangels von der Spende abgehalten werden. Deshalb wird zur Motivation und zum Halten von diesen Spendern international eine Neubewertung der Spendefrequenzen gefordert. In vorliegender Studie war die letzte Spende im Durchschnitt vor 5,49 ± 1,203 Monaten. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern war signifikant, da Frauen mehr Zeit bis zur nächsten Spende verstreichen ließen als männliche Spender (8,27 ± 3,351 vs. 3,98 ± 0,358 Monaten;

p < 0,01). Die Spender passen also ihre Spendefrequenzen selbstständig ihren körperlichen Gegebenheiten an und werden dadurch nicht durch das Erinnerungs-schreiben zur Spende gebeten. Mit einer Anpassung der Spendefrequenzen könnte man hier den Effekt des Rücklaufs durch ein Erinnerungsschreiben erhöhen.

Ein anderer Ansatz müsste darin bestehen, eine effektive Organisation einer wirksamen oralen Eisensupplementation einzuführen (Nielsen, P, 2020).

Auch Spender, die das erste Mal bei der Blutspende aufgrund von physikalischen Problemen abgewiesen wurden, wären potenzielle Spender für die Zukunft. Nach Behandlung des körperlichen Problems könnten sie so als neue Spender gewonnen werden. Ein Erinnerungsschreiben an diese Spendergruppe könnte dazu beitragen diese Personen aufzufordern erneut spenden zu gehen. Dafür muss man herausarbeiten, wie sich die Spender fühlen und ob sie beabsichtigen zurück zu kommen, wenn ihr physikalisches Problem gelöst sein würde.

98 Doch was wäre, wenn man in Zukunft gar nicht mehr auf die Blutprodukte der Menschen angewiesen sein wird, da es ein Blutersatzstoff gibt, der den Empfängern anstelle einer Blutkonserve gegeben werden kann?

Der französische Forscher Zal sieht im Wattwurm ein großes Potenzial, da dieser ein 50-mal größeres Hämoglobin besitzt als der Mensch und somit mehr Sauerstoff transportieren kann. Dieses könnte man dem Menschen gefahrlos transfundieren.

Durch seine Größe schadet es dem Empfänger nicht, wie es das menschliche Hämoglobin ohne die Umhüllung seines Erythrozyten tun würde. Ohne den Erythrozyten gäbe es auch keine Abwehrreaktion, da die Blutgruppe fehlt und eine Übertragung von Krankheiten würde durch fehlende Krankheitserreger wegfallen. Ein weiterer Vorteil ergibt sich dadurch, dass das Wattwurm-Hämoglobin mindestens zweieinhalb Jahre haltbar ist. Eine reguläre Blutspende ist nur 42 Tage verwertbar (Marchand et al., 2017). Da bis zum tatsächlichen Einsatz allerdings noch Zeit vergehen wird, haben die Entwicklung von Maßnahmen zum Halten von Spendern, die direkt umgesetzt werden können, durchaus ihre Berechtigung.

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