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Innerhalb des öffentlichen Sektors Die Einführung von E-Government stößt im

Kommunale one stop agency

5 Trends in den Entwicklungsländern:

5.1 Innerhalb des öffentlichen Sektors Die Einführung von E-Government stößt im

öffent-lichen Sektor von Entwicklungsländern auf eine Reihe von Hindernissen. (1) Die staatliche Infra-struktur und das Ausstattungsniveau der öffentli-chen Hand sind mangelhaft. (2) Zentralistische Strukturen behindern die Modernisierung der Kommunen und mittleren Ebenen. (3) Es fehlen fachliche Kompetenzen und Laufbahnsysteme im öffentlichen Dienst. (4) Defizite zeigen sich auch im Bereich der politischen Steuerung und strategischen Planung. (5) Der rechtliche Rahmen ist unzulänglich und (6) es findet keine angemessene Regulierung der neuen Medien statt.

Mängel in der staatlichen Infrastruktur und Ausstattung sind ohne Zweifel eine wichtige

124 Hewitt (2001), S. 2.

riere für den Einsatz der neuen Technologien im öffentlichen Sektor von Entwicklungsländern. Dies gilt insbesondere für die Verwaltung in ländlichen bzw. peripheren Regionen und generell für die de-zentralen Ebenen des Staates (Kommunen, Distrik-te, Provinzen etc.). Häufig werden diese Defizite mit dem allgemeinen Hinweis auf die Armut der betreffenden Länder und die gegenüber den OECD-Ländern deutlich niedrigere Staatsquote begründet.

Mangelhafte Infrastruktur innerhalb des öffentlichen Sektors ist jedoch, sieht man einmal von den beson-ders armen oder krisengeschüttelten Ländern ab, in erster Linie eine Frage der Ressourcenverwendung und nicht so sehr ein Problem der Ressourcenaus-stattung. Das zeigt sich daran, dass auch Länder mit geringeren staatlichen Einnahmen (z.B. Chile) viel-beachtete Fortschritte bei der Modernisierung der Infrastruktur und der Einführung von E-Government erzielen können. In Ländern mit patrimonialen Verwaltungsstrukturen fließt jedoch ein Großteil der Mittel in Personalausgaben, da hierüber politische Klientelbeziehungen aufrecht erhalten werden. An den Sachausgaben wird dagegen gespart. Das Er-gebnis sind personell aufgeblähte Staatsapparate mit völlig unzureichender Sachausstattung.

Zentralistische Strukturen: Ein weiteres Problem ist der politische, administrative und fiskalische Zentralismus, der in vielen Ländern dazu führt, dass Kommunen und mittlere Ebenen ihre Aufgaben nur unzureichend wahrnehmen können. Gerade auf die-sen Ebenen werden jedoch Leistungen erbracht, die Bürger und Unternehmen unmittelbar betreffen (Bildung, medizinische Versorgung, städtische Ver-sorgungswirtschaft, Kfz- und Gewerbelizenzen etc.). Nimmt E-Government daher von den zentral-staatlichen Ministerien Ausgang, dann besteht das Risiko, dass jene Institutionen, die besonders kun-den- und bürgernah operieren, vernachlässigt wer-den. Hinzu kommt, dass in einem hoch zentralisier-ten System die Kooperationskultur zwischen den Behörden und Ministerien üblicherweise nur schwach entwickelt ist.

Dies ist auch ein Problem unterschiedlicher Verwal-tungskulturen. Neue Ansätze des public manage-ment vollziehen, wie oben dargestellt, nach innen den Wandel von der bürokratischen Regel- zur

Er-gebnissteuerung. Damit geht nach außen der Wan-del von der Obrigkeits- zur Dienstleistungsverwal-tung einher. Auch die Behörden und Dienststellen, die innerhalb des öffentlichen Sektors Dienstleis-tungen bereitstellen, sollen diesen Wandel vollzie-hen. Für diese organisatorische und mentale Her-ausforderung sind viele Behörden und Gebiets-körperschaften in Entwicklungsländern schlecht gerüstet, weil sie über geringe Handlungs- und Finanzautonomie verfügen. Verwaltungen, die durch Weisung und Zuweisung geprägt sind, tun sich schwer damit, innovativ zu wirken und ihre Kundenorientierung zu stärken.

Seit Jahren steht Dezentralisierung daher weit oben auf der Reformagenda von Entwicklungsstaaten. Sie ist auch ein wichtiges Element der good govern-ance-Konzepte von Weltbank und UNDP. Dezent-ralisierung und die Einführung von E-Government können sich wechselseitig befördern: Einerseits begünstigt die Verdichtung der Informations- und Kommunikationsströme eine stärkere Verlagerung von Aufgaben, Kompetenzen und Ressourcenver-antwortung auf dezentrale Einheiten. Andererseits kann die Verknüpfung von interner Modernisierung und Neugestaltung der Außenbeziehungen auf loka-ler und regionaloka-ler Ebene oft leichter vollzogen wer-den, weil die Kontakte mit den Zielgruppen hier intensiver sind. Beim Aufbau von Kompetenzen in Kommunen und Regionen werden in den meisten Fällen bereits IKT eingesetzt. Allerdings muss durch zentralstaatliche Steuerung und Anreize ge-währleistet werden, dass technische und Qualitäts-standards eingehalten werden.

Fachkompetenz: Ein zentraler Engpass für die ra-sche und umfassende Durchführung von E-Government-Reformen besteht im Mangel an aus-gebildetem Fachpersonal. Dies gilt in den Least Developed Countries (LDCs) eher als in fortge-schrittenen Entwicklungs- bzw. OECD-Ländern, im öffentlichen Sektor eher als im (modernen) privaten Sektor, und in kleinen Kommunen eher als in den Metropolen, weil die Attraktivität der Arbeitsplätze im Hinblick auf Bezahlung, Arbeitsgebiete und das gesamte Umfeld entlang dieser Achsen ansteigt.

Aus diesem Befund lassen sich Präferenzen der Hochqualifizierten ableiten: in die Metropolen – in die modernen Unternehmen – in die Industrieländer.

Das ist ein wesentlicher Aspekt der vielbeschwore-nen digital divide.

Für die Umsetzung von E-Government sind beson-ders solche Mitarbeiter gefragt, die sowohl techno-logische als auch organisatorische Kenntnisse auf-weisen und Managementfähigkeiten haben. Derarti-ge Fachleute sitzen, wenn überhaupt, vor allem in den Metropolen und in den Ministerialbürokratien.

Nachgeordnete Behörden und untergeordnete Ge-bietskörperschaften sind gezwungen, teure externe Expertise einzukaufen bzw. Fachkräfte selbst anzu-lernen. Häufig wandern diese Fachkräfte nach kur-zer Zeit ab, weil die Lebens- und Arbeitsbedingun-gen anderswo attraktiver sind und nicht selten auch das Tarifrecht eine marktgerechte Bezahlung ver-hindert. Hinzu kommt, dass öffentliche Beschäfti-gungsverhältnisse politischen Zyklen unterworfen sind, wenn es keine Laufbahnsysteme gibt, die dies verhindern.

Mit diesem letzten Punkt hängt zusammen, dass öffentliche Verwaltungen, in Entwicklungsländern stärker noch als in Industrieländern, oft keine glaubwürdige Gemeinwohlorientierung aufweisen.

Sie sind dann auch nicht in der Lage, gegenüber den Mitarbeitern fehlende materielle durch immaterielle Anreize (‚Sinn‘) zu kompensieren. In einem durch Korruption und Ämterpatronage geprägten Umfeld kann vom einzelnen Mitarbeiter nicht erwartet wer-den, dass er sich ideell motiviert.

Eine Alternative zur Überwindung von fachlichen Engpässen in der Peripherie, wie sie z.B. in Ländern wie Kolumbien und Chile praktiziert wird, besteht in der Ableistung von sozialen Jahren: Junge Aka-demiker werden angehalten, nach Abschluss des Studiums für eine gewisse Zeit in Krankenhäusern oder Behörden peripherer Regionen zu arbeiten. Da im Hinblick auf e-literacy die jüngeren Generatio-nen gegenüber den älteren üblicherweise eiGeneratio-nen Wis-sensvorsprung haben, wäre ein solcher Ansatz be-sonders geeignet, den Kenntnisstand im öffentlichen Sektor und in der Bevölkerung auf breiter Front zu verbessern. Allerdings lässt sich das Grundproblem des Fachkräftemangels in Entwicklungsländern auf diesem Wege nicht lösen.

Politische Steuerung und strategische Planung:

Die ersten Schritte in Richtung auf E-Government bestehen normalerweise in der Einrichtung IKT-gestützter Arbeitsplätze und ihrer Vernetzung inner-halb einer Behörde oder Gebietskörperschaft. Die-ser Prozess muss möglichst frühzeitig durch IKT- bzw. E-Government-Strategien orientiert werden.

Dort, wo dies nicht geschieht, entstehen unter Um-ständen zusätzliche Kosten durch das teilweise oder völlige Scheitern von Projekten:

Bei der Beschaffung werden Skalenvorteile (z.B. durch gemeinsamen Einkauf) nicht ge-nutzt.

Die beschafften Anwendungen sind dem Be-darf nicht angepasst, also entweder überdimen-sioniert, sprich: zu teuer, oder unterdimensio-niert, was Nachrüstungen erforderlich macht.

Es wird nicht dafür gesorgt, dass das notwendi-ge Know-how für den Umgang mit den neuen Technologien vorhanden ist, was dazu führt, dass Anwendungen nicht sinnvoll genutzt wer-den bzw. externes Fachwissen dazugekauft werden muss.

Fragen der Kompatibilität und Interoperabilität bleiben unberücksichtigt, so dass zu einem spä-teren Zeitpunkt Neuanschaffungen getätigt werden müssen, wenn die Vernetzung von Be-hörden stärker in den Mittelpunkt rückt.

Die strategische Steuerung der Reformprozesse ist von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, Fehler der Pioniere zu vermeiden und im Entwick-lungsprozess aufzuholen. Dies wird auf zentralstaat-licher Ebene immer mehr erkannt – besonders die fortgeschritteneren Entwicklungsländer entwerfen heute ehrgeizige nationale E-Government-Stra-tegien. Auf der mittleren und lokalen Ebene be-stehen auch hier jedoch noch erhebliche Defizite.

Eine Befragung von sieben Gemeindeverwaltungen in der chilenischen Region Coquimbo erbrachte z.B.

Anfang 2001, dass trotz umfangreicher Investitio-nen in IKT keine der KommuInvestitio-nen eine Bedarfs-ermittlung durchgeführt hatte oder über eine IKT-Planung verfügte – und das, obwohl Chile in

La-teinamerika als einer der Vorreiter von E-Government gilt.125

Rechtssicherheit: Auch in Entwicklungsländern muss die Einführung neuer Technologien in vielen Bereichen von gesetzgeberischen Maßnahmen be-gleitet werden, um die geeigneten rechtlichen und regulatorischen Grundlagen zu schaffen. Dabei ist zu beachten, dass der Justizsektor vielerorts durch mangelhafte Zugänglichkeit, langwierige und kom-plizierte Verfahren, geringe Ermittlungskapazitäten und ähnliche Defizite mehr charakterisiert ist. Feh-lende Rechtssicherheit stellt eine entscheidende Entwicklungsblockade dar, die auch die Einführung von E-Government betrifft: Können Verfügungs-rechte nicht effektiv geltend gemacht werden und entfalten Verträge keine echte Bindungswirkung, erhöhen sich die Transaktionskosten der