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Öfen - Brennstoffwechsel

Im Dokument 09/2018 (Seite 96-99)

2 Annex 2: Tier 3 Analyse Industrie: Bottom-up Simulation der CO 2 - -Grenzvermeidungskosten im Industriesektor – Methodische

2.5 Ergebnisse des Modellexperiments

2.5.3 Einzelauswertung der Technologiefelder

2.5.3.3 Öfen - Brennstoffwechsel

Das Technologiefeld der Industrieöfen umfasst verschiedenste Hochtemperaturprozesse, vorwiegend aus den Subsektoren Eisen und Stahl, Nicht-Eisen-Metalle, nicht metallische Mineralstoffe (Zement, Glas) und Chemie. Ofentypen unterscheiden sich zwischen diesen Sektoren erheblich und sind speziell auf die jeweiligen Prozesse ausgelegt. Häufig unterliegen sie technischen Restriktionen (z.B. die Nut-zung des Koks im Hochofen als Reduktionsmittel).

Die Wirkung in diesem Technologiefeld ist mit 5,5 Mt CO2/a bis zum Jahr 2030 vergleichsweise hoch.

Die Modellierung erfolgt in Anlehnung an das Technologiefeld „Dampferzeugung“, jedoch in einer ver-einfachten Form.

In Tabelle 2-12 ist beispielhaft für die Subsektoren Eisen und Stahl und nicht-metallische Mineralstoffe der Zusammenhang zwischen steigenden CO2-Preisen (Szenarien EUA=0 und EUA=50€/tCO2) und den errechneten Anteilen der Energieträger im Anlagenbestand für das Jahr 2030 dargestellt. Die Darstel-lung beschränkt sich auf die Energieträger, die einen nennenswerten Anteil haben (Deckung des Mark-tes in beiden Fällen etwa 90%). Insgesamt ist der intuitiv zu vermutende Zusammenhang von steigen-den Kosten und sinkensteigen-den Marktanteilen erkennbar. Darüber hinaus wird aber auch bei einem Auf-schlag von knapp 30% – hier im Subsektor der nicht-metallischen Mineralstoffe dargestellt – in Sum-me kein Erdgas durch Biomasse ersetzt.

Der überwiegende Teil der eingesparten CO2-Emissionen beruht auf der geringeren Nutzung von Koh-le, Koks und Öl, insbesondere in der Metallerzeugung und den nicht-metallischen Mineralstoffen. Diese Möglichkeit der CO2-Vermeidung stößt aber bereits im Zeitraum dieser Untersuchung an die derzeit vorstellbaren technischen Grenzen, abhängig von der jeweiligen Prozessführung. So kann sich Kohle in der Metallerzeugung über einen längeren Zeitraum aufgrund ihrer Notwendigkeit im Hochofenprozess auch im Hochpreisszenario halten. Ein hoher Anteil Biomasse würde neue Verfahren und technische Innovationen erfordern.

97 Tabelle 2-12: Vergleich CO2-Aufschlag und Änderung der Anteile der Energieträger im Anlagenbestand

für das Jahr 2030 für ausgewählte Subsektoren (Szenario EUA=50 im Vergleich zu EU-A=0)

Energieträger Änderung des Anteils im Bestand des Tätigkeitsfeldes CO2-Aufschlag Brennstoffpreis Eisen- und Stahlerzeugung Nicht-metallische

Mineral-stoffe

Heizöl, leicht - 2% 19%

Steinkohle -13% -4% 100%

Koks -5% -1% 60%

Braunkohle -4% -11% 238%

Erdgas 21% 7% 29%

Petrolkoks 2% 0% 56%

Müll - -1% 98%

Biomasse - 9% 0%

Andere Gase 2% - 24%

Gichtgas -2% - 78%

Mittelwert 34%

Wie im Technologiefeld „Dampferzeugung“ zeigt sich auch hier, dass Erdgas aufgrund des langfristig stagnierenden Brennstoffpreispfades nicht oder nur in geringem Umfang von Biomasse verdrängt wird. Mehrere Sektoren sind bereits 2015 von Erdgas dominiert (beispielsweise Grundstoffchemie und Glas und Keramik). Im Gegensatz zu den Dampferzeugern existieren jedoch Sektoren, die höhere Anteile an Kohle und Öl nutzen, woraus eine insgesamt deutlich höhere Empfindlichkeit gegenüber CO2-Preisen entsteht, da diese durch Erdgas oder Biomasse substituiert werden können.

Abbildung 2-5 zeigt die Anteile der Energieträger im Jahr 2030 des Technologiefeldes „Industrieöfen“

im Vergleich der beiden Extremszenarien. Es zeigt sich, dass Biomasse zwar an Marktanteil gewinnt (Grundstoffchemie und nicht-metallische Mineralstoffe), jedoch nur einen vergleichsweise kleinen Teil der fossilen Wärmeerzeugung verdrängen kann. Gleichzeitig gehen Braunkohle, Steinkohle und Koks-kohle deutlich zurück und werden größtenteils von Erdgas ersetzt (vorwiegend in den Subsektoren Nicht-metallische Mineralstoffe sowie Eisen und Stahl). Im Subsektor Eisen und Stahl ist der Kohle-rückgang nah an der Grenze des technisch Möglichen. Subsektoren, die entsprechend schon im Szena-rio ohne CO2-Preis einen hohen Erdgasanteil hatten, weisen nur leichte Verschiebungen auf.

98 Abbildung 2-5: Marktanteile Energieträger in „Industrieöfen“ 2030

Quelle: Modellergebnisse Forecast, Fraunhofer ISI

2.5.4 Exkurs: Strukturelle Unterschiede der CO2-Vermeidung in Industrie- und Stromsektor Interessant ist ein Vergleich mit der Wirkung des EU ETS auf den Stromsektor. Hier wird in Modellen häufig schon bei niedrigeren CO2-Preisen eine relativ hohe Wirkung beobachtet. Dies ist auf strukturel-le Unterschiede zwischen den beiden Sektoren zurückzuführen. Dazu gehören insbesondere:

Die dezentrale Erzeugungsstruktur der Wärme: Im Gegensatz zum Strommarkt gibt es – mit Ausnahme der Fernwärme – keinen Wärmemarkt, sondern eine dezentrale Erzeugung des lokalen Bedarfs. Wärme ist nur lokal begrenzt handelbar. Wärmetransport über weite Strecken ist mit (prohibitiv) hohen Transportkosten verbunden. Während der CO2-Preis im Stromsektor die Merit-Order-Kurve verschieben kann und so durch den Kraftwerkseinsatz kurzfristige Auswirkungen auf den Erzeugungsmix hat, ist dies bei der Wärmeerzeugung nicht möglich. Ein Unternehmen hat z.B. einen Erdgaskessel zur Verfügung und muss diesen einsetzen, unabhän-gig davon, ob in einem anderen Unternehmen nun günstiger ein Biomassekessel eingesetzt werden könnte. Für die Wärmeerzeugung gilt also, dass sich der CO2-Preis auf die Investitions-entscheidung i, nicht jedoch auf den Einsatz („Dispatch“) der vorhandenen Wärmeerzeuger.

Die Investitionsentscheidung: Diese unterscheidet sich bei Betreibern von Kraftwerken und Industrieunternehmen, die Kessel zur Wärmeerzeugung betreiben, deutlich. Während die In-vestition in neue Kraftwerke für die Unternehmen eine zentrale strategische Entscheidung ist, ist die Investition in neue Wärmeerzeugung für Unternehmen meistens nur eine Ersatzinvesti-tion, die kaum Bezug zum eigentlichen Kerngeschäft des Unternehmens hat (z.B. dem Herstel-len von Papier). Je nach Art der Investition wird entsprechend bei (Ersatz-) Investitionen eine weniger umfassende Wirtschaftlichkeitsbewertung durchgeführt. Im Fall von Nebenanlagen und Investitionen in Energieeffizienz wird von den meisten Unternehmen lediglich die Amorti-sationszeit als Kriterium für die Investition genutzt (Siehe z.B. IREES und Fraunhofer ISI 2014).

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1

0 €/t 50 €/t 0 €/t 50 €/t 0 €/t 50 €/t 0 €/t 50 €/t

Grundstoffchemie Nicht-metallische Mineralstoffe Eisen- und Stahl NE-Metalle

Biomasse Müll Gichtgas Kokereigas, Stadtgas

Heizöl, schwer Petrolkoks Erdgas Braunkohle

Koks Steinkohle Heizöl, leicht

99 Speziell für die Dampferzeugung gibt es jedoch bisher kaum empirisch fundierte Literatur. Bei Industrieöfen hingegen ist die Investition wieder eng am Kerngeschäft.

Die Modellphilosophie: Entsprechend der Investitionsentscheidung unterscheidet sich häufig auch die grundlegende Philosophie der eingesetzten Modelle. Für Kraftwerkseinsatz und -Neubau werden häufig Optimierungsmodelle eingesetzt, die z.B. die zukünftige Entwicklung der CO2-Preise berücksichtigen. Für die Modellierung der Energienachfrage werden häufig auch Simulationsmodelle eingesetzt, welche ein weniger rationales Verhalten der Akteure vo-raussetzen und häufig myopisch (kurzsichtig) sind. So sehen die simulierten Akteure bei der Investition nicht den gesamten Energie- oder CO2-Preispfad, sondern gehen etwa davon aus, dass der Preis konstant bleibt, oder sich entsprechend der Entwicklung der letzten Jahre ent-wickelt (Fleiter et al. 2011). Im Modell FORECAST gehen Industrieunternehmen davon aus, dass Energie- und CO2-Preise über den Zeitraum der Investition konstant bleiben. Diese An-nahme wird in Kapitel 2.5.5 noch einmal aufgegriffen.

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