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Kundmachungen der in Liechtenstein nach dem Ende des Ersten Welt-kriegs.

den Vorschlag, Liechtenstein solle sein Gesuch um Lieferung von Lebensmitteln aus der Schweiz direkt an den französischen Botschafter in Bern richten.7 8 Dieser Empfehlung folgend, legte die liechtensteini-sche Regierung der französiliechtensteini-schen Botschaft in Bern

«zu Händen Frankreichs und seiner Verbündeten»

am 12. Dezember 1918 die Bitte vor, dem schweize-rischen Bundesrat «die Lieferung von Lebens- und Bedarfsartikeln (Getreide oder Mehl, Reis, Fett, Klei-dungsstoffe, Kaffee, Zündhölzer etz.) nach Liechten-stein zu gestatten».7 9 In der Begründung des Gesu-ches betonte Regierungsrat Wilhelm Beck einlei-tend, dass Liechtenstein «bekanntlich» ein neutra-ler Staat an der Ostgrenze der Schweiz sei, welcher weder «direkt noch indirekt» am Krieg teilgenom-men habe. Zur allgemeinen Versorgungslage Liech-tensteins hielt Beck fest, dass die einheimische Ern-te zur Ernährung der zirka 8400 Einwohnerinnen und Einwohner «lange nicht» hinreiche und Liech-tenstein sich «von jeher» mit Importen habe behel-fen müssen. Die aktuelle Situation schilderte Beck auf drastische Weise mit dem Hinweis, dass der letz-te Mehlvorrat des Landes bis Neujahr erschöpft sei und «die Versorgung vor einer Katastrophe [stehe], wenn sie nicht baldigst gesichert werden» könne.

Die liechtensteinische Regierung erklärte sich auch im Voraus bereit, eventuelle Weisungen, welche von der Entente als Voraussetzung für die Lebensmittel-lieferungen gegeben würden, zu akzeptieren und einzuhalten. Als Kompensationsartikel bot Liech-tenstein die Lieferung von 6000 bis 8000 m3 Holz an. Am 13. Dezember 1918 informierte die liechten-steinische Regierung den Schweizerischen Bundes-rat über die Note an die französische Botschaft in Bern.8 0 Das Schweizerische Politische Departement reagierte umgehend und erklärte, seine Dienste für die «Verproviantierung Liechtensteins» zur Verfü-gung zu stellen und gab der Freude Ausdruck, «in die Lage versetzt zu werden, dem befreundeten nachbarlichen Staate nützlich zu sein».8 1

Bereits am 17. Dezember 1918 - Prinz Karl war am 13. Dezember zum Landesverweser bestellt worden - wurden Regierungsrat Wilhelm Beck und Forstverwalter Julius Hartmann vom Landesverwe-ser ermächtigt, beim schweizerischen Bundesrat in

Bern im Auftrag der liechtensteinischen Regierung Verhandlungen wegen des Bezuges von Lebensmit-teln für Liechtenstein und wegen der Leistung von Kompensationsangeboten aufzunehmen.8 2 Vom 18.

bis 20. Dezember begab sich die zweite liechtenstei-nische Mission, der Landesverweser Karl von Liech-tenstein, Regierungsrat Wilhelm Beck und Forstver-walter Julius Hartmann angehörten, nach Bern.S 3 Die Delegation kehrte allerdings zurück, ohne gros-se Veränderungen in der Haltung der Schweiz er-reicht zu haben, wie aus einem Bericht an den Fürs-ten hervorgeht.8 4 Von Seiten des schweizerischen Bundesrates erfolgten bei den geführten Gesprä-chen keine definitiven Zusagen, da dieser immer noch die Zustimmung der Entente abwartete, die er in etwa zehn Tagen zu erhalten hoffte.

Am 4. Januar 1919 meldeten die «Oberrheini-schen Nachrichten»: «Endlich haben mit Note der französischen Regierung vom 28. Dezember 1918 an Dr. Wilhelm Beck die Alliierten die Einwilligung erteilt, dass die Schweiz Liechtenstein unter den gleichen Bedingungen versorge wie Vorarlberg».8 5 Die «Oberrheinischen Nachrichten» betonten, dass Liechtenstein «heute ob der Entente froh sein»

müsse, trotz der «ententefeindlichen Gesinnung ge-wisser Flerrschaften».8 6 Die Regierung stattete

Wil-78) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5223 ad 1,4. Dezem-ber 1918; Grünenfelder an Regierung.

79) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5294, 12. Dezember 1918; Regierung (Wilhelm Beck) an französische Botschaft in Bern.

80) L L A SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5294, 13. Dezember 1918; Regierung (Wilhelm Beck) an Schweizerischen Bundesrat.

81) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5453 ad 1, 18.

Dezember 1918; Schweizerisches Politisches Departement (Charles Lardy) an liechtensteinische Regierung.

82) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.7/1918/5356, 17. Dezember 1918.

83) So berichtete Wilhelm Beck in einem Überblick «Zur Lebensmit-tel-Versorgung» in den «Oberrheinischen Nachrichten» 3/18. Januar 1919.

84) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5458, 24. Dezember 1918: Regierung an Fürst.

85) ON Nr. 1/4. Januar 1919.

86) ON Nr. 2/11. Januar 1919.

heim Beck unverzüglich mit einer Vollmacht aus, da-mit dieser «in Angelegenheit der Versorgung Liech-tensteins mit Lebensmitteln» mit den zuständigen Behörden der schweizerischen Eidgenossenschaft Verhandlungen aufnehme.8 7 Beck begab sich am 3.

Januar 1919 ein drittes Mal nach Bern, wo ihm dies-mal eine Zusage für eine erste aushilfsweise Liefe-rung gemacht wurde.8 8 Seinen Bemühungen war auch insofern Erfolg beschieden, als das Eidgenös-sische Ernährungsamt am gleichen Tag den auch für die Versorgung Vorarlbergs zuständigen Major Stingelin8 9 mit der vorläufigen Versorgungsaktion für Liechtenstein beauftragte.9 0 Das Eidgenössische Ernährungsamt stellte für die Durchführung der

«Hülfsaktion für Lichtenstein» [sie] folgende Bedin-gungen:

1. Die Schweiz war von der Entente ermächtigt wor-den, bis auf weiteres Liechtenstein mit Lebensmit-teln auszuhelfen. Diese Zusage war an die Bedin-gung gebunden, dass diese Waren im Lande konsu-miert wurden.

2. Die Schweiz lieferte bis auf weiteres folgende Mengen: Mehl und Reis gemäss der schweizeri-schen Mittelration, was je einer Menge von 200 Gramm Mehl und 30 Gramm Reis pro Tag und Kopf entsprach. Für Fett wurde eine Basis von 350 Gramm monatlich pro Person festgelegt, wobei galt, dass Butter und Fett zusammen keinesfalls 500 Gramm pro Monat überschreiten durften. Andere Waren wie Schokolade, Julienne9 1 etc. wurden

«nach Convenienz» geliefert. Diese Waren wurden nach Schaan «instradiert» und dort abgenommen.

3. Die gesamte Liefermenge wurde auf der Basis von 8400 Einwohnern berechnet, wovon 2400 als Selbstversorger galten. Die Schweiz behielt sich die Überprüfung der Bevölkerungszahl und der Eigen-produktion und wenn nötig die Anpassung der gelie-ferten Menge vor. Auf keinen Fall durften die in Liechtenstein verteilten Lebensmittel höhere Ratio-nen ergeben als diejenigen in der Schweiz oder ohne Bewilligung aus dem Lande Liechtenstein ex-portiert werden.

4. Der gesamte Geschäftsverkehr für diese Lieferun-gen war durch den schweizerischen Kommissär zu vermitteln, welcher gegenüber der liechtensteini-schen Regierung «in jeder Beziehung als einzig competenter Vertreter der Schweiz» galt.

5. Die Lieferungen erfolgten nach Möglichkeit der-art, dass Liechtenstein stets für mindestens acht Tage im Voraus mit den von der Schweiz zu liefern-den Lebensmitteln versorgt war. Der Beginn der Lie-ferungen wurde auf Mitte Januar 1919 festgesetzt.

6. Die Preise für die Lebensmittel wurden von der Schweiz auf der Basis ihrer letzten Einheitspreise ohne Gewinn, ohne Verlust franko Schweizergrenze festgesetzt. Auf keinen Fall durften billigere Preise als in der Schweiz zur Anwendung kommen.

7. Die Bezahlung hatte «bei convenierender Quali-tät» durch Waren wie Holz, Heu etc. zu erfolgen. Die Ware wurde zu den in der Schweiz geltenden Prei-sen übernommen. Bei Barzahlungen war das Geld nach Vorlegung der Rechnung fällig.

8. Der schweizerische Bundesrat war jederzeit und ohne Grundangabe berechtigt, die Lebensmittellie-ferungen ganz einzustellen oder zu reduzieren. Eine Einstellung der Lieferungen würde besonders dann erfolgen, wenn in Liechtenstein Unruhen ausbrä-chen oder wenn die durch die Schweiz gelieferten Waren von Liechtenstein aus weiter spediert wür-den.

Diese vom schweizerischen Ernährungsamt diktier-ten Bedingungen entsprachen exakt denjenigen, welche für Vorarlberg bereits im November 1918 festgesetzt worden waren.9 2 Infolge der angespann-ten Versorgungslage blieb der liechangespann-tensteinischen Regierung keine andere Wahl als zuzustimmen. A m 9. Januar kam Major Stingelin als Vertreter der eid-genössischen Lebensmittelkommission nach Vaduz,

87) LLA SF Lebensmittelversorgung 13.9/1918/5553 ad 1, 31.

Dezember 1918; Vollmacht für Wilhelm Beck.

88) Bericht Wilhelm Beck in einem Überblick «Zur Lebensmittel-Versorgung» in den «Oberrheinischen Nachrichten» Nr. 3/18. Januar 1919.

Hoher Kasten

R h e i n f ä h r e Salez-Ruggell

89) Major Emil Stingelin von Pratteln, Stabsoffizier im Instruktions-korps der Verpflegungstruppen (siehe Staatskalender der schweizeri-schen Eidgenossenschaft 1919. Bern, 1919, S. 10). Major Stingelin war auch als schweizerischer K o m m i s s ä r zur Versorgung Vorarl-bergs bestellt worden. Anfang April wurde Major Stingelin aus Vor-arlberg abberufen. Siehe dazu Werner Dreier: Zwischen Kaiser und

«Führer». Vorarlberg im Umbruch 1918-1938. Beiträge zu Ge-schichte und Gesellschaft Vorarlbergs 6. Bregenz, 1986, S. 37.

90) L L A SF Lebensmittelversorgung 13.10/1919/144, 3. Januar 1919; Eidgenössisches E r n ä h r u n g s a m t an Major Stingelin.

91) In schmale Streifen geschnittenes Gemüse oder Fleisch als Suppeneinlage.

92) Siehe dazu Zaugg-Prato, Rolf: Die Schweiz im Kampf gegen den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1918-1938, Diss., Bern, Frankfurt am Main, 1982, S. 92-103; Dreier, Werner: Zwischen Kaiser und «Führer». Vorarlberg im Umbruch 1918-1938, Beiträge zu Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs 6. Bregenz, 1986, S. 3 2 -45; Böhler, Ingrid: Die schweizerische Wirtschaftshilfe an Vorarlberg 1918-1921. In: Arbeitskreis f ü r regionale Geschichte (Hrsg.): Eidge-nossen helft euern B r ü d e r n in der Not! Vorarlbergs Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten 1918-1922. Feldkirch. 1990, S. 41-54.

Liechtenstein zur Zeit des Ersten Weltkriegs: Die R h e i n f ä h r e zwischen Salez und Ruggell i m Jahre 1917 mit dem Z o l l h ä u s c h e n auf der Schweizer Seite.

um sich über die Situation sowohl im Hinblick auf die Selbstversorgung als auch auf die Versorgung des Landes mit Lebensmitteln zu informieren.9 3 Stingelin legte auch die «Bedingungen des Eidge-nössischen Ernährungsamtes über die Belieferung des Fürstentums Liechtenstein mit Lebensmitteln»

zur Unterzeichnung vor. Dieses Dokument wurde in den Zeitungen veröffentlicht und die zu treffenden Anordnungen wurden in der Landesnotstandskom-mission beschlossen.9 4 Die Regierung teilte aus die-sem Grund allen Ortsvorstehern mit, dass die Lan-desnotstandskommission aufgrund der Vereinba-rung mit dem Schweizer Vertreter beschlossen habe, die von den Gemeinden gemäss Beschluss der Regierung vom 9. Januar 1919 durchgeführten Auf-nahmen der Bestände an Mais, Getreide und Mehl durch eine eigens dafür bestellte Kommission über-prüfen zu lassen.9 5

Das Eingreifen des schweizerischen Ernährungs-amtes zeigte rasch positive Auswirkungen. Bereits am 11. Januar traf ein Eisenbahnwaggon mit Mehl in Schaan ein. Diese Sendung wurde grösstenteils sofort in den einzelnen Gemeinden zum Verkauf freigegeben, ein Viertel dieser Nahrungsmittel wur-de in Schaan «für unvorhergesehene Fälle» magazi-niert.9 6 A m 17. Januar fand eine weitere Bespre-chung statt.97 Major Stingelin traf sich mit allen Ortsvorstehern und machte diese mit den näheren Bestimmungen über die Art und Weise der Durch-führung der Lebensmittellieferungen bekannt. Die Gemeinden wurden angehalten, «über alle Vorräte an Mais, Weizen und Korn genau Rechenschaft zu geben». Die ermittelten Maisvorräte Liechtensteins wurden auf einen Zeitraum von 24 Wochen verteilt.

Den Selbstproduzenten wurden von 100 Kilo Mais 50 Kilo zum Eigengebrauch überlassen. Als Selbst-versorger galt, wer pro Kopf seines Haushaltes zu-sammen mehr als 28 Klafter Mais, Getreide und Kartoffeln erntete oder mehr als eine Kuh hielt.9 8 Mehl wurde erst zugewiesen, wenn die eigenen Wei-zenvorräte aufgebraucht waren. Pro Kopf war ein Tagesverbrauch von 200 Gramm Mehl zulässig. Je-der Binnenhandel mit den aus Je-der Schweiz bezoge-nen Lebensmitteln oder eine Ausfuhr derselben war verboten.

Ab Sommer 1920 sind deutliche Hinweise auf eine Verbesserung der Ernährungslage festzustel-len. Schon im Januar hatte die Landesnotstands-kommission die Unterstützung Minderbemittelter für den Milchbezug aufgehoben, da «die meisten Ge-meinden bereits seit einiger Zeit keine solche Unter-stützung von Landeswegen mehr» anforderten.9 9

1921 erfolgten weitere Freigaben für Lebensmit-telexporte. Das schweizerische Ernährungsamt ver-fügte im Januar 1921, dass die Ausfuhr von Mehl aus der Schweiz ohne besondere Bewilligung ge-stattet sei.1 0 0 Im Februar 1921 suchte der Obst- und Gartenbauverein Mauren bei der Regierung um Freigabe der Ausfuhr von Kartoffeln nach.1 0 1 Als Be-gründung gaben die Gesuchsteller an, dass in Mau-ren und Schellenberg der Erlös aus dem Kartoffel-verkauf «von jeher eine Haupteinnahmsquelle» ge-wesen sei. Die Regierung konnte das Gesuch zu die-sem Zeitpunkt noch nicht bewilligen. Sie versprach aber, eine «fallweise Erledigung nach Massgabe der Versorgung des Landes» jeweils zu überprüfen.1 0 2 Gut fünf Wochen später beschloss der Landtag am 12. März 1921, die Ausfuhr von Kartoffeln freizuge-ben, die Ausfuhrbeschränkung für Eier und Butter aufzuheben und für Eier keine Ausfuhrtaxen mehr zu erheben.1 0 3

In den Jahren 1919 und 1920 musste der Staat enorme finanzielle Aufwendungen für die Lebens-mittelversorgung erbringen. Für das Jahr 1919 be-liefen sich die Ausgaben für die Notstandsmassnah-men auf 407 329 Kronen.1 0 4 Dabei fällt auf, dass für die direkte Unterstützung notleidender Familien nur noch ein geringer Betrag, nämlich 4214 Kronen ausbezahlt wurde. Dasselbe gilt für die Ausgabe im Bereich der Subvention für die Milchpreise (8603 Kronen). Grössere Summen wurden von den Lokal-notstandskommissionen für die einzelnen Gemein-den (78 082 Kronen) sowie für die Grenzbewachung (86 426 Kronen) beansprucht. Der Grossteil der Ge-samtausgaben im Bereich «Notstandsmassnah-men» aber, nämlich 286 659 Kronen - dies ist ein Anteil von 58 Prozent - musste für Teuerungszula-gen an Beamte und Lehrer aufgewendet werden.

Die grösste Belastung für das Staatsbudget ergab sich jedoch durch die Bezahlung der

Lebensmittel-lieferungen aus der Schweiz und aus Österreich.

Diese Ausgabe belief sich für das Jahr 1919 auf die horrende Summe von 593 772 Franken für die An-käufe aus der Schweiz. Allein für Mehl, Reis, Fett und Kartoffeln waren 521 681 Franken aufzuwen-den. Dazu kam ein Zinsaufwand von 61 999.- Fran-ken für die «schwebende Staatsschuld».

Die Aufwendungen für Notstandsmassnahmen fielen 1920 gegenüber dem Vorjahr bedeutend tiefer aus. Für die Unterstützung «an notleidende arme Familien» und für Zuwendungen an «bedürftige Fa-milien» mussten nur noch 14 852 Kronen aufge-wendet werden.1 0 5 Der Grossteil der Notstands-massnahmen fiel wie schon 1919 auf die Teuerungs-zulagen der Landesangestellten. Die Höhe der dafür aufzubringenden Summe machte aber nur noch ei-nen Bruchteil des 1919 erforderlichen Betrages aus, nämlich 24 665 Franken und 82 328 Kronen. Eine grössere Belastung brachten wiederum die Vor-schüsse für Lebensmittel, die sich auf 188 334 Fran-ken beliefen. Allein an das Eidgenössische Ernäh-rungsamt in Bern mussten 169 135 Franken bezahlt werden. Die Verzinsung der Staatsschuld für die auf-genommenen Darlehen bezifferten sich auf 15 085 Franken und 155 304 Kronen.

Die notwendigen Geldmittel konnten nur durch die Aufnahme von Darlehen und den Verkauf von Wertpapieren aufgebracht werden. Dieses Vorgehen konnte aber nur als kurzfristige Überbrückung die-nen. Für eine dauerhafte Lösung der Finanzproble-me des Staates mussten andere Wege beschritten werden.

STAATSFINANZEN

Die Staatsfmanzen Liechtensteins in den Jahren vor 1914 waren gesund. Die Landesrechnung schloss regelmässig mit einem ansehnlichen Überschuss ab. Dadurch konnte auch eine beträchtliche Finanz-reserve, welche als «Vermögen des Landes» bezeich-net wurde, geschaffen werden. Diese Reservegelder wurden in Kronen-Wertpapieren angelegt. Ab 1916 schloss die Landesrechnung mit einem Defizit.

Die Landesrechnung 1918 präsentierte sich rein zahlenmässig wieder in einem positiveren Bild. Die Einnahmen stiegen auf 511 237 Kronen, die Ausga-ben beliefen sich auf 450 991 Kronen. Wohl waren die Zolleinnahmen weiter auf 42 951 Kronen gesun-ken, was nicht einmal ganz dem vertraglich garan-tierten Minimalbeitrag Österreichs in der Höhe von 47 150 Kronen entsprach.

Der Grund für die positive Bilanz der Landes-rechnung waren die Einnahmen aus der Kriegsge-winnsteuer in der Höhe von 297 608 Kronen. Die Kriegsgewinnsteuer, welche in vielen Staaten

erho-93) LLA RE 1919/270, o. D. (Februar 1919), «Orientierung ü b e r den augenblicklichen Stand der Lebensmittelversorgung»; Bericht des Landesverwesers an den Fürsten.

94) Veröffentlicht in ON Nr. 3/18. Januar 1919.

95) LLA, RE SF Lebensmittelversorgung 13.10/1919, 22. Januar 1919. Die Kommission setzte sich aus Johann Hasler, Gamprin, und Johann Laternser, Vaduz, zusammen.

96) LLA RE 1919/270, o. D. (Februar 1919), «Orientierung über den augenblicklichen Stand der Lebensmittelversorgung»; Bericht des Landesverwesers an den Fürsten.

97) ON Nr. 4/25. Januar 1919.

98) Eine identische Vorschrift galt 1919 in Vorarlberg. Siehe Matt.

Werner und Platzgummer, Hanno: Geschichte der Stadt Dornbirn.

Dornbirn, 2002, Band II, S. 142 sowie Böhler, Ingrid; Schnetzler, Norbert: Hunger im Ländle: Das lange Ende des Ersten Weltkrieges in Vorarlberg 1918-1920/21. In: Zeitgeschichte, Jahrgang 26, Heft 2.

Innsbruck, 1999, S. 84, Anmerkung 30.

99) Kundmachung über den Beschluss der Landesnotstandskommis-sion vom 27. Januar 1920, Zahl 1496/E. In: ON Nr. 9/31. Januar 1920.

100) LLA RE 1921/371, 28. Januar 1921; Kundmachung der Regie-rung.

101) LLA RE 1921/442, 2. Februar 1921, Obst- und Gartenbauverein Mauren an Regierung.

102) LLA RE 1921/442, 2. Februar 1921, Regierung an Obst- und Gartenbauverein Mauren.

103) LLA RE 1921/999, 13. März 1921; Beschluss des Landtages vom 12. März 1921.

104) LLA AS, 14/79, Staatskassa-Hauptbuch 1919, Folio 238. Die folgenden Zahlenangaben für das Jahr 1919 sind derselben Quelle entnommen.

105) LLA AS, 14/80, Staatskassa-Hauptbuch 1920, Folio 184. Die folgenden Zahlenangaben für das Jahr 1920 sind derselben Quelle entnommen.

ben wurde, sollte die durch die Kriegskosten erhöh-ten Ausgaben ausgleichen. Auch die Schweiz hatte zu diesem Mittel der Geldbeschaffung gegriffen.1 0 6

In Österreich waren Steuererhöhungen und die Einführung neuer Steuern zur Sanierung der Staats-fmanzen schon in den früheren Kriegsjahren be-schlossen worden. Gemäss Artikel 2 des Staatsver-trages von 1876, welcher den österreichisch-liech-tensteinischen Zoll- und Steuerverein von 1852 fort-setzte, war Liechtenstein verpflichtet, «die einschlä-gigen österreichischen Gesetze sowie neue Gesetze dieser Art» zu ü b e r n e h m e n .1 0 7 Artikel 3 gestand Liechtenstein zu, dass die Erhöhung der Verzeh-rungssteuern oder die Einführung einer neuen sol-chen Steuer «nur im Einverständnisse mit Seiner Durchlaucht erfolgen» werde.1 0 8 Wenn kein Einver-ständnis erzielt wurde, so stand es jedem Vertrags-partner zu, den Vertrag zu kündigen.

Aufgrund dieser Bestimmungen waren in Liech-tenstein bereits früher Steuererhöhungen einge-führt worden. So kam es seit dem Sommer 1915 zu mehrfachen Erhöhungen des Branntweinsteuerzu-schlages. Das k. u. k. Ministerium des Äussern teilte der fürstlich-liechtensteinischen Hofkanzlei diese kaiserliche Verordnung jeweils mit, von Seiten Liechtensteins erfolgte das Einverständnis des Fürsten. Der Branntweinsteuerzuschlag erhöhte sich so vom Juni 1915 bis zum Mai 1917 von 70 Hel-ler auf zwei Kronen 90 HelHel-ler pro Liter.1 0 9

Vergleichbare Erhöhungen gab es für die «Bier-steuer» und für die «Zuckerverbrauchsabgabe».1 1 0 1916 führte Österreich eine «Zündmittelsteuer» und 1917 eine «Kohlesteuer» ein.1" Die liechtensteini-sche Regierung stellte zwar im Oktober 1916 fest, dass die österreichische Regierung wegen der «aus-serordentlichen Zeitverhältnisse» es übersehen habe, vor der Durchführung der neuen Bestimmun-gen über die Biersteuer und die Zündmittelsteuer in Liechtenstein das Einverständnis des Fürsten ein-zuholen.1 1 2 Die Regierung in Vaduz empfahl aber, die nachträgliche Zustimmung zu geben. Imhof be-fürchtete, dass man der österreichischen Regierung sonst «die Handhabe leihen würde, den für das Fürstentum sehr wertvollen Zoll- und Steuervertrag vorzeitig zu kündigen». Zudem erachtete Imhof es

als Vorteil, wenn der Staatskasse Liechtensteins durch die vorgesehene Steuererhöhung, bezie-hungsweise Neueinführung neue Einkünfte zuflies-sen würden. Der Fürst erteilte seine Zustimmung am 13. Oktober 1916.1 1 3 Mit Datum vom 26. Oktober 1916 machte die liechtensteinische Regierung kund, dass die österreichische Zündmittelsteuer auch in Liechtenstein gelte.1 1 4 Die Steuer wurde er-hoben auf Zündhölzer, Zündkerzchen, Taschenfeu-erzeuge sowie Tisch- und WandfeuTaschenfeu-erzeuge. Der For-derung des k. u. k. Aussenministeriums, dass Liech-tenstein auch die österreichischen Höchstpreise für diese Produkte übernehmen müsse, akzeptierte die liechtensteinische Regierung allerdings nicht.1 1 5 Noch im Juni 1919 stimmte der Fürst einer Erhö-hung der Steuer für Bier, Bierwürze, Wein und Wein-most und Branntwein zu. Zudem wurde die Steuer für Schaumwein festgesetzt und eine Steuer für So-dawasser und Limonade eingeführt.1 1 6

Der Vorstoss zur Einführung der Kriegsgewinn-steuer in Liechtenstein kam von der Finanzkommis-sion im Landtag vom 31. Dezember 1917.1 1 7 Land-tagspräsident Albert Schädler begründete den An-trag mit den bereits bei den grossen Viehverkaufser-lösen erhobenen Umlagegeldern. Schädler meinte,

Der Vorstoss zur Einführung der Kriegsgewinn-steuer in Liechtenstein kam von der Finanzkommis-sion im Landtag vom 31. Dezember 1917.1 1 7 Land-tagspräsident Albert Schädler begründete den An-trag mit den bereits bei den grossen Viehverkaufser-lösen erhobenen Umlagegeldern. Schädler meinte,