Skript zur Vorlesung
UNVOLLSTÄNDIGE ENTWURFSVERSION
13.Februar2008
Prof. Dr. HayeHinrihsen
Lehrstuhlfür Theoretishe Physik III
Fakultät für Physik undAstronomie
Universität Würzburg
Wintersemester06/07
Diesist dieaktuelle VersiondesSkriptszurVorlesung'Quantenmehanik I',dasihpar-
allelzurVorlesungshreibe.
ErgänzendeAbshnitte,dieüberdeneigentlihenVorlesungsstohinausgehen,sinddurh
drei Sternhen *** gekennzeihnet.
Skriptesindniefehlerfrei.Bitte helfenSiemitund benahrihtigen SiemihbeiFehlern
inden bereits vollständigenKapiteln perEmail.
(hinrihsen at physik uni-wuerzburg de).
VielenDank
H.Hinrihsen
Würzburg, Sommersemester 2007
HayeHinrihsenSkriptQuantentheorieI
1 Grundlagen 1
1.1 Vonderklassishen Physik zurQuantentheorie . . . 1
1.1.1 KlassishePhysik . . . 1
1.1.2 Prinzip derkleinstenWirkung. . . 2
1.1.3 Form desWirkungsfunktionals . . . 3
1.1.4 Quantentheorie: EineErklärung desPrinzips derkleinstenWirkung 4 1.1.5 DerMessprozess . . . 5
1.1.6 Kritikan derTheorie desMessprozesses . . . 6
1.1.7 Verträglihkeit mit anderenTheorien . . . 7
1.2 Wellenfunktionen . . . 8
1.2.1 Zeitentwiklung derAmplituden . . . 8
1.2.2 Punktförmiges Teilhen imPotential . . . 10
1.3 DieShrödingergleihung . . . 12
1.3.1 Allgemeine FormderShrödingergleihung . . . 12
1.3.2 Wahrsheinlihkeitsdihte, Kontinuitätsgleihung und Normierung derWellenfunktion . . . 12
1.3.3 Erwartungswerte . . . 14
1.3.4 EhrenfestshesTheorem . . . 16
1.4 Einfahe Quantensysteme . . . 16
1.4.1 Dasfreie Teilhen. . . 16
1.4.2 Derunendlihe hohe Potentialtopf . . . 20
1.5 Übungsaufgaben . . . 28
2 Formalismus 31 2.1 Zuständeund Operatorenim Hilbertraum . . . 31
2.1.1 Quantenmehanishe Zustände alsVektorenim Hilbertraum . . . . 31
2.1.2 Operatoren . . . 36
2.2 Messungen,ObservableundUnshärfe . . . 50
2.2.1 Observable . . . 50
2.2.2 Heisenberg-Algebra . . . 55
2.2.3 Darstellungen derHeisenberg-Algebra . . . 60
2.2.4 Dynamik . . . 66
3 Drehimpuls 73 3.1 Drehimpuls . . . 73
3.1.1 Räumlihe Drehungen:Die Gruppe SO(3) . . . 73
3.1.2 Räumlihe Drehungen inderQuantentheorie . . . 75
3.1.3 Drehimpulsalgebra . . . 77
3.1.4 Bahndrehimpuls . . . 82
3.2 Zentralfeldpotentiale . . . 84
3.2.1 AllgemeineFormulierung . . . 84
3.2.2 Dreidimensionalerharmonisher Oszillator . . . 87
3.2.3 Wasserstoatom . . . 90
3.2.4 Magnetfeld . . . 94
3.2.5 Eihinvariante Ankopplung . . . 94
3.2.6 HomogenesMagnetfeld. . . 95
4 Spin 97 4.1 Grundlagen . . . 97
4.1.1 Wasist Spin? . . . 97
4.1.2 Spin-
1 2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1004.1.3 Addition vonDrehimpulsen . . . 105
5 Vielteilhensysteme 113 5.1 Symmetrien vonVielteilhenzuständen . . . 113
5.1.1 Konstruktiondes Hilbertraums . . . 113
5.1.2 Messungen . . . 114
5.1.3 Austaushentartung . . . 115
5.1.4 EigenshaftendesTranspositionsoperators . . . 116
5.1.5 Symmetrisierungspostulat . . . 116
5.1.6 (Anti-)Symmetrisierungsoperator . . . 117
5.1.7 Pauli-Prinzip . . . 118
5.1.8 PeriodensystemderElemente . . . 119
5.1.9 Helium-Atom . . . 120
5.1.10 Statistiken* . . . 121
6 Näherungsmethoden 123 6.1 Zeitunabhängige Störungstheorie . . . 123
6.1.1 Formulierung desProblems . . . 123
6.1.2 Stationäre Störungsrehnung ohneEntartung . . . 124
6.1.3 Stationäre Störungsrehnung mitEntartung . . . 126
6.2 Zeitabhängige Störungstheorie . . . 127
6.2.1 Formulierung desProblems imWehselwirkungsbild . . . 127
6.2.2 Potenzreihenansatz . . . 127
6.2.3 Übergangswahrsheinlihkeiten . . . 128
6.2.4 Konstante Störungauf Intervall
[0, T ]
. . . . . . . . . . . . . . . . 1297 Streutheorie 131 7.1 Grundlagen . . . 131
7.1.1 Wirkungsquershnitt . . . 131
7.1.2 Annahmen . . . 132
7.1.3 Streuamplitude . . . 133
A Anhänge 135 A.1 Dira
δ
-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135A.2 Levi-Civita-Symbole . . . 136
A.3 DirekteSumme undTensorproduktvon Vektorräumen . . . 137
Die Quantentheorie ist die wohl wihtigste Errungenshaft der modernen Naturwissen-
shaften.Sieistvon fundamentalerBedeutung, dasieaufradikaleWeise dasdeterminis-
tishe Konzeptderklassishen Physik ersetzt. Die Quantentheorie istniht auf spezielle
Systeme beshränkt,sondern universell auf alle Phänomene inder Naturanwendbar.
In den vergangenen 100 Jahren hat die Quantentheorie einen beispiellosen Siegeszug
erlebt. Sie ist mit einer relativen Genauigkeit von
10 −12
veriziert worden, genauerals jede andere Theorie. Trotzdem ist die Interpretation der Quantentheorie bis heute
umstritten. Dereinfahzu verstehendepräziseFormalismus einerseitsund diekomplexe
Begriihkeit undInterpretationanderseitssindUrsahefür dieFaszination,welhedie
Quantentheorie ausstrahlt.
1.1 Von der klassishen Physik zur Quantentheorie
1.1.1 Klassishe Physik
Bevor wir uns der Quantentheorie zuwenden, wollen wir uns zunähst die Grundlagen
derklassishen Physik inErinnerung rufen.
DerBegri`klassish'wirdinderPhysikgleihbedeutendmit `nihtquantenmehanish'
verwendet.ZudenklassishenTheoriengehörendietheoretisheMehanikausderersten
unddieklassisheElektrodynamikausderzweitenKursvorlesung.Auhdiespezielleund
allgemeineRelativitätstheorie sindklassishe Theorien.
Klassishe Theorienberuhenauf folgenden grundlegendenAnnahmen:
•
Es gibteine objektivebeobahterunabhängige Realität.•
Die`Bühne'dieserRealitätistdie3+1-dimensionaleRaumzeit,indersihObjekte (Teilhen bzw. Felder)benden.•
DieDynamikdieserObjektefolgt bestimmtenRegelnundistdeterministish,d.h.beibekanntenAnfangsbedingungenistdieZeitentwiklung derBewegungvollstän-
digvorherbestimmt.
DieRegeln,welhe dieerlaubtenBewegungsabläufeharakterisieren,werdeninderklas-
sishenPhysikinFormvonBewegungsgleihungen formuliert.BeispielesinddieNewton-
shen Bewegungsgleihungen und dieMaxwell-Gleihungen. Siesind sobeshaen, dass
sie die Bewegung der Teilhen bzw. Felder im Prinzip bei bekanntenAnfangsbedingun-
gen für alle Zeiten eindeutig vorhersagen. Wenn mandieses Konzept in radikaler Weise
aufdiegesamteWeltanwendet,ersheintdasUniversumalseingigantishesUhrwerk,in
demalle Abläufevollständigdeterminiert sind sodass der`freieWille'desMenshen ei-
neIllusionist.DiesealsLaplae'sher Dämon bekanntgewordeneSihtweise wurdelange
Zeitim Grenzbereih zwishen Physik und Philosophie kontrovers diskutiert.
Im 19.Jahrhunderts kamalsneue Theorie dieThermodynamik hinzu, die sih dann im
20.JahrhundertzurklassishenstatistishenMehanikfortentwikelthat.Hierbetrahtet
komplexeVielteilhensysteme,derenZeitentwiklungzwarnohimPrinzip,jedohwegen
derhohenKomplexität inderPraxisnihtmehrvorhergesagtwerdenkann.DasVorher-
sagevermögen dieser Theorien beruht darauf, dass die Dynamik hinreihend komplexer
Systeme alseektivzufälliginterpretiertwerdenkann.Thermodynamikundstatistishe
Physik sind also nihtdeterministishe Theorien, deren probabilistishe Elemente aber
nur auf unserer unvollständigen Kenntnis des Systems beruhen, dem dennoh zumin-
destimPrinzipeinedeterministishe Dynamikzugrundeliegt. IndiesemSinnesindauh
Thermodynamik und statistishe Physik `klassishe'Theorien.
1.1.2 Prinzip der kleinsten Wirkung
x(t)
x
t t
x
t
2 1
1 2
A
B
realisierte Bahn
denkbare Bahnen
VonallendenkbarenBahnenvonAnah B
selektiertdasPrinzipderkleinstenWirkung
genaueine,diesogenannte klassisheBahn.
Klassishe Theorien folgen einem über-
greifendenKonstruktionsprinzip,demso
genannten Prinzip der kleinsten Wir-
kung. Als Beispiel betrahten wir einen
Massepunkt,dersihineinervorgegebe-
nen Zeitspanne von
A
nahB
bewegensoll(siehe Abbildung). Jeder denkbaren
Trajektorie
C
vonA
nahB
wirddabeieine reelle Zahl
S[ C ] ∈ R
zugeordnet, die als Wirkung (engl. ation) bezeih-net wird. Das Prinzip besagt, dass die-
jenigeTrajektorieinderNaturrealisiert
ist,derenWirkungimVergleihzuallen
anderendenkbaren Bahnen minimalist.
Eigentlih fordertdasPrinziplediglih,dassdieWirkungextremal ist,inderRegelhan-
delt es sih aber dabei um ein Minimum. Wie bei einer Kurve, in deren Minimum die
erste Ableitung vershwindet, darf sih demzufolgedieWirkung derrealisiertenTrajek-
torie bei einer innitesimalen Variation der Bahn
C → C + δ C
in erster Ordnung nihtändern, d.h.
δS = 0.
(1.1)DieWirkung
S[ C ]
isteinFunktional1,dadiekompletteTrajektorieC
aufeinereelleZahlabgebildet wird. AusderBedingung
δS = 0
lassensih Bewegungsgleihungen ableiten, dieinderRegelalspartielleDierentialgleihungen formuliertwerdenkönnenundderenLösungdierealisierteTrajektorie ist.DieseLösungist (von Spezialfällen abgesehen)bei
gegebenenAnfangsbedingungeneindeutig,sodassdasPrinzipderkleinstenWirkungdie
inderNaturrealisierte Bahnvollständigdeterminiert.
1
EineFunktion
f(x)
isteineAbbildung,dieeineZahlaufeineZahlabbildet.EinFunktionalF [f ]
isteineAbbildung,dieeineFunktion
f
aufeineZahlabbildet.DieArgumentevonFunktionalenwerden inekigenKlammerngeshrieben.Wie bereits erwähnt, ist dasPrinzip derkleinsten Wirkung niht auf die Mehanik von
Massepunkten beshränkt, sondern liegt allen klassishen Theorien als übergreifendes
Prinzip zugrunde. Dies gilt auh für Feldtheorien wie der Elektrodynamik.
C
ist dannnatürlih keine Trajektorie mehr, sondern steht für einen bestimmten raumzeitlihen
Feldverlauf, d.h. für eine bestimmte Konguration der Vektorfelder
E(~r, t) ~
undB(~r, t) ~
mit gewissen Randbedingungen. Auh die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie
lässtsihausdem Wirkungsprinzip ableiten.
Innihtrelativistishen Theorienwie derklassishenMehanik,indenen eseinenuniver-
selleZeit
t
gibt, wirddasWirkungsfunktional inderRegelals zeitlihesIntegralS[ C ] = Z t B
t A
L( C , t) dt
(1.2)geshrieben, wobei ist
L( C , t)
die so genannte Lagrangefunktion entlang der Trajekto- rieC
ist.DieLagrangefunktionkannalsWirkungsverbrauh proZeiteinheitinterpretiert werden. DasPrinzip derkleinstenWirkungδS = 0
führtdann aufdiebekannten Euler-Lagrange'shenDierentialgleihungen,derenLösungdiegesuhteklassisheTrajektorie
ist.
Zur Erinnerung: In der klassishen Mehanik haben Sie gelernt, wie man die Bewe-
gungsgleihungen von einem Wirkungsfunktional
S = R
dt L( ˙ q, q)
eines Teilhens in ei-ner Dimensionableitet. Dazu wird eine gegebene Bahn
q(t)
innitesimal durhq(t) → q(t) + δq(t)
variiert,wobeidieEndpunkteq(t 0 )
undq(t 1 )
festgehaltenwerden.DieWirkung ändertsihdabeizuniedrigsterOrdnunggemäÿδS = Z
dt
„ ∂L
∂q δq(t) + ∂L
∂ q ˙ δ q(t) ˙
«
.
(1.3)Da
q(t) ˙
undq(t)
niht unabhängigvoneinander sindmöhtemandieÄnderungallein inδq(t)
ausdrüken.Dieserreiht mandurhpartielleIntegrationdeszweitenTerms, wobei dieRandtermewegendervershwindendenVariationandenEndpunktenwegfällt.DaderverbleibendeAusdruk
δS = Z
dt
„ ∂L
∂q − d dt
∂L
∂ q ˙
«
δq(t)
(1.4)nahdemPrinzipder kleinstenWirkungvershwindensollunddieVariationen
δq(t)
un-abhängigsind, mussderIntegrandvershwinden.DarausfolgendieEuler-Lagrange'shen
Bewegungsgleihungen.
1.1.3 Form des Wirkungsfunktionals
Durh dasPrinzip derkleinstenWirkungwirddieProblemstellung aufeinehöhereEbe-
ne verlagert,dennstatt diephysikalishkorrekten Bewegungsgleihungen zu postulieren
gilt es nun, die korrekte Form des Wirkungsfunktionals anzugeben, aus dem diese Be-
wegungsgleihungen folgen. Dabei stellt sih heraus, dass die Natur möglihst einfahe
Wirkungsfunktionale bevorzugt. Dieses niht näher begründbare Streben der Natur ist
Inhalt des so genannten heuristishen Prinzips der Einfahheit, demzufolge das Wir-
kungsfunktional ausdeneinfahstennihttrivalenTermen(alsoinderRegelausTermen
niedrigster Ordnung) besteht,diemit denvorgegebenen Symmetrien desphysikalishen
Systemskompatibel sind.
DieLagrangefunktioneinesfreiennihtrelativistishenTeilhensistbeispielsweise
L( ˙ q) =
m
2 q ˙ 2
,wobeiderFaktor1/2
lediglihzumbequemerenDierenzierendient.Mitden Sym- metrien kompatibel wäre auh ein kompliziertes Polynom der FormL = P ∞
j=1 a j q ˙ 2j
,Symmetrie [Einheit℄ Erhaltungsgröÿe[Einheit℄
RäumliheTranslationsinvarianz[m℄ Impuls [kgm/s℄
ZeitliheTranslationsinvarianz[s℄ Energie[kgm
2
/s
2
℄
Rotation[dimensionslos℄ Drehimpuls [kgm
2
/s℄
Tabelle 1.1: DiewihtigstenSymmetrien undihrezugeordnetenErhaltungsgröÿen.
aberdie Natur ist soeingerihtet, dass nur derniedrigste Term quadratisher Ordnung
im Wirkungsfunktionalauftritt.
Wegen des heuristishen Prinzips der Einfahheit besitzen Wirkungsfunktionale häug
eine sehr kompakte Form. So ist z.B. ist die Wirkung eines elektromagnetishen Feldes
inderkovariantenFormulierungdurh
S = Z
d 4 x F µν F µν
(1.5)gegeben, wobei
F µν = ∂ µ A ν − ∂ ν A µ
der Feldstärketensor ist, in dessen Komponenten dieFelderE(~r, t) ~
undB(~r, t) ~
stehen.EbensoistdasWirkungsfunktionalderallgemeinen Relativitätstheorie nihts weiter als ein vierdimensionales raumzeitlihes Integral überden Rii-Krümmungsskalar
S ∝ R d 4 x √
− gR
2. In allen Fällen legt die Form des Wir-kungsfunktionalsdie realisierteBahnvollständigfest.
Die Wirkungist eine dimensionsbehaftete Gröÿe mit derSI-Einheit[kg m
2
/s℄.
1.1.4 Quantentheorie: Eine Erklärung des Prinzips der kleinsten Wirkung
WiebewerkstelligtesdieNatur,dieWirkungzuminimieren?DieQuantentheoriebeant-
wortet dieseFragedamit,dassdiesdurh Interferenzphänomenegeshieht.Dazuwerden
folgende Annahmen postuliert:
(a) InderNatur sindalle denkbaren Bewegungsabläufe simultanrealisiert.
(b) Jeder Bewegungsablauf
C
wirdmit einer komplexen Amplitudee iS(C)/ ~
gewihtet,wobei
S( C )
diedemBewegungsablaufzugeordnete Wirkung ist.Dabeiist~ = 1.054 571 6( ± 2) 10 −34
kgm2 /
seineneuefundamentaleKonstante,diealsPlank'shesWirkungsquantum bezeih-
netwird.
() Die komplexenAmplituden vershiedener Bewegungsabläufe überlagern sih addi-
tiv (Superpositionsprinzip).
(d) Bei einer Messung ist die Wahrsheinlihkeit eines Messergebnisses proportional
zum Betragsquadrat der Summe derAmplituden aller Bewegungsabläufe, die mit
dem Messergebnis kompatibel sind. Die Amplituden aller anderen Bewegungsab-
läufewerden aufNull gesetzt.
2
SelbstdasWirkungsfunktionaldesStandard-ModellsderElementarteilhenphysikmitseinerVielzahl
vonTeilhensortenundSymmetrienlässtsihnohbequemaufeinerSeiteabdruken.
Anshaulih lässt sih dieser Mehanismus am Beispiel einer Teilhenbewegung von
A
nah
B
folgendermaÿen vorstellen. DasimPunktA
startendeTeilhen verliert seineob-jektiveRealität,diedarinbesteht,zueinergegebenenZeitanirgendeinemkonkretenOrt
zu sein, vielmehr bewegt es sih in einer shwer zu begreifenden vielfahen Koexistenz
gleihzeitigaufallenBahnen.Esistdabeiwesentlih,dassdieseKoexistenzeinephysikali-
sheGegebenheitistundnihtetwawieinderstatistishenPhysikaufeinunvollständiges
Wissen des Beobahters zurükzuführen ist. Die Annahme, dass das Teilhen vielleiht
doh aufeiner bestimmtenBahnentlanglaufe, diesihlediglih unserer Kenntnis entzö-
ge,führtaufWidersprüheinderQuantentheorieundkannauhexperimentellwiderlegt
werden. Die Koexistenz aller Möglihkeiten auh Quantenparallelismus genannt ist
vielmehreinFaktumundkannsogartehnologishausgenutztwerden.Beispielsweisebe-
nutzen Quantenomputer denQuantenparallelismus zu einer hohgradig parallelisierten
Informationsverarbeitung.
Gemäÿ dem Postulat (b) ist wird die beshriebene Koexistenz aller denkbaren Bewe-
gungsabläufe durh einen Wellenmehanismus eingeshränkt. Dazu wird jedem Bewe-
gungsablaufeinequantenmehanisheAmplitudeinFormeinerkomplexenPhase
e iS(C)/ ~
zugeordnet, wobei
S( C )
nihtsanderes ist alsdie klassisheWirkung derBahn. UmdasArgument derExponentialfunktion dimensionsloszumahen,wirdeineneue fundamen-
tale Naturkonstante mit der Dimension einer Wirkung, das so genannte Plank'she
Wirkungsquantum
~
benötigt. Jedem der parallel existierenden Teilhen wird also ein komplexer Zeiger auf demEinheitskreis zugeordnet, dessen Stellung dem Wirkungsver-brauh modulo
2π ~
entlang derjeweiligen Bahnentspriht.Gemäÿ () sind diese komplexen Amplituden additiv und wie bei gewöhnlihen Wellen
linearsuperponierbar.Treen sihbeispielsweise zweiderparallel existierendenTrajek-
torien mit entgegengesetzter Zeigerstellung am gleihen Ort, so kommt es zu einer ge-
genseitigen Auslöshung.Eine Kernaussageder Quantentheorie besteht darin, dasssih
fast alle der parallel existierenden Teilhenbahnen gegenseitig durh negative Interfe-
renz auslöshen. Übrig bleiben lediglih Bahnen nahe der klassishen Bahnen mit einer
Standardabweihung von
S( C )
in der Gröÿenordnung von~
. Durh die Interferenz der Amplituden wird also der Quantenparallelismus erheblih eingeshränkt, jedoh nihtaufgehoben.
Da
~
extremkleinist,sindQuanteneektevorallembeiVorgängenmitkleiner Wirkung signikant,alsofürsehrkleineSystementypisherweiseunterhalbderNanometerskala.IndermakroskopishenAlltagswelt sheintdagegendieklassishePhysikzugelten,dieauf
diesenSkalenalseinesehrguteNäherungzubetrahtenist.DieserEektistvergleihbar
mit demÜbergangvon derWellenoptik zurgeometrishen Optik.
1.1.5 Der Messprozess
Postulat (d) beshreibt den Vorgang eines Messprozesses und stellt damit einen Bezug
zwishen derQuantenweltundeinembeobahtendenmakroskopishen Subjekther.Aus-
gangspunktistdieempirisheTatsahe,dasseinmakroskopishesMessgerätrealexistie-
rendeMesswerte anzeigt.Ein Geigerzähler klikt oderer klikt niht, jedoh beobahtet
mannieeine KoexistenzbeiderMöglihkeiten. Ebensozeigt derZeiger einesMessgeräts
auf eine bestimmte Zahlund niht auf mehrereZahlenwerte gleihzeitig. Nohniemand
x(t)
x
t t
x
t
2 1
1 2
A
B x(t)
x
t t
x
t
2 1
1 2
A
B
t x
Abbildung 1.1: Links:VonallendenkbarenBahnenlöshensihdiemeistendurhdestruktiveInter-
ferenzaus,übrigbleibendieBahnennahederklassishenBahnenindemrotshraf-
ertenBereih.Dieser BereihhateineUnshärfeinderzugeordnetenWirkung von
der Gröÿenordnung
~
, ist aberanders als in der Zeihnung dargestellt niht sharf begrenzt.Rehts:BeieinerMessungzumZeitpunktt
kollabiertderQuantenparalle- lismuskoexistierenderBahnenaufeinenPunktx
,derdemMessergebnisentspriht.hat den Zeiger eines Messgerätesinmehrerensimultan koexistierendenStellungen gese-
hen.MessgerätesindalsomakroskopisheObjekte,diedenRegelnderklassishenPhysik
gehorhen.
DasPostulatfürdenMessprozess(d)nimmtdeshalbeineTrennungzwishendemQuan-
tensystemeinerseitsunddemklassishen Messapparatandererseitsvor.AufdasBeispiel
einer Teilhenbewegung bezogen beshreibt das Postulat, was passiert, wenn man tat-
sählih durh Messung nahshaut, wo sih das Teilhen zum Zeitpunkt
t
bendet.Das Ergebnis ist zufällig und die Leistungsfähigkeit der Quantentheorie besteht darin,
dieWahrsheinlihkeiten für die Ergebnisse vorherzusagen. Mit demMessprozesserhält
dieQuantentheorie also eineprobabilistishe Komponente. DieWahrsheinlihkeit eines
Ergebnisses ist dabeiproportional zum Betragsquadrat deraufsummierten Amplituden
allerBewegungsabläufe, diezu diesem Ergebnisführenwürden.
In demMoment, zu dem dieMessung vorgenommen wird, werden dieAmplituden aller
Bewegungsabläufe, die niht zu dem festgestellten Messergebnis geführt hätten, gleih
Null gesetzt. Eine unmittelbare Wiederholung der Messung würde also wiederum zum
gleihen Ergebnis führen. Durh eine Messung kollabiert also derQuantenparallelismus
einer Vielzahl von möglihen Realisierungen in eine bestimmte, nämlih die gemesse-
ne Realisierung. Dieser sogenannte Kollaps derWellenfunktion vollzieht sih instantan
(sieheAbb.1.1).
Die Quantentheorie untersheidet sih von der klassishen Physik insofern, als dass ein
MessprozessevonSpezialfällenabgesehenimmerdaszuuntersuhende Systemdurhden
KollapsderAmplituden beeinusstbzw. stört.
1.1.6 Kritik an der Theorie des Messprozesses
Vor allem die Rolle des Messprozesses wird bis heute kontrovers diskutiert und es ist
anzunehmen, dass das Postulat (d) in der jetzigen Form keinen dauerhaften Bestand
haben wird. Problematish ist einerseits die Aufspaltung der Welt in Quantensysteme
undklassisheMessapparateundbeobahtendeSubjekte.Unklarbleibt,wodieseGrenze
Abbildung 1.2: ShrödingersKatze[Quelle:TUBerlin℄
genau anzusiedeln ist.
Johann von Neumann hat bereits frühzeitig gezeigt, dass eine solhe Grenze, wenn sie
denn existiert, vershiebbar ist. Dohauh die Vershiebbarkeit derGrenze löst die be-
griihen Shwierigkeiten niht auf.Diese wurden ineinem berühmten Gedankenexpe-
riment von Erwin Shrödinger auf den Punkt gebraht: Man betrahte eine Katze, die
zusammenmit einem Geigerzähler undeinem radioaktivenPräparat ineinergeshlosse-
nen Kiste eingesperrt ist. Der Geigerzähler triggert eine Vorrihtung, welhe die Katze
tötet. Die Kiste symbolisiert hier die besagte Grenze zwishen Quantenwelt und Be-
obahter. Gemäÿ den obigen Postulaten kommt es in der geshlossenen Kiste zu einer
Koexistenzder lebenden und der toten Katze, die Katze ist gewissermaÿen gleihzeitig
tot und lebendig. Erst wenn man den Dekel önet um nahzushauen, wenn man al-
soeineMessungvornimmt,kollabiertdiese quantenmehanishe Superpositionentweder
auf die tote oder auf die lebendige Katze mit Wahrsheinlihkeiten, die sih aus den
Betragsquadratenderentsprehenden Amplituden ergeben.
Kritisiert wurdeauh,dass sihdieserKollaps instantan vollzieht, alsomit Überlihtge-
shwindigkeit. Allerdings kannman zeigen, dassman aufdiese Weise keine Information
übertragen kann, sodass die Postulate der Relativitätstheorie inihrem Kern niht ver-
letztwerden.
1.1.7 Verträglihkeit mit anderen Theorien
VonihremAnsatz heristdieQuantentheorie universell anwendbaraufalle Systeme,die
einen Kongurationsraum (= Raumallermöglihen Bahnen) und eindarauf deniertes
Wirkungsfunktional besitzen. Im Prinzip kann also die Quantentheorie auf alle klassi-
shen physikalishen Theorienangewendetwerden. Oballerdingseinesolhe `Quantisie-
rung' gelingt, hängt davon ab,ob die dabeiauftretende Summe überalle Konguratio-
nenkonvergiertoderzumindestaufgeeigneteWeiserenormiertwerdenkann.ImFallder
Elektrodynamik ist dies möglih, und hat zur Entwiklung der Quantenelektrodynamik
geführt. WeitereBeispielesind dieQuantenhromodynamik und dasdarausentstandene
Standard-Modell der Elementarteilhenphysik. Dagegen ist eine Quantisierung der all-
gemeinen Relativitätstheorie bislang niht gelungen. Im Gegensatz zu den vorherigen
Beispielen, bei denen es zu einem Quantenparallelismus von Objekten (Teilhen, Fel-
der) ineiner ungekrümmten Raumzeit kommt, führt dieQuantisierung der Gravitation
zu einem Parallelismus vershiedener Raumzeitkrümmungen,d.h. einequantenmehani-
sheKoexistenzvershiedenerraumzeitliherRealisierungen.Esstelltsihjedohheraus,
dass die Summe übersolh eine uktuierende Raumzeit zu unphysikalishen Divergen-
zen führt. Eine Theorie der Quantengravitation zu entwikeln gilt heute als eines der
wihtigsten ungelösten Problemedertheoretishen Physik.
1.2 Wellenfunktionen
Da die Postulate (a)-() keine probabilistishen Elemente enthalten, ist es möglih, die
quantenmehanishen Amplituden mitHilfe desWirkungsfunktionalsexaktvorherzube-
rehnen,solange keineMessungstattndet. Wiemandiese Amplitudenberehnen kann,
sollnun amBeispiel einesMassepunktes ineiner Dimensiongezeigtwerden.
Eine wihtige Gröÿe ist die Summe der Amplituden aller Bahnen eines Teilhens von
einemgegebenen Startpunkt
(x 1 , t 1 )
biszueinem beliebigenraumzeitlihen Punkt(x, t)
.DieseGröÿe wirdalsWellenfunktion bezeihnetund übliherweise mit demgriehishen
Buhstaben
ψ
geshrieben. DieWellenfunktion ist bisauf Normierung gegeben durhψ(x, t) ∝ X
C (x 1 ,t 1) →(x,t)
exp i
~ S[ C (x 1 ,t 1 )→(x,t) ]
,
(1.6)wobei über alle möglihen Bahnen
C (x 1 ,t 1 )→(x,t)
von(x 1 , t 1 )
nah(x, t)
summiert wird.In dieser etwas vereinfahten Shreibweise bleibt es allerdings oen, wie diese Summe
über unendlih viele denkbare Bahnen konkret auszuführen ist und wie die einzelnen
Bahnendabeizugewihtensind.IneinerpräziserenFormulierung, dieüberdenRahmen
dieser Vorlesung hinausginge, handelt es sih bei dieser Summe um ein so genanntes
Pfadintegral,dasmit MethodenderFunktionalanalysiszubehandelnist.Dohauh mit
denim4.SemesterzurVerfügungstehendenMethodenistesmöglih,dieZeitentwiklung
derWellenfunktion abzuleiten,wie im folgendenAbshnitt gezeigtwird.
1.2.1 Zeitentwiklung der Amplituden
Um dieZeitentwiklung der Wellenfunktion zu berehnen, betrahten wirein innitesi-
malesZeitintervall
[t, t + τ ]
im Limesτ → 0
und stellen dieFrage, welher Veränderungdie Wellenfunktion während dieser Zeitdauer unterworfen ist, wie sih also
ψ(x, t + τ )
von
ψ(x, t)
untersheidet.Dabeilässtsihausnutzen,dassdieWirkungeinerBahngleih derSummederWirkungen ihrerTeilstükeist,dassalsoS[ C A→C ] = S[ C A→B ] + S[ C B→C ]
ist.Im vorliegenden Fall lässtsihalso dieWirkung inzwei Anteile aufspalten:
S[ C (x 1 ,t 1 )→(x,t+τ ) ] = S[ C (x 1 ,t 1 )→(x ′ ,t) ] + S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ] .
(1.7)DaAmplituden exponentiell von derWirkung abhängen, multiplizieren sih demzufolge
dieentsprehendenAmplitudenderTeilstüke,d.h.dieAmplitudeeinergegebenenBahn
ist gleih
exp i
~ S[ C (x 1 ,t 1 )→(x ′ ,t) ]
exp i
~ S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ]
.
x(t)
x
t t
1 1
x(t)
x
t t
1 1
x
t
ψ (x,t)
x
t t+ τ
Abbildung 1.3: Links: Die Summe der quantenmehanishen Amplituden aller Bahnen, die vom
StartpunktbiszumPunkt
(x, t)
laufen,denierteineFunktionψ(x, t)
,diealsWellen-funktionbezeihnet wird.Rehts: DieAbleitungeiner Dierentialgleihung für die
Wellenfunktionberuhtauf derAnnahme,dass dieBahnenaufeineminnitesimalen
Zeitintervall der Breite
τ
annähernd geradliniggleihförmigeBewegungen repräsen- tieren.EbensolässtsihdieSummeüberalleBahneninGl.(1.6)inzweiEinzelsummenzerlegen:
ψ(x, t + τ ) ∝
Z +∞
−∞
dx ′ X
C (x 1 ,t 1)→ (x′,t)
X
C (x′,t) → (x,t+τ)
exp i
~ S[ C (x 1 ,t 1 )→(x ′ ,t) ]
× exp i
~ S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ]
.
(1.8)Dabeiist
x ′
diePosition zurZeitt
,an derdie beidenTeilstüke derjeweilsbetrahteten Bahnverbundensind. Daüberalledenkbaren Bahnensummiertwerdensoll,mussauhüber dieAnshlussstelle
x ′
integriert werden.Durh `Ausklammern' faktorisiertderIntegrand undmanerhält
ψ(x, t + τ ) ∝
Z +∞
−∞
dx ′
X
C (x 1 ,t 1) →(x′,t)
exp i
~ S[ C (x 1 ,t 1 )→(x ′ ,t) ]
| {z }
∝ ψ(x ′ ,t)
×
X
C (x ′ ,t)→(x,t+τ)
exp i
~ S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ]
,
(1.9)wobeiderAusdrukinderersten ekigen Klammer proportionalzurWellenfunktionzur
Zeit
t
ist, also bleibt nur die Integration überx ′
sowie die Summe über alle Bahneninnerhalbderinnitesimalen Zeitspanne
τ
übrig:ψ(x, t + τ ) ∝ Z +∞
−∞
dx ′ ψ(x ′ , t) X
C (x′,t)→(x,t+τ)
exp i
~ S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ]
.
(1.10)Dabeilässt sih dieWirkung
S[ C (x ′ ,t)→(x,t+τ) ] = Z t+τ
t
dt ′ L x(t ˙ ′ ), x(t ′ )
(1.11)
alszeitlihes IntegralüberdieLagrangefunktion
L( ˙ x, x)
shreiben,von derwirderEin-fahheit halberannehmen,dasssie niht explizitvon derZeitabhängt.
Die wesentlihe Annahme, mit der wir nun eine Dierentialgleihung ableiten werden,
besteht darin, dass die Bahnen stetig dierenzierbar sind. Dies hat zur Folge, dass die
BewegunginnerhalbdesinnitesimalenZeitintervalls
[t, t + τ ]
alsgeradliniggleihförmig angesehen werden kann (siehe Abb. 1.3), dass sih also die Lagrangefunktion währenddieserkurzenZeitspannenihtwesentlihändert.WirkönnenalsoindemobigenIntegral
dieGeshwindigkeit
x(t ˙ ′ )
unddie Positionx(t ′ )
imLimesτ → 0
durh ihre Mittelwerte ersetzen:˙
x(t ′ ) ≈ x − x ′
τ , x(t ′ ) ≈ x + x ′
2 t ′ ∈ [t, t + τ ]
.
(1.12)Weil die Summanden in der Summe
P
C (x′,t)→(x,t+τ)
dann niht mehr von der jeweiligenBahnabhängen,liefertdieSummenbildung ledigliheinenkonstantenFaktor,derinder
Normierung von
ψ
absorbiert werden kann.Damitvereinfaht sih dasIntegral zuψ(x, t + τ ) = 1
N Z +∞
−∞
dx ′ exp i
~ τ L x − x ′
τ , x + x ′ 2
ψ(x ′ , t) ,
(1.13)wobei
N
einegeeigneteNormierungskonstanteist,dienohzuberehnenist.Wiemanse- henkann,habenwiraufdieseWeisealleauftretenden`SummenüberBahnen'eliminierenkönnen und erhalten eine Integralgleihung für die Zeitentwiklung derWellenfunktion
mit einem oszillierendenIntegralkern.
1.2.2 Punktförmiges Teilhen im Potential
DieGleihung(1.13)lässtsihimLimes
τ → 0
ineinepartielleDierentialgleihungüber- führen. Weil diese Rehnung involler Allgemeinheit für beliebige Lagrange-Funktionensehr aufwendig ist, wollen wir uns hier auf den Spezialfalleines Massepunktesineinem
eindimensionalen Potential
V (x)
beshränken. In diesem Fall hat die Lagrangefunktion dieFormL( ˙ x, x) = m
2 x ˙ 2 − V (x) .
(1.14)und dieIntegralgleihung lautet
ψ(x, t + τ ) = 1 N
Z +∞
−∞
dx ′ exp i
~ τ m 2
(x − x ′ ) 2
τ 2 − V ( x + x ′ 2 )
ψ(x ′ , t) .
(1.15)Mit der Substitution
x ′ = x + a
kann diese Gleihung etwas kompakter geshriebenwerden als
ψ(x, t + τ ) = 1 N
Z +∞
−∞
da exp ima 2
2 ~ τ
exp
− i τ
~ V (x + a/2)
ψ(x + a, t).
(1.16)Im Argument der ersten Exponentialfunktion sehen wir, dass
τ
wiea 2
skaliert. Wirentwikeln deshalb die linke Seite und die im Integranden auftretenden Terme bis zur
ersten Ordnung in
τ
undbis zurzweiten Ordnung ina
:ψ(x, t + τ ) = ψ(x, t) + τ ∂ t ψ(x, t) + O (τ 2 )
(1.17)exp h
− i τ
~ V (x + a/2) i
= 1 − i τ
~ V (x) + O (τ 2 )
(1.18)ψ(x + a, t) = ψ + a∂ x ψ(x, t) + a 2
2 ∂ x 2 ψ(x, t) + O (a 3 ).
(1.19)Mitdiesen Näherungen erhaltenwir:
ψ(x, t) + τ ∂ t ψ(x, t) = 1 N
Z +∞
−∞
da exp h ima 2 2 ~ τ
i 1 − i τ
~ V (x)
(1.20)
×
ψ(x, t) + a∂ x ψ(x, t) + a 2
2 ∂ x 2 ψ(x, t)
+ O (τ 2 , a 3 ).
Die hierinzulösenden Integralesind von derForm
Z
da e iγa 2 , Z
da a e iγa 2 , Z
da a 2 e iγa 2 ,
(1.21)wobei
γ = m/2 ~ τ
ist.Bemerkung: DieBerehnung solher shnell oszillierenden Integraleistnihttrivial, da
sie nihtkonvergieren.Ein ähnlihes Problem kennenSie bereits imZusammenhangmit
kontinuierlihenFourier-Transformationen.BeispielsweiseistdasoszillierendeIntegral
Z ∞
−∞
dk e ikx
nihtkonvergent,dennohbenutztman,dassesgleih
2πδ(x)
ist.UmzudiesemErgebniszu gelangen, müssen oszillierende Integrale geeignet regularisiert werden. Dies kann bei-
spielsweise durh eine shwahe exponentielle Dämpfung geshehen, deren Koezienten
man anshlieÿendgegen Null gehenlässt. Imvorliegenden Fall bietet sihvor allem die
analytishe Fortsetzung an. Dazu setzen wir
γ = ik
mitk > 0
, berehnen das nunmehrGauÿ'sheIntegralundmahenshlieÿlihdieSubstitutionrükgängig.Manerhält:
Z ∞
−∞
da e iγa 2 = p iπ/γ ,
Z ∞
−∞
da a e iγa 2 = 0 , Z ∞
−∞
da a 2 e iγa 2 = 1 2
p − iπ/γ 3 .
(1.22)Zunähst vergleiht man die Terme nullter Ordnung in Gleihung (1.20), indem man
a = τ = 0
setzt.Damanauf derrehtenSeite vonψ(x, t) = 1
N Z +∞
−∞
da exp h ima 2 2 ~ τ
i ψ(x, t)
(1.23)die Wellenfunktion vor das Integral ziehen kann, erhält man einen Ausdruk für die
Normierungskonstante:
N =
r 2πi ~ τ
m .
(1.24)SetztmandiesesErgebnisinGl.(1.20)undführtmitHilfevonGl.(1.22)dieauftretenden
Integrale aus,soerhält man:
ψ(x, t) + τ ∂ t ψ(x, t) = 1 − i τ
~ V (x) ψ(x, t) + i ~ τ
2m ∂ x 2 ψ(x, t)
+ O (τ 2 ).
(1.25)Ein Vergleih derTerme erster Ordnung führtauf diepartielleDierentialgleihung
i ~ ∂ t ψ(x, t) = − ~ 2
2m ∂ x 2 ψ(x, t) + V (x)ψ(x, t).
(1.26)DiesistdieShrödingergleihung,diewirhieralleinausdenPostulatenderQuantentheo-
rieabgeleitethaben.DieShrödingergleihungisteinepartielleDierentialgleihung,wel-
hedieZeitentwiklungderWellenfunktioneinesTeilhensineinemPotentialbeshreibt.
Siewirdauh häug alszeitabhängige Shrödingergleihung bezeihnet.
1.3 Die Shrödingergleihung
1.3.1 Allgemeine Form der Shrödingergleihung
DieimvorherigenAbshnittabgeleiteteShrödingergleihunggiltfürdenSpezialfalleines
MassepunktsineinerDimension, dersih ineinem Potential
V (x)
bewegt.Auf ähnliheWeise lieÿesih auh für kompliziertereSysteme inhöheren Dimensioneneine geeignete
Shrödingergleihung für die Zeitentwiklung einer Wellenfunktion
ψ(~x , t)
ableiten. BeieinersolhenRehnung,aufdieimRahmendieserVorlesungverzihtetwerdensoll,stellt
sih heraus, dass die rehte Seite der Shrödingergleihung stetseine ähnlihe Struktur
besitztwie dieHamiltonfunktion
H(~ p , ~x )
desbetrahteten Systems.ZurErinnerung:DieHamiltonfunktion
H (~ p , ~ x )
gehtausderLagrangefunktionL( ˙ ~x, ~ x )
durheineLegendretransformation hervor, wobei
~ p
derdurhp i = ∂L/∂x i
gegebenege-neralisierteImpulsist. ImRegelfallist
H = T + V
gleihderGesamtenergiedesSystems.Diesbedeutetkonkret, dasssih dieShrödingergleihung stetsin derForm
i ~ ∂ t ψ(~x , t) = H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t)
(1.27)shreibenlässt, d.h. aufderrehtenSeite steht dieHamiltonfunktion inwelher derIm-
puls
~ p
formal durh den Gradienten− i ~ ∇
ersetzt worden ist. DieseHamiltonfunktion, die nunmehr Dierentialoperatoren enthält, wird dann auf die Wellenfunktionψ(~x , t)
angewandt.Oenbar wirddadurhderinGl.(1.26)behandelteSpezialfallkorrektrepro-
duziert.
Diesesformale`Kohrezept'istbereitsfrühzeitigvonNielsBohrformuliertwordenundist
heute als Bohrshes Korrespondenzprinzip bekannt. Diesem Rezept zufolge erhält man
die korrekte Wellengleihung, indem man in der klassishen Energie-Impuls-Beziehung
(hier
H = E
)die formaleSubstitutionenE → i ~ ∂ t , ~ p → − i ~ ∇
(1.28)vornimmt und beide Seiten auf eine Wellenfunktion anwendet. Ein klassishesProblem
kann also quantisiert werden, indem man die Erhaltungsgröÿen formal durh geeignete
Ableitungsoperatorenersetzt.
1.3.2 Wahrsheinlihkeitsdihte,Kontinuitätsgleihung und Normierung
der Wellenfunktion
GemäÿPostulat(d)istdieWahrsheinlihkeitpro Volumen,beieinerMessungdasTeil-
henzurZeit
t
amOrt~x
zunden,proportionalzumBetragsquadrat deraufsummierten AmplitudenderBahnen,diezurZeitt
denPunkt~x
erreihen.DajeneSummeabernihtsanderes ist als die Wellenfunktion, ist dieWahrsheinlihkeitsdihte, die wirmit
ρ(~x , t)
bezeihnen wollen, durh
ρ(~x , t) = ψ ∗ (~x , t)ψ(~x , t) ,
(1.29)gegeben,wobei`*' wie üblihfür diekomplexeKonjugation steht.
WeildasTeilhenzueinemgegebenenZeitpunktirgendwoimSystemzundenseinmuss,
istdasräumliheIntegralüberdieWahrsheinlihkeitsdihteimmergleih1,woraussih
unmittelbar eineNormierungsbedingung für dieWellenfunktion ergibt:
Z
d 3 x ρ(~x , t) = Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t)ψ(~x , t) = 1 .
(1.30)Man benutztfür diese Normauh dieNotation
|| ψ || = R
d 3 x ψ ∗ (~x , t)ψ(~x , t) = 1
.OenbaristdieInterpretationvon
ρ(~x , t)
alsWahrsheinlihkeitsdihtenurdannsinnvoll, wenn sihdieNormierung beifortshreitender Zeitniht ändert, wenn alsod dt
Z
d 3 x ρ(~x , t) = Z
d 3 x ∂ t ρ(~x , t) = 0
(1.31)ist. Die Shrödingergleihung sollte also so beshaensein, dass sie dieNormierung der
Wellenfunktion erhält.
Umdies zu überprüfen,leiten wirzunähst eineDierentialgleihung für die lokale Än-
derungderWahrsheinlihkeitsdihte ab.Dazubetrahtetmandiezeitlihe Ableitung
∂ t ρ(~x , t) = ∂ t
ψ ∗ (~x , t)ψ(~x , t)
=
∂ t ψ(~x , t) ∗
ψ(~x , t) + ψ ∗ (~x , t)
∂ t ψ(~x , t)
(1.32)
oderkurz
ρ ˙ = ˙ ψ ∗ ψ + ψ ∗ ψ ˙
.Setzt manhier dieShrödingergleihung (1.27) ein,soerhält man∂ t ρ(~x , t) = h 1
i ~ H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t) i ∗
ψ(~x , t) + ψ ∗ (~x , t) h 1
i ~ H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t) i
= 1 i ~
− h
H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t) i ∗
ψ(~x , t) + ψ ∗ (~x , t) h
H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t) i .
InvielenFällen setztsihdieHamiltonfunktion auskinetisherundpotentiellerEnergie
zusammen, d.h.
H − i ~ ∇ , ~x
ψ(~x , t) = − ~ 2
2m ∇ 2 ψ(~x , t) + V (~x ) ψ(~x , t).
(1.33)DabeimEinsetzen dieTerme mit derpotentiellen Energie herausfallen, gelangt manzu
∂ t ρ(~x , t) = ~ 2mi
h ∇ 2 ψ(~x , t) i ∗
ψ(~x , t) − ψ ∗ (~x , t) h
∇ 2 ψ(~x , t) i
(1.34)
oderkurz
˙ ρ = ~
2mi (ψ ∇ 2 ψ ∗ − ψ ∗ ∇ 2 ψ) .
(1.35)Wegen
∇ ·
( ∇ ψ ∗ )ψ − ψ ∗ ∇ ψ
= ( ∇ 2 ψ ∗ )ψ + ∇ ψ ∗ ∇ ψ − ∇ ψ ∗ ∇ ψ − ψ ∗ ( ∇ 2 ψ)
= ψ ∇ 2 ψ ∗ − ψ ∗ ∇ 2 ψ
(1.36)kannman Gl.(1.35) shreiben als 3
˙ ρ = ~
2mi ∇ · h
( ∇ ψ ∗ )ψ − ψ ∗ ∇ ψ i
,
(1.37)3
ImFolgendenwollenwirdieKonventionverwenden,dasseinDierentialoperatorstetsaufalleFunk-
tionennahrehts wirkt.
∇ f (~ x )g(~ x )
wirktbeispielsweise sowohl auff
als auhaufg
,so dass dieProduktregel anzuwenden ist. Davon abweihend deuten runde Klammern an, dass der Operator
nuraufdieAnteileinnerhalbderKlammerwirkt,sowirktbeispielsweisederDierentialoperatorin
( ∇ f(~ x ))g(~ x)
nuraufdieFunktionf
.also alsGradient einer Funktion. MitderDenition derWahrsheinlihkeitsstromdihte
~j = ~ 2mi
ψ ∗ ∇ ψ − ( ∇ ψ ∗ )ψ
(1.38)
gelangt manzurKontinuitätsgleihung
∂
∂t ρ(~x , t) + ∇ · ~j (~x , t) = 0
(1.39)diesih auh kurzals
ρ ˙ + ∇ · ~j = 0
shreibenlässt. DieKontinuitätsgleihung drüktdie Erhaltung derNormierung derWahrsheinlihkeitsdihte indierentieller Form aus.Bemerkung:AusderElektrodynamikwissenSie,dassmanErhaltungssätzesowohllokal
durhKontinuitätsgleihungenalsauhglobalmitHilfe vonIntegralenformulierenkann.
UmdieintegraleFormzugewinnen,integriertmandieWahrsheinlihkeitsdihteüberein
vorgegebenesVolumen
V
undwendetdenGauÿshenIntegralsatzand dt
Z
V
d 3 x ρ(~ x , t) = Z
V
d 3 x ∂
∂t ρ(~ x , t) = − Z
V
d 3 x ∇ · ~j (~ x , t) = − I
∂V
~j (~ x , t) d S. ~
(1.40)wobei
∂V
dieOberäheundd S ~
einOberähenelementbezeihnet.DiezeitliheÄnderung der Aufenthaltwahrsheinlihkeit des Teilhens im VolumenV
istalso gleih demWahr-sheinlihkeitsuÿ durhdieOberähe
∂V
.ErstrektsihV
überdenganzen zurVerfü-gungstehendenRaum,vershwindetdierehteSeiteundmanerhältdieBedingung(1.31).
Damitistnahgewiesen,dassdieShrödingergleihungdieNormierungerhält.
1.3.3 Erwartungswerte
Erwartungswert bei Ortsmessung
GemäÿdemPostulat(d)istdaskonkreteErgebniseinerMessungimAllgemeinenunvor-
hersagbar, jedoh kann dieWahrsheinlihkeitsverteilung für dieMessergebnissebereh-
net werden. Bei der Messung des Aufenthaltsortes
~x
ist diese Verteilung gerade durhdieWahrsheinlihkeitsdihte
ρ(~x , t)
gegeben.VonbesonderemInteresseistinvielenFällendaszuerwartendearithmetisheMittelder
Messwerte,dersogenannteErwartungswert einerMessung.Oenbarwirdmanbeieiner
Messung desAufenthaltsortesim MitteldasErgebnis
~x (t) =
R d 3 x ~x ρ(~x , t) R d 3 x ρ(~x , t) =
R d 3 x ψ ∗ (~x , t) ~x ψ(~x , t)
R d 3 x ψ ∗ (~x , t)ψ(~x , t)
(1.41)erhalten,wobeidieNennergleih 1sindsofern dieWellenfunktionbzw. dieWahrshein-
lihkeitsdihte bereitskorrektnormiertist,waswirindenfolgendenAbshnittenvoraus-
setzen wollen.
Erwartungswert bei Impulsmessung
Auf ähnlihe Weise können wir den Erwartungswert der Geshwindigkeit
~x ˙
bzw. desImpulses
p ~
eines Teilhens ermitteln. Oenbar ist~
p (t) = m ~x(t) = ˙ m Z
d 3 x ~x ∂
∂t ρ(~x , t) = − m Z
d 3 x ~x ∇ · ~j (~x , t) ,
(1.42)wobei im letzten Shritt die Kontinuitätsgleihung eingesetzt wurde. Durh komponen-
tenweise partielle Integration geht dieser Ausdrukin
~
p (t) = +m Z
d 3 x~j (~x , t) = ~ 2i
Z
d 3 x ψ ∗ ∇ ψ − ψ ∇ ψ ∗
(1.43)
über, alsoineinRaumintegralüberdieWahrsheinlihkeitsströme. Dabeiwurdevoraus-
gesetzt, dass die Wellenfunktionen im Unendlihen (oder an den Rändern des betrah-
teten Systems) gleih Null sind, so dass die Randterme bei der partiellen Integration
wegfallen. Eine weitere partielle Integration des zweiten Summanden in runden Klam-
mer führtshlieÿlih auf
~ p (t) =
Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t) [ − i ~ ∇ ] ψ(~x , t) .
(1.44)Erwartungswert der Energie
Analog lässtsih für einTeilhen ineinem Potential derErwartungswert für eine Ener-
giemessung ausrehnen. Dazu muss manzunähst den Erwartungswert des quadrierten
Impulses ausrehnen 4
.WegenGl. (1.44) istesplausibel, dass
~
p 2 (t) = Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t) [ − i ~ ∇ ] · [ − i ~ ∇ ]
| {z }
− ~ 2 ∇ 2
ψ(~x , t)
(1.45)ist,waswirhier ohne Beweis akzeptieren wollen. Da
E = p 2 /2m + V
ist,wird manaufden Ausdruk
E (t) = Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t) h
− ~ 2
2m ∇ 2 + V (~x ) i
ψ(~x , t)
(1.46)geführt.DaindenekigenKlammerndierehteSeitederShrödingergleihungersheint,
können wirdiese einsetzen underhalten
E(t) = Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t) [i ~ ∂ t ]ψ(~x , t) .
(1.47)Allgemeine Struktur von Erwartungswerten
AndieserStelleerkenntmanaufsehrshöneWeisedasBohrsheKorrespondenzprinzip.
FührtmannämlihfüreinenbeliebigenOperator
A
(z.B.einDierentialoperator)formal dieNotationh A i t :=
Z
d 3 x ψ ∗ (~x , t) A ψ(~x , t)
(1.48)ein, soerhält manfür dieErwartungswerte von Ortund Impuls
~x (t) = h ~x i t , ~ p (t) = h− i ~ ∇i t , E(t) = h i ~ ∂ t i t .
(1.49)Dieser Operatorformalismus wirdspäter noh eingehenderbehandelt.
4
Manbeahte, dassderErwartungswert desQuadratseinerGröÿe unddasQuadratdes Erwartungs-
wertsderselbenGröÿeimAllgemeinenvershiedensind.
Bemerkung: Sie könnenandieser Stelleshon erkennen,dass der Impuls, alsodieGe-
shwindigkeitdesTeilhens,umsogröÿerist,jeshnellersih
ψ(~ x , t)
alsFunktionvomOrtändert,denn nurdann kann derAbleitungsoperator einenBeitrag liefern. Ebensoistdie
Energieum sogröÿer,je shnellersihdieWellenfunktionzeitlihändert.Wiewirspäter
nohgenauersehenwerden,wirdderImpulsinderTatdurhräumliheOszillationen,die
EnergiehingegendurhzeitliheOszillationeninderWellenfunktionodiert.
1.3.4 Ehrenfestshes Theorem
Das Theorem von Ehrenfest besagt, dass sih Erwartungswerte ähnlih verhalten wie
die entsprehenden klassishen Gröÿen. Dieser Sahverhalt soll hier am Beispiel eines
Teilhens ineinem Potential demonstriert werden. Dazu leitenwir den Erwartungswert
desImpulses nah derZeitab:
d
dt ~ p (t) = d
dt h− i ~ ∇i t = − i ~ Z
d 3 x
(∂ t ψ ∗ ) ∇ ψ + ψ ∗ ∇ (∂ t ψ)
(1.50)
Nah EinsetzenderShrödingergleihung (1.26) erhält man
d
dt ~ p (t) = − i ~ Z
d 3 x h i ~
2m ∇ 2 ψ + 1 i ~ V ψ i ∗
∇ ψ + ψ ∗ ∇ h i ~
2m ∇ 2 ψ + 1 i ~ V ψ i
.
(1.51)WegenderKomplexkonjugationhebendiekinetishenTermemitdenLaplaeoperatoren
nah zweifaher partiellerIntegrationgegenseitig heraus,sodassnur diePotentialterme
übrigbleiben:
d
dt ~ p (t) = − i ~ Z
d 3 x
− 1
i ~ V ψ ∗ ∇ ψ + 1
i ~ ψ ∗ ∇ V ψ
= Z
d 3 x
V ψ ∗ ∇ ψ − ψ ∗ ( ∇ V )ψ − ψ ∗ V ∇ ψ
(1.52)
= Z
d 3 x ψ ∗ ( ∇ V )ψ = −∇ V .
Für die Mittelwerte erhält man also eine Relation, die der dazugehörigen klassishen
Relation, indiesemFall derNewtonshen Bewegungsgleihung
d
dt ~ p = −∇ V
,formalent-spriht.
1.4 Einfahe Quantensysteme
1.4.1 Das freie Teilhen
Ebene Wellen
Wir kommen nun zu konkreten physikalishen Beispielen einfaher Quantensysteme.
ShondaskräftefreiePunktteilhen, dassih inderklassishenPhysik geradliniggleih-
förmigbewegt, hat inderQuantenmehanik nihttriviale Eigenshaften.
Die Shrödingergleihung eines freien Teilhenslautet
i ~ ∂ t ψ(~x , t) = − ~ 2
2m ∇ 2 ψ(~x , t) .
(1.53)Eineoensihtlihe Lösung dieserDierentialgleihung istdie ebene Welle
ψ(~x , t) ∝ exp(i~k · ~x − iωt).
(1.54)Dabeiist
~k
derWellenvektorundω
die Kreisfrequenzder Welle. Einsetzenin dieobige Gleihung liefert dieDispersionsrelation~ ω = ~ 2 k 2
2m
(1.55)Eine ebene Welle hat jedoh die Eigenshaft, dass dasBetragsquadrat von
ψ(~x , t)
kon-stant ist so dassdiese Lösung niht normiert werdenkann.Physikalish entsprähe eine
solheLösungdemGrenzfalleinesTeilhens,dasanjedemPunktdesRaumskoexistiert.
Wellenpakete
Obwohl eineebene Welle niht normierbar ist,können Linearkombinationen vershiede-
nerWellen sehrwohlnormierbar sein weildieNorm niht linear, sondernquadratish in
den Amplituden ist.Die allgemeinsteForm einersolhen Linearkombination ist
ψ(~x , t) = 1 (2π) 3/2
Z
d 3 k f (~k ) e i~k ·~ x −iω(~k )t
(1.56)wobei die(im allgemeinen komplexwertige) Funktion
f (~k )
die Rolle von `Koezienten' spielt. Auÿerdem istω(~k ) = ~ k 2 /2m
womit sihergestellt wird, dass einesolhe Linear- kombination tatsählih eine Lösungderfreien Shrödingergleihung (1.53) ist.Bemerkung:DieNormdieserLinearkombinationkannleihtausgerehnetwerden:
Z
d 3 x ψ ∗ ψ = 1 (2π) 3
Z d 3 x
Z d 3 k ′
Z
d 3 kf ∗ (~k ′ )f (~k )e i( ~ k − ~ k ′ )·~ x −i[ω( ~ k )−ω( ~ k ′ )]t
(1.57)= 1
(2π) 3 Z
d 3 k ′ Z
d 3 k (2π) 3 δ 3 (~k − ~k ′ ) f ∗ (~k ′ )f (~k ) = Z
d 3 k f ∗ (~k )f(~k ) .
WennalsodieFunktion
f(~k )
,dassdasIntegral aufder rehtenSeite endlihist, istauhdieentsprehendeWellenfunktionnormierbar.
Da die Funktion
f (~k )
die Wellenfunktionψ(~x , t)
vollständig festlegt, besitzt sie auh dievollständige Informationübereine möglihe Anfangsbedingungz.B.beit = 0
.Dennwegen
ψ(~x , 0) = 1 (2π) 3/2
Z
d 3 k f (~k ) e i~k ·~ x
(1.58)ist
f (~k )
dieFourier-Transformierte vonψ(~x , 0)
,d.h.f (~k ) = 1 (2π) 3/2
Z
d 3 x ψ(~x , 0) e −i~k ·~ x .
(1.59)Damit wird es möglih, bei gegebener Anfangsbedingung
ψ(~x , 0)
eine formale LösungderShrödingergleihung anzugeben:
ψ(~x , t) = 1 (2π) 3
Z d 3 k
Z
d 3 x ′ ψ(~x ′ , 0) e i~k ·(~ x −~ x ′ )−iω(~k )t .
(1.60)Ruhendes Gauÿshes Wellenpaketin einer Dimension
Angenommen die Wellenfunktion hätte anfangs die Form einer Gauÿ-Gloke, wie sähe
dann diezeitlihe Entwiklung derWellenfunktion aus?
Um diese Frage zu beantworten, setzt man die korrekt normierte Gauÿverteilung mit
Standardabweihung
σ 0
ψ(~x , 0) = 1
(2π) 3/4 σ 3/2 0 exp
− x 2 4σ 0 2
(1.61)
indieformaleLösung (1.60) einund berehnetdieIntegrale.
Merke:DieFouriertransformierteeinerGauÿverteilungineinerDimension
√ 1 2π
Z
dk e ikx e − x 2 /4σ 2 0 = √
2 σ 0 e − k 2 σ 0 2
(1.62)istwiederumeineGauÿverteilung,derenBreiteproportionalzumKehrwertderursprüng-
lihenBreiteist.
DasResultat lautet:
ψ(~x , t) = 1 (2π) 3
Z
d 3 k e i~k ·~ x −iω(~k )t Z
d 3 x ′ e −i~k ·~ x ′ 1
(2π) 3/4 σ 0 3/2 e −
x ′2 4σ 2
0
(1.63)= 1
(2π) 3 Z
d 3 k e i~k ·~ x −iω(~k )t (8πσ 2 0 ) 3/4 e −σ 0 2 k 2
= (8πσ 0 2 ) 3/4 (2π) 3
Z
d 3 k e i~k ·~ x e −(σ 0 2 + i 2m ~ t )k 2
= σ 3/2 0
(2π) 3/4 (σ 2 0 + 2m i ~ t ) 3/2 exp
− x 2 4(σ 0 2 + 2m i ~ t )
Umzu berehnen, wie wahrsheinlih esist,dasTeilhenindiesemzeitabhängigen Wel-
lenpaketbeieiner Ortsmessung amOrt
~x
zunden,bestimmenwirdieWahrsheinlih- keitsdihteρ(~x , t) = ψ(~x , t) ∗ ψ(~x , t)
(1.64)= σ 0 3
(2π) 3/2 (σ 0 4 + ~ 4m 2 t 2 2 ) 3/2 exp
− x 2
4(σ 2 0 + i 2m ~ t ) − x 2 4(σ 2 0 − 2m i ~ t )
= 1
(2π) 3/2 (σ 0 2 + 4m ~ 2 2 t σ 2 2
0 ) 3/2 exp
− x 2
2(σ 2 0 + 4m ~ 2 2 t σ 2 2 0 )
.
AndiesemErgebnisliestmanab,dassdieVerteilunggauÿförmigbleibt,jedohalsFunk-
tionderZeitbreiterwird.Die eektiveBreite
σ(t)
wähstdabeiquadratishinderZeit:σ(t) = σ 0 s
1 + ~ 2 t 2
4m 2 σ 0 4 .
(1.65)DieserEekt wirdalsdasZerieÿen des Wellenpakets bezeihnet.
Beispiel:Auf makroskopisherSkala istdieserEektso gutwieniht sihtbar,während
eraufderNanometerskalaunddaruntereinesignikanteRollespielt.Nimmtmanan,dass
dieanfängliheUnshärfe
σ 0
demRadiusR
desTeilhensentspriht,verdoppeltsihbei-spielsweisedieBreite
σ
desWellenpaketsimZeitraumT = √
12mσ 2 0 / ~
gemäÿderfolgenden Tabelle:Objekt Radius Masse
T
Wasserstomolekül
10 − 10
m10 − 26
kg3 × 10 − 12
styp.Nanoteilhen
10 −8
m10 −20
kg3 × 10 −3 s
Sandkorn
10 −6
m10 −15
kg a.1JahrBewegtes Gauÿshes Wellenpaket
DaszuvorbetrahteteWellenpaketverbreitertsihzwar,bleibtaberamUrsprung
~x = 0
zentriertundrepräsentiertdahereinruhendes Teilhen.Wie abermussmandieWellen-
funktionwählen, damit sih dasTeilhen bewegt?
NahdemBohrshen KorrespondenzprinzipwirdderImpuls
~ p
einesTeilhensdurhdenGradienten
− i ~ ∇
repräsentiert, der Impuls wird also durh eine räumlihe Änderung derWellenfunktionodiert.DieslegtdenAnsatznahe,demWellenpaketeinezusätzliheräumlihe Welligkeit aufzuprägen, es also mit einem räumlih oszillierenden Faktor zu
multiplizieren:
ψ(~x , 0) = 1
(2π) 3/4 σ 3/2 0 e −
x 2 4σ 2
0 e −i~ q ·~ x
(1.66)wobei
~q
ein konstanter Vektorist.Eineanaloge Rehnung führtdann auf dasResultatψ(~x , t) = 1
(2π) 3 Z
d 3 k e iω(~k )t−i~k ·~ x Z
d 3 x ′ e i~k ·~ x ′ 1
(2π) 3/4 σ 3/2 0 e −
x ′2 4σ 2 0
−i~ q ·~ x
(1.67)
= σ 3/2 0
(2π) 3/4 (σ 0 2 + i 2m ~ t ) 3/2 exp
− x 2 + 4iσ 0 2 ~ q · ~x + 2i ~ tσ 0 2 q 2 /m 4(σ 2 0 + 2m i ~ t )
WiederumberehnenwirdasBetragsquadrat underhaltendieWahrsheinlihkeitsdihte
ρ(~x , t) = ψ(~x , t) ∗ ψ(~x , t)
(1.68)= 1
(2π) 3/2 (σ 0 2 + 4m ~ 2 2 t 2 σ 2
0 ) 3/2 exp
− (~x − ~ t~q /m) 2 2(σ 0 2 + 4m ~ 2 2 t σ 2 2
0 )
DasWellenpaketzerieÿtalsogenausowie imvorherigenBeispiel,jedohbewegtessih
dabeimit derkonstantenGeshwindigkeit
~v = ~ ~ q /m
.Warum zerieÿen Wellenpakete?
WennmaneinWellenpaketspektralnahebenenWellenzerlegt,alsoeineFouriertransfor-
mationdurhführt,sondetman,dassessihausunendlihvielenWellenuntershiedli-
herWellenzahladditivzusammensetzt.BeispielsweiseistdieFouriertransformierteeiner
Wellenfunktion inFormeiner Gauÿgloke wiederum eineGauÿgloke mit einergewissen
Breite.DieSituationistähnlihwiebeieinemPaukenshlag,dessenSpektrumunendlihe
viele Frequenzenaufweist,dieumso breiterverteilt sind, je kürzerderShlagist.