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Verbrennung ist auch ein Verfahrensschritt in Recyclingprozessen

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Verbrennung ist auch ein Verfahrensschritt in Recyclingprozessen

Karl J. Thomé-Kozmiensky

1. Recycling im Kreislaufwirtschaftsgesetz ...31

2. Entsorgungssituation in Deutschland ...35

3. Stellenwert der Abfallverbrennung ...41

4. Weiteres Potential der Abfallverbrennung ...42

5. Literatur ...42

1. Recycling im Kreislaufwirtschaftsgesetz

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vom 24. Februar 2012 enthält in § 2 Abs. 25 folgende Definition für das Recycling:

Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

Als Recycling wird im allgemeinen Verständnis die Rückführung von Abfällen oder von Abfallbestandteilen in den Stoffkreislauf bezeichnet.

Hierunter ist der Gesamtprozess der Transformation von Abfall zum neuen Produkt zu verstehen, nicht jedoch die Zuführung eines Abfalls in eine erste Behandlungsstufe.

Das Ergebnis einer ersten Behandlungsstufe gibt noch keine Auskunft über die gesetzes- konforme Zuordnung zum Recycling oder zur sonstigen Verwertung.

Ist das Ergebnis der ersten Stufe zum Beispiel:

• dreißig Prozent des Inputs zur Weiterverarbeitung zur stofflichen Verwertung,

• sechzig Prozent des Inputs zur Weiterverarbeitung zu Ersatzbrennstoffen,

• zehn Prozent des Inputs zur Beseitigung,

ist die Bezeichnung dieser ersten Behandlungsstufe eines gesamten Prozesses als Recyclingverfahren nicht korrekt, schon weil der größte Teil des Inputs der sonstigen Verwertung zugeführt wird. Auch wenn das Ergebnis des Teilprozesses anders wäre, wäre die Zuordnung zur einen oder anderen Kategorie zumindest irreführend.

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Zielführend für eine der Wirklichkeit entsprechende Zuordnung ist nur die Betrachtung das Ergebnis des Gesamtprozesses, bei dem sich die Stoffströme in unterschiedliche Stränge und innerhalb dieser Stränge in zahlreiche Teilprozesse aufteilen können.

Entsprechend diesem Ergebnis kann der erste Teilprozess unterschiedlichen Stufen der Abfallhierarchie – Recycling, sonstige Verwertung oder Beseitigung – zugeordnet werden.

Von besonderer Bedeutung sowohl in der Abfallrahmenrichtlinie als auch im Kreislauf- wirtschaftsgesetz ist bei der Definition des Recyclings in § 3 Abs. 25 der Ausschluss- tatbestand der energetischen Verwertung einschließlich der Aufbereitung von Abfällen zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff (...) bestimmt sind.

Es ist schon schwer nachvollziehbar, dass die Abfallverbrennung mit dem Ziel der Energiewandlung sowie die Herstellung von Brennstoffen aus Abfällen nicht als Recycling bezeichnet werden dürfen, sondern als sonstige Verwertung definiert werden.

Begründet wird diese Unterscheidung damit, dass diese Verfahren – isoliert betrachtet – keine werterhaltenden Maßnahmen für Stoffe oder Gegenstände darstellen. Diese Begründung ist nicht wirklich einleuchtend, weil bei der energetischen Abfallverwer- tung – ebenso wie bei der stofflichen Abfallverwertung – Rohstoffe eingespart werden.

Überzeugend wäre die Argumentation für den Ausschluss der energetischen Verwer- tung als Recyclingverfahren nur für den Fall, falls damit kein hochwertiges stoffliches Recycling verbunden wäre:

§ 8 Abs. 1, Satz 3 und 4:

Bei der Ausgestaltung der (...) durchzuführenden Verwertungsmaßnahme ist eine den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistende, hochwertige Verwertung anzustreben. § 7 Abs. 4 findet (...) Anwendung.

§ 7 Abs. 4:

Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbun- denen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.

Im KrWG ist der Begriff der Hochwertigkeit nicht näher definiert. Ersatzweise könnte angenommen werden, dass ein Recyclingprozess hochwertig ist, wenn der Prozess um- weltverträglicher und wirtschaftlicher ist als mögliche Alternativen und wenn durch den Recyclingprozess Stoffe oder Materialien hergestellt werden, die die gleiche Qualität wie der ursprüngliche Stoff oder das ursprüngliche Material aufweisen. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn Kupfer aus dem Recyclingprozess die gleiche Qualität aufweist wie das im ursprünglichen Produkt verwendete Kupfer. Das Gleiche würde z.B. für einen Kunststoff gelten, der für eine spezielle Verpackung verwendet wurde.

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Nicht nachvollziehbar wäre jedoch das Argument, dass ein Abfallbehandlungsprozess, in dem ein Verbrennungsverfahren integraler Bestsandteil ist, kein Recyclingverfahren darstellen würde, obwohl die Rückgewinnung eines Rohstoffs oder mehrerer Rohstoffe integraler Bestandteil des Gesamtprozesses ist. Werden z.B. Metalle und Baustoffe für die Rückführung in den Stoffkreislauf mit einem Verfahren gewonnen, dessen erste Prozessstufe die Abfallverbrennung ist und dessen zweite Stufe die mechanische Aufbereitung der Aschen darstellt, ist der Gesamtprozess ein energetischer Verwer- tungsprozess und auch ein Recyclingprozess. Bei diesem Prozess wird die im Abfall gebundenen chemischen Energie in Wärme und in elektrischen Strom gewandelt und die anorganischen Bestandteile – Metalle und mineralische Materialien – werden stofflich verwertet.

Die Behauptung, dass es sich bei einem thermischen Teilprozess als Bestandteil einer Prozesskette nicht auch um einen Recyclingprozess handele, ist insbesondere nicht nachvollziehbar, wenn der Prozess eigens für die Gewinnung von Rohstoffen – z.B.

von Metallen – konzipiert ist. Dies ist z.B. der Fall bei der thermischen Vorbehandlung unterschiedlicher Abfälle im Rahmen von Prozessketten [1, 2], z.B. von:

• Verbundwerkstoffen wie Elektronikschrott zur Abtrennung der Metalle von Kunst- stoffen,

• Getränke-Verbundverpackungen mit Aluminiumbeschichtung,

• Stahlwerksstäuben zur Abtrennung von Eisen- und NE-Metallverbindungen,

• Messingspänen zur Abtrennung von Ölen und sonstigen Verunreinigungen,

• Shredderleichtfraktionen zur Rückgewinnung von Metallen, die durch die vorhe- rige Magnet- und Wirbelstromscheidung nicht abgetrennt wurden,

• Kohlefasern zur Abtrennung von Bindemittel,

• Glasfasern zur Abtrennung der Beschichtung,

• Formsanden für die Wiederverwendung,

• kontaminierten Böden zur Reinigung und zum Wiedereinbau im Erdreich,

• Phosphor aus Abfällen zur Rückführung als Kunstdünger,

• Explosiv-, B- und C-Kampfstoffen zur Entsorgung und zum Metallrecycling als Nebeneffekt.

In der Definition des KrWG § 2 Abs. 25 wird auch nicht behauptet, dass thermische Verfahren nicht Bestandteile von Recyclingprozessen sein können. Im Gesetz ist als Ausschlusstatbestand von energetischer Verwertung, nicht jedoch von thermischen Verfahren wie Pyrolyse, Vergasung, Verbrennung oder Schmelzen die Rede.

Hinsichtlich ihrer Bedeutung sind zu unterscheiden:

• Energetische Verwertung bedeutet die Wandlung der im Abfall gebundenen che- mischen Energie im Wärme und/oder elektrischen Strom. Der Begriff gibt das Ziel, nicht die Technik des Verfahrens wieder.

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• Pyrolyse, Vergasung, Verbrennung und Schmelzen bezeichnen Verfahrenstechni- ken, nicht jedoch das damit angestrebte Ziel.

Das Gesetz sagt, dass Recycling jedes Verwertungsverfahren ist, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen (...) aufbereitet werden. Bei der Anwendung thermischer Prozesse bleibt zunächst offen, ob das Ziel die Energiewandlung oder die Rückgewinnung von Stoffen und Materialien oder sowohl die Energiewandlung als auch die Rückgewinnung von Stoffen für den Stoffkreislauf ist.

Thermische Prozesse können also wie jede Verfahrenstechnik durchaus – sogar not- wendige – Verfahrensschritte in Recyclingprozessen sein.

In der Definition des Recyclings in § 2 KrWG wird für die Behandlung der Abfälle zum Zweck des Recyclings das Verb aufbereiten verwendet. Im deutschen Sprachge- brauch wird häufig unter Aufbereitung die Behandlung von Rohstoffen und Abfällen mit mechanischen Verfahren verstanden. Mit dieser Interpretation argumentieren häufig Interessensvertreter von Unternehmen, die nur über mechanische Aufberei- tungsanlagen verfügen. Diese Interpretation kann nicht die Absicht des Gesetzgebers wiedergeben; das wird im Gesetz auch nicht behauptet.

Unter dem Begriff Aufbereitung werden alle Verfahrenstechniken zusammengefasst, mit denen Stoffe und Materialien in den Stoffkreislauf rückgeführt werden können.

Für das Recycling können angewendet werden:

• mechanische Aufbereitungsverfahren, z.B. Zerkleinern, Agglomerieren, Klassieren, Sortieren, Entwässern, Mischen;

• physikalisch-chemische Aufbereitungsverfahren, z.B. Laugen, Entgiften, Oxidation, Reduktion, Neutralisation;

• biologische Aufbereitungsverfahren, z.B. aerobe und anaerobe Behandlung, Bioleaching;

• thermische Aufbereitungsverfahren, z.B. Trocknung, Pyrolyse, Vergasung, Verbren- nung, Schmelzen, Destillation.

Im Sinne des Gesetzes bestehen qualitative Unterschiede, die den Ausschluss einer Verfahrenstechnik für das Recycling rechtfertigen würden, zwischen diesen Verfah- renstechniken nicht.

Es ist im konkreten Einzelfall zu untersuchen, welche Verfahren und Verfahrenskombi- nationen den größten Nutzen für das Ergebnis des Recyclingprozesses unter Beachtung des Umwelt- und Ressourcenschutzes darstellen, wobei die Wirtschaftlichkeit und der Wert der zu gewinnenden Stoffe zu berücksichtigen sind.

Angemerkt sei noch, dass Ergebnisse derartiger Untersuchungen nur auf den konkreten Untersuchungszeitraum zutreffen. Sie sind u.a. von den zum Zeitpunkt der Unter- suchung zur Verfügung stehenden Verfahrenstechniken und den Rohstoffreserven abhängig.

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Bild 2:

Gesamtes Abfallaufkommen in Deutschland, von 1996 bis 2011 In Deutschland betrug das Abfallaufkommen im Jahr 2011 etwa 343 Millionen Tonnen (blaue Kurve in Bild 2).

Recycling und Kompostierung Verbrennung Deponierung LuxemburgFrankreich

Italien Finnland

Großbritannien

SpanienPortugal Estland Slowenien Ungarn Slowakei

Tschechische Rep.

Griechenland Lettland Polen Litauen Malta

RumänienSchweiz NorwegenKroatien Bulgarien

EU 27

35 54 38

37 35

Irland Zypern

3 3 15

28 40

49 49 55 58 58 59

65 6770 71 78 80 82

88 8892 94 99

Deutschland 38 60

Niederlande 37 62

Österreich 51 48

62

SchwedenDänemark 40

Belgien 42 56

43 47

3439 413340 2017

2230 28

1120 1811 117 6 1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Anteil

% 0 – 3 % 15 – 49 %

Anteil der Deponierung

55 – 71 % 78 – 99 %

23

37

1 1 1 1

35

251712 5 9 2

2118 11 11

1

1 5140

9

92

2 50

57 1

Bild 1: Siedlungsabfallbehandlung in der EU-27 – Stand 2011

2000 200120022003 20042005 2007 400

360 380

Abfallaufkommen Millionen Tonnen

1996 1997 1998 1999 385

Zeit 300

340 320

2009 2010 2011 2008

2006 407

332 333

351 373

387 383

359 373 387

343

322

Netto (ohne Abfall aus Abfallbehandlungsanlagen) Brutto (mit Abfall aus Abfallbehandlungsanlagen)

2. Entsorgungssituation in Deutschland

Die Abfallentsorgung weist ein hohes Niveau auf und nimmt dank einer konsequenten Entwicklung der Gesetzgebung, der Verfahrenstechnik und der Durchführung weltweit eine Spitzenstellung ein. (Bild 1)

(6)

Siedlungsabfall 50,2 Mio. t (14,7 %)

Bau- und Abbruch 199,5 Mio. t (58,2 %) Produktion, Gewerbe 58,4 Mio. t (17,0 %) Bergbau 34,7 Mio. t (10,1 %)

1) Ohne Abfall aus Abfallbehandlungsanlagen.

2) Summe mineralische Abfälle 68,3 %2)

Gesamt: 342,8 Millionen Tonnen1)

{

Bild 3:Herkunft der Abfälle in Deutsch-

land im Jahr 2011

Quelle: Statistisches Bundesamt, Juli 2013

In Bild 2 wird mit der roten Kurve das Abfallaufkommen zuzüglich des Abfalls aus Abfallbehandlungsanlagen dargestellt. Damit wird der Anschein erweckt, dass das gesamte Abfallaufkommen in 2011 sogar 387 Millionen Tonnen betrug. Dieser Ein- druck ist falsch. Konsequenterweise müsste – würde man dieser Betrachtungsweise konsequent folgen – auch der Abfall aufgeführt werden, der bei der Behandlung der Abfälle aus allen weiteren Stufen eines Verwertungsgsprozesses bis zur Herstellung des fertigen Produkts entstehen. Diese Darstellung offenbart das lineare Denken der Autoren bei der Betrachtung des Entsorgungsgeschehens. Bei der Abfallbehandlung – insbesondere bei der Abfallverwertung – kann es sich jedoch um mehrstufige Prozesse mit vielfältigen Zwischenprodukten handeln; wozu auch stets neue Abfälle gehören, wodurch jedoch das Gesamtaufkommen nicht vergrößert wird.

In Bild 3 wird die Herkunft der Abfälle in Deutschland dargestellt.

Der größte Teil des Abfallaufkommens wird in Gewerbe und Industrie erzeugt und von der Wirtschaft in eigener Verantwortung, d.h. privatwirtschaftlich entsorgt, in erster Linie verwertet. Vom Gesamtaufkommen waren etwa fünfzig Millionen Tonnen Siedlungsabfälle; das sind ungefähr fünfzehn Prozent, wofür zum großen Teil in erster Linie die Kommunen – öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger – zuständig sind. Die Kommunen übernehmen diese Aufgabe selbst oder vergeben sie unter Beibehaltung ihrer Verantwortung nach öffentlicher Ausschreibung an private Unternehmen oder an Public-Privat-Partnership-Unternehmen.

Die Entsorgung der Siedlungsabfälle ist ein wesentlicher Teil der öffentlichen Daseins- vorsorge. Dank der Zuständigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben wir in Deutschland – auch im internationalen Vergleich (Bild 1) – eine Siedlungsabfall- entsorgung auf hohem technischen und organisatorischen Niveau, das gleichermaßen hygienische und ökologische, aber auch soziale Aspekte berücksichtigt und dennoch für die Bürger bezahlbar bleibt.

(7)

Einen Eindruck vom Stand der Abfallentsorgung in Deutschland vermittelt auch die Aufstellung der Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (Tabelle 1).

Tabelle 1: Behandlungsanlagen für Siedlungsabfälle in Deutschland

Anzahl Art der Abfallbehandlungsanlagen

~ 1.000 Sortieranlagen

277 Bioabfallkompostierungsanlagen 672 Grünabfallkompostierungsanlagen

800 bis 900 Vergärungsanlagen mit Genehmigung für Bioabfall 61 mechanisch(-biologisch)e Abfallbehandlungsanlagen

67 Abfallverbrennungsanlagen mit strengen Emissionsgrenzwerten 1 Pyrolyseanlage

36 Ersatzbrennstoffkraftwerke in Betrieb (Stand 12/2012)

346 Deponien waren es vor dem 1. Juni 2005, dem Inkrafttreten der Abfallablagerungsverordnung 196 Deponien der Klasse II seit 2006, die nur noch für vorbehandelte Abfälle zugelassen waren

166 Deponien der Klasse II waren Ende 2010 in Betrieb (vorläufige Angabe)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden in 2011 etwa 77 Prozent der Abfälle verwertet und etwa 23 Prozent beseitigt. Die 77 Verwertungsprozente verteilen sich auf 71,3 Prozent zur stofflichen Verwertung und 5,8 Prozent zur energetischen Verwertung (Bild 4).

Deponie 18,28 % Stoffliche Verwertung 71,33 %

Verbrennung 3,31 % Behandlung 1,30 % Energetische Verwertung 5,78 %

Verwertung 77,11 %

Beseitigung 22,89 %

Bild 4:

Verwertungs- und Beseitigungs- quoten für Deutschland nach Angaben des Statistischen Bun- desamtes (Anteil 2010)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Juli 2012

44 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle aus Haushalten wurden getrennt gesammelt (Bild 5).

Diese offiziellen Angaben der Abfallstatistik zur Menge des recycelten Abfalls beziehen sich jedoch – wie im Kapitel 1 ausgeführt – nur auf den Input in die ersten Stufen der Behandlungen. Für das Recycling sind dies in der Regel Sortieranlagen, also Anlagen, in denen der Abfall für die Verwertung vorbehandelt, jedoch nicht verwertet wird.

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Wirklich recycelt, also stofflich verwertet, wird jedoch nur der Anteil des Abfalls, der nach Abtrennung der stofflich nicht verwertbaren Anteile tatsächlich in den Stoff- kreislauf zurückgeführt wird, jedoch nicht der gesammelte Abfall, der – aus welchen Gründen auch immer – einer als Recyclinganlage bezeichneten ersten Entsorgungs- anlage zugeführt wird.

Das der ersten Stufe zugeführte nicht stofflich verwertete Material wird entweder als Restabfall in Abfallverbrennungsanlagen oder als Ersatzbrennstoff in Ersatzbrennstoff- oder Kohlekraftwerken, auch in Zementwerken verwertet und – falls nicht brennbar – auf Deponien abgelagert.

Daher sind die Angaben über die recycelten Abfallanteile in der amtlichen Statistik irreführend; hier wird Brutto mit Netto verwechselt. Für die korrekte Angabe über das Recycling, also über die in den Stoffkreislauf rückgeführten Abfälle, muss das nicht stofflich verwertete Material, das zu Verbrennungsanlagen oder zu Deponien gebracht wird, von der offiziellen Angabe über das Recycling – die stoffliche Verwertung – ab- gezogen werden. In einer der objektiven Klarheit verpflichteten amtlichen Statistik dürfte nur das wirklich stofflich verwertete Material der Rubrik Recycling zugeordnet werden. Der die Sortieranlage verlassende energetisch verwertete und der zu Deponien verbrachte Abfall muss den entsprechenden Kategorien zugeordnet werden, also der sonstigen Verwertung oder Beseitigung.

Wertstoffsammlung

Anteil am Haushaltsabfall 2011

Papier, Pappe 8,1 Millionen Tonnen Verpackungen 5,4 Millionen Tonnen Glas 2,6 Millionen Tonnen Elektrogeräte 0,6 Millionen Tonnen Andere 1,8 Millionen Tonnen

Bioabfall: Abfälle aus der Biotonne,

biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle Sperrmüll

Hausmüll und sonstige Abfälle

44,0 Millionen Tonnen

50,2 Millionen Tonnen

6,2 Millionen Tonnen 18,5 Millionen

Tonnen

9,1 Millionen Tonnen 2,4 Millionen

Tonnen 14,0 Millionen

Tonnen

Sonstige Siedlungsabfälle:

• Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, getrennt von Hausmüll

• Straßenkehricht/ Garten- und Parkabfälle (Boden und Steine)

• Biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle

• Marktabfälle

• Leuchtstoffröhren und andere quecksilberhaltige Abfälle

• Andere getrennt gesammelte Fraktionen

Bild 5: Abfalltrennung in Deutschland im Jahr 2011

Quelle: Statistisches Bundesamt, Mai 2013 (vorläufige Angaben)

(9)

3. Stellenwert der Abfallverbrennung

Die Abfallverbrennung weist eine mehr als hundertjährige Geschichte auf, sie ist mit mehr als vierhundert Anlagen in Europa das höchstentwickelte Abfallbehandlungs- verfahren (Tabelle 2).

Tabelle 2: Profil des Abfallverbrennungsverfahrens

• weitestgehend ausgereiftes Verfahren mit mehr als hundertjähriger Geschichte

• kein Gegensatz zum Recycling, sondern notwendige Ergänzung

• Schadstoffsenke für Schadstoffe im Abfall

* Zerstörung der organischen Schadstoffe im Abfall

* Konzentration der anorganischen Schadstoffe in den Sekundärabfällen der Abgasreinigung

• Schadstoff-Emissionen liegen im Jahresmittel um den Faktor 100 unter den gesetzlichen Grenzwerten

• Genehmigungswerte müssen wegen der Heterogenität des Abfalls höher liegen (Emissionsspitzen)

• keine Schädigung von Menschen und Schutzgütern

• Hygienisierung des Abfalls

• keine Berührung des Betriebspersonals mit Abfall während des Betriebs

• Standortsicherung einzelner Betriebe durch Abgabe von Prozessdampf und elektrischem Strom

• Versorgung von Wohn- und Gewerbegebieten mit Fernwärme oder Fernkälte

• zurzeit ist kein konkurrenzfähiges Verfahren für Restabfälle verfügbar

Die Abfallverbrennung in Deutschland leistet zwar einen geringen, jedoch nicht ver- nachlässigbaren Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland (Tabelle 3).

Tabelle 3: Beitrag der Abfallverbrennung zur Energieversorung

Abfallverbrennungsanlagen kostengünstige eine Tonne Abfall 19 Mio. t Abfall werden in sind Kleinkraftwerke Verstromungstechnik liefert Deutschland verbrannt:

für Grundlast 600 kWh Strom ~ 5 Mio. MWh Strom

~ 15 Mio. MWh Fernwärme

In der mehr als hundertjährigen Entwicklung der Abfallverbrennung gab es immer wieder Entwicklungsschübe. Zur aktuellen 6. Generation gehören die ab 2000 in Betrieb gegangenen Anlagen, die hinsichtlich des Stands der Technik bei Feuerung, Dampferzeugung, Abgasreinigung und Energienutzung erhebliche Fortschritte gegen- über der 5. Generation erfahren haben. Diese Entwicklung wurde gefördert durch das politische und wirtschaftliche Umfelds, den weiterentwickelten Stand der Technik und die veränderte Marktsituation für Abfälle [4]:

• Die Ablagerung unbehandelter Abfälle wurde in etlichen Ländern beendet.

• Durch die Konzentration bei den Betreibern wurden weitgehend standardisierte Anlagen gebaut, die Rostfeuerung –zum Teil mit Wasserkühlung – wurde weiter verbessert und ist nun Stand der Technik, Wirbelschichtfeuerung wurde vereinzelt umgesetzt, durch Cladding der Wände der Dampferzeuger wurden die Reisezeiten erhöht und damit die Verfügbarkeit weiterverbessert.

(10)

• Die Grenzwerte für Schadstoffemissionen wurden mehrfach reduziert und konnten dennoch sicher eingehalten werden, meist mit den halben Grenzwerten, obwohl quasi trockene Abgasreinigungsverfahren die nassen Verfahren weitgehend abge- löst haben.

• Die Energieeffizienz wurde deutlich erhöht; die Verstromung ist bei fast allen An- lagen in Deutschland üblich, Kraft-Wärme-Kopplung wurde verstärkt umgesetzt, vorhandene Fernwärmenetze wurden ausgebaut.

4. Weiteres Potential der Abfallverbrennung

Die schon realisierten Ansätze werden weiter optimiert werden. Hinsichtlich der Aschen/Schlacken werden neue Wege beschritten, um das Recycling zum Teilprozess der Abfallverbrennungsverfahren zu verbessern.

Während in der Vergangenheit erhebliche Mittel aufgewendet wurden, um die Rück- stände weitgehend zu inertisieren, liegt heute der Fokus auf deren Optimierung hin- sichtlich der stofflichen Verwertung. Dafür wurde der Trockenaustrag in Verbindung mit weitgehender Zerkleinerung und Sortierung entwickelt. Nach der Feinaufmahlung der Aschen, können NE-Metalle fast vollständig aussortiert werden. Damit verliert die Asche/Schlacke allerdings einen Teil ihrer Eignung für den Straßenbau; dafür wird sie aber für andere Anwendungen interessant, z.B. als Rohmehlersatz für die Zement- industrie oder für die Herstellung von leichten Pelltes als Ersatz für grobe Kies zur Herstellung von Leichtbeton.

Erhebliches Recyclingpotential liegt bei den Stäuben aus der Abgasreinigung, die hohe Metallgehalte aufweisen. Bisherige Ansätze waren zu aufwendig und damit nicht wirtschaftlich. Dennoch darf unterstellt werden, dass Forschung und Entwicklung bei weitgehender Zentralisierung der Aufarbeitung der Stäube das Potentials haben, die Abfallverbrennung zum idealen Recyclingverfahren für Metalle aus gemischten Abfällen zu entwickeln.

5. Literatur

[1] Beyer, J.: Thermische Vorbehandlung von Verbundwerkstoffen. In: Thomé-Kozmiensky, K. J.;

Goldmann, D. (Hrsg.): Recycling und Rohstoffe, Band 6. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé- Kozmiensky, 2013, S. 395-404

[2] Hormes, F.: Rohstoffe zurückgewinnen – Recycling mittels Pyrolyseprozess. In: Thomé- Kozmiensky, K. J.; Goldmann, D. (Hrsg.): Recycling und Rohstoffe, Band 6. Neuruppin:

TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2013, S. 385-394

[3] Wandschneider, J.: Netto-Wirkungsgrad elektrisch größer dreißig Prozent – Grundsätzliche Potentiale in Abfallverbrennungsanlagen. In: Thomé-Kozmiensky, K. J.; Beckmann, M. (Hrsg.):

Energie aus Abfall, Band 7. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2010, S. 65-80 [4] Wandschneider, J.: Müllverbrennungsanlagen der 6. Generation. In: Bilitewski, Schnurer;

Zeschmar-Lahl (Hrsg.): Müllhandbuch, KZ 7942

Abbildung

Tabelle 1:  Behandlungsanlagen für Siedlungsabfälle in Deutschland
Tabelle 3:   Beitrag der Abfallverbrennung zur Energieversorung

Referenzen

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