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Perzeption, Silbenstruktur und Lautwandel

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Academic year: 2021

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(1)

P1.1 Experimentalphonetik • 9.11.2016 • Anna Ratzinger

Perzeption,

Silbenstruktur und

Lautwandel

(2)

Gliederung

# 2

Gliederung

1.  Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

2.  Assimilation und Frikative

3.  Sonorität

(3)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 3

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

•  Häufig Assimilation, wenn

•  zwei Plosive mit verschiedenen

Artikulationsstellen aneinandergrenzen

•  Z.B. lat. nocte > ital. notte

•  auf einen Nasal ein Plosiv an einer anderen Artikulationsstelle folgt

•  Z.B. lat. primu tempus > franz.

Printemps

(4)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 4

•  Meistens passt sich bei Lautwandel, der mit Assimilation in Verbindung steht, C1 der

Artikulationsstelle von C2 an (regressive Assimilation)

•  Hypothese: Beziehung zwischen Assimilation

und Lautwandel lässt sich perzeptiv erklären

(5)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 5

•  In Studien wurde gezeigt, dass Hörer in VCCV Äußerung eher den 2. Konsonanten wahrnehmen

-> Cues zu C in CV sind dominanter als in VC

Warum?

1. Erklärung:

•  Die letzten cues dominieren über die

vorderen

(6)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 6

2. Erklärung:

•  VC- und CV-Übergänge haben von Natur aus verschiedene Hinweisen auf den Ort

•  VC > Formanttransitionen

•  CV > Transitionen + burst

•  Burst enthält mehr Informationen über Artikulationsort

Aber: Wird VC1C2V rückwärtsgespielt

(VC2C1V), beeinflusst wieder CV das Gehörte

am meisten

(7)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 7

3. Erklärung:

•  Erfahrung der Hörer entscheidend dafür, welchen Hinweisen am meisten Beachtung geschenkt wird

Experiment:

•  VCV und VC1C2V Äußerungen

•  V=/a/, C1=/p,t,k,b,d,g,m,n,

ŋ/

, C2=/

p,t,k,b,d,g/

•  3 Antwortmöglichkeiten pro Stimulus:

„VC1V“, „VC2V“, „anders“ (z.B. /apka/ >

„apa“, „aka“, „anders“)

•  Ergebnis: In 93% der Fälle hat C2 die

Antwort dominiert.

(8)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 8

•  Variation entsteht laut Ohala „im Ohr des Hörers und nicht im Mund des Sprechers“

-> Quelle für Lautwandel ist im akustisch- auditorischen Bereich zu verorten, nicht in der Artikulation

•  Ursprung von Lautwandel liegt beim Hörer

•  Lautwandel ist nicht teleologisch

•  „Markedness“ oder „Vereinfachung“

können nicht erklären, warum

Assimilationen meistens in regressiver

Richtung stattfinden -> phonetische

(9)

Perzeption, Assimilation &

Lautwandel

# 9

Plosiv: hinterhalb des gebildeten Verschlusses entsteht hoher Luftdruck -> bei

Verschlusslösung entweicht der Druck und

erzeugt hörbare Turbulenzen (Spektrum hängt ab vom Raum vor dem Verschluss) -> burst

Ø  Der burst ist ein verlässlicher und

robuster Hinweis für den Hörer, um die Artikulationsstelle zu bestimmen.

Formanttransitionen entstehen durch

Bewegung des Artikulators hin oder weg vom Verschluss (Muster wird bestimmt durch Raum hinter Verschluss)

Ø  Formanttransitionen eignen sich nicht so

gut als Hinweis um den Artikulationsort

(10)

Assimilation &

Lautwandel

# 10

•  Silbentrennung: „onset first“-Prinzip

•  Z.B. VCCCV -> so viele Cs wie möglich, (die einen erlaubten Onset darstellen) werden der 2. Silbe zugeordnet -> die restlichen Cs gehören zur 1. Silbe

•  Silbencodas tragen zum Gewicht der Silbe bei

•  Gewicht regelt Betonung und Akzent bei mehrsilbigen Wörtern

Ø  Warum sind Konsonanten im

Silbenonset perzeptiv dominanter als in

finaler Position?

(11)

Perzeption & Salienz

# 11

•  Warum sind Konsonanten im Silbenonset perzeptiv dominanter als in finaler

Position?

Abbildung: Morton, J., Marcus, S. & Frankish, C. (1976). Perceptual centers (P‑centers).

Psychological Review, 83, Seite 406.

•  P-Center (perceptual centre)

= Zeitpunkt der Synchronisierung einer Silbe mit dem Metronomschlag

Ø  P-Center ist nicht am akustischen

Silbensonset, sondern innerhalb der Onset-Cluster-Konsonanten vor dem Vokal

Der „eigentliche“ Beginn einer Silbe

befindet sich allerdings schon in der

vorangegangenen Silbe (regressive

Koartikulation)

(12)

Perzeption, Salienz

# 12

Die salientesten akustischen Variationen in einer Silbe ereignen sich in der Nähe der CV-Grenze.

1.  Obstruent verursacht abrupte Wechsel von oralem und subglottalem Luftdruck am

Offset des Obstruenten (Verschlussbildung -> Luftdruck baut sich auf (ca. 10-15 ms) -

> Verschlusslösung (<10ms))

•  Grundfrequenz ändert sich (bei Stimmhaftigkeit)

•  Burst am Offset

(13)

Assimilation &

Lautwandel

# 13

2. Häufiger regressive als progressive Assimilation

•  Vokal und Konsonant überlappen mehr in VC als in CV-Reihenfolge (Vokal

durch Verschluss gedämpft)

•  Vokal stärker hörbar durch folgenden Konsonanten beeinflusst als Konsonant von darauffolgendem Vokal

Ø  VC weniger salient als CV

Ø  VC1C2V Lautwandel: C1 ohne

Verschlusslösung -> gleicht sich C2 an

(14)

Assimilation & Frikative

# 14

Assimilation und Frikative

•  Apikale Laute wie /p,t,k,n/ sind sehr

anfällig für Assimilation im Deutschen, wenn ein Plosiv folgt:

•  Z.B. anbringen -> /mb/, angeben -> /

ŋ

g/

•  Apikale Laute bleiben nach labialen oder dorsalen Lauten apikal:

•  Z.B. abnehmen -> /pn/, zurücknehmen -

> /kn/

•  Frikative assimilieren kaum:

•  Z.B. Ausfahrt -> /sf/

Ø  Weshalb assimilieren Frikative im

Vergleich zu Nasalen kaum?

(15)

Assimilation & Frikative

# 15

Experiment:

•  Material: nonsense Namen

•  Kombination von nonsense Namen mit Zweitnamen nach Vokal

•  Task: Den ersten Namen identifizieren

•  Ergebnis: Hörer erkannten am schlechtesten Nasale und Plosive, aber am besten Frikative

Nasal Plosiv Frikativ Vokal

labial Shanim Perry Shanip Perry Shanif Perry Anna Perry alveolar Shanin Terry Shanit Terry Shanis Terry Anna Terry posterior Shaning Kerry Shanick Kerry Shanish Kerry Anna Kerry

(16)

Assimilation & Frikative

# 16

Weshalb sind Frikative resistent gegenüber Assimilation?

•  Perzeptueller Unterschied zwischen Nasalen und Plosiven im Vergleich zu Frikativen

•  Frikative (v.a. Sibilanten /s,

ʃ

/) sind

perzeptiv salienter als Nasale oder

Plosive und lassen sich deshalb von

Assimilation kaum beeinflussen

(17)

Sonorität

# 17

Sonorität

•  Phonotaktische Beschränkungen: mögliche Kombination von Konsonanten und Vokalen innerhalb von Silben

•  Phonotaktische Beschränkungen sind sprachabhängig

•  Sonorität hat Einfluss auf phonotaktische Beschränkungen

•  Sonoritätshierarchie:

Abbildung: http://www-01.sil.org/linguistics/glossaryoflinguisticterms/WhatIsTheSonorityScale.htm

(18)

Sonorität

# 18

•  Der Silbenaufbau folgt häufig dem

Sonoritätsprinzip: Sonorität steigt zum

Silbengipfel hin und fällt danach wieder ab

•  Für Ohala ist Sonoritätshierarchie nur Tendenz, da

1.  Problem: Parameter (Sonorität, Energie, Öffnungsgrad), die Hierarchie aufbauen, können nicht empirisch nachgewiesen werden; auch Silbe nicht empirisch

nachweisbar

2.  Problem: vernachlässigte Phonotaktik, d.h.

es existieren Kombinationen, die nicht nur

mit Sonorität erklärt werden können (oft

haben CC-Cluster derselben Sonorität im

(19)

Sonorität

# 19

Ohala entwirft zwei Gegenvorschläge zur Sonoritätshierarchie:

1.  Vorschlag:

•  Mehrere kontinuierliche, messbare akustische Parameter festlegen:

Amplitude, Periodizität, Spektrum, F0

•  Beachten von Modulationen = entstehen durch Verknüpfung der Laute

•  Güte der akustischen Modulationen hängt von Länge der Kurve ab, die sie durch den akustischen Raum der Parameter zurücklegt (besser je länger der Weg)

•  CCV mit größter akustischer Modulation

(20)

Sonorität

# 20

2.  Vorschlag:

•  Merkmale, die Laute unterscheiden könnten nach Robustheit bewertet werden

•  Kontinuum robust –> nicht-robust (ähnlich SH)

•  Robust = Merkmale, die schnell (40-50ms) erkannt werden (z.B. Stimmhaftigkeit)

•  Nich-robust = Merkmale, die nur in langem

Zeitfenster erkannt werden (z.B. Aspiration,

Labialisierung, Glottalisierung)

(21)

Quellen

# 21

Quellen

Hura, S. L., Lindblom, B., & Diehl, R. L. (1992). On the role of perception in shaping phonological assimilation rules.

Language and Speech, 35(1-2), 59-72.

Kawasaki-Fukumori, J. J. O. H. (1997). Alternatives to the sonority hierarchy for explaining segmental sequential

constraints. Language and its ecology: Essays in memory of Einar Haugen, 100, 343.

Ohala, J. J., & Kawasaki, H. (1984). Prosodic phonology and phonetics. Phonology, 1, 113-127.

Ohala, J. J. (1990). The phonetics and phonology of aspects of assimilation. Papers in laboratory phonology, 1, 258-275.

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