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Archiv "DRITTES REICH: Verleugnung" (09.04.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

BRIEFE AN DIE REDAKTION

DRITTES REICH

Zu dem Kommentar „Was ist heute lebensunwert", in Heft 6/1986, Seite 285, stellvertre- tend für eine Vielzahl weiterer Zuschriften:

Verbotsirrtum?

... Ist das eine versuchte

„Reinwaschung" der — ar- men „Mörder" — die sich, obwohl sie jahrelang von ach so schrecklichen Lei- den geplagt — verhand- lungsunfähig waren — ihre letzte Kraft — aufopfernd — für ihre Patienten zur Ver- fügung stellten? Was sol- len diese abartigen Verglei- che, die keine sind? Wo war die „Standesorganisa- tion" die es zuließ, daß an- geblich verhandlungsunfä- hige Ärzte — angeklagt we- gen Mord — weiterhin oder überhaupt Patienten be- handeln durften. Daß der Bundesgerichtshof das Ur- teil aufhob, kann ihnen doch wohl nicht entgangen sein (oder vielleicht doch?). Zum Ruhen der Zu- lassung haben wohl 3000 eigenhändig ausgeführte Morde nicht genügt (Nicht

„teilgenommen" —sondern selbst ausgeführt).

Die Tatsache ist die, daß zu Vorgängen dieser Art, ob heute oder vor 20 Jahren unsere Ärztekammer schweigt, was vielleicht für sie auch besser ist. Die braune, nicht gerade rühm- liche Vergangenheit in den deutschen Ärztereihen und vor allem auch in den obe- ren „Etagen", könnte sonst vielleicht zu noch mehr Entdeckungen von 70jähri- gen Kollegen führen, die sich dann vielleicht auch auf Verbotsirrtum berufen könnten. Peinlich, pein- lich!!! Würden Sie dies auch dem Arzt „Dr. Menge- le" zugestehen? Als Ärzte möchte ich diese drei Ver- brecher nicht bezeichnen — sonst müßte ich mich schä- men, mich als Arzt bezeich- nen zu lassen. Vielleicht genau so schlimm sind aber die sogenannten Kol-

legen, die solche mit Gefäl- ligkeitsgutachen versor- gen.

Verbotsirrtum? Seit wann gibt es in der Medizin le- bensunwertes Leben? Mit dem, was Herr Hackethal veranstaltet, bin ich auch nicht einverstanden.

Dr. med. Leo Latasch Universitätsklinik Frankfurt Mitglied der jüdischen Gemeinde Frankfurt 6000 Frankfurt/Main

Unverständlich

... Mir ist es als Arzt, der der Kriegsgeneration nicht angehört, unverständlich, wie heute, im Jahre 1986, durch polemische Verglei- che, die Tatsachen abge- wogen werden, die sich nicht dazu eignen, mitein- ander verglichen zu wer- den, Sympathie mit Taten bekundet wird, die in ihrer Abscheulichkeit ihresglei- chen auf der Welt suchen.

Die Kritik läßt sich nicht mit der Unterstellung „linke Ideologen" abtun ... Dies war Mord. Durchgeführt von Menschen, die sich dem Eid des Hippokrates verpflichtet hatten, die auf- grund ihrer intellektuellen Einsichtsfähigkeit, in der Lage gewesen wären, sich zu verweigern. Ich bitte Sie nun, mir als Briefschreiber nicht auch linke Ideologie zu unterstellen. Das wäre zu einfach!

Zur gleichen Zeit, als diese Herren ihre abscheuliche Tat durchführten, gab es Tausende von Kollegen, die ihre ärztliche Berufung ernst nahmen. Es gab tau- sende Kollegen jüdischen Glaubens, die in die KZ's wanderten. Wo bleibt hier Ihr Mitgefühl? Mir bleibt nur eine abschließende Wertung Ihres Kommen- tars: Er ist widerlich!

Michael Klentze, Arzt Katharinenstraße 28 7410 Reutlingen

Verleugnung

Ich schäme mich meiner Zugehörigkeit zur deut- schen Ärzteschaft, deren offizielles Organ es fertig bringt, auf „Seite eins" die Greueltaten deutscher Ärz- te im 2. Weltkrieg mit der Durchführung der Ster- behilfe auf Verlangen und dem Schwangerschaftsab- bruch zu vergleichen. Je- der, der sich ernsthaft mit den letztgenannten Proble- men beschäftigt, kennt tie- fe Gewissenskonflikte und sucht in erster Linie nach anderen „lebenswürdige- ren" Alternativen. Für das, was im 2. Weltkrieg ge- schah, ist jedoch jeder

„gleichmachende" Ver- gleich eine kriminelle Ver- leugnung.

Charlotte Hübner, Ärztin Husarenweg 6

2240 Heide / Holstein

Peinlich

Die knappen Ausführungen ... hätten kaum peinlicher ausfallen können. Daß es nicht um die Sache geht, sondern um politische Tief- schläge, gibt der Verfasser durch seine kurzsichtige Rechts-Links-Ideologie — vielleicht ungewollt — ja selbst zu. Ein schwerer Fehler vieler heute abgege- bener Stellungnahmen zu ethischen Konfliktthemen ist die hier demonstrierte Unsachlichkeit. Daß die zur Diskussion stehenden Ver- brechen des Dritten Rei- ches durch ein dem rech-

DANK

Via: Leserbrief:

Fruchtbare Zeit

(Vor der Niederlassung) als Allgemeinarzt ergab sich für mich die lohnende Möglichkeit, in anderen Fachdisziplinen wochen- weise bei niedergelasse- nen Kollegen zu hospitie-

ten politischen Spektrum zuzuordnenden Regime begangen wurden, ist nun mal historisch nicht zu wi- derlegen. Daß diese Ver- brechen zu verurteilen sind, ist für jede humane Ethik ebenso selbstver- ständlich. Und eine Wahr- heit bleibt eine Wahrheit, auch wenn der mir nicht gefällt, der sie sagt.

Approbierte, für Menschen verantwortliche Ärzte soll- ten, auch wenn sie jung sind, ein durchdachtes Weltbild haben. Eigenstän- diges, wertorientiertes Denken ist eine unumgäng- liche Voraussetzung für ärztliches Arbeiten. Daß dies oft genug fehlt, macht diese Forderung nicht überflüssig. Man kann die Massentötung im Dritten Reich nicht als entschuld- bare Verstrickung in äuße- re Gegebenheiten abtun, ebenso wie man heute praktizierte medizinische Eingriffe nicht einfach da- durch rechtfertigen darf, weil es so üblich und mög-

lich ist. Die Probleme um Fortpflanzung, Mensch- sein, Lebensverlängerung und Sterbenlassen sind viel komplizierter als es dieser verunglückte Erguß Ihres Redaktionsmitgliedes auch nur andeutet. Der Text ist genauso wenig ent- schuldbar wie die Taten, die er in Schutz nehmen möchte!

Dr. med. Fred Salomon Arzt für Anästhesiologie Klinikstraße 29

6300 Gießen

ren. Es war eine fruchtba- re, sehr schöne Zeit. Neben der fachlichen Horizonter- weiterung war erstaunlich, ja begeisternd, wie offen ich auf- und ernstgenom- men wurde. Ob meine Kol- legegeneration dazu später auch fähig sein wird?

Dr. Alexander Ulbrich Tiefer Weg 18 7000 Stuttgart 70 1006 (14) Heft 15 vom 9. April 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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