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Archiv "Das Gespräch: Arroganz" (26.12.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 51–52

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26. Dezember 2011 A 2771

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

D AS GE SPRÄC H

Der Präsident des Medizinischen Fa- kultätentages, Die- ter Bitter-Suermann, äußert sich zu ge- planten Änderungen der Approbations- ordnung (DÄ 46/2011: „Das PJ ist Fa- kultätensache“ von Eva Richter-Kuhl- mann).

Arroganz

„An den Akademischen Lehrkran- kenhäusern wird die Lehre durch außerplanmäßige Professoren und Privatdozenten vertreten, die in ei- nem engen Austausch mit der Fa- kultät stehen. Das ist die Vorausset- zung dafür, dass die Studierenden an den PJ-Einrichtungen wirklich eine Fortsetzung ihrer Ausbildung bekommen“, erklärt der MFT-Präsi- dent. An den anderen Krankenhäu- sern stehe nicht annähernd in ver- gleichbarem Umfang qualifiziertes wissenschaftlich-ärztliches Perso- nal zur Verfügung.

Dieses Zitat zwingt zum Wider- stand, eine derartige Arroganz und fast schon beleidigende Äußerung darf nicht widerspruchslos verhal- len. Es impliziert nämlich den Ge- dankengang, dass womöglich in den Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, die keine Akademischen Lehrkrankenhäuser sind, die Qualität der Patientenver- sorgung ebenso wie die Ausbildung von Studenten zu wünschen übrig- lässt.

Eben in diesen Kliniken wird die Hauptlast der Patientenversorgung getragen, und eben hier wird der Lernende die Mehrzahl der „gängi- gen“ Erkrankungen und Verletzun- gen zu Gesicht bekommen, und hier gehört er auch meiner Meinung

nach für einen Teil seiner Ausbil- dung hin.

Mein eigenes PJ habe ich Anfang der 90er Jahre in zwei Kreiskran- kenhäusern gemacht. Geschadet hat es nicht, eher im Gegenteil, und das dritte Staatsexamen habe ich auch ohne Probleme bestanden.

Die Wahrheit darüber, dass die ge- plante Änderung der Approbations- ordnung den Widerstand des MFT- Präsidenten auf den Plan ruft, liegt wohl doch eher darin, dass von den medizinischen Fakultäten ein Ver- lust von billigen Arbeitskräften für die Stationsroutine etc. befürchtet wird.

Auch woher der Herr Professor Bit- ter-Suermann die prophetischen Fä- higkeiten nimmt, vorherzusagen, dass eine Arztausbildung in struk- turschwachen Regionen den Land- arztmangel nicht wenigstens etwas kompensiert, vermag sich mir nicht zu erschließen. Das Gegenteil ist je- denfalls nicht bewiesen. Ebenso

wenig wie die Tatsache, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen in strukturschwachen Regionen pau- schal schlechter sein sollen als im Ballungsraum.

Im Übrigen: Aufwandsentschädi- gungen oder Barzahlungen für PJler werden doch schon heute von be- stimmten Akademischen Lehrkran- kenhäusern vorgenommen.

Zusammenfassend möchte ich, als an einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung tätiger Leiten- der Oberarzt, die geplante Freiheit des PJ ausdrücklich begrüßen (die freie Wahl der Klinik gab es sogar in der sonst als eher restriktiv be- kannten DDR), denn so wird dem ärztlichen Nachwuchs ausreichend Gelegenheit gegeben, Erfahrungen zu machen und aus der Vielfalt der Möglichkeiten, auch der des ländli- chen Lebens, diejenige auszusu- chen, die am besten in die eigene Lebensplanung passt . . .

Dr. Albrecht Rosenkranz, 04668 Parthenstein

S G S

D M k t ä p d ordnung(DÄ 46/201

MEDIZINERTES T

Der Test für medizi- nische Studiengän- ge kommt wieder zum Einsatz (DÄ 45/2011: „Chance für Bewerber ohne Einser-Abitur“ von Guni Kadmon und Martina Kadmon).

Eingeengte Sicht

Mit großem Interesse las ich den Be- richt über Bewerbungschancen zum Medizinstudium „ohne Einser-Abi- tur“, und es lief mir kalt den Rücken runter. Es kommt heraus, dass offen- bar motivierte Studenten und solche mit guten TMS-Ergebnissen trotz

„schlechten“ Abiturs gute Studiener-

gebnisse erzielen können und viel- leicht sogar eine gute akademische Laufbahn ergreifen. Was aber wieder einmal, genau wie zu Zeiten der aus- schließlichen „Einser-Abiturnoten- auswahl“, die eigentliche Eignung zum Arztberuf überhaupt nicht be- rücksichtigt. Bei welchem Test wird der Erfolg während der Berufstätig- keit getestet? Und was zeichnet den guten Arzt später aus? Ist es der, der sich die Schlauchfiguren merken, Buchstabenfolgen erkennen konnte und sich schließlich habilitiert? Oder ist es der, der mit menschlichem Einfühlungsvermögen emphatisch auf den Patienten eingeht und im Verlauf einen guten klinischen Blick bekommt und das womöglich noch ohne Dr. med.? Mit diesen ganzen D

n g z 4 f E Guni KadmonundM

B R I E F E

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26. Dezember 2011 theoretischen Tests und dem Tunnel-

blick auf Abiturnoten werden und wurden gefühlsarme Theoretiker ge- fördert, die vielleicht in einem statis- tischen Bundesamt oder in der For- schung gute Ergebnisse erzielen, aber als „Arzt“ im eigentlichen Sin- ne nicht sicher geeignet sind. Arzt sein ist mehr, viel mehr als „verbal- mathematisches“ oder „figural- räumliches“ Denken. Auf diese Wei- se wird der Arztberuf weiter redu- ziert auf Eigenschaften, die auch ein guter Computer leisten kann.

Dr. med. Florentin Stachow, 21502 Geesthacht

Ein Werdegang

. . . Ohne Zivildienst wäre ich nie Arzt geworden . . . wie auch mit ei- nem Abi von 3,2? . . .

Ich hatte das große Glück, im Zivil- dienst in der Notaufnahme eines Kreiskrankenhauses zu arbeiten.

Nach kurzer Anlernphase unter den wachsamen Augen der Schwestern und Ambulanzärzte durften wir al- les machen, wofür wir das nötige Geschick zeigten.

Das war in den 90ern in der BRD noch möglich. Da ich mich ge- schickt anstellte und gut mit Men- schen im Allgemeinen und alten Leuten im Besonderen umgehen konnte, riet mir der damalige Altas- si (inzwischen Chefarzt), doch Me- dizin zu studieren . . .

Aber der Medizinertest, ohne aus- reichende Vorbereitung nach einer Woche Nachtdienst, ging ziemlich in die Hose – 101 Punkte halfen auch nicht weiter!

Also, weiter bewerben über die ZVS und erst einmal Mensch wer- den. Sechs Monate durch die USA und Kanada getrampt (vom selbst verdienten Zivigeld) und danach zehn Monate als Lkw-Fahrer in einer großen Psychiatrie gearbeitet.

Und dann endlich der ersehnte Stu- dienplatz. Alles ohne Komplikatio- nen, man wusste, wofür man lernte . . . Examen mit 2,0 abgelegt . . . so viel zum Thema NC!

Heute bin ich niedergelassener All- gemeinmediziner (seit mehr als fünf Jahren) – auf dem Land. Glauben Sie allen Ernstes, dass jemand mit Abi 1,0 sich zu so etwas herablas- sen würde, ich wage auch zu be-

zweifeln, dass er/sie der Richtige wäre! Also, wer eine Hochschulrei- fe hat und den Willen, der soll es machen . . .

Christoph Dannheim, 31275 Lehrte

Tests leisten Prognose

. . . Ein Studienabbruch ist für den Studierenden ebenso wie für seine Ausbilder eine einem klinischen Endpunkt vergleichbare Marke. Für den Studierenden eine Kerbe im Lebenslauf, für die Hochschullehrer eine Frage nach der Einkerbung ih- rer Messlatte. Während der Studien- gang Mathematik langfristig zwei- stellige Abbrecherquoten zeigt, trifft die Erfahrung der Abkehr von der Medizin die Träger der Ausbil- dung unvorbereitet. Studierende, die ein Mathematikstudium abbre- chen, absolvieren erfolgreich ande- re Studiengänge. Was wird aus Ab- brechern des Medizinstudiums?

Hier scheint der TMS Vorteile zu bringen. Indem er „einem breiten Spektrum von Schulabgängern er- möglicht, sich am Wettbewerb um die Studienplätze zu beteiligen“, macht er einen für das Studium er- forderlichen Leistungsstand be- wusst. Seine Validierung mag dar - über entscheiden, inwieweit diffe- renzierende Zulassungstests für je- den Studiengang zu fordern wären.

Zeugnisse bewerten die Vergangen- heit, Tests leisten Prognose.

Shahnaz Friedrich-Wedig, Dr. med. Martin P. Wedig, 44628 Herne

Auswahlverfahren in Lübeck

Wir teilen Ihre Auffassung – die Abiturnote als alleiniges Kriterium für die Vergabe von Medizinstu- dienplätzen reicht nicht. Regelmä- ßig bewirbt sich eine große Zahl sehr guter Abiturienten. Eine Zehn- telnote oder eine ungünstige Los- nummer kann dabei zum Verhäng- nis werden. Darum nutzen auch wir zusätzlich den TMS. Der Empfeh- lung, lediglich kognitive Tests ein- zusetzen, widersprechen wir je- doch. Sie verweisen auf die Hohen- heimer Metaanalysen, doch diese betrachten als Validierungskriteri-

um lediglich Studiennoten. Die Au- toren räumen selbst ein, es sei

„denkbar, dass Auswahlgespräche für alternative Erfolgskriterien über eine größere Aussagekraft verfü- gen“ (Hell et al.: 2007, S. 100).

Überspitzt ausgedrückt: Hervorra- gende Noten können von Studieren- den erbracht werden, die mit Scheu- klappen den Campus passieren oder von Studierenden, die sich um posi- tive soziale Interaktionen bemühen.

Wir wünschen uns Nachwuchsmedi- ziner, die sich mit Lübeck identifi- zieren, mit den Lehrenden in Dialog treten und auch über das Fachliche hinaus Einsatz zeigen. Unumstritten ist zudem, dass der ärztliche Beruf neben kognitiven auch kommunika- tive Fähigkeiten und eine hohe Be- lastbarkeit voraussetzt. Wir sprechen uns daher für ein Verfahren aus, das psychosoziale Kriterien einbezieht.

Deren Prognosekraft wird derzeit im Längsschnitt geprüft. Mindestens drei Aspekte sind im Lübecker AdH jedoch bereits gelungen.

Erstens: 2011 hatten Bewerber bis zu einem Abitur von 2,0 eine Chan- ce. Rund 51 Prozent der ausgewähl- ten Interviewteilnehmer wären nicht zugelassen worden, wenn die Gesprächsergebnisse unberücksich- tigt geblieben wären.

Zweitens: Das Verfahren zeigt, wo- rauf wir Wert legen und fordert en- gagierte Abiturienten gezielt auf, sich für Lübeck zu bewerben. Wer teilnimmt, reflektiert seine Studien- motivation und -eignung gründlich.

Insofern können Interviews die Selbstselektion fördern. Die Annah- mequote ist dementsprechend hoch, 90 bis 100 Prozent der Zugelasse- nen schreiben sich ein.

Drittens: Unter allen Beteiligten entsteht ein konstruktiver Aus- tausch darüber, was einen Medizin- studierenden und was einen „guten Arzt“ ausmachen sollte – ein Nähr- boden für innovative Lehr- und For- schungsprojekte.

Wir sind uns gewiss, durch unser multimethodales Auswahlverfahren einen wichtigen Akzent für die För- derung psychosozialer Kompeten- zen im Medizinstudium zu setzen und bereits zum Studienbeginn ei- nen bereichernden Kontakt zwi- schen Bewerberinnen und Bewer-

B R I E F E

Referenzen

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