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Archiv "Stammzellpatente: Schlusspunkt mit Fragezeichen" (07.12.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 49

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7. Dezember 2012 A 2439

U

nter den jahrelangen Rechtsstreit über die Paten- tierbarkeit von Erfindungen, die auf menschli- chen embryonalen Stammzellen basieren, zwischen der Umweltorganisation Greenpeace und dem Bonner Stammzellforscher und Neuropathologen Prof. Dr. med.

Oliver Brüstle setzte der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt einen Schlusspunkt. Allerdings keinen eindeu - tigen. „Keine Patente auf embryonale Stammzellen“, titelte die „Frankfurter Rundschau“ in der vergangenen Woche. „BGH erlaubt Patente auf embryonale Stamm- zellen“, schrieb dagegen „Die Welt“.

Was ist nun richtig? Welches Lager hat gewonnen?

In der Tat hat jede Tageszeitung ein bisschen recht. Und tatsächlich ist auch jedes Lager ein bisschen zufrie- den. Denn der BGH entschied, dass Erfindungen nicht patentiert werden können, sofern sie auf Stammzel- len beruhen, für die Embryonen zerstört wurden. Ein Patentschutz soll hingegen möglich sein, wenn die em- bryonalen Stammzellen durch andere Methoden ge- wonnen wurden (Urteil vom 27. November 2012, Az.:

XZR 58/07). Auf diese Weise gelang den Richtern scheinbar die Quadratur des Kreises, nämlich grund- sätzlich die Entscheidung des Europäischen Gerichts- hofs (EuGH) vom vergangenen Jahr zu bestätigen, gleich - zeitig aber dem Hilfsantrag von Brüstle stattzugeben.

Zunächst scheinen damit auch alle zufrieden zu sein:

Die Entscheidung des BGH stärke die ethischen Gren- zen im Patentrecht, erklärte Greenpeace. Die Organi - sation erwartet, dass künftig stärker in ethisch unbe- denkliche Verfahren investiert wird, um Stammzellen zu gewinnen. Auch Brüstle zeigte sich in Karlsruhe erfreut über das Urteil. Es habe Rechtsklarheit geschaf- fen, sagte er und betonte, dass es inzwischen genügend wissenschaftliche Wege gebe, um Stammzellen zu ge- winnen, ohne Embryonen zu zerstören.

Kann Rechtsprechung auf einmal so einfach sein?

Schließlich hat der Rechtsstreit, den der BGH jetzt be- endete, eine jahrelange Geschichte: Bereits 1997 be - antragte Brüstle das Patent, gegen dessen Erteilung (1999) Greenpeace klagte. Das Bundespatentgericht er-

klärte das Patent für nichtig, woraufhin Brüstle Beru- fung einlegte. Der BGH vertagte 2009 seine Entschei- dung und rief den Europäischen Gerichtshof an. Dieser hatte dann im Oktober 2011 in einer Grundsatzent- scheidung die Patentierung von Verfahren auf Basis embryonaler Zellen weitgehend eingeschränkt. Ihm zufolge dürfen keine Patente auf Methoden erteilt werden, wenn dafür zuvor menschliche Embryonen zerstört werden müssen.

Diese Entscheidung ist auch für Deutschland bindend. Brüstle beantragte deshalb hilfsweise eine eingeschränkte Patentierung des von ihm entwickelten Verfahrens, bei dem aus Stammzellen Vorläuferstufen von Nervenzellen gezüchtet werden. Das Patent soll gelten, wenn Zellen eingesetzt werden, für deren Ge- winnung keine Embryonen zerstört werden mussten.

Der Forscher verwies dazu auf irreversibel arretierte Embryonen, die sich nicht weiterentwickeln. Green- peace war dagegen der Ansicht, dass Patente auf Zellen aus embryonalen Stammzellen komplett zu verbieten sind.

Fakt ist nun, dass es ein generelles Patentierungsver- bot in Deutschland nicht geben wird. Stattdessen wer- den Einzelfallentscheidungen über auf embryonalen Stammzellen basierenden Erfindungen getroffen wer- den. Ein Fragezeichen bleibt.

STAMMZELLPATENTE

Schlusspunkt mit Fragezeichen

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin

S E I T E E I N S

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