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Archiv "Blutspendedienste: Der Bedarf steigt, doch die Spenderzahlen gehen zurück" (27.09.1990)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

TAGUNGSBERICHT

Der Bedarf an Blutkonserven ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Heute müssen in der Bun- desrepublik täglich 10 000 Bürger freiwillig Blut spenden, um die Ver- sorgung der Krankenhäuser zu si- chern. Etwa 80 Prozent ihrer benö- tigten Blutmenge beziehen die Kran- kenhäuser von den Blutspendedien- sten des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

Spenderblut wird nach Angaben des DRK zu 19 Prozent für Krebsbe- handlungen, hauptsächlich bei der Chemotherapie, verwendet. Es fol- gen die Behandlungen von Herzer- krankungen und Magen-Darmer- krankungen (beide 16 Prozent). Für die Akutversorgung von Verletzten aus Unfällen werden zwölf Prozent des gespendeten Blutes gebraucht.

Am Ende stehen mit Anteilen von jeweils etwa vier Prozent Behandlun- gen von Leber- und Nierenkrankhei- ten, Blutkrankheiten, die Versor- gung bei komplizierten Geburten so- wie die Therapie von Knochen- und Gelenkkrankheiten.

Seit dem „AIDS-Schock" vor fünf Jahren sehen sich die DRK- Blutspendedienste mit zwei großen Problemen konfrontiert: der Angst in der Bevölkerung, sich beim Blut- spenden mit AIDS oder Hepatitis zu infizieren und dem Vorwurf an die Spendedienste, mit dem Blut Ge- schäfte in der Dritten Welt zu ma- chen. Seitdem sinkt das Vertrauen in die DRK-Dienste, und die Spender- zahlen gehen langsam zurück.

• Die neun DRK-Blutspende- dienste in der Bundesrepublik weh- ren sich vehement gegen die Vor- würfe. Das wurde auf einem interna- tionalen Kolloquium zum Thema

„Werbung von freiwilligen und un- entgeltlichen Blutspendern" deut- lich, das kürzlich in Hannover statt- fand. Organisiert hatten das Treffen mit rund 80 internationalen Fachleu-

ten die Blutspendedienste des DRK.

„Wir haben die Ansteckungsgefahr bei der Spende praktisch auf Null verringert", sagte Ursula Lassen, Vorsitzende des Organisationskomi- tes vom niedersächsischen Blut- spendedienst. „Wir verwenden aus- schließlich Einmal-Bestecke und hal- ten die vielen Spendelokale, die un- sere Mitarbeiter täglich anfahren, so steril wie möglich." Auch für Emp- fänger gespendeten Blutes seien die Gefahren erheblich verringert wor- den, erklärte Ursula Lassen. Bevor ein Spender. zugelassen wird, unter- suchen ihn Arzte der Spendedienste auf den Rhesusfaktor, auf irreguläre Blutgruppenantikörper, auf Hepati- tisinfektion oder Lebererkrankung, auf Syphilis- und HIV-Antikörper.

Anschließend werden die Produkte aus dem Spenderblut virusinaktivie- renden Maßnahmen unterzogen.

Für ein Dankeschön

Spender bei den DRK-Diensten bekommen für ihr Blut keinen Pfen- nig. Eine Cola und eine Bockwurst — das ist alles, womit sich das DRK be- dankt. Mehr darf es für gespendetes Blut nicht geben, meinen die DRK- Dienste. „Das hat nichts mit Ge- schäftemacherei zu tun", sagte der Geschäftsführer des hessischen Blut- spendedienstes, Klaus Schäfer. Es gehe vielmehr darum, daß unbezahl- te Spender ihr Blut aus menschli- chen Gründen gäben und die Spende nicht als Geldquelle betrachteten.

Damit werde verhindert, daß Perso- nen aus Risikogruppen eine mögli- che Infektion oder Krankheit ver- schweigen, um Blut spenden und ab- kassieren zu können. Einhellig er- klärten die Teilnehmer des Kollo- quiums, daß die Blutspendedienste keine Geschäfte machen dürften.

Das schließt aber nicht aus, daß die

einzelnen Dienste, jeder für sich ist eine GmbH, Gewinne erwirtschaf- ten. So produzieren sie bei den Blut- gruppen A-Rhesus positiv und 0-Rhesus positiv gelegentlich Über- schüsse. Mit 37 und 35 Prozent ha- ben diese Gruppen den höchsten Anteil in der Bevölkerung. Ein Teil des überschüssigen Blutes wird ex- portiert, weil die Konzentrate daraus maximal fünf Wochen haltbar sind.

Ursula Lassen versicherte: „Alles, was wir an Gewinnen erwirtschaften, investieren wir in den Ausbau unse- res Blutspendewesens, in bessere Versorgung der ländlichen Regio- nen, in mehr Forschung und in die Information für Spender."

In die Öffentlichkeitsarbeit inve- stieren die DRK-Spendedienste zur Zeit verstärkt. Denn sie stellen fest, daß es immer mehr ältere Menschen gibt, die viel Blut brauchen, aber nur wenig spenden. Jetzt sollen vermehrt junge Leute für die Blutspende ge- wonnen werden: 300 000 DM ließen sich die Dienste Werbung in Grund- schulen, Schulen und Ausbildungs- betrieben kosten, wo sie Comic- Heftchen und Plakate über den Sinn der Blutspende verteilten.

Mehr Menschen sollen auch für die Plasmaspende gewonnen wer- den. Plasmaderivate kommen derzeit zu etwa 80 Prozent aus dem Aus- land, vornehmlich aus den USA und der Dritten Welt. Bevorzugter Ab- nehmer ist die Pharma-Industrie, denn Plasma läßt sich leicht weiter- verarbeiten und wird von den Unter- nehmen entsprechend bezahlt. Die DRK-Dienste wollen den Bedarf daran in der Bundesrepublik selbst decken. Doch die meisten Menschen empfinden die Plasmaspende als ei- ne Art operativen Eingriff, weil ihr eigenes Blut nach Trennung des Plasmas in den Körper zurückge- pumpt wird.

Damit die Zahl der Spender nicht insgesamt weiter abnimmt, wollen die Blutspendedienste in Nie- dersachsen, Hessen und Bayern das Höchstalter der Spender von 65 Jah- ren abschaffen. Zwar ist es in den Richtlinien zum Blutspenden der Bundesärztekammer festgelegt, doch einzelne DRK-Dienste wollen sich offenbar darüber hinwegsetzen.

Holger Beckmann

Blutspendedienste

Der Bedarf steigt, doch die Spenderzahlen gehen zurück

A-2880 (32) Dt. Ärztebl. 87, Heft 39, 27. September 1990

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