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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
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Nr. 25/2012 5. Juli 2012
DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Frankreich muss Kurs halten
Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner, noch vor den USA oder China. Deshalb ist für die deut- sche Wirtschaft wichtig, welchen Kurs die neue Führung in Paris in ihrer Haushaltspolitik einschlägt. Im politi- schen Berlin fürchten indes viele, Präsident Hollande könnte seine Wahlversprechen einlösen und den Fokus auf die Wachstumsförderung legen, anstatt Sozialabbau und Ausgabenkürzung das Wort zu reden.
Hollandes Regierungschef Ayrault hat in der Steuerpoli- tik jetzt klare Alternativen zum Schäuble-Kurs vorge- stellt: Höhere Steuern auf Vermögen, Erbschaften und Kapitalgewinne, Sondersteuern für Ölkonzerne und Banken, drei Prozent auf Dividenden – und ein Spit- zensteuersatz von 75 Prozent ab einer Million Euro Jahreseinkommen. Öffentliche Aufgaben sollen in Frankreich wieder stärker von Beziehern hoher Ein- kommen und aus den Extraprofiten marktbeherrschen- der Unternehmen finanziert werden.
Aber die Unerbittlichkeit, mit der Bundeskanzlerin Mer- kel den europäischen Nachbarn ihre zum Selbstzweck gewordene Rotstiftpolitik aufzwingt, bringt auch die Franzosen ins Schwitzen. So hat sich Hollande zuletzt wiederholt dazu bekannt, Schulden zu senken und das EU-Defizitziel schon für 2013 anzustreben.
Das wird allerdings auch mit einer klugen Steuerpolitik nicht klappen. Berechnungen des französischen For- schungsinstituts OFCE zeigen, dass binnen Jahresfrist 40 bis 45 Milliarden Euro gespart werden müssten, um das Ziel zu erreichen. Schon ein Einsparvolumen von 33 Milliarden Euro würde das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 Prozent drücken und ausreichen, um Frankreich an den Rand einer Rezession zu bringen. Und wenn Frank- reich in die Rezession rutsche, so das OFCE, dann kön- ne sich auch Deutschland dem Sog nicht entziehen.
„Eisernes Sparen“ hat in Deutschland zwar einen guten Ruf, führt aber in die Rezession und kann für den ge- samten Euro-Raum eine Abwärtsspirale aus sinkenden Steuereinnahmen, steigender Arbeitslosigkeit und stei- genden Sozialtransferzahlungen auslösen. Das muss verhindert werden.
Deshalb muss der französische Weg von anderen euro- päischen Regierungen mitgegangen werden. Haushalts- konsolidierung ist ohne höhere Einnahmen nicht mach- bar. Italiens Premier Monti – bekennender Marktlibera- ler – behauptet immerhin schon, die Steuerlasten auf Vermögen beträchtlich erhöht zu haben. Von Merkel oder Schäuble sind ähnliche Ideen nicht bekannt. Dabei hätte es gerade Deutschland nötig, endlich auch die Vermögenden an den Krisenkosten zu beteiligen (siehe Grafik). Frankreich muss bei der Steuerpolitik auf Kurs bleiben. Deutschland muss das Steuer endlich herum- reißen – in Richtung mehr Gerechtigkeit!
Anteil der Gewinn- und Vermögensteuern am Gesamtsteueraufkommen 2008
10,0
8,6
6,7
5,7 5,1
11,6
4,3
7,8
1,3
2,3
Ver. Königreich Italien Frankreich Österreich Deutschland
Unternehmensbesteuerung Besteuerung auf Vermögenswerte
Quelle: OECD, Revenue Statistics 2010