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2. Phase: Deportation und Vernichtung

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„Volksgemeinschaft“

Verfolgung von „Zigeunern“

Unter jenen, die aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen wurden, befanden sich auch die „Zigeuner“ (Roma, Sinti, Lovara etc.). Sie waren bereits vor der NS-Zeit Diskriminierungen ausgesetzt. Schon in der Zwischenkriegszeit hatten sich in Österreich Nationalsozialisten, aber auch Politiker des autoritären Ständestaates, intensiv mit der so genannten „Zigeunerfrage“

auseinandergesetzt und unabhängig von einander ähnliche „Lösungsvorschläge“ erarbeitet. Diese reichten von der Aberkennung der Bürgerrechte über die Zwangsarbeit bis hin zur Einweisung in „Besserungsanstalten“.

Der steirische Gauleiter Uiberreither (1908–1984) vertrat die Ansicht, „dass ein Zigeuner als außerhalb der Volksgemeinschaft stehend stets asozial ist“, und sofort nach dem „Anschluss“ wurden die „Zigeuner“ rechtlich und gesellschaftlich diskriminiert:

Sie waren von der Volksabstimmung ausgeschlossen und wurden mit zahlreichen Verboten (Musizierverbot, Schulbesuchsverbot, Verbot, den Wohn- und Aufenthaltsort zu verlassen) belegt. Damit wurde ihnen ihre Lebensgrundlage entzogen. In der Steiermark und dem angegliederten Südburgenland waren 1938 über 4.900 „Zigeuner“ von den nationalsozialistischen Maßnahmen betroffen. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“ bestand in einer ersten Phase in der Einlieferung der „Zigeuner“

in Arbeitslager und in einer zweiten Phase in ihrer Deportation und Ermordung.

„Die Zigeunerfrage“

Unter den österreichischen Nationalsozialisten hatte sich vor allem Tobias Portschy (1905–1996), Gauleiter des Burgenlandes und später stellvertretender Gauleiter der Steiermark, mit der „Zigeunerfrage“ beschäftigt.

Nach dem „Anschluss“ präsentierte er 1938 in seiner

„Denkschrift“ radikale Vorschläge zur „Ausmerzung“

der „Zigeuner“, die von einer Verpflichtung der

„Zigeuner“ zur Zwangsarbeit in Arbeitslagern bis hin zur Zwangssterilisation reichten.

„Denkschrift“, 1938.

Verfasser: Tobias Portschy.

Quelle: Steiermärkisches Landesarchiv, Graz.

1. Phase: Verhaftungen und Zwangsarbeit

Die Gestapo registrierte die „Zigeuner“ in einer eigenen

„Verbrecher- und Rassenkartei“, die dann später die Basis für ihre Deportation war. Bereits im Juli 1938 erließ der burgenländische Gauleiter Tobias Portschy eine Verordnung, nach der „Zigeuner“

zu Straßenarbeiten zwangsverpflichtet werden konnten. Dieses

„burgenländische Zwangsarbeitermodell“ wurde dann auch in anderen Gauen angewandt. Die „Zigeuner“ wurden verhaftet und in Lagern eingesperrt, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten.

Im Gau Steiermark gab es mehrere „Zigeunerarbeitslager“

– unter anderem in Kobenz, Triebendorf, Unzmarkt, Zeltweg, St.

Georgen ob Judenburg und St. Lambrecht bei Neumarkt.

2. Phase: Deportation und Vernichtung

Im November 1941 wurden mehr als 5.000 „Zigeuner“ aus den Gauen Steiermark und Niederdonau (heute Niederösterreich) in das Ghetto von Łódz/Litzmannstadt gebracht. Ein Teil von ihnen verhungerte, die anderen wurden im Vernichtungslager Chełmno/Kulmhof vergast. Der so genannte „Auschwitz-Erlass“

aus dem Jahr 1942 bewirkte, dass 1943 sämtliche noch im Gau Steiermark verbliebene „Zigeuner“ in das KZ Auschwitz deportiert wurden.

Man weiß bis heute nicht genau, wie viele steirische „Zigeuner“

die NS-Zeit überlebt haben: Von den rund 3.000 „Zigeunern“, die vor 1938 im Bezirk Oberwart gelebt hatten, überlebten weniger als 200 die Zeit des Nationalsozialismus.

Gestapo-Karteikarten.

Quelle: Karl Stojka, Wo sind sie geblieben…? Geschunden, gequält und getötet – Gesichter und Geschichten von Roma, Sinti und Juden aus den Konzentrationslagern des Dritten Reiches, Wien 2003.

Unterrichtsmaterialien: NS-Herrschaft. Verfolgung und Widerstand in der Steiermark

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1. Phase: Verhaftungen und Zwangsarbeit

Ferdinand Papel

Viele „Zigeuner“ vertrauten auf das Rechtssystem und dachten, dass sie nicht verfolgt werden würden, weil sie einer geregelten Arbeit nachgingen. Als sie dann aber dennoch verhaftet wurden, wandten sich manche an den Gauleiter und Reichsstatthalter, um sich über die ungerechtfertigte Handlung zu beschweren.

„Zigeuner“ bei der Zwangsarbeit, Oberwart (Südburgenland), undatiert.

Photograph: unbekannt.

Quelle: Steiermärkisches Landesarchiv, Graz.

2. Phase: Deportation und Vernichtung

Franz Baranyai

Franz Baranyai wurde 1891 geboren. Er lebte und arbeitete in Graz, wo er als Polizist beim Sicherheits- und Hilfsdienst beschäftigt war. Im März 1942 schrieb er an Gauleiter Uiberreither, um sich wegen der „ungerechtfertigten Behandlung als Zigeuner“ zu beschweren. Außerdem schrieb er: „Mein ganzes Denken ist und war Deutsch sein, Deutsch bleiben, kämpfen und Opfer bringen, und das will ich für meine Heimat, für Führer, Volk und mein Heimatland treu bis zum Tod.“

Eine Überprüfung seiner Angaben ergab, dass Baranyai in seinem Heimatort in der „Zigeunerkartei“ geführt wurde, obwohl er einen gültigen „Ariernachweis“ vorlegen konnte.

Trotzdem entschied die Kriminalpolizei Graz, dass Baranyai „als Vollzigeuner zu betrachten“ sei.

Im April 1942 wurde Franz Baranyai aus dem Polizeidienst entlassen. Er wurde deportiert und im Juli 1943 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

„Zigeunerlager“ Kobenz bei Knittelfeld, 1940.

Photograph: unbekannt.

Quelle: Gemeindeamt Kobenz.

Einer der Häftlinge im „Arbeitslager“ Kobenz war der Schleifer Ferdinand Papel aus Neusiedl (damals Kreis Fürstenfeld). Seine Frau Hedwig schrieb an Gauleiter Uiberreither und bat um Ferdinand Papels Freilassung, da dieser weder „Zigeuner“ noch

„arbeitsscheu“ gewesen sei. Die Reichsstatthalterei prüfte den Fall und kam zu dem Ergebnis, dass beide als „Zigeunermischlinge“ anzusehen seien. Ferdinand und Hedwig Papel wurden deportiert. Ferdinand Papel starb am 2. August 1943 im Konzentrationslager Auschwitz. Seine Frau Hedwig Papel starb am 28.

September 1943 im Konzentrationslager Auschwitz.

Franz Baranyai, undatiert.

Photograph: unbekannt.

Quelle: Steiermärkisches Landesarchiv, Graz.

Unterrichtsmaterialien: NS-Herrschaft. Verfolgung und Widerstand in der Steiermark

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