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Neuroleptika in der Langzeitbeobachtung bei Schizophrenie

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Academic year: 2022

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ARS MEDICI 11 2007 S T U D I E

Therapiealgorithmen für Schizophrenie basieren meist auf Resultaten kontrollierter randomisierter Studien. Deren Follow-up-Zeitraum beträgt oft nur wenige Monate, sodass die Langzeitwirkung von Neu- roleptika nur schwer beurteilt werden kann. Finnische Wis- senschaftler haben nun auf der Basis von Datenbankaus- wertungen in einer Beobach- tungsstudie das Rückfallrisiko für Schizophreniepatienten bei Daueranwendung ver- schiedener Antipsychotika untersucht.

B R I T I S H M E D I C A L J O U R N A L

Jari Tiihonen, Psychiater an der Univer- sität Kuopio, und sein Team führten unter Nutzung nationaler Zentralregister eine prospektive Kohortenstudie durch, um herauszufinden, wie sich verschie- dene Neuroleptika der ersten und zwei- ten Generation langfristig auf die psychi- sche Verfassung von Schizophrenie- patienten auswirken. Dazu werteten die Wissenschaftler die Daten aller 2230 Er- wachsenen aus, die sich erstmals wegen einer schizophrenen Psychose oder schi- zoaffektiver Störungen im Zeitraum von

Januar 1995 bis Dezember 2001 in einer Klinik aufgehalten hatten. Bei der Auf- nahme in die Klinik waren die Patienten zwischen 15 und 45 Jahre alt. Die mitt- lere Dauer des Index-Aufenthalts betrug 51 Tage. Anschliessend wurden die Pa- tienten durchschnittlich weitere 3,6 Jahre beobachtet.

An Patienten, die nur ein Medikament nahmen, konnte die Langzeitwirkung der zehn im Studiengebiet am häufigsten angewendeten Antipsychotika unter- sucht werden:

■ Clozapin

(Leponex®, Clopin® eco 25/100)

■ Chlorpromazin (Chlorazin®)

■ Chlorprothixen (Truxal®)

■ Haloperidol (Haldol®)

■ Levomepromazin (Nozinan®)

■ Olanzapin (Zyprexa®)

■ Perphenazin-Depot als Injektion (in der Schweiz nicht zugelassen)

■ Perphenazin oral (Trilafon®)

■ Risperidon (Risperdal®)

■ Thioridazin (seinerzeit: Melleril®).

Patienten einer Vergleichsgruppe erhiel- ten mehrere oder ungewöhnliche Medi- kamente. Eine weitere Gruppe nahm keine Neuroleptika. Da Haloperidol als Standardmedikation in klinischen Stu- dien zu Schizophrenie dient, definierten die Autoren Haloperidol-Patienten als Referenzgruppe.

Zur Beurteilung der Langzeitwirkungen der ausgewählten Antipsychotika wurden die Mortalität, Therapieunterbrechungen (aufgrund von Tod, Klinikeinweisung, Therapieabbruch oder Wechsel des Me- dikamentes) sowie ein erneuter Klinik- aufenthalt als Schlüsselindikator eines Rückfalls innerhalb des Follow-up-Zeit- raums herangezogen. Die Ergebnisse

wurden mit multivariaten Modellen und Propensity-Score-Methoden adjustiert.

Abbruch der Initialmedikation

Die initiale Einnahme (innerhalb der ers- ten 30 Tage nach der Therapie in der Kli- nik) von Clozapin, Perphenazin-Depot oder Olanzapin war mit den wenigsten Therapieunterbrechungen im Vergleich zu oralem Haloperidol verbunden.

Rückfallrisiko bei Langzeit- anwendung

Während des durchschnittlichen Folge- zeitraums von 3,6 Jahren wurden 4640 erneute stationäre Aufenthalte regis- triert. Beim Langzeitgebrauch von Per- phenazin-Depot, Olanzapin und Cloza- pin wurden die niedrigsten Rückfallrisi- ken beobachtet. In der Referenzgruppe stellten die Autoren einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Ge- schlecht und dem Risiko für einen er- neuten Klinikaufenthalt fest. Frauen er- litten unter Haloperidol wesentlich häu- figer Rückfälle als Männer. Abgesehen von der Medikation waren junges Alter, lange Dauer des Index-Klinikaufenthalts und eine zunehmende Anzahl von Rück- fällen mit einem erhöhten Risiko für einen erneuten Klinikaufenthalt verbunden.

Neuroleptika in der

Langzeitbeobachtung bei Schizophrenie

■ Unter Clozapin, Perphenazin- Depot und Olanzapin waren die Risiken für einen Therapie- abbruch oder einen erneuten Klinikaufenthalt im Vergleich zu Haloperidol am niedrigsten.

■■

■ Abgesehen von der Medikation waren junges Alter, lange Dauer des Index-Aufenthalts und eine steigende Anzahl von Rückfäl- len mit einem erhöhten Risiko für einen erneuten Klinikauf- enthalt verbunden.

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■ Suizidrisiko und Mortalität waren in der Patientengruppe ohne antipsychotische Medika- tion signifikant erhöht.

M M M

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N E U R O L E P T I K A I N D E R L A N G Z E I T B E O B A C H T U N G B E I S C H I Z O P H R E N I E N E U R O L E P T I K A I N D E R L A N G Z E I T B E O B A C H T U N G B E I S C H I Z O P H R E N I E

ARS MEDICI 11 2007

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Mortalität

Während des Follow-up-Zeitraums star- ben 84 Patienten, von denen 75 keine Neuroleptika nahmen. Im Gegensatz dazu fanden lediglich 9 Personen aus den Medikamentengruppen den Tod, wobei die Autoren keinen signifikanten Zusammenhang mit einzelnen Präpara- ten feststellen konnten. Für Patienten ohne antipsychotische Medikation war das Suizidrisiko ebenfalls signifikant höher. Aus dieser Gruppe begingen 26 Personen Selbstmord, in den Neuro- leptikagruppen ereignete sich dagegen nur 1 Suizid.

Grenzen der Studie

In Beobachtungsstudien kann die Beur- teilung von Medikamentenwirkungen im Vergleich zu randomisierten kontrol- lierten Studien aufgrund der veränderten Patientenauswahl verzerrt sein. Für Per- phenazin-Depot und Clozapin ermittel- ten die Autoren die niedrigsten Rückfall- raten. Patienten, die diese Medikamente erhielten, könnten demzufolge weniger krank gewesen sein oder eine bessere Compliance gezeigt haben. Die Wissen- schaftler halten dies jedoch für wenig wahrscheinlich, da Perphenazin-Depot als Injektion meist bei Patienten mit der

schlechtesten Compliance und Clozapin bei schwersten, sonst therapieresis- tenten Fällen angewendet wird.

Tiihonen Jari, Wahlbeck Kristian et al.: Effectiveness of antipsychotic treatments in a nationwide cohort of pa- tients in community care after first hospitalisation due to schizophrenia and schizoaffective disorder: observatio- nal follow-up study. British Medical Journal (BMJ) 2006;

333: 224–227.

Interessenkonflikte: keine deklariert

Petra Stölting

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