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Kinderbackstube. Brot. Ein Projekt im Auftrag der Migros Basel

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Kinderbackstube

Ein Projekt im Auftrag der Migros Basel

Brot

Wann aus Gras Getreide wurde, steht nicht fest. Sicher ist, dass es Hirsenahrung lange vor dem ersten Pflug, gezielten Hirseanbau in China schon um 2’800 v. Chr. gegeben hat. Assyrer und Ägypter assen Fladen aus mit Hirse-, Bohnen- und Linsenmehl geschmacklich verfeinertem Gerstenteig. Hafergrütze (Hafer mit Milch und Wasser aufgekocht) war das Hauptnahrungsmittel der Germanen in der Zeit der Römerkriege;

bei den Slawen erhielt sich diese Ernährungsart als „Kasha“ bis in unsere Tage.

Der älteste Weizen der Welt wuchs auf dem äthiopischen Hochland; die Ägypter züchteten daraus ihren Emmerweizen, den die Römer später weiter veredelten.

Wildweizen wurde schon in der jüngeren Steinzeit gegessen; man fand ihn in 7’000 Jahre alten Hockergräbern. Assyrer und Babylonier erwähnten Weizen erstmals um 3000 v. Chr. In Südrussland hatten die Bauern in manchen Jahren mit importiertem Weizen wenig Glück, dafür aber ging ins Saatgut geratenes ver meintliches Unkraut auf:

Roggen. Diese Erfahrung machten sich sibirische Bauern zunutze, indem sie fortan Weizen- und Roggensamen zur „Sweza“ vermischten, so dass in guten wie in schlechten Jahren zumindest eine der beiden Getreidesorten eine gute Ernte brachte.

10’000 Jahre lang ernährten sich die Menschen von Röstgetreide, grobem Brei und Fladen. Erst vor etwa 6’000 Jahren haben möglicherweise die Armen im alten Ägypten, die auch noch Teig verbuken, der nicht mehr ganz frisch war, sondern schon säuerlich roch, das Brot erfunden. Denn frischer Teig bäckt unweigerlich zu schwerverdaulicher Dichte zusammen. Erst der Gärungsprozess schliesst die Stärkekörner durch Quellen und Verkleistern auf und macht die Brotkruste aussen fest. Dafür sorgen Sauerteig, heute meist gezüchtete Hefepilz-Kulturen. Sie vermehren die im Mehl enthaltenen Hefen, Milch- und Essigsäurebakterien, deren Nahrung der zu 0,05 bis 0,8 Prozent im Mehl enthaltene Zucker ist; ausserdem wird Stärke zu Zuckerarten wie Dextrinen und Maltose abgebaut. Diese Vorgänge entbinden flüchtigen Alkohol sowie Kohlendioxid, das den Teig auftreibt. Jede Brotpore ist ursächlich eine Kohlendioxidblase, ein Mini-Ballon. Beim Backvorgang - bei dem die Kruste trotz 200 bis 250 Grad Celsius Umgebungshitze im Ofen nie heisser als 98 Grad wird - erhärten die „Ballonwände“: das Gas bleibt gefangen. An der Aussenhaut entstehende Röstprodukte bewirken den leicht bitteren Geschmack der Brotrinde, die Glätte und Glanz dadurch gewinnt, dass sie vor dem Garbacken seit den römischen Brotzeiten mit Wasser, heute auch mit Dextrinlösung bepinselt wird.

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Salz als Zugabe im Teig ist nicht nur Würze, sondern wirkt zugleich festigend. Der chemische Aufbau des Korns, vor allem die spezifischen Eigenschaften der Proteine sind entscheidend für seine Tauglichkeit als Brotgetreide. Als solches sind in erster Linie Weizen und Roggen, bedingt auch noch Mais anzusehen, im Gegensatz zu den Fladengetreiden Hafer, Hirse und Gerste, die die beim Gärungsprozess entstehenden Gase nur unzureichend in der Teigmasse zu halten vermögen.

Aus der Zeit um 500 v. Chr. überlieferte Hekataios von Milet die Bezeichnung

»Brotesser« als durchaus nicht abfällig verstandenen Beinamen der Ägypter. Sie selbst nannten sich „chernet“ (= Söhne des Nilschlamms, der schwarzen Erde „cherni“). Aus dem lateinischen Wort „gleba“ für fette, klebrige Erde und aus dem russischen Wort

„chleb“ für Brot lässt sich noch als Lautmalerei das Klatschen des Teiges heraushören.

Aus dem Wortstamm „kleb“ wurde im Deutschen der „Leib“.

Der Nil brachte das Korn aus dem Hochland von Äthiopien und lieferte auch die aus dem Schlamm geformten und an der Sonne getrockneten Ziegel zum Backofenbau. Die Urform des Backofens ist der Erdofen, wie ihn manche Eingeborenenstämme auf Südseeinseln und in Südamerika heute noch in Gebrauch haben. Die Ägypter gestalteten erstmals die Lehmkuppel, die gegen Ende der Jungsteinzeit auch in Europa bekannt wurde. Daraus wurden der gemauerte Ziegelofen (siehe Foto auf Seite 3), später Öfen für Heissluft-, Gas-, Öl- und Elektroheizung entwickelt, deren Fabrikmodelle heute in endlosem Betrieb über 2000 kg Brot pro Arbeitsstunde liefern.

Als die Ägypter entdeckt hatten, dass ein Stück vom Vortag zurückbehaltenen sauren Teiges, in Frischteig geknetet, diesen im Nu in der gewünschten Weise „aufgehen“ ließ, erhielt der Sauerteig denselben Rang, den einst das Feuer innehatte, das als heiliges Gut im Haus bewahrt wurde. Und da der durch Hefepilze ausgelöste Gärungsprozess - den der niederländische Naturforscher Antony van Leeuwenhoek (1632-1723) mit Hilfe seines Mikroskops enträtselte - Brot und Bier gemeinsam ist, taten sich Brotbereiter und Brauer eng zusammen. So ist das Germanische Wort für Brot aus dem althochdeutschen „briuwan“ (brodeln, gären) auch mit „Gebräu“ verwandt.

Arbeitslohn wurde jahrhundertelang in Brot und Bier abgegolten. 75 feine Weizenbrote, 3000 Fladen aus der Asche und 30 Krüge Bier bildeten den Monatssold eines Tempelbeamten im alten Ägypten, das seine geistliche und weltliche Verwaltung auf die Hefe gründete. Im 11. Jahrhundert v. Chr. pflügten die Hebräer bereits mit eiserner

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wurde ihnen das Brot zum Überlebensmittel. Jüdische Brote waren linsenförmig:

kreisrund, in der Mitte dicker als am Rand. Sie waren klein - ein Mann brauchte zu einer Mahlzeit mehrere Brote, um satt zu werden. Und da sie sehr flach waren und spröde, lohnte es keinen Schnitt mit dem Messer: das Brot wurde gebrochen. Um die Zeitenwende gab es zahlreiche Bäcker in Jerusalem, wo der Prophet Nehemia bereits einen „Backofenturm“ sah: die erste Brotfabrik der Geschichte! In der Bäckerstrasse dominierten schon zu Christi Lebzeiten die Brothändler, die selber keine Brotproduzenten mehr waren, sondern die Brote bei den Bäckereien kauften und an ihren Ständen weiter verkauften.

Als Athen rund 400 v. Chr. zur „Metropolis ton karpon“ (Weltstadt der Feldfrüchte) avancierte, produzierten die Griechen zu wenig Getreide. Ein Drittel des Bedarfs der Halbmillionenstadt musste durch Einfuhren gedeckt werden. Möglicherweise war das Goldene Vlies der Argonauten-Sage Inbegriff der ersehnten Weizenfelder. Um 170 v.

Chr. erlernten zunächst die römischen Frauen die Brotbäckerei. Erst die Eroberung Makedoniens im Jahr 168 v. Chr. brachte die Wende zum Bäckereigewerbe, das die Müllerei einschloss. Schon im Jahre 72 v. Chr. gab es in Rom 40’000 anerkannte Arme, die unentgeltlich eine monatliche Kornration empfingen. Zur Regierungszeit Kaiser Aurelianus' (270 bis 275 n. Chr.) zählte der „plebs frumentaria“ bereits rund 300’000 Menschen, die nun gegen Vorweisen der „tessera frumentaria“, der Brotmarke, Anspruch auf täglich zwei Brote vom Bäcker hatten. Rom musste Getreide einführen, Müllerei und Bäckerei verstaatlichen, um die Massen zu füttern.

Wie sah ein Hochleistungsbackofen in der Antike aus?

Bäckerei mit Brot- ofen und Mühle aus Pompej (79 n. Chr.).

Im antiken Rom wurde relativ spät, erst ab dem Jahr 170 vor Chr. Brot gebacken; zu Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr. gab es rund 250 Bäckereien in der Stadt, die zusammen täglich weit über eine Million Brote buken.

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Rar war das Brot bei uns in Europa zwischen dem 8. und 14. Jahrhundert n. Chr., als der Hunger weit verbreitet war. In Frankreich bestand das Brot des Jahres 843 aus mehr Erde als Korn; nach einer Berechnung assen Menschen des Mittelalters im Verlauf ihres Lebens zwei Kilo Steinmehl im Brot mit. Selbst Schilfkolben und Binsenrispen dienten als Getreideersatz, in Schweden Stroh und Fichtenrinde, vielenorts auch bitteres Sichelmehl. In Deutschland gab es Blutbrot und -gebäck: Mehl wurde mit getrocknetem und pulverisiertem Tierblut ergänzt. Im 16. Jahrhundert „streckte“ man in England den Brotteig mit Kartoffelmehl, in der Schweiz des 19. Jahrhunderts mit getrockneten und zerriebenen Birnen und Nüssen, woraus mittlerweile regionale Spezialitäten geworden sind...

50 verschiedene Brotsorten gab es in der Zeit ägyptischen Wohllebens; der Teig wurde mit Zusätzen wie Mohn, Sesam, Fenchel, Kampfer aromatisiert. 20 Brotsorten - jedem Stand die seine - zählt du Cange in seinem „Glossaire de la Basse Latinite“ für die feine Gesellschaft im Frankenreich des 12. und 13. Jahrhunderts auf: vom „Pain de Cour“

(Brot des Hofes) und „Pain de Pape“ (Brot des Papstes) über das „Pain de Valet“

(Lakaienbrot) bis zum zeitgemäss miserablen Volksnahrungsmittel „Pain de Boulanger“:

Brot vom Bäcker. Dieses hatte die von den Römern übernommene, im Ofen zum Rundlaib abgeflachte Kugelgestalt, die den französischen Bäckern die Berufs- bezeichnung „boulanger“ gab, die von „boule“ (Kugel) herrührt.

Wie sah eine Bäckerei im Mittelalter aus?

Miniatur des 15.

Jahrhunderts zu Boccaccios Decàmeron (Jean Colombe, Bibliothek Lyon).

– Wie sieht eine moderne Quartier- oder Hausbäckerei der Migros aus?

Frag den Bäcker- meister oder die Bäckermeisterin, vielleicht darfst Du sie besichtigen!

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Die Liste der Zutaten zum Teig der alten Römer, von Anis bis Zimt, von Pisaner Käse bis Pfeffer und Lorbeer, überstieg die der Ägypter. Nicht minder phantasievoll waren die Brotformen in der Geschichte: ihre Extreme reichen vom essbaren Abbild der Fruchtbarkeit spendenden Himmelskuh Hathor in Ägypten bis zur römischen Brotleier zu Ehren in der schönen Kunst des Verseschmiedens bewanderter Gäste. Die heute gebräuchlichen Brotformen ergeben sich - wenn man von traditionsgebundenem Kult- und Kunstgebäck zu besonderen Anlässen absieht - im wesentlichen aus der Technik der Herstellung. Es gibt freigeschobenes und angeschobenes Gebäck: normale, nur an der Unterseite durch das Eigengewicht abgeflachte Rund- oder Langlaibe und solche, die im Backofen an mit Backfett oder Trennemulsion bestrichenen Seiten zusammenstoßen (Kommissbrot). Spezialbrote, deren weicher Teig zu wenig form- beständig ist, werden in der Kastenform gebacken (Toastbrote). Röststoffe und zuckerige Abbauprodukte der Stärke geben dem bei nur 110 bis 140 Grad Celsius, jedoch bis zu 24 Stunden lang gebackenen Pumpernickel die dunkelbraune Farbe.

Knäckebrot wird aus extrem dünnem Teig als Waffelfladen gebacken und nachgetrock- net: der Wassergehalt des Endprodukts darf 10 Prozent nicht übersteigen. Der Stärkegehalt von Diabetikerbrot muss unter 45 Prozent liegen. Am weitesten ver breitet sind wohl die mannigfaltigen Variationen von Roggenschrot-, Misch- und Weiss(Weizen)broten. Grundlage des vor 130 Jahren von dem Arzt Sylvester Graham erstmals für ein „Gesundheitsbrot“ gekneteten Grahambrotteiges ist Wei zenschrot, des Schlüterbrotes ein Gemenge aus Mehl und feucht vorerhitzter Kleie. Für Steinmetzbrot wird das Getreide nur nassgeschält, für Simonsbrot wird es, ein wenig angekeimt, ungetrocknet und ohne mechanische Vorbehandlung verarbeitet. Das Vollkornbrot (Whole Wheat Bread) eroberte Amerika erst etwa seit 1920.

Am Brotteig unserer Zeit kneteten aber auch Naturwissenschaftler mit: der Chemiker Justus Freiherr von Liebig (1803-1873) mit seinen Kunstdünger-Experimenten, die dem Boden die ihm durch die Kultivierung (in diesem Fall Übernutzung) entzogenen Stoffe wie Kali, Kalk, Phosphorsäure, Stickstoff usw. wiedergaben; der Bakteriologe Louis Pasteur (1822-1895) und der Biologe und Botaniker, der Augustinermönch Gregor Johann von Mendel (1822-1884), dessen Vererbungslehre neue Zuchtprinzipien (und somit neue Weizensorten) schuf.

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Das Teigkneten, die letzte Muskelarbeit bei der Brotbereitung, mechanisierte der Franzose Arago 1850. Von seiner Erfindung bis zum modernen Brotbackautomaten war es nur mehr ein Schritt. Die Brotfabrik war die Konsequenz. Ein Bäcker namens Ward nahm 1849 die Brotproduktion nicht nur für die Kundschaft in New York auf: 1912 kontrollierte seine Familie bereits Grossbäckereien im Gesamt-Umsatzwert von 30 Millionen Dollar quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika. 1924, drei Jahre vor seinem Tod, gründete der Sohn William B. Ward die „Continental Baking Corporation“:

den grössten Bäcker-Trust bis 1931, als „Standard Milling Company“ und „Gold Dust Corporation“ zusammengingen: Müller und Bäcker, wie im alten Rom.

In den hochindustrialisierten Ländern unserer Zeit verspeist der Durchschnittsbürger laut Statistik 100 kg Brotgetreide jährlich. Und jedes „Pfünderli“ Brot führt ihm 1200 Kalorien zu, die er auch in der Freizeit abarbeiten muss. Denn der moderne Mensch sät nicht mehr eigenhändig aus der Sackschürze, er pflügt, mäht, drischt, mahlt und knetet nicht mehr. Er „verdient“ kein Brot mehr - er kauft es nach Belieben.

Die Basler Migros-Bäckereien produzieren tagtäglich durchschnittlich 20'000 Brote in rund 20 Sorten, zusätzlich rund 40'000 Brötchen sowie eine Vielzahl feinster Confiserie- Artikel, das meiste direkt in den grossen Einkaufszentren, wo auch unsere Kinderbackstuben stehen. Alleine im MMM-Claramarkt sind 42 Bäckerinnen und Bäcker beschäftigt, im Gundelitor deren 17, 23 im Paradies Allschwil und 8 im M-Parc Dreispitz.

Damit kommt die Backware ohne unnötige Transporte laufend frisch genau dann in die Regale, wenn die Kundschaft es wünscht.

Quelle: Neue Schweizer Bibliothek, Enzyklopädie/Lexikon 2000, Band 3; überarbeitet und ergänzt vom Team Maxxi (September 2004). Dieser vertiefende Text dient unseren Fachkräften als Grundlage im Gespräch mit interessierten Kindern in der Kinderbackstube. Eltern und Lehrkräfte können ihn kostenlos bei uns beziehen, resp. via Internet www.Maxxi.ch > Kinderbackstube > Brot herunterladen.

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