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Die gesellschaftliche Mission von Bibliotheken

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Academic year: 2022

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23 (2020) Nr. 4 www.b-i-t-online.de

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Bibliothek. Information. Technologie.o

430 dbv KOLUMNE Degkwitz

❱ Bibliotheken primär als Gedächtnisinsti- tutionen zu verstehen, lässt sich in unse- ren Zeiten ebenso wenig aufrechterhalten wie die Vorstellung, dass sie Orte romanti- scher Weltvergessenheit, meditativer Lek- türe oder regalkilometerlanger Flanierlust sind. Dieses Verständnis von Bibliotheken mag weiterhin existieren. Doch mit den He- rausforderungen unserer Zeit ist dies nicht vereinbar. Wollen Bibliotheken heute ernst genommen werden, müssen Bibliothekar/- innen die Herausforderungen unserer Ge- sellschaft kennen und auf die Frage antwor- ten können, warum unsere Gesellschaft Bi- bliotheken braucht. Öffentliche Bibliotheken geben ihren gesellschaftlichen Stellenwert zu erkennen, indem sie viele Möglichkeiten der Teilhabe an Wissen und Informationen bieten und Anker des gesellschaftlichen Zu- sammenhalts sind. Für wissenschaftliche Bibliotheken steht der Serviceauftrag für Forschung, Lehre und Studium meistens im Mittelpunkt. Welchen Impact sie damit für Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben, ist evident. Inwieweit sie darüber hi- naus eine gesellschaftliche Mission erfüllen, erschließt sich nicht immer ganz unmittel- bar. Darauf angesprochen, was sie über Bud- get- und Personalsorgen am allermeisten bewegt, ist dies die Digitalisierung, die Bib- liotheken fordert, weiterentwickelt und auch in Frage stellt. Welchen gesellschaftlichen

Stellenwert haben Bibliotheken im digitalen Zeitalter? Sind sie bessere Suchmaschinen, die ihre Nutzer/-innen an „Dritten Orten“

oder in „Lernräumen“ mit digitalen Inhal- ten und Medien verwöhnen? Auf jeden Fall hat Digitalisierung heute einen starken Ein- fluss auf Bibliotheken und steht dort im Mit- telpunkt als das A und O. Aber ein solches Verständnis von Bibliotheken trägt nicht ge- nug. Denn in unserer Zeit ist kaum etwas so flüchtig und schnell vergangen wie digitale

Die gesellschaftliche Mission von Bibliotheken

Andreas Degkwitz

KOLUMNE

Prof. Dr. Andreas Degkwitz, Direktor der Uni­

versitätsbibliothek der Humboldt­Universität zu Berlin und Honorarprofessor im Fach­

bereich Informationswissenschaften der Fach­

hochschule Potsdam, Vorsitzender des dbv.

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www.b-i-t-online.de 23 (2020) Nr. 4 online

Bibliothek. Information. Technologie.

Degkwitz dbv KOLUMNE 431

Entwicklungen. Im Übrigen wäre es falsch, Bibliotheken auf die Funktion von „Con- tent-Managementsystemen“ zu reduzieren.

Der digitale Wandel ist nicht die einzige Ver- änderung, die wir in unserer Zeit erleben.

Was sich in Arbeit, Bildung, Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft ändert, hängt nicht allein vom digitalen Wandel ab.

Zugleich lassen sich große Veränderungen in unserer Gesellschaft identifizieren, die zu bewältigen, wir oftmals mit digitalen Mög- lichkeiten versuchen; dazu gehören

• der demographische Wandel, der zu einer neuen Verteilung alter und junger Men- schen und damit zu neuen gesellschaftli- chen Strukturen führt,

• der soziale Ausgleich und die Integration in Ausbildung und Qualifizierung, Kran- ken- und Altersversorgung sowie im Kon- text der Begleitung und Betreuung von Heranwachsenden und Kindern,

• die kontinuierlich größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, die zu Krank- heit, Kriegen, Migration und Verarmung führt,

• die globalen Herausforderungen zur Er- haltung unserer Erde und die Vorausset- zungen für einen nachhaltigen Ressour- cenverbrauch – dies sowohl als politische Herausforderung wie auch als eine jeder und jedes einzelnen,

• die zunehmende Infragestellung demo- kratischer und freiheitlicher Werte als Grundlage unserer Gesellschaft durch Populismus und Ideologien, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind.

Im Zuge dieser Veränderungen wird das Pa- radigma europäische Traditionen wie auch das damit verbundene Werteverständnis mehr und mehr in Frage gestellt. Dies be- trifft Gesellschaft, Politik und Wirtschaft wie auch kulturelle Bildung, gesellschaft- liche Teilhabe und globale Wissenschaft.

In dem zuletzt genannten Zusammenhang kommen Bibliotheken ins Spiel. Denn die permanent wachsenden Anforderungen an

• Beteiligung und Partizipation innerhalb ei- ner zunehmend partikularen Gesellschaft,

• Qualität der Ausbildung, lebenslanges Lernen und Chancen für sichere Jobs,

1 https://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/publikationen/Flyer_Bibliotheken_und_

Demokratie_Positionspapier_neues_Logo.pdf

• Forschung und Wissenschaft, um Heraus- forderungen der Menschheit frühzeitig zu erkennen und absehbare Bedrohungen abzuwenden,

• gesicherte Informationen, pluralistisch ausgerichtete Inhalts- und Medienange- bote sowie offen zugängliches Wissen, um bewusster Falschinformationen und populistischen Theorien entgegenzuwir- ken,

verbinden sich mit großen Erwartungen an Bibliotheken als reale und virtuelle Orte der Teilhabe und der Vermittlung. In diesem Zu- sammenhang sind bibliothekarische Kom- petenz und Verantwortung von großer Be- deutung. Denn Bibliothekarinnen und Bib- liothekare sind in der Lage, im Kontext von Veränderungen vielfältige Foren für Aus- tausch, Integration und Verständigung an- zubieten. Mit der Ausgewogenheit und Ver- lässlichkeit der Informationen und Inhalte, die Bibliotheken zur Verfügung stellen, und mit den Möglichkeiten der Digitalisierung, die die Serviceangebote von Bibliotheken prägen, lassen sich einerseits Kompetenzen und Wissensgüter vermitteln und anderer- seits Meinungsbildung fördern und Diskus- sionen führen, die im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Veränderungen stehen.

Dabei erweisen sich Bibliotheken als Orte der Informations- und Meinungsfreiheit und stehen für Demokratie und die Werte unse- res Grundgesetzes.

Um an gesellschaftlichen Diskursen teil- zunehmen und um Veränderungsprozesse mitzugestalten, bieten Bibliotheken für Bür- gerinnen und Bürger offenen Zugang und gute Erreichbarkeit an und tragen als „Drit- te Orte“ wie als „Lernräume“ zu Informati- onsfreiheit, Kritikfähigkeit, Meinungsvielfalt und Pluralismus wesentlich bei. Die Missi- on von Bibliotheken für die Gesellschaft beruht auf Freiheit und Demokratie. Dafür stehen Bibliotheken mit ihrem Auftrag der Teilhabe und der Vermittlung. Der Deutsche Bibliotheksverband setzt sich für diese ge- sellschaftliche Mission der Bibliotheken ein und unterstützt den Auftrag öffentlicher und wissenschaftlicher Bibliotheken für die Ge- sellschaft1. ❙

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