Munich School of Management
Ludwig-Maximilians-Universität München
Auswertung von BFH-Urteilen mit Hilfe von KI-Methoden
Kolloquium zur Digitalisierung des Steuerrechts München, 28. Juni 2021
Karoline Maier, M.A., StBin
Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre
Motivation
1
semi-strukturierte daten
Komplexitätsgrad für automatisierte Auswertbarkeit
unstrukturierte daten strukturierte daten
Agenda
I. Theoretischer Hintergrund
II. Konzeption & Ablauf im Überblick III. Datenbasis
IV. Methoden der Datenauswertung V. Ergebnisse
a. Inhaltliche Analyse der BFH-Urteile b. Dauer der Revisionsverfahren
c. Zuständigkeit der BFH-Senate nach Vorinstanz D. Verfahrensausgang nach Vorinstanz
VI. Ausblick
BEHÖRDE (zB Finanzamt) erlässt Verwaltungsakt
(zB Steuerbescheid)
I. Theoretischer Hintergrund – Rechtsschutz im Steuerrecht
3
A U ß E R G E R I C H T L I C H
G E R I C H T L I C H
BEHÖRDE
(zB Finanzamt) prüft den Sachverhalt erneut und entscheidet über den außergerichtlichen Rechtsbehelf
“BESCHWERTER”
(zB Steuerpflichtiger) legt außergerichtlichen Rechtsbehelf
(zB Einspruch) vor der zuständigen Behördeein
”BESCHWERTER”
(zB Steuerpflichtiger) legt gerichtlichen Rechtsbehelf (zB Klage) gegen Entscheidung im außergerichtlichen
Rechtsbehelfsverfahren vor dem Finanzgerichtein
FINANZGERICHT (= Tatsacheninstanz) entscheidet als oberes Landesgericht
in erster Instanz
“BESCHWERTER”
(Kläger oder Beklagter) legt Rechtsmittel (zB Revision) gegen
Entscheidung des Finanzgerichts vor dem BFHein
BFH (= reine Rechtsinstanz) entscheidet als Revisions-/Beschwer-
degericht in zweiter Instanz
FG München, FG Nürnberg FG Baden-
Württemberg
FG Berlin- Brandenburg FG Mecklenburg-
Vorpommern
FG Thüringen FG Hessen
FG Sachsen FG Sachsen-
Anhalt FG Niedersachsen
FG Düsseldorf, FG Köln, FG Münster
FG Rheinland-
Pfalz
FG Saarland FG Bremen
FG Hamburg FG Schleswig- Holstein
I. Theoretischer Hintergrund – Rechtsschutz im Steuerrecht
Revisionsgründe
→Grundsatzbedeutungder Rechtssache
→Fortbildungdes Rechts
→Wahrung der Einheitlichkeitder Rechtsprechung
→Verfahrensmangeldes Klageverfahrens (idR über NZB)
18 Finanzgerichte Bundesfinanzhof
Download aller zwischen auf der Internetseite des
BFHveröffentlichten Entscheidungen mittels
Webcrawler.
Betrachtungszeitraum:
1. Januar 2010 bis
1. Oktober 2020 (8.900 Entscheidungen)
Reduktion der gecrawlten Daten auf Entscheidungen
von Revisionsverfahren.
(5.100 Entscheidungen)
Methodische Auswertung:
Deskriptive Statistiken Methoden der
Textanalyse
Machine-Learning Natural-Language- Processing
Analyse und Erklärung entdeckter Datenmuster
und -strukturen.
„Warum …?“
5
Daten- beschaffung
Daten- bereinigung
Daten- auswertung
Daten- analyse
II. Konzeption & Ablauf im Überblick
DS
ML TA
III. Datenbasis – Datenbeschaffung & -bereinigung
Deskriptive Analysen
7
Methoden der Textanalyse
Machine-Learning
§15 EStG in Anspruchsgrundlagen:
DS
ML
TA
IV. Methoden der Datenauswertung – Überblick
Für jede BFH-
Entscheidung wurde eine Variable kodiert:
„1“ = Revision begründet
„0“ = Revision unbegründet
Training eines ML-Algorithmus (aus SciKitLearn-Modul
von Python) mittels TRAININGSdatensatz.
Test des trainierten ML-Algorithmus mittels TESTdatensatz.
→ Vergleich der Vorhersage- genauigkeit der KI
(„KI-Predictor“) mit der Genauigkeit einer Wort- Liste („WL-Predictor“)
Verwendung des trainierten & getesteten ML-Algorithmus für die
Vorhersage der Begründetheit von
Revisionen.
IV. Methoden der Datenauswertung – Machine Learning
Kodierung
BFH-Entscheidungen
Training ML-Algorithmus
Test
ML-Algorithmus
Einsatz
ML-Algorithmus
9
0 3 6 9 12 15 18
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Anzahl der Urteile Gleitender Durchschnitt
DS
V. Ergebnisse – Normenkonkretisierung & Rechtsfortbildung?
(1) Neue Rechtsnormen sind mit Rechtsunsicherheitverbunden.
(2) Entscheidungen zu neuen Rechtsnormen ergehen zeitversetztund erreichen –sofern sie nach ihrer erstmaligen Einführung nicht oder nur geringfügig geändert / angepasst werden –einen Höhepunkt.
→ Bestätigung dieser Annahme in der Abbildung zu §§4h, 4 Abs. 5b, 32d, 34a, 52a EStG und §8c KStG, die mit der Steuerreform 2008 neu ins Gesetz kamen.
Annahme
Erläuterung
DS
Gewisse Rechtsnormen sind seit Jahrzehnten klärungsbedürftig.
→Prüfung dieser Annahme durch Erfassung der absoluten Häufigkeit, mit der eine Norm in den Anspruchsgrundlagen genannt wird (Duplikate wurden entfernt).
→Bestätigung dieser Annahme: Die klärungsbedürftigsten Normen im EStG sind §§4, 9, 32 & 15 EStG.
→Andere Studien (z.B. Wagner 2008, Hagerts 1991) kommen zu vergleichbaren Ergebnissen, aber wir können über diese Erkenntnisse hinaus deutlich detailliertere Analysen durchführen, die über das hinausgehen, was in der Literatur bereits bekannt ist.
Annahme
Erläuterung
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900
§ 4 § 9 § 32 § 15 § 6 § 20 § 17 § 62 § 52 § 10
V. Ergebnisse – Normenkonkretisierung & Rechtsfortbildung?
11
V. Ergebnisse – Bedeutendste Schlagwörter des § 9 EStG
TA
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
EStG
§ 13 EStG
§ 14 EStG
§ 15 EStG
§ 16 EStG
§ 17 EStG
§ 18 EStG
§ 19 EStG
§ 20 EStG
§ 21 EStG
§ 22 EStG
§ 23
DS
→Die Graphiken und Auswertung zeigen, dass
§9 EStG am häufigsten in Verbindung mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§21 EStG) zitiert wird.
Erläuterung
Absatz Anz. Beschreibung Abs. 1 517 Definition
Werbungskosten Abs. 2 15 Aufwendungen für
ÖPNV
Abs. 3 1 Verweis
Abs. 4 17 Erste Tätigkeitsstätte Abs. 4a 5 Verpflegungsmehr-
aufwand
Abs. 5 70 Verweis
Abs. 6 11 Berufsausbildung ohne Abs. 19
Satz Anz. Beschreibung
S. 1 202 Allgemein S. 2 37 Einzu-
beziehen S. 3 226 insbesondere
Nr. Anz. Beschreibung
1 45 Schuldzinsen
2 1 Steuern
3 Beiträge zu
Berufsständen 4 100 Entfernungs-
pauschale
4a 1 beruflich veranlasste Fahrten
4b 1 weggefallen
5 50 Doppelte
Haushaltsführung 6 6 Arbeitsmittel
7 21 AfA
V. Ergebnisse – Zitierte Passagen innerhalb des § 9 EStG
DS
13
VI. Ausblick
(1) Vergleich von DAC6-Meldungen in Beratungshäusern
(2) Auswertung von DAC6- Meldungen beim BZSt
Intelligente Dokumentensuche (vgl. Taxy.io)
recherche & analyse dac6-meldungen
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