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Ein Kompetenzraster für die Beurteilung der abschließenden Arbeit im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung / eingereicht von Alexandra Beier

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Ein Kompetenzraster für die

Beurteilung der abschließenden

Arbeit im Rahmen der

Reife- und Diplomprüfung

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

im Diplomstudium

Wirtschaftspädagogik

Eingereicht von

Alexandra Beier

Angefertigt am

Institut für Pädagogik und Psychologie

Beurteiler

a. Univ.- Prof. Mag. Dr. Georg Hans Neuweg

Jänner 2019

JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ

Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich

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EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

____________________________ Ort, Datum

____________________________ Unterschrift

(3)

Inhaltsverzeichnis

THEORETISCHER TEIL

1 Einleitung ... 1

2 Die abschließende Arbeit im Rahmen der neuen Reife- und Diplomprüfung .. 4

2.1 Die „vorwissenschaftliche“ Arbeit an Allgemeinbildenden Höheren Schulen ... 5

2.2 Die Diplomarbeit an Berufsbildenden Höheren Schulen ... 6

2.3 Das Kriterium der „Vorwissenschaftlichkeit“ ... 7

3 Rechtliche Grundlagen der abschließenden Arbeit ... 9

4 Schulische Leistungsbeurteilung in den Spuren der LBVO ... 11

4.1 Notendefinitionen in der Leistungsbeurteilungsverordnung ... 11

4.2 Bezugsnormen der Leistungsbeurteilung ... 14

4.3 Kritik an der Leistungsbeurteilung in Österreich ... 16

4.3.1 Uneindeutige Definition des Wesentlichen ... 16

4.3.2 Praxis der Leistungsbeurteilung ... 17

4.4 Kompetenzraster als Hilfsmittel zur Leistungsbeurteilung ... 19

5 Ministerielle Beurteilungshilfen für die abschließende Arbeit ... 21

5.1 Die Beurteilungskriterien und der Kompetenzraster zur „vorwissenschaftlichen“ Arbeit ... 22

5.2 Die Beurteilungskriterien und der Kompetenzraster zur Diplomarbeit 27 5.3 Kritik an den bestehenden Kompetenzrastern ... 30

5.3.1 Kritik am Kompetenzraster der AHS ... 30

(4)

6 Rechtsfall: Negative Beurteilung einer „vorwissenschaftlichen“ Arbeit ... 38

6.1 Beschreibung des Rechtsfalls ... 38

6.2 Durch den Rechtsfall aufgeworfene Fragen zur bisherigen Leistungsbeurteilung ... 39

7 Zwischenfazit: Uneindeutigkeit der Leistungsbeurteilung einer abschließenden Arbeit ... 41

EMPIRISCHER TEIL 8 Beschreibung der empirischen Untersuchung ... 43

8.1 Zielsetzung ... 43

8.2 Forschungsdesign und Vorbereitung der Interviews ... 44

8.3 Interviewpartner und Durchführung der Interviews ... 45

8.4 Auswertungsverfahren... 46

9 Zusammengefasste Erkenntnisse aus den Interviews ... 48

10 Erstellung des Kompetenzrasters zur Leistungsbeurteilung einer abschließenden Arbeit auf Grundlage der Befragungserkenntnisse ... 67

11 Abschließende Überarbeitung und Fertigstellung des Kompetenzrasters ... 80

12 Schluss ... 93

13 Literaturverzeichnis ... 97

(5)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schema eines Kompetenzrasters

Quelle: Eigene Darstellung ... 19 Abbildung 2: Übersetzungsregeln zwischen Kompetenzraster und Noten

(6)

Abkürzungsverzeichnis

AHS Allgemeinbildende Höhere Schulen BHS Berufsbildende Höhere Schulen

BMHS Berufsbildende Mittlere und Höhere Schulen BVwG Bundesverwaltungsgericht bzw. beziehungsweise inkl. inklusive LBVO Leistungsbeurteilungsverordnung max. maximal mind. mindestens o. J. ohne Jahr SchUG Schulunterrichtsgesetz

VWA „Vorwissenschaftliche“ Arbeit

(7)

1 Einleitung

Mit der Einführung der neuen Reife- und Diplomprüfung ist die Relevanz der abschließenden Arbeit schlagartig angestiegen. Die „vorwissenschaftliche“ Arbeit in der Allgemeinbildenden Höheren Schule (AHS) und die Diplomarbeit in der Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) sind nun flächendeckend in Österreich von jedem Schüler und jeder Schülerin im Rahmen der Abschlussprüfungen zu erstellen. In diesem Kontext hat die Entscheidung über die Benotung der abschließenden Arbeit für die Schüler und Schülerinnen große Wichtigkeit, da dies über einen erfolgreichen Schulabschluss und über die weitere berufliche und private Laufbahn der Lernenden entscheiden kann. Jedoch handelt es sich hier auch um ein problembehaftetes Thema. Mit der Einführung der abschließenden Arbeit wird den Lehrkräften der Sekundarstufe II zusätzlich eine komplexe Aufgabe zuteil, und zwar eine möglichst faire und angemessene Beurteilung der „vorwissenschaftlichen“ Arbeit bzw. der Diplomarbeit zu gewährleisten. Wichtig wäre hier, dass klare und transparente Leistungsanforderungen gestellt werden. Darüber hinaus wären handhabbare und verbindliche Beurteilungshilfen für die Lehrer und Lehrerinnen notwendig, um den Beurteilungsprozess so gut wie möglich zu vereinheitlichen und zu unterstützen. Fraglich ist jedoch, inwieweit die angefertigten Kompetenzraster des Bundesministeriums für Bildung dem gerecht werden.

Aus dieser Problemstellung heraus wird in der vorliegenden Arbeit ein Kompetenzraster entwickelt, der als Beurteilungshilfe für Lehrer und Lehrerinnen dienen soll. Der Kompetenzraster soll konkret ausformulierte Leistungskriterien für die abschließende Arbeit beinhalten, die aus Experteninterviews generiert werden.

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▪ Welche verbindlichen Vorschriften zur Beurteilung der „vorwissenschaftlichen“ Arbeit an der AHS und der Diplomarbeit an der BHS gibt es? Welche Aspekte der abschließenden Arbeit regeln sie?

▪ Wie sind die Beurteilungshilfen des Bundesministeriums für Bildung ausgestaltet? Wie eignen sie sich zur tatsächlichen Verwendung in der Schule?

▪ Wie kann die „vorwissenschaftliche“ Arbeitsweise der abschließenden Arbeit von der üblichen wissenschaftlichen Arbeitsweise abgegrenzt werden?

▪ Welche relevanten Leistungsbeurteilungskriterien können für die schriftliche Arbeit, die Präsentation und die Diskussion identifiziert werden?

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil wird die Problemlage der Leistungsbeurteilung der abschließenden Arbeit detailliert herausgearbeitet. Hierzu werden zu Beginn die „vorwissenschaftliche“ Arbeit an der AHS und die Diplomarbeit an der BHS vorgestellt. Weiters wird auf das Kriterium der „Vorwissenschaftlichkeit“, dem die abschließende Arbeit entsprechen soll, eingegangen. Als nächstes werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen der abschließenden Arbeit geklärt. Außerdem wird in allgemeiner Weise auf die Leistungsbeurteilung eingegangen. Dazu werden die Beurteilungsstufen, die Bezugsnormen sowie Kritikpunkte der Leistungsbeurteilung vorgestellt. Anschließend wird der Kompetenzraster als geeignetes Hilfsmittel für die Leistungsbeurteilung in Österreich dargestellt. Im Weiteren wird nun konkret auf die Beurteilungskriterien sowie auf die vom zuständigen Bundesministerium bereitgestellten Kompetenzraster für die AHS und die BHS eingegangen. Diese Kompetenzraster werden nun mit den bereits erarbeiteten Informationen über Leistungsbeurteilung und den Kriterien für Kompetenzraster verglichen. Daraus ergibt sich eine umfassende Kritik an den beiden Beurteilungshilfen des Bundesministeriums. Im Anschluss wird ein Rechtsfall vorgestellt, bei dem die Frage nach der Beurteilung

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einer abschließenden Arbeit im Fokus steht. Die Auseinandersetzung um die Frage, ob die negative Beurteilung einer abschließenden Arbeit gerechtfertigt war oder nicht, zog sich bis zum Bundesverwaltungsgericht, das letztendlich darüber urteilte. Dieser Rechtsfall verdeutlicht noch einmal die Relevanz von klaren und eindeutigen Beurteilungskriterien für die abschließende Arbeit. Zum Schluss des theoretischen Teils werden die Probleme der Leistungsbeurteilung und die Probleme der Beurteilung der abschließenden Arbeit zusammengefasst.

Der empirische Teil konzentriert sich auf die Erarbeitung von Leistungsbeurteilungskriterien in Form eines Kompetenzrasters. Dazu wurden Interviews mit fünf habilitierten Wissenschaftstheoretikern und Philosophen aus Österreich geführt. Zu Beginn des empirischen Teils werden die Zielsetzung, das Forschungsdesign, die Durchführung der Interviews, die Interviewpartner und das Auswertungsverfahren näher erläutert. Anschließend werden die Befragungserkenntnisse vorgestellt. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde der Kompetenzraster erstellt. Nach der Fertigstellung der vorläufigen Version wurde der Kompetenzraster den Interviewpartnern noch einmal zugesendet, um ein Feedback einzuholen. Dieses wird im letzten Kapitel vorgestellt und eingearbeitet. Dann wird der endgültige Kompetenzraster zur Beurteilung der abschließenden Arbeit in der AHS und BHS vorgestellt. Zum Abschluss werden die aufgeworfenen Fragen beantwortet.

(10)

2 Die abschließende Arbeit im Rahmen der neuen Reife- und

Diplomprüfung

Die „vorwissenschaftliche“ Arbeit (VWA) bzw. Diplomarbeit ist im österreichischen Schulsystem in die neue teilstandardisierte und kompetenzorientierte Reife- und Diplomprüfung integriert. Sie ist die erste Säule des neuen „Drei-Säulen-Modells“ der abschließenden Prüfungen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016a, S. 4). Die

anderen beiden Säulen, die dieses Konstrukt tragen, sind die standardisierten schriftlichen und die kompetenzorientierten mündlichen Abschlussprüfungen. Bis auf einige Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung ist das Modell in den Schultypen der Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und der Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) gleich (vgl. SCHREILECHNER, 2012, S. 157). In der AHS wurde das neue

Prüfungssystem im Schuljahr 2014/15 eingeführt (vgl. GSCHWENDTNER, 2015, S. 16),

wohingegen es in der BHS im Schuljahr 2015/16 in die Praxis umgesetzt wurde (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FRAUEN, 2015, S. 6). Die abschließende

Arbeit wird in der AHS als „vorwissenschaftliche“ Arbeit (VWA) und in der BHS als Diplomarbeit bezeichnet (vgl. SCHREILECHNER, 2012, S. 157). Beide Varianten zielen

darauf ab, dass sich die Schüler und Schülerinnen auf einem „vorwissenschaftlichen“ Niveau mit einer Themenstellung auseinandersetzen und die gewonnenen Ergebnisse präsentieren und diskutieren (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016a, S. 4 und

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FRAUEN, 2015, S. 6). Der Fokus liegt

besonders auf der Eigenständigkeit der Schüler und Schülerinnen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2017a, S. 9). In beiden Schulformen ist es

vorgesehen, die nötigen Kompetenzen von der Erarbeitung einer Themenstellung bis zur Präsentation und Diskussion im Laufe der Sekundarstufe II aufzubauen. Dies soll in allen Unterrichtsgegenständen erfolgen (vgl. FENKART, 2012, S. 46 und

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2017b). Auf die konkrete Ausgestaltung der VWA

(11)

2.1 Die „vorwissenschaftliche“ Arbeit an Allgemeinbildenden Höheren Schulen

In der AHS hat die VWA die optionale Fachbereichsarbeit abgelöst (vgl. SCHREILECHNER, 2012, S. 158). Die VWA ist nun für den Abschluss der Reifeprüfung

verpflichtend. Sie ist selbstständig zu erstellen und soll die Absolventen und Absolventinnen auf das Studieren an Universitäten und Hochschulen vorbereiten (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016a, S. 4). Das zu bearbeitende Thema

wird von den Lernenden selbst entsprechend den eigenen Interessen gewählt. Die Arbeit ist keinem Unterrichtsfach zuzuordnen, es muss sich lediglich eine passende Lehrkraft zur Betreuung der Themenstellung bereiterklären (vgl. GSCHWENDTNER,

2015, S. 17). Im Arbeitsprozess selbst sollen fachspezifisches Wissen vertieft und überfachliche Kompetenzen, wie vernetztes Denken, kritische Nutzung von Informationsquellen oder nachvollziehbare Argumentation, unter Beweis gestellt werden. Der Arbeitsprozess beginnt in der 7. Klasse mit der Findung eines Themas und endet mit der Präsentation und Diskussion der Ergebnisse bei der Abschlussprüfung. Jedem Schüler und jeder Schülerin steht in diesem Zeitraum eine Betreuungslehrkraft zur Seite, die unter anderem bei der Konkretisierung des Themas, der inhaltlichen Gestaltung, der Sprache oder den Formalia behilflich ist. Bei der Präsentation der VWA sollen wichtige Inhalte dargestellt werden, wobei der persönliche Zugang zum Thema mitberücksichtigt werden muss. Für Fragen zur Arbeit steht der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin während der Diskussion zur Verfügung. Hier sollen eine aktive Mitgestaltung des Gesprächs und Argumentationsfähigkeit gezeigt werden. Für eine Beurteilung der VWA wurde vom Bundesministerium für Bildung ein unverbindlicher Kompetenzraster bereitgestellt, mit dessen Hilfe eine Gesamtnote für den schriftlichen Teil, die Präsentation und die Diskussion gefunden werden soll (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016a, S. 4 ff.). Auf den

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2.2 Die Diplomarbeit an Berufsbildenden Höheren Schulen

Der Vorgänger der jetzigen Diplomarbeit war die Projektarbeit, bei der ein betriebliches Praxisproblem im Mittelpunkt der Bearbeitung stand (vgl. OSTENDORF,

2015, S. 19 f.) und das Ziel der wissenschaftlichen Vorbereitung nicht gegeben war. Im Gegensatz dazu muss die Diplomarbeit einen „vorwissenschaftlichen“ Charakter aufweisen und sie ist strenger reglementiert als die Projektarbeit (vgl. KRAUSKOPF,

2014). Für die Varianten der BHS (z. B. Handelsakademien, Bildungsanstalt für Kindergarten- oder Sozialpädagogik) gibt es leichte schulspartentypische Abweichungen in der Ausgestaltung (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT,

KUNST UND KULTUR, 2013, S. 3). Was den BHS jedoch gemein ist und im Gegensatz

zur VWA steht, ist der Berufsfeldbezug, den die Diplomarbeiten aufweisen müssen. Dieser kann sich in Kooperationen mit Unternehmen, Analysen, Projekten, Studien, kultur-, sozial- oder geisteswissenschaftlichen Fragestellungen zeigen. Im Arbeitsprozess stehen vernetztes Denken, Problemlösung, kritische und reflektierende Auseinandersetzungen im Vordergrund. Die Diplomarbeit weist wie die VWA einen „vorwissenschaftlichen“ Charakter auf (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND

FRAUEN, 2015, S. 7). So steht in der BHS neben der Berufsbefähigung auch die

Studierfähigkeit im Fokus. Zusätzlich wird durch die Erstellung der Diplomarbeit die Teamfähigkeit der Lernenden gefördert und gefordert (vgl. OSTENDORF, 2015,

S. 18 f.), da sie in Teams mit bis zu fünf Mitgliedern zu erstellen ist. Die individuelle Eigenleistung mit einem eigenen Schwerpunkt je Lernenden muss jedoch sichtbar sein, somit sind lediglich die Rahmenbedingungen, wie z. B. die Forschungsfrage oder das Abstract, für alle Teammitglieder gleich. Die Diplomarbeit ist unabhängig von einem spezifischen Unterrichtsfach zu erstellen. Der Arbeitsprozess beginnt in der BHS ebenfalls in der vorletzten Klasse – also in der 4. Klasse BHS – und endet mit der Reife- und Diplomprüfung. Weiters gibt es auch ein Betreuungsverhältnis zwischen der Gruppe und einer Lehrkraft, die inhaltlich, methodisch und fachlich unterstützt. Im Rahmen der Präsentation und Diskussion sollen die Lernenden individuell ihr Wissen

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im jeweiligen Fachbereich, ihre Eigenständigkeit und Kommunikations- und Diskussionsfähigkeit unter Beweis stellen. Für die erbrachte Leistung des schriftlichen Teils sowie der Präsentation und Diskussion wird eine Gesamtnote vergeben. Zur Orientierung wurden Beurteilungsraster vom Bundesministerium bereitgestellt (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2017a, S. 4 ff.).

2.3 Das Kriterium der „Vorwissenschaftlichkeit“

Sowohl die VWA als auch die Diplomarbeit sollen einen „vorwissenschaftlichen“ Charakter aufweisen. Was darunter zu verstehen ist bzw. was das zuständige Bundesministerium darunter versteht, soll nun erläutert werden.

Eine allgemeingültige Definition des Begriffs der „Vorwissenschaftlichkeit“ liegt nicht vor. Er wird häufig als Bezeichnung für etwas Nicht-Wissenschaftliches herangezogen. Dies bedeutet, dass etwas zwar eine Beziehung zur Wissenschaft hat, aber den Anspruch dieser nicht genügt. So ist die Aussage, dass Frauen emotionaler urteilen als Männer, „vorwissenschaftlich“. Die Behauptung mag häufig zutreffen, doch ohne zuverlässige statistische Untermauerung bleibt sie „vorwissenschaftlich“, da sie auf allgemeiner Erfahrung und nicht auf wissenschaftlicher Forschung beruht (vgl. WAGNER, 1997, S. 27).

Aufgrund der genannten Begriffsklärung wäre ein anderer Name für den „vorwissenschaftlichen“ Charakter der abschließenden Arbeit ratsam gewesen. Denn eine Arbeit auf dem Niveau von allgemeinen Erfahrungen ist nicht die Intention des Bundesministeriums. Die abschließende Arbeit soll auf die Anforderungen eines Studiums an einer Hochschule vorbereiten und ist somit am wissenschaftlichen Modus ausgerichtet. Letzteres bedeutet, dass sehr wohl der wissenschaftliche Forschungsstand des Themengebiets zu erfassen, die Techniken wissenschaftlichen Arbeitens anzuwenden und eine Argumentationslinie zu schaffen sind (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016a, S. 4 und OSTENDORF, 2015, S. 19). Was das Ministerium mit der

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„Vorwissenschaftlichkeit“ meint, ist, dass die abschließende Arbeit einem Vorstadium an wissenschaftlichen Arbeitsweisen entspricht, in dem wissenschaftliche Elemente enthalten sind, manche aber in verringerter Form. So sind die Ansprüche der Genauigkeit in der methodischen Bearbeitung, der formalen Korrektheit, der Forschungsethik (z. B. Verbot von Plagiaten) und dem Nutzen auf universitärem Niveau zu erfüllen, wohingegen die methodische Tiefe, die Intensität der Literaturverarbeitung und die kritische Auseinandersetzung nur in reduziertem Maß vorkommen (vgl. OSTENDORF, 2015, S. 19).

Der Charakter der „Vorwissenschaftlichkeit“ wird in der AHS und der BHS unterschiedlich beschrieben, wobei für die AHS die Begriffsklärung dem § 8 Abs. 1 Prüfungsordnung AHS zu entnehmen ist und für die BHS auf eine unverbindliche Handreichung des Bundesministeriums zurückzugreifen ist (vgl. PRÜFUNGSORDNUNG AHS und BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FRAUEN,

2015, S. 21). In der AHS wird unter einer „vorwissenschaftlichen“ Arbeitsweise beispielsweise verstanden, dass unterschiedliche Informationsquellen heranzuziehen, logische Denkweisen anzuwenden oder umfassende Fachkenntnisse zu zeigen sind (vgl. § 8 Abs. 1 PRÜFUNGSORDNUNG AHS). In der BHS liegt der Fokus auf dem

Erlernen des Unterschieds zwischen wissenschaftlicher Denkweise und Alltagsdenken. Das bedeutet unter anderem, dass sich die Lernenden mit einer selbst gewählten Fragestellung unter Verwendung von geeigneten Methoden und Fachliteratur auseinandersetzen, die Fragestellung aus mehreren Perspektiven betrachten und übliche wissenschaftliche Arbeitstechniken verwenden (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR

BILDUNG UND FRAUEN, 2015, S. 21). Generell ist problematisch, dass sich keine klare

Definition der „Vorwissenschaftlichkeit“ herauskristallisiert und die Begriffsklärung in der BHS lediglich in einer unverbindlichen Handreichung erfolgt. Es wäre nötig, dass sich die Gesetzgebung konkret mit der Bedeutung dieser Begrifflichkeit auseinandersetzt und eine klare Linie zwischen dem „vorwissenschaftlichen“ Charakter der abschließenden Arbeiten und wissenschaftlichen Arbeiten zieht.

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Weiters ist fraglich, ob die Diplomarbeit der BHS überhaupt einen „vorwissenschaftlichen“ Charakter aufweisen sollte, da der 5. Jahrgang der BHS dem tertiären Ausbildungssektor, sprich der „Short-Cycle Tertiary Education“ laut ISCED (International Standard Classification of Education), zugeordnet werden kann. Somit ist der Schulabschluss der BHS zwischen der postsekundären Bildung und der Ausbildung auf Bachelorniveau angesiedelt (vgl. SCHREILECHNER, 2012, S. 161 f. und

UNESCOINSTITUTE FOR STATISTICS, 2012, S. 48).

3 Rechtliche Grundlagen der abschließenden Arbeit

Bei der Einführung der neuen Reife- und Diplomprüfung war es notwendig, die geltenden Gesetze anzupassen oder neu zu gestalten. Im Folgenden wird überblicksmäßig dargestellt, wo die rechtlichen Rahmenbedingungen zur abschließenden Arbeit an der AHS und BHS verankert sind.

Die Regelungen zur neuen Reife- und Diplomprüfung sind im Schulunterrichtsgesetz (SchUG) und in den Prüfungsordnungen der AHS bzw. BMHS verankert. Die Anforderungen zur Beurteilung sind in der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) zu finden. Auf die LBVO wird im nächsten Kapitel eingegangen.

Im Abschnitt 8 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) sind die gesetzlichen Vorgaben zu den abschließenden Prüfungen und den Externistenprüfungen zu finden. Der § 34 Abs. 3 Z 1 SchUG sieht die abschließende Arbeit als Teil der Hauptprüfung vor. Im § 37 Abs. 2 Z 2, Abs. 3 und Abs. 4 SchUG wird speziell auf die Bestätigung bzw. die Anforderungen an die Aufgabenstellung sowie auf die verpflichtende Betreuung der Arbeit durch eine Lehrkraft eingegangen. Auf die Leistungsbeurteilung der abschließenden Arbeit wird im § 38 Abs. 2 SchUG in dem Sinne hingewiesen, dass sich die Note aus einer Gesamtbeurteilung der schriftlichen Arbeit, der Präsentation und der Diskussion zusammensetzt und die Prüfungskommission unter

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Berücksichtigung eines Notenvorschlags des Prüfers oder der Prüferin urteilt. Der § 40 Abs. 2 SchUG regelt die Wiederholungsmöglichkeit der abschließenden Arbeit. Weiters werden im Schulunterrichtsgesetz unter anderem die Vorgaben zur Prüfungskommission (§ 35), zu den Prüfungsterminen (§ 36), zum Prüfungsvorgang (§37) oder zum Prüfungszeugnis (§39) behandelt (vgl. SCHULUNTERRICHTSGESETZ).

Schultypenspezifische Anforderungen an die abschließende Arbeit finden sich in den Prüfungsordnungen. In der Prüfungsordnung der AHS werden im 3. Abschnitt mit den §§ 7 bis 10 die Regelungen zur VWA spezifiziert. Der § 8 Prüfungsordnung AHS beschreibt den Vorgang der Themenfestlegung, die zu zeigenden Leistungen der Lernenden, den Umfang der Arbeit mit höchstens 60.000 Zeichen inkl. Leerzeichen, die Neuverfassung einer VWA bei Nichtabgabe oder negativer Beurteilung und die Möglichkeit einer Verfassung in einer lebenden Fremdsprache. Hinweise zum Betreuungsverhältnis zur Lehrkraft, zum Begleitprotokoll und zur Dauer der Präsentation und Diskussion (10 bis 15 Minuten) finden sich im § 9. Der § 10 regelt die Prüfungstermine und die Abgabeform der VWA (vgl. PRÜFUNGSORDNUNG AHS).

Die Regelungen zur Diplomarbeit finden sich in den §§ 7 bis 10 der Prüfungsordnung BMHS. Im § 8 wird neben der Themenfestlegung, der Nichtabgabe, der negativen Beurteilung und der Erstellung in einer lebenden Fremdsprache näher auf die gruppenweise Bearbeitung eines übergeordneten Themenkomplexes eingegangen. Auf die Betreuungstätigkeit, das Betreuungsprotokoll und die Präsentations- und Diskussionsdauer von max. 15 Minuten pro Person verweist § 9. Der § 10 bestimmt die Prüfungstermine und die Abgabe der Arbeit (vgl. PRÜFUNGSORDNUNG BMHS).

Abschließend kann gesagt werden, dass die gesetzlichen Vorgaben zur abschließenden Arbeit kurz und allgemein gehalten sind. Formale Kriterien, wie diverse Abgabetermine, Zeichenanzahlen und Einreichfristen, werden konkret genannt. Anforderungen an die Leistungen der Schüler und Schülerinnen beim Verfassen, Präsentieren oder Diskutieren werden sehr vage formuliert und nicht näher erläutert.

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4 Schulische Leistungsbeurteilung in den Spuren der LBVO

Zum Verständnis dieser Arbeit ist es essentiell, die wichtigsten Begriffe der Leistungsbeurteilung in Österreich zu kennen. Im Folgenden wird ein Bogen von den Grundlagen der Leistungsbeurteilung über die Kritikpunkte hin zu einem Vorschlag einer Beurteilungshilfe gespannt.

Unter schulischer Leistungsbeurteilung wird der Vergleich eines Ergebnisses einer Schüler- oder Schülerinnenleistung mit einem Beurteilungsmaßstab verstanden. Das Resultat dieses Vergleichs wird durch eine gesetzlich definierte Note ausgedrückt. Der Leistungsbeurteilung geht die Leistungsfeststellung voraus, bei der die Leistungen der Lernenden ermittelt werden. Dies kann beispielsweise durch die Feststellung der Mitarbeit oder eine schriftliche bzw. eine mündliche Form der Leistungsfeststellung geschehen (vgl. NEUWEG, 2014, S. 4).

4.1 Notendefinitionen in der Leistungsbeurteilungsverordnung

Das Finden einer entsprechenden Note aufgrund einer vorangegangenen Leistungsfeststellung ist kein einfacher Prozess. Zum einen hat der Vergleich des Leistungsergebnisses mit dem Beurteilungsmaßstab auch immer einen subjektiven Charakter und zum anderen gibt die Gesetzgebung keine genauen Richtlinien vor, die eine eindeutige Zuordnung einer Leistung zu einer bestimmten Note zulassen (vgl. NEUWEG, 2014, S. 4 f.). Die LBVO sieht eine fünfteilige Notenskala vor, die den

Grad der Erreichung bestimmter Kriterien wiedergibt. Die Beurteilungsstufen definieren sich im § 14 LBVO wie folgt:

„§ 14. (1) Für die Beurteilung der Leistungen der Schüler bestehen folgende Beurteilungsstufen (Noten):

Sehr gut (1),

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Befriedigend (3), Genügend (4), Nicht genügend (5).

(2) Mit „Sehr gut“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in weit über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, deutliche Eigenständigkeit beziehungsweise die Fähigkeit zur selbständigen Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.

(3) Mit „Gut“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit beziehungsweise bei entsprechender Anleitung die Fähigkeit zur Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.

(4) Mit „Befriedigend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen zur Gänze erfüllt; dabei werden Mängel in der Durchführung durch merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit ausgeglichen.

(5) Mit „Genügend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.

(6) Mit „Nicht genügend“ sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“ (Abs. 5) erfüllt.“ (§ 14 LEISTUNGSBEURTEILUNGSVERORDNUNG)

Aus diesen Notendefinitionen lassen sich einige Rahmenbedingungen der Leistungsbeurteilung herauslesen. So zeigt sich, dass die Gesetzgebung eine Überprüfung und Beurteilung der Bereiche „Erfassung, Anwendung und Durchführung“, „Eigenständigkeit“ und „Selbstständigkeit in der Anwendung des Wissens und Könnens“ vorsieht. Diese drei Beurteilungsbereiche können zu zwei

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Kategorien zusammengefasst werden. Der reproduktive Aspekt beinhaltet die Erfassung und Anwendung des Lehrstoffs sowie die Durchführung vertrauter Aufgaben. Der produktive Aspekt enthält die Eigenständigkeit und selbstständige Anwendung des Wissens und Könnens auf neue Aufgaben. Innerhalb des vorwiegend reproduktiven Bereichs kann weiters zwischen einem wesentlichen und einem über das Wesentliche hinausgehenden Bereich unterschieden werden. Was genau unter dem „Wesentlichen“ verstanden wird, wird nicht konkretisiert. Es liegt im Ermessen der Lehrkraft, die wesentlichen und die darüberhinausgehenden Bereiche zu bestimmen, was die Objektivität der Notengebung erschwert (vgl. NEUWEG, 2014, S. 71 ff.). Für

ein „Genügend“ gilt, dass die Anforderungen in den wesentlichen Bereichen – wie auch immer diese festgelegt sind – überwiegend erfüllt sein müssen. Außerdem ist es nicht möglich, wesentliche Bereiche durch darüberhinausgehende Bereiche zu kompensieren. Zeigt ein Schüler oder eine Schülerin beispielsweise merkliche Ansätze einer selbstständigen Anwendung des Wissens auf eine neue Aufgabe, kann er oder sie aber die Anforderungen in den wesentlichen Bereichen nicht überwiegend erfüllen, ist der oder die Lernende mit einem „Nicht Genügend“ zu beurteilen (vgl. NEUWEG, 2006, S. 25 f.). Bei der Note „Befriedigend“ ist es möglich, dass Mängel

im reproduktiven Bereich (Mängel bei der Durchführung von Aufgaben) durch merkliche Ansätze der Eigenständigkeit kompensiert werden, bei gleichzeitiger gänzlicher Erfüllung der Erfassung und Anwendung des Lehrstoffs (vgl. NEUWEG, 2014, S. 72). Für ein „Gut“ sind die Anforderungen in den wesentlichen

Bereichen in einem über das Wesentliche hinausgehende Maß zu erfüllen und dort wo es möglich ist, sollen eine merkliche Eigenständigkeit und eine selbstständige Anwendung des Wissens und Könnens auf neue Aufgaben bei entsprechender Anleitung gezeigt werden. Für ein „Sehr Gut“ gilt, dass der reproduktive Bereich weit über das Wesentliche hinaus erfüllt wird, die Eigenständigkeit deutlich sichtbar wird und das Wissen und Können selbstständig auf neuartige Aufgaben angewendet wird.

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Somit zeigt sich, dass die Noten in ihrer Definition aufeinander aufbauen. Den Grundstock bildet immer das Wesentliche, wobei für die besseren Noten Wissen und Können auf taxonomisch höheren Stufen gezeigt werden müssen (vgl. NEUWEG, 2006, S. 25).

Zusammengefasst zeigen diese Ausführungen zum einen, dass die Beurteilungsstufen auf sukzessiv ansteigenden Anforderungen aufbauen und zum anderen, dass durch die unpräzisen Formulierungen der LBVO den Lehrkräften ein großer Spielraum bei der Bestimmung der Note zukommt. Die Lehrkraft muss unter anderem selbst bestimmen, was das Wesentliche an einem bestimmten Stoffgebiet ist und dadurch werden die Anforderungen einer Beurteilungsstufe beeinflusst (vgl. NEUWEG, 2014, S. 72).

4.2 Bezugsnormen der Leistungsbeurteilung

Zur Bestimmung der Note muss es ein Vergleichssystem geben, das einen Standard der Anforderungen vorgibt. Abhängig vom Standard, der für den Vergleich herangezogen wird, können die Ergebnisse variieren. Als Bezugsnormen können die sachliche, die soziale oder die individuelle Norm verwendet werden. Die beiden letzteren können unter der Realnorm subsumiert werden, da sich beide auf ein bereits erbrachtes Leistungsergebnis der eigenen Person oder anderer Personen beziehen. Die sachliche Bezugsnorm zählt zur Idealnorm (vgl. RHEINBERG, 1998, S. 39). Unter der sachlichen

(auch kriteriale oder curriculare) Norm wird verstanden, dass das Prüfungsresultat mit einem zuvor festgelegten, an sachlichen Kriterien orientierten Wert verglichen wird. Die Anforderungen beziehen sich meist auf Lehrziele und sind für alle Lernenden gleich. Die individuelle Norm beschreibt den Vergleich der jetzigen Prüfungsleistung mit eigenen früheren Leistungen in diesem Gebiet. Die Beurteilung erfolgt anhand des persönlichen Leistungsanstiegs, unabhängig vom tatsächlichen Leistungsstand. Dahingegen basiert die soziale (auch durchschnittsorientierte) Bezugsnorm darauf, dass die individuellen Leistungen am Durchschnitt der Gruppenleistung gemessen

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werden. Somit ist die eigene Leistung vom allgemeinen Leistungsniveau der Gruppe abhängig (vgl. RHEINBERG, 1998, S. 39 und NEUWEG, 2006, S. 27 und NEUWEG, 2009,

S. 52).

In der schulischen Beurteilungspraxis ist die sachliche Norm zu verwenden. Durch diese Bezugsnorm wird der Lernprozess an Inhalten und Lehrzielen orientiert und nicht an den Leistungen anderer. Somit wird gewährleistet, dass gleiche Resultate gleiche Noten bedeuten und keine externen Faktoren auf die Notengebung wirken (vgl. NEUWEG, 2009, S. 52). Außerdem fußt die erziehungswissenschaftliche Präferenz

für die sachliche Norm auf der Vorgabe des Gesetzes, dass die Lehrkraft sachlich und gerecht zu beurteilen hat (vgl. § 11 Abs. 2 LBVO). Die anderen beiden Bezugsnormen können dem nicht gerecht werden. Nur in Ausnahmefällen (z. B. körperliche Behinderung) ist von der sachlichen Norm abzusehen und eine individuelle Norm zu berücksichtigen. Außerdem kann nur die sachliche Norm die Lernenden zu einer objektiv begründeten Selbsteinschätzung hinführen und hat einen Informationscharakter gegenüber Dritten. Dafür sind präzise und einheitliche Kriterien als Grundlage essentiell. Diese werden jedoch nicht durch die Lehrpläne oder die Notendefinition vorgegeben (vgl. NEUWEG, 2006, S. 27 f.). Als Möglichkeit für

objektive Kriterien können die Bildungsstandards herangezogen werden (vgl. DORNINGER &SCHRACK, 2013, S. 12). In der Praxis trägt weiters die uneindeutige

Bestimmung des „Wesentlichen“ zur Nichtanwendung der sachlichen Norm bei (vgl. EDER,NEUWEG &THONHAUSER, 2009, S. 250). Deshalb wird de facto häufig der

sozialen Norm der Vorrang gegeben, da diese leichter zu bewerkstelligen ist. In jeder Klasse gibt es einen Leistungsdurchschnitt, an dem sich die Lehrkraft leicht orientieren kann. Laut NEUWEG (2006) zeigt sich dieser Umstand darin, dass viele Lehrpersonen

besonders gute oder schlechte Leistungen von Schulklassen vermeintlich in zu leichten oder schweren Aufgaben begründet sehen, nicht im Leistungsstand der Klasse (vgl. NEUWEG, 2006, S. 27 f.). Außerdem zeigen EDER ET AL. in einer Studie, dass zwei

(22)

ca. zwei Lernjahre auseinanderliegen (vgl. EDER,NEUWEG & THONHAUSER, 2009,

S. 261). Diese Praxis resultiert in Unklarheit über die Vergleichsmaßstäbe und beeinträchtigt die Aussagekraft von Noten. Oft wird auch der Wahl der Bezugsnorm keine Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. RHEINBERG, 1998, S. 39).

4.3 Kritik an der Leistungsbeurteilung in Österreich

4.3.1 Uneindeutige Definition des Wesentlichen

Wie bereits erwähnt, sind die Rechtsbegriffe in den Notendefinitionen höchst vage. Dass das Wesentliche und das Darüberhinausgehende von der Gesetzgebung nicht konkretisiert werden und dadurch keine allgemein gültigen Kriterien für die Bewertung einer Leistungsfeststellung feststehen, hat weitreichende Folgen. Der Lehrkraft kommt durch die individuelle Festlegung des Wesentlichen ein großer Spielraum zu, der die Vergabe der Noten beeinflusst (vgl. NEUWEG, 2009, S. 52). Auch die Lehrpläne

schaffen keine Abhilfe. Die Inhalte und Ziele dieser Rahmenlehrpläne müssen wiederum von der Lehrkraft interpretiert und spezifiziert werden. Es wäre möglich, dass für jedes Unterrichtsfach Kernlernziele festgelegt werden, die Mindeststandards für eine positive Beurteilung bestimmen würden (vgl. NEUWEG, 2006, S. 25 ff.). Als

Möglichkeit für solche Standards könnten wiederum die Bildungsstandards fungieren (vgl. DORNINGER & SCHRACK, 2013, S. 12). Weiters wäre eine klare Regelung zur

Überführung der Standards in Noten unabdingbar (vgl. NEUWEG, 2009, S. 53). Die

Festlegung konkreter Kriterien für das Wesentliche eines Unterrichtsfaches würde die Verwendung der sachlichen Norm begünstigen (vgl. NEUWEG, 2006, S. 28). Da es noch

keine konkreten Vorgaben zum Wesentlichen gibt, hat die bisherige Notengebung wenig Informationsgehalt. Somit wird auch ein lehrkraftübergreifender Vergleich der Leistungen erschwert bzw. schier unmöglich gemacht. Weiters hängt aktuell der

(23)

schulische Erfolg von der Auslegung der Lehrkraft ab und die Note sagt nur bedingt etwas über den konkreten Leistungsstand der Lernenden aus.

4.3.2 Praxis der Leistungsbeurteilung

Die gängige Praxis der Leistungsbeurteilung an österreichischen Schulen ist fragwürdig und kann aus mehreren Gründen kritisiert werden. Laut den Beurteilungsstufen der LBVO sind Leistungen qualitativ zu klassifizieren und so einer bestimmten Note zuzuordnen. Dies wird durch die übliche Praxis verfehlt und es wird einem stark vereinfachten System der Vorzug gegeben. Der Großteil der Lehrer und Lehrerinnen legt der Notenermittlung ein Punkte- oder Prozentschema zugrunde. Die Vergabe von Punkten für einzelne Aufgaben und die Verrechnung mit Punkteschlüsseln zu einer Gesamtnote der Leistungsfeststellung wird in der LBVO keineswegs erwähnt und trägt der Rechtsordnung kaum Rechnung. Auch das Setzen einer 50 %-Marke für die Erreichung einer positiven Note ist fragwürdig. Dies lässt sich nur scheinbar auf die Formulierung des § 14 Abs. 5 LBVO „in den wesentlichen Bereichen überwiegend“ zurückführen, da sich diese Regel lediglich auf das Wesentliche im Stoffgebiet bezieht und nicht auf das über das Wesentliche Hinausgehende und auf die produktiven Anforderungen. Somit müsste die Marke für eine positive Note unter 50 % liegen, wenn schon (fälschlicherweise) ein Prozentschema zugrunde liegt. Auch die gängige Berechnung von arithmetischen Mitteln ist aufgrund des ordinalen Charakters der Notenskala nicht zulässig. Ebenfalls problematisch ist das Zusammenfassen von Einzelnoten zu einer Gesamtbeurteilung, da hier der Stoffumfang und die Komplexität der einzelnen Leistungsfeststellungen durch den bereits geschehenen Informationsverlust nicht berücksichtigt werden (vgl. NEUWEG, 2009, S. 54). Weiters ist in der Gesetzgebung die Breite der Notenstufen

nicht bestimmt, dadurch sind die Punkteabstände der Noten in der Praxis willkürlich festgelegt. Oft wird dieser Umstand so genutzt, dass Lehrpersonen die Breite der Noten variieren, um eine künstliche Verknappung herbeizuführen und eine Normalverteilung

(24)

der Noten zu produzieren. Es kommt ebenfalls vor, dass das Punkteschema im Nachhinein adaptiert wird, um beispielsweise eine verpflichtende Wiederholung einer Leistungsfeststellung bei über 50 % „Nicht Genügend“ zu verhindern (vgl. NEUWEG, 2014, S. 73 ff. und § 7 Abs. 11 LBVO). Durch die Notendefinition ist

es weiters erforderlich, dass jede Leistungsfeststellung produktive und reproduktive Teile enthält, damit das gesamte Notenspektrum vergeben werden kann. Prozent- und Punkteschemata umgehen dies jedoch, indem keine Unterscheidung zwischen den Bereichen vorgenommen wird. So ist es möglich, die Noten „Gut“ und „Sehr Gut“ nur mit Reproduktionsleistungen zu erreichen (vgl. NEUWEG, 2014, S. 71 ff.).

Aus den genannten Umständen ergeben sich Probleme, die die Praxis mit der LBVO unvereinbar machen. Ein wichtiges Kriterium, das durch die Punktevergabe vernachlässigt wird, ist die Unterscheidung in wesentliche und darüberhinausgehende Bereiche. Die Inhalte einer Leistungsfeststellung werden durch das Punktesystem nicht differenziert und somit einander gleichgestellt. Die Notendefinition sieht jedoch eine Differenzierung in die zuvor erwähnten reproduktiven und produktiven Bereiche vor. Durch die Gleichsetzung der Aufgaben einer Leistungsfeststellung wird es auch möglich, dass alle Leistungen durch die Erfüllung einer anderen (reproduktiven oder produktiven) Leistung kompensierbar sind. Laut LBVO ist jedoch ein Ersatz eines wesentlichen Bereiches durch weiterführende Leistungen nicht möglich. Der Kritik am Punktesystem liegt implizit zu Grunde, dass durch die Verrechnung von Punkten und Noten Informationen über die Beschaffenheit der gezeigten Leistung verloren gehen. Durch den Informationsverlust zeigt eine Note nur bedingt den tatsächlichen Leistungsstand. Dies wird auch durch die Nichtverwendung von Standards zur Notenfindung begünstigt. Des Weiteren kann die individuelle Festlegung des Punkteschemas einer Lehrkraft schlussendlich über den schulischen Erfolg der Schüler und Schülerinnen entscheiden (vgl. NEUWEG, 2009, S. 54 und NEUWEG, 2014, S. 73).

(25)

4.4 Kompetenzraster als Hilfsmittel zur Leistungsbeurteilung

Die Beurteilungspraxis, die vom Verrechnen von Punkten zu Noten und den genannten resultierenden Problematiken geprägt ist, könnte durch die Verwendung anderer Beurteilungskonzepte der geltenden Rechtsordnung angenähert werden. Im Folgenden wird dazu auf Kompetenzraster eingegangen, die dem differenzierten Charakter der Beurteilungsstufen gerecht werden.

Kompetenzraster bestehen in ihrer Matrixform aus Zeilen (horizontal), die die zu beherrschenden Kompetenzen beinhalten und aus Spalten (vertikal), die eine differenzierte Abstufung der zu erreichenden Niveaus in den jeweiligen Kompetenzen wiedergeben. In den sich daraus ergebenden Feldern stehen Deskriptoren, die die Anforderungen auf einem bestimmten Niveau je Kompetenz beschreiben (vgl. KRILLE, 2014, S. 6). Die Abbildung 1 zeigt das Schema eines üblichen

Kompetenzrasters.

Grundanforderung Erweiterte Anforderung Kompetenz-beschreibung Ich kann… E nicht erfüllt D überwiegend erfüllt C zur Gänze erfüllt B überwiegend erfüllt A zur Gänze erfüllt Kompetenz 1 Kompetenz 2 Kompetenz 3 Kompetenz 4 Kompetenz 5 …

Abbildung 1: Schema eines Kompetenzrasters Quelle: Eigene Darstellung

Die Kompetenzen können als „Ich kann“-Statements formuliert werden (vgl. DORNINGER & SCHRACK, 2013, S. 11) und basieren auf inhaltlichen und

(26)

objektiven Kriterien des entsprechenden Unterrichtsgegenstandes (vgl. MESSNER,

2007, S. 28). Wichtig hierbei ist, dass bei der Erstellung nicht der Lernstoff, sondern wünschenswerte Fähigkeiten der Lernenden, mit denen Handlungsanforderungen bewältigt werden können, im Vordergrund stehen. (vgl. NEUWEG &KRAUSKOPF, 2015,

S. 68). So kann die Fremd- und Selbsteinschätzung der Leistungen kompetenzorientiert vorgenommen werden (vgl. KRILLE, 2014, S. 3). Weiters sollen die Kompetenzen

überschneidungsfrei, verständlich und im Unterrichtszeitraum tatsächlich vermittelbar sein (vgl. NEUWEG &KRAUSKOPF, 2015, S. 68). Im Raster werden die Kompetenzen

in Grund- und Erweiterungsanforderungen und weiters in den Grad der Erfüllung gegliedert. Die Grundanforderungen spiegeln die wesentlichen Bereiche laut Notendefinition wieder. Um eine positive Beurteilung des Unterrichtsgegenstandes in einem bestimmten Zeitraum zu erlangen, sind zumindest die Grundanforderungen der Kompetenzen überwiegend zu erfüllen (vgl. DORNINGER &SCHRACK, 2013, S. 11). Im

Erweiterungsbereich finden sich die über das Wesentliche hinausgehenden reproduktiven und die produktiven Anforderungen und ermöglichen das Erreichen eines „Gut“ oder „Sehr Gut“. Es müssen hier konkrete Übersetzungsregeln zwischen dem Erfüllungsgrad jeder Kompetenz und den Noten gefunden werden, um den Kompetenzraster adäquat zur Leistungsbeurteilung einsetzen zu können. NEUWEG &

KRAUSKOPF (2015) verwenden beispielsweise folgende Konversionsregeln:

Anforderungen nicht ausreichend erfüllt Grundanforderungen überwiegend erfüllt Grundanforderungen zur Gänze erfüllt

erweiterte Anforderung überwiegend erfüllt erweiterte Anforderung zur Gänze erfüllt zumindest ein E alle zumindest D

alle zumindest C oder für jedes D mind. ein B oder A

alle zumindest B oder für jedes C mind. ein A

mehr als die Hälfte A, sonst nur B

Nicht Genügend Genügend Befriedigend Gut Sehr Gut

Abbildung 2: Übersetzungsregeln zwischen Kompetenzraster und Noten Quelle: Eigene Darstellung, nach NEUWEG & KRAUSKOPF, 2015, S. 70

(27)

Aus der Abbildung 2 lässt sich ablesen, welche Anforderungen für eine bestimmte Note zumindest erfüllt werden müssen und welche Mängel in den Anforderungsniveaus durch das Zeigen einer höheren Anforderungsstufe in einer anderen Kompetenz kompensiert werden können (vgl. NEUWEG &KRAUSKOPF, 2015, S. 70). Außerdem

ermöglicht die Beurteilung mit Kompetenzrastern, dass gezeigte Fehlleistungen der Lernenden zu einem bestimmten Stichtag durch das Zeigen der Kompetenz zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden können (vgl. NEUWEG, 2009, S. 55). Weiters kann

ein Kompetenzraster mit diversen Spalten ergänzt werden, die z. B. die taxonomischen Niveaus der Kompetenzen oder die Selbsteinschätzung der Lernenden beinhalten (vgl. DORNINGER &SCHRACK, 2013, S. 11 und NEUWEG &KRAUSKOPF, 2015, S. 68).

Jedoch muss erwähnt werden, dass momentan Kompetenzraster dezentral von den Lehrkräften erstellt werden müssen. Somit kann sich auch die Unterrichtsgestaltung und Leistungsbeurteilung unterscheiden (vgl. KRILLE, 2014, S. 1). Des Weiteren ist die

wissenschaftliche Befundlage in Bezug auf die Erstellung, den Aufbau und den Einsatz von Kompetenzrastern sehr spärlich (vgl. NEUWEG &KRAUSKOPF, 2015, S. 68 f.).

5 Ministerielle Beurteilungshilfen für die abschließende

Arbeit

Bisher wurde auf theoretische bzw. rechtliche Aspekte der VWA, der Diplomarbeit, der schulischen Leistungsbeurteilung und der Kompetenzraster eingegangen. Nun werden die Beurteilungskriterien an der AHS und BHS, die vorhandenen Kompetenzraster des Bundesministeriums und ihre Mängel diskutiert.

Unverbindliche Handreichungen, Beurteilungshilfen und Leitfäden des damaligen Bundesministeriums für Bildung beschreiben den Charakter der abschließenden Arbeit, das Betreuungsverhältnis, formale Kriterien, den Zeitplan oder die Leistungsbeurteilung näher. Die Richtlinien beziehen sich teilweise auf gesetzliche

(28)

Grundlagen und ergänzen diese mit praktischen Hinweisen für Lehrkräfte und Schüler und Schülerinnen. Bei deren Betrachtung ist auffällig, dass der Fokus auf formalen Kriterien und dem Erstellungsprozess samt der Betreuung liegt. Über die Leistungsbeurteilung werden wenige Worte verloren und Ergänzungen zur Gesetzeslage oder konkrete Hinweise für Lehrkräfte sind spärlich. Dies ist aufgrund der zentralen Rolle der abschließenden Arbeit im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung verwunderlich. Für die AHS werden zu erfüllende Kriterien für die VWA vorgegeben. In der BHS gibt es solche Kriterien nicht, deswegen wird im Folgenden getrennt auf die Anforderungen der beiden Schultypen eingegangen.

5.1 Die Beurteilungskriterien und der Kompetenzraster zur „vorwissenschaftlichen“ Arbeit

In der unverbindlichen Beurteilungshilfe des BUNDESMINISTERIUMS FÜR BILDUNG

(2016b) wird darauf verwiesen, dass für die Leistungsbeurteilung der VWA der AHS folgende acht Kompetenzen maßgebend sind:

▪ Selbstkompetenz

▪ Inhaltliche und methodische Kompetenz

▪ Informationskompetenz

▪ Sprachliche Kompetenz

▪ Gestaltungskompetenz

▪ Strukturelle und inhaltliche Präsentationskompetenz

▪ Ausdrucksfähigkeit und Medienkompetenz

▪ Kommunikations- und Diskursfähigkeit

Unter Selbstkompetenz wird die Fähigkeit der Lernenden verstanden, während des gesamten Arbeitsprozesses selbstständig, sorgfältig und verantwortungsbewusst zu handeln und die eigene Arbeit zu reflektieren. Die inhaltliche und methodische Kompetenz beschreibt, dass die Lernenden auf eine selbst gefundene Frage in einem bestimmten Wissensgebiet eine nachvollziehbare Antwort finden und geeignete

(29)

Methoden einsetzen. Auch der Aufbau der Arbeit und die Weise der Ergebnisdarstellung stehen hier im Vordergrund. Die Fähigkeiten, sich Informationen aus Print- oder Onlinemedien zu beschaffen, Informationsquellen als nutzbar einzustufen und Ergebnisse daraus abzuleiten, wird als Informationskompetenz bezeichnet. Unter sprachlicher Kompetenz werden die korrekte Verwendung von Fachbegriffen, differenzierte Formulierungen, ein verständlicher Textaufbau und Grundvoraussetzungen, wie Rechtschreibung und Grammatik, subsumiert. Die Gestaltungskompetenz umfasst formale Kriterien, wie das Layout, die Zitierweise, die Gliederung und die formale Vollständigkeit der Arbeit. Im Rahmen der strukturellen und inhaltlichen Präsentationskompetenz soll ein klarer Aufbau des Vortrags und eine korrekte Darstellung der zentralen Ergebnisse bzw. der abgeleiteten Folgerungen gezeigt werden. Für die Ausdrucks- und Medienkompetenz sind eine passende Sprachverwendung, Mimik und Gestik, freies Sprechen in einem angenehmen Tempo, eine saubere Ausdrucksweise sowie ein optisch ansprechender Einsatz von Technik zur Untermauerung des Vortrages relevant. Bei der Kommunikations- und Diskursfähigkeit sind die Überlegungen zum Thema, zur Arbeitsweise und zum Inhalt sowie Argumente zur eigenen Einstellung gefragt (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR

BILDUNG, 2016b, S. 1 f. und BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, o. J.a).

Die unverbindliche Beurteilungshilfe nennt als Grundlage für diese acht Kompetenzen den § 37 SchUG, den § 8 der Prüfungsordnung AHS und den Lehrplan der AHS-Oberstufe (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016b, S. 1 f.). Bei der

Recherche der genannten Quellen fällt auf, dass in keiner explizit diese acht Kompetenzen genannt sind. Der § 37 SchUG regelt die Aufgabenstellungen und den Reifeprüfungsvorgang (vgl. § 37 SCHULUNTERRICHTSGESETZ). Im Lehrplan 2004 und

2017 finden sich bis auf kurze Verweise zur Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitstechniken keine Anforderungen an die abschließende Arbeit (vgl. LEHRPLAN

AHS, 2004 und LEHRPLAN AHS, 2017). Im § 8 Prüfungsordnung AHS werden

(30)

konkreten Auflistung von Kompetenzen (vgl. § 8 PRÜFUNGSORDNUNG AHS). Der

§ 8 Abs. 1 beschreibt neben der Themenfindung und den Anforderungen an die Betreuungskraft folgendes:

„Bei der Themenfestlegung ist zu beachten, dass neben umfangreichen Fachkenntnissen auch vorwissenschaftliche Arbeitsweisen unter Beweis gestellt werden sollen. Dafür ist erforderlich, dass unterschiedliche Informationsquellen unter sachgerechter Nutzung sowie der Einsatz neuer Medien und geeigneter Lern- und Arbeitstechniken zielführende Aufschlüsse über den Themenbereich zulassen. Zusammenhängende Sachverhalte sollen selbstständig mit geeigneten Methoden erfasst und unter Zugrundelegung logischer Denkweisen sinnvoll hinterfragt und kritisch problematisiert werden können. Sowohl die schriftliche Arbeit als auch die Präsentation und Diskussion sollen Gelegenheit geben, neben klarer Begriffsbildung auf hohem Niveau differenziertes Ausdrucksvermögen, umfangreiche Kenntnisse, Methodik, Selbstständigkeit sowie Kommunikations- und Diskursfähigkeit unter Beweis zu stellen.“ (§ 8 Abs. 1 PRÜFUNGSORDNUNG AHS)

Aus dieser Gesetzesstelle lässt sich herauslesen, dass das Hauptaugenmerk auf der Fachkompetenz und der „vorwissenschaftlichen“ Arbeitsweise liegt. Dies gilt es im schriftlichen Teil durch den Informationsgewinn zur Fragestellung aus Printmedien und Onlinequellen zu beweisen. Weiters sind geeignete Lern- und Arbeitstechniken sowie Methoden zu verwenden und zusammenhängende Sachverhalte logisch zu hinterfragen und kritisch zu problematisieren, wobei es die Zusammenhänge zu erkennen und darzustellen gilt. Für die schriftliche Arbeit, die Präsentation und Diskussion sind weiters einige Punkte gegeben, wie eine klare Begriffsbildung auf hohem Niveau, differenziertes Ausdrucksvermögen, das Zeigen umfangreicher Kenntnisse im Themengebiet, wieder eine angemessene Methodik, Selbstständigkeit sowie Kommunikations- und Diskursfähigkeit. Was genau unter diesen Anforderungen zu verstehen ist, wie diese gezeigt oder woran diese erkannt werden können, wird nicht näher ausgeführt (vgl. § 8 Abs. 1 PRÜFUNGSORDNUNG AHS). In der unverbindlichen

Beurteilungshilfe des BUNDESMINISTERIUMS FÜR BILDUNG (2016b) wird auf diese

(31)

werden als Beurteilungsgrundlage vorgeschrieben (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR

BILDUNG,2016b, S. 1f). Auf rechtliche Grundlagen beziehen sich diese jedoch nicht

und sind auch nur mit Fantasie aus dem § 8 Abs. 1 Prüfungsordnung AHS herauszulesen. Auch dass die acht obligatorischen Kompetenzen in einer unverbindlichen Beurteilungshilfe festgeschrieben sind, wirkt, als ob sie keinen bindenden Charakter hätten. Aufgrund dieser Sachverhalte erschließt sich mir die Verpflichtung zur Erfüllung dieser acht Kompetenzen nicht.

Nichtsdestotrotz sollten laut Beurteilungshilfe in der Praxis diese acht Kompetenzen als Beurteilungskriterien zur Anwendung kommen. Sie werden als die wesentlichen Bereiche im Sinne der LBVO angesehen und sind somit für eine positive Note überwiegend zu erfüllen. Wird eine dieser acht Kompetenzen nicht ausreichend erfüllt, ist ein „Nicht Genügend“ zu vergeben. Für die Noten „Befriedigend“ bis „Sehr Gut“ sind die wesentlichen Kompetenzen „zur Gänze“, „über das geforderte Maß hinaus“ und „weit über das geforderte Maß hinaus“ zu erfüllen. Wie diese Abstufungen als Leistungen auszusehen haben, wird nicht eindeutig gezeigt und liegt somit im Ermessen der Lehrkraft (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG,2016b, S. 1 ff.).

Wie schon erwähnt, werden für die Beurteilung die Leistungen der schriftlichen Arbeit sowie die der Präsentation und Diskussion herangezogen. Die Lehrkraft unterbreitet einen Beurteilungsvorschlag an die Prüfungskommission und laut Bundesministerium ist es sinnvoll, diesen durch die Verwendung eines Beurteilungsrasters1 zu

untermauern.

Der AHS-Raster verfolgt drei wesentliche Ziele. Er soll die Lehrkräfte bei der Leistungsbeurteilung und der Betreuungstätigkeit unterstützen, den Schülern und Schülerinnen als Orientierungshilfe für die zu erbringenden Leistungen dienen und als

(32)

Leitfaden für den systematischen Aufbau von „vorwissenschaftlichen“ Arbeitsweisen im Laufe der Schulzeit fungieren.

In der Einleitung zum Kompetenzraster ist wieder vermerkt, dass es sich um eine unverbindliche Hilfe handelt. Der Raster selbst besteht aus acht Kompetenzen, die einzeln zu beurteilen sind. Fünf davon beziehen sich auf die schriftliche Arbeit, zwei auf die Präsentation und eine auf die Diskussion. Für jede Kompetenz muss eine Einschätzung des Erfüllungsniveaus von „nicht erfüllt“ bis „weit über das geforderte Maß hinaus erfüllt“ gefunden werden. Jede Kompetenz wird weiter in mehrere Unterkompetenzen aufgespalten, die eine unterschiedliche Anzahl aufweisen. Die Gewichtung der Unterkompetenzen ist der Lehrkraft überlassen. Im Raster werden die Unterkompetenzen als „Deskriptoren“ bezeichnet, was jedoch nicht mit der eigentlichen Definition eines Deskriptors übereinstimmt.

Um die Unterkompetenzen besser einschätzen und voneinander abgrenzen zu können, wurden für jede Subkompetenz zahlreiche Indikatoren2 gefunden, die (mehr oder

weniger) konkrete Leistungen ohne Niveauabstufungen auflisten. Die Liste der Indikatoren ist weder als vollständig noch als allgemeingültig anzusehen. Um nun zu einer tatsächlichen Beurteilung zu kommen, sollte also die Lehrkraft auf der Grundlage der Indikatoren (insgesamt über alle acht Kompetenzen fast 140 Indikatoren) den Erfüllungsgrad der Unterkompetenzen (insgesamt über alle acht Kompetenzen 34 Subkompetenzen) einschätzen, weiters diesen zu einem Leistungsstand in der entsprechenden Kompetenz zusammenfassen und anschließend die Erfüllung der acht Kompetenzen mit einer Gesamtbeurteilung beziffern. Dies wirkt eher aufwändig und lässt so keine leichte Handhabung des Kompetenzrasters vermuten (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG,2016b, S. 1 ff.).

(33)

Ob die acht zu erfüllenden Kompetenzen, die Deskriptoren oder Indikatoren sinnvoll ausgewählt, formuliert oder konkretisiert wurden, wird in dieser Arbeit nicht erörtert, da eine inhaltliche Analyse dieses Kompetenzrasters nicht im Vordergrund steht. Was jedoch aufgezeigt wird, sind allgemeine Mängel (siehe Kapitel 5.3). Zuvor werden noch die Anforderungen und der Kompetenzraster für die Diplomarbeit vorgestellt.

5.2 Die Beurteilungskriterien und der Kompetenzraster zur Diplomarbeit

Die Diplomarbeit der BHS hat im Vergleich zur eben beschriebenen VWA noch weit weniger Beurteilungsvorgaben. Es werden in der Prüfungsordnung BMHS keine Bewertungskriterien beschrieben, stattdessen gehen die §§ 7 bis 10 noch stärker auf Formalia ein (vgl. PRÜFUNGSORDNUNG BMHS). Auch in den unverbindlichen

Handreichungen und Leitfäden werden keine konkreten Kompetenzen oder Leistungen angesprochen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FRAUEN, 2015 und

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2017a). Lediglich auf allgemeine

Beurteilungsgrundlagen wird verwiesen. Beispielsweise werden die Schlüssigkeit der fachlichen Argumentation, die sprachliche Ausdrucksweise, die Dokumentation der praktischen Arbeiten und die Formulierung der Zusammenfassungen aufgezählt. Diese Anforderungen sind jedoch nur exemplarisch aufgelistet und somit nicht vollständig. Weiters wird auf einen vorgefertigten Kompetenzraster3 (Rubric) als Hilfestellung zur

Beurteilung verwiesen, in dem beurteilungsrelevante Kompetenzen formuliert werden. Aufgrund der spärlichen Nennung von Anforderungen wird nachfolgend auch inhaltlich auf den Rubric eingegangen. Wie auch bei der VWA ist eine Gesamtnote für die Diplomarbeit zu vergeben. Es ist ein Antrag zur Note der Kommission vorzuschlagen und so die endgültige Note zu bestimmen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2017a, S. 22 f.). Wurde die abschließende Arbeit im Team verfasst, sind

(34)

die individuellen Teile gesondert zu beurteilen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR

BILDUNG UND FRAUEN, 2015, S. 41). Der vom Ministerium ausgearbeitete Rubric soll

die Leistungsbeurteilung für Lehrkräfte sowie für Lernende transparent machen, wobei auch dieser (wie in der AHS) unverbindlich ist. Der angesprochene Rubric ist schultypübergreifend für alle BHS gedacht (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG,

2017a, S. 22 f.). Zusätzlich wurde für die humanberuflichen Schulen ein gesonderter Kompetenzraster erstellt, der stark an den AHS-Raster angelehnt ist. Im Raster der humanberuflichen Schulen werden die acht verpflichtenden Kompetenzen der AHS aufgegriffen und um die Projektmanagementkompetenz erweitert. Diese umfasst Aspekte der Teamkoordination, der zielgerichteten Kommunikation mit Ansprechpersonen, der Umsetzung und der Erfüllung des Projektauftrags. Um zu einer Beurteilung zu gelangen, sind die einzelnen Kompetenzen inkl. der Deskriptoren auf einer Skala von 1 bis 5 einzustufen. Die einzelnen Stufen werden nicht konkretisiert. Jedoch erfolgt eine Gewichtung der Kompetenzen. Die schriftliche Arbeit, die die Selbst-, Informations-, Gestaltungskompetenz, inhaltliche Kompetenz und sprachliche Kompetenz umfasst, ist mit 70 % zu gewichten. Der Projektdurchführung, Präsentation und Diskussion kommen somit 30% der Beurteilung zu (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR

BILDUNG, o. J.b).

Inhaltlich wird im allgemeinen BHS-Kompetenzkatalog für den schriftlichen Teil vorgesehen, dass sich die Lernenden innerhalb einer wohl definierten Fragestellung fachspezifisches Wissen beschaffen, dieses weiterverarbeiten, daraus nachvollziehbare Ergebnisse ableiten und diese kritisch würdigen. Zur Erarbeitung sollen zielführende Methoden und Instrumente des Projektmanagements eingesetzt werden. Weiters ist auf eine angemessene sprachliche Ausdrucksweise, Klarheit sowie auf die üblichen formalen Kriterien zu achten. Im Rahmen der Präsentation sollen die ausgearbeiteten Ergebnisse verdichtet und korrekt dargestellt werden. Das Augenmerk wird weiters auf allgemeine Ansprüche an eine Präsentation, wie beispielsweise sprachlicher Ausdruck, geeignete Medienunterstützung und Einhaltung der Zeitvorgabe, gelegt. Für die

(35)

Diskussion ist es wichtig, dass die Arbeitsergebnisse vertreten und fachlich eingebettet werdenkönnen(vgl.BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, 2016c, S. 1 ff.).

Der Kompetenzraster der BHS ist in Listenform aufgebaut. Die typischen Niveauabstufungen des Kompetenzrasters sind hier untereinander angeordnet und mit den Buchstaben von A bis D bezeichnet, wobei jedes Kompetenzfeld (fünf an der Zahl) in Dimensionen untergliedert ist. Die 15 Dimensionen entsprechen den Deskriptoren des VWA-Rasters. Die meisten Dimensionen haben vier Niveauabstufungen, manche haben drei oder sogar nur zwei Ausprägungen. A stellt hierbei die beste Ausprägung dar, je weiter die Niveaus in Richtung D gehen, desto geringer ist die Kompetenz erfüllt. Es kommt auch vor, dass die Ausprägungen B oder C das „Nicht Genügend“ widerspiegeln. Jedem Niveau wurde ein Punktewert zugeschrieben. Für die schlechteste Erfüllung der Dimension werden null Punkte vergeben, je nachdem wie viele Ausprägungen die jeweilige Dimension hat, können dem besten Niveau entweder ein, zwei oder drei Punkte zugeschrieben werden. Innerhalb der Niveaus je Dimension wurde versucht, konkrete Anforderungen zu formulieren, um die Erfüllung der Subkompetenzen an Kriterien festmachen zu können. Um schlussendlich zu einer Beurteilung zu gelangen, sind die einzelnen Dimensionen mit dem Punkteschema zu beurteilen. Eine Zusammenführung der untergeordneten Leistungen zu einer Gesamteinschätzung je Kompetenzfeld ist nicht vorgesehen. Alle Unterkompetenzen werden unmittelbar zu einer Gesamtbeurteilung verrechnet. Hierbei gibt es für die drei Bereiche der Diplomarbeit (schriftlicher Teil, Präsentation und Diskussion) eine Gewichtung der Punkte. Die Punkte der schriftlichen Arbeit werden mit dem Faktor zwei eingerechnet, die der Präsentation werden eins zu eins übernommen und mit einem Faktor vier sind die Punkte der Diskussion zu gewichten. Im Endeffekt kommen dem schriftlichen Teil so 73 % der Punkte an der Gesamtpunktezahl zu, der Präsentation 10 % und der Diskussion 17 % der Punkte. Wurden die Punkte je Dimension bestimmt, zusammengerechnet und gewichtet, kann an einem Punkteschlüssel die Endnote abgelesen werden. Für eine positive Beurteilung

(36)

sind über 50 % der Punkte zu erreichen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG,

2016c, S. 1 ff.). Betrachtet man dieses Punktesystem in Zusammenhang mit den Argumenten des Kapitels 4.3.2, lässt sich vorausahnen, dass diese Kombination nicht ideal ist. Nachfolgend wird genauer auf diesen Sachverhalt und auf weitere Mängel des Rubrics und des VWA-Kompetenzrasters eingegangen.

5.3 Kritik an den bestehenden Kompetenzrastern

5.3.1 Kritik am Kompetenzraster der AHS

Für einen Kompetenzraster sind Überführungsregeln der erreichten Kompetenzen zu Noten unabdingbar (siehe Kapitel 4.4). Diese fehlen komplett, was folglich dazu führt, dass (auch bei angenommener gleicher Auswertung und Gewichtung der Deskriptoren und Kompetenzen durch die Lehrkräfte) unterschiedliche Noten resultieren können. Die Überführung zu Noten wird von der Lehrkraft abhängig gemacht. Ein weiteres Problem ist die teilweise inhaltliche Überschneidung der Unterkompetenzen (siehe Kapitel 4.4). Beispielsweise ist die Kompetenz für eine angemessene Methodenauswahl als Deskriptor im Rahmen der Selbstkompetenz sowie der inhaltlichen und methodischen Kompetenz genannt. Auch die Fähigkeit, die Lesbarkeit der Arbeit durch richtige Gliederung zu unterstützen, wird als Unterkompetenz in der sprachlichen Kompetenz und der Gestaltungskompetenz genannt. Dies führt dazu, dass eine Leistung mehrmals in die Bewertung miteinfließt. Dies kann sich auf die Notengebung auswirken und das Ergebnis verfälschen. Was am herausgegebenen Kompetenzraster noch auffällt, ist die Einstufung des Leistungsspektrums. Es werden für jede der acht Kompetenzen die Abstufungen „nicht erfüllt“, „überwiegend erfüllt“, „zur Gänze erfüllt“, „über das geforderte Maß hinaus erfüllt“ und „weit über das geforderte Maß hinaus erfüllt“ formuliert. Hier stellt sich die Frage, wie eine Kompetenz noch besser als „zur Gänze“ erfüllt werden kann. Die Rechtschreibung beispielsweise kann man gar nicht, teilweise oder ganz beherrschen, aber mehr als eine

(37)

gänzliche Beherrschung der Rechtschreibung ist nicht möglich. Trotzdem sind die Unterkompetenzen gemäß den fünf Abstufungen von der Lehrkraft einzuschätzen. Hier wäre es notwendig, jene Kompetenzen, die lediglich Ausprägungen im Grund- oder Erweiterungsbereich aufweisen, als solche kenntlich zu machen und diese nicht künstlich auf alle Stufen auszudehnen. Um also ein „Sehr Gut“ oder „Gut“ zu erreichen, müssen Kompetenzbereiche formuliert werden, die ein höheres Niveau ansprechen. Das bloße Verlangen nach einer Erfüllung „(weit) über das geforderte Maß“ ist nicht zielführend. Demzufolge ist denkbar, dass Kompetenzen nur Niveauabstufungen im Bereich der Grundanforderungen oder im Bereich der Erweiterungsanforderungen aufweisen. In diesem Zusammenhang kann auch kritisiert werden, dass nicht ersichtlich ist, welche Leistungen von den Schülern und Schülerinnen unbedingt gezeigt werden müssen, um eine positive Note zu erreichen (siehe Kapitel 4.4). Welche Deskriptoren und Indikatoren zum Wesentlichen im Sinne der LBVO zählen, entscheidet jede Lehrkraft selbst. Somit ist die Beurteilung lehrkraftabhängig. Dies sollte jedoch durch die Verwendung eines Kompetenzrasters und klar zugrunde gelegte Kriterien verhindert werden (siehe Kapitel 4.4). Der Kompetenzraster des Bundesministeriums für Bildung trägt dem nicht Rechnung. Eine Vorgabe, dass zumindest alle acht Kompetenzen für die VWA positiv sein müssen, vereinheitlicht die Beurteilung durch den Kompetenzraster deswegen nicht, da die Vorgehensweise bei der Berücksichtigung und der Gewichtung der Deskriptoren nicht konkret vorgegeben wird. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass vom Ministerium nicht vorgeschrieben wird, welche Deskriptoren oder Indikatoren zu berücksichtigen sind. Dies führt zum nächsten Kritikpunkt und zwar, dass eine sachliche Beurteilung durch die große Menge an Deskriptoren und Indikatoren aufgeweicht wird. So kann sich jede Lehrkraft selbst wieder die für sie relevanten Kriterien aussuchen. Ein Kompetenzkatalog sollte weniger ein Pool an möglichen Leistungen der Schüler und Schülerinnen sein und mehr ein konkreter Katalog mit objektiven und relevanten Fähigkeiten (siehe Kapitel 4.4). Des Weiteren kann die große Menge an Kompetenzen

(38)

wegen dem Beurteilungsaufwand kritisch gesehen werden. Wie schon in Kapitel 5.1 erwähnt, besteht der Kompetenzraster für die VWA aus acht Hauptkompetenzen, 34 Unterkompetenzen und ca. 140 Indikatoren. Dies alles in der Beurteilung zu berücksichtigen, stellt einen großen Aufwand dar. Dieser Umfang könnte dazu animieren, dass Lehrkräfte einzelne, für sie wichtige Aspekte herauspicken und so die Beurteilung subjektiv beeinflussen. Dies könnte durch eine Reduktion auf die essentiellen Kompetenzen und einer verpflichtenden Verwendung derselben verhindert werden. Auch die inhaltliche Formulierung ist sehr vage gehalten. Es werden wenig konkrete Anhaltspunkte gegeben, um eine Kompetenz den tatsächlichen Leistungen entsprechend einschätzen zu können. Besonders die Findung des richtigen Niveaus einer Kompetenz hängt somit von der Willkür der Lehrkräfte ab. In Kapitel 4.4 wurde weiters gezeigt, dass für jede Kompetenz (sei es eine der acht Kompetenzen oder eine Unterkompetenz) Anforderungsniveaus auszuarbeiten sind, damit die Zuordnung zu einem Erfüllungsgrad kriterienbasiert erfolgt. Dies wird im Kompetenzraster so umgangen, indem keine Leistungen je Niveaustufe angegeben sind, sondern Indikatoren, die eine bessere Einschätzung gewährleisten sollen. Dadurch, dass aber nicht festgelegt wird, welche Abstufungen bei den Indikatoren möglich sind, dienen diese mehr dem Verständnis bzw. der Konkretisierung der Kompetenzen als einer besseren Einschätzung des tatsächlichen Leistungsniveaus. Weiters ist die inhaltliche Ausrichtung der Kompetenzen fragwürdig. Im Rahmen der fünf Kompetenzen für den schriftlichen Teil der VWA liegt der Fokus stark auf Fähigkeiten, die im Arbeitsprozess zur Anwendung kommen. Hier stellt sich die Frage, wie eine Fähigkeit im Rahmen der Erstellung der Arbeit von der Lehrkraft beurteilt werden kann. Alles, was die Lehrkraft nicht am Endprodukt der Arbeit sieht, kann schwer eingeschätzt werden, inwieweit es vom Schüler oder von der Schülerin geleistet wurde. Beispielsweise ist die Fähigkeit „Er/Sie wählt geeignete Recherchesysteme und -methoden aus“ schwer von der Lehrkraft nachprüfbar. Im Bereich der Präsentation und Diskussion beziehen sich die

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