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Untersuchungen zu den Regulationsmechanismen der Typ IV-Pilingene aus Azoarcus sp. BH72 und der Involvierung von Quorum Sensing

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Academic year: 2021

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Untersuchungen zu den Regulationsmechanismen der

Typ IV-Pilingene aus Azoarcus sp. BH72 und der Involvierung

von Quorum Sensing

Dissertation

Zur Erlangung des Doktorgrades

der Naturwissenschaften

(Dr. rer. nat.)

Dem Fachbereich Biologie/Chemie der

Universität Bremen

vorgelegt von

Melanie Böhm

aus Wolfenbüttel

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Die Untersuchungen zur folgenden Arbeit wurden am Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Bremen unter der Leitung von Prof. Dr. Barbara Reinhold-Hurek durchgeführt.

Vom Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Bremen als Dissertation angenommen am:

Datum der Disputation:

1. Gutachter: Prof. Dr. Barbara Reinhold-Hurek 2. Gutachter: Prof. Dr. Friederike Koenig

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Ich versichere hiermit, dass ich meine Dissertation "Untersuchungen zu den Regulationsmechanismen der Typ IV-Pilingene aus Azoarcus sp. BH72 und der Involvierung von Quorum Sensing" selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

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Ich danke Frau Prof. Dr. Reinhold-Hurek für die Bereitstellung des sehr interessanten Themas und die gute Betreuung während dieser Zeit.

Bei Frau Prof. Dr. Koenig möchte ich mich für die Übernahme der Zweitgutacherschaft und für die tatkräftige Unterstützung bedanken. Sowie bei der gesamten AG Koenig für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die seinesgleichen sucht. Besonders möchte ich mich bei Annette Hintelmann bedanken die mich über die Arbeit hinaus begleitet hat.

Herrn Prof. Dr. Dringen danke ich für die konstruktiven Anregungen und Ratschläge, die mir sehr bei der biochemischen Charakterisierung des Autoinducers geholfen haben.

Bei Herrn Prof. Dr. Gabel möchte ich mich für die Bereitstellung der HPLC-Anlage und für die unkomplizierte und angenehme Zusammenarbeit bedanken.

Herrn Prof. Dr. Eberl danke ich für die Bereitstellung der AHL-Sensorstämme. Und bei Herrn Dr. Hurek möchte ich mich speziell für die Durchführung der elektronenmikroskopischen Aufnahmen bedanken.

Der gesamten Arbeitsgruppe "Allgemeine Mikrobiologie" danke ich besonders für das tolle Arbeitsklima und der Unterstützung in jeglicher Form!

Insbesondere Fefe, der weiß, wie man feiert, Abi, der immer einen Rat parat hat, Thea, auf die man sich immer verlassen kann, Sigrun, die aus irgendwelchen Schubladen immer was hervorzaubert, Steffi, die mich schon bei meiner Diplomprüfung mit einem interessanten Vergleich beruhigt hat und Steffken, der als mein Tischnachbar Höhen und Tiefen mit mir durchlebt hat. Vielen Dank!!!

Und nun komme ich zu dem unvergleichlichen Hühnerhaufen (Sabrina, Janina, Anne, Frauke, Lena, Dörchen und Birte), die mich mit ihrer unerschüttlichen Energie in jeder Lebenslage unterstützt haben. Tausend Dank für Eure Hilfe!!! Es leben die Hühner!!!

Elke, Alke, Steffi, Barbara und Sandra danke ich für ihre Unterstützung und für den vielen Spaß, der immer einer Motivationsspritze gleichkam.

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Ihr oft mit mir haben mußtet, und die Unterstützung für meine Arbeit! Außerdem möchte ich mich bei Natten bedanken, die ein wichtiger Teil meiner Familie geworden ist und die immer ein offenes Ohr für mich hat!

Besonders möchte ich mich bei Olli bedanken, dafür das er immer an meiner Seite ist! Diese Arbeit ist Ihm gewidmet!

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(7)

Zusammenfassung

1

Einleitung

2

Ergebnisse und Diskussion

11

Genombasierte Analyse von Genen, die potentiell an der Biogenese, Funktion

sowie Regulation des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72 beteiligt sind 11 PilT-vermittelte Twitching Motility ist essentiell für die endophytische

Lebensweise von Azoarcus sp. BH72 15

Das Protein PilU in Azoarcus und seine Beteiligung an der Twitching Motility

- eine genombasierte Analyse 18

Das Kontrollsystem der Twitching Motility in Azoarcus - eine genombasierte

Analyse 19

Regulation der Pilin-Genexpression 20

Das Zwei-Komponenten-Regulationssystem PilSR in Azoarcus sp. BH72 20

Charakterisierung der PilR-Bindestelle 20

Die Sensorkinase PilS reagiert auf Kohlenstoffmangel als Umweltstimulus 22

Azoarcus kommuniziert nicht über ein AHL-basiertes Quorum Sensing-System 23

Fazit 29

Literatur

31

Anhang:

Publikationen und zu veröffentlichende Manuskripte

Kapitel 1: Complete genome of the mutualistic, N2-fixing grass endophyte Azoarcus sp. Strain BH72

Kapitel 2: Genombasierte Charakterisierung von Genen, die potentiell an der Biogenese,

Funktion sowie Regulation des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72 beteiligt sind

Kapitel 3: Twitching motility is essential for endophytic rice colonization by the

N2-fixing endophyte Azoarcus sp. strain BH72

Kapitel 4: Regulation of the Type IV Pilin Gene Expression in the Grass Endophyte Azoarcus sp. Strain BH72 is affected by Carbon Starvation and Cell Density

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Zusammenfassung

Azoarcus sp. BH72 ist ein diazotropher Gras-Endophyt, dessen Interaktion mit der

Reispflanze durch den Typ IV-Pilus vermittelt wird. Im Genom von Azoarcus wurden 41 Gene gefunden, die möglicherweise an der Produktion oder Regulation des Typ IV-Pilus beteiligt sind. Der genombasierte Vergleich der Typ IV-Pilusproteine von Azoarcus sp. BH72 und EbN1 spiegelt die phylogenetische Verwandtschaft, vor allem in der hohen Sequenzähnlichkeit von Proteinen mit konservierter Funktion, wider, wozu Genprodukte zählen, die an dem Pilusassembling oder -regulation beteiligt sind. Geringe Sequenzähnlichkeiten wurden dagegen bei den Typ IV-Pilin-ähnlichen Proteinen gefunden, die vermutlich an der Bildung der Pilusbasis beteiligt sind. Die Ausbildung des Typ IV-Pilus wird in Azoacus sp. BH72 durch das pilAB-Operon codiert. Das pilA-Gen codiert für ein ungewöhnliches, bisher einzigartiges Präpilin, was in seiner Länge vergleichbar zu Typ IV-Pilinen von α-Proteobakterien ist, jedoch N-terminal 100% Sequenzübereinstimmung zu Typ IV-Pilinen der β- und γ-Proteobakterien zeigt. Vielleicht korreliert die geringe Sequenzähnlichkeit der vermeintlichen Pilusbasisproteinen mit den Anforderungen bedingt durch das kurze Pilin von Azoarcus. Die genombasierte Sequenzanalyse führte weiterhin zu der Identifizierung des pilT-Gens, welches für ein Pilusretraktions-Protein codiert.

Um genauere Einblicke in die Beteiligung des Typ IV-Pilus an dem Kolonisierungsprozess der Reispflanze durch Azoarcus zu bekommen, wurde das pilT-Gen und das pilA-Gen mittels Mutagenese inaktiviert. Beide Mutanten waren nicht mehr in der Lage, die pilusvermittelte Twitching Motility auszuüben. Die pilT-Mutante zeigte eine verstärkte Pilierung im Vergleich zum Wildtyp. Besiedlungsexperimente bewiesen, dass die pilA-Mutante im Vergleich zur

pilT-Mutante nicht mehr in der Lage war, die Pflanze zu besiedeln. Die pilT-Mutante konnte

allerdings nicht mehr in die Pflanze eindringen, was vermuten lässt, dass die auf der PilT-Retraktion basierende Twitching Motility notwendig ist für die Invasion der Pflanze durch Azoarcus, nicht aber um an den Wirt anzuheften oder die Oberfläche zu besiedeln. Die Regulation der Typ IV-Pilingene pilAB basiert zum einen auf einem Zwei-Komponenten-Regulationssystem, bestehend aus der Sensorkinase PilS, welche durch Kohlenstoffmangel stimuliert werden kann, und dem Responseregulator PilR, der die pilAB-Transkription aktiviert und stromaufwärts des σ54-Promotors bindet. Zum anderen zeigten Reportergenstudien die zelldichteabhängige Regulation des pilAB-Operons. Die

pilS-Deletionsmutante zeigte im Vergleich zum Wildtyp eine deutlich höhere Induktion der pilAB-Genexpression, was für einen inhibitorischen Effekt von PilS spricht. Die Beteiligung

eines AHL-basierten Quorum Sensing-Systems konnte ausgeschlossen werden. Azoarcus benutzt vermutlich ein neuartiges Quorum Sensing-Signalmolekül für die Zell-Zellkommunikation, welches als HSF (hydrophilic signal factor) bezeichnet wurde.

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Einleitung

Aus der Endorhizosphäre verschiedener Reisvarietäten und Kallargras konnte eine Vielzahl neuer stickstofffixierender Bakterienarten isoliert werden (Engelhard et al., 2000). Im Hinblick auf die hohe Diversität und die mangelnde Monophylie wurden die Isolate in die neuen Gattungen Azovibrio, Azonexus, Azospira und Azoarcus eingeteilt (Reinhold-Hurek und Hurek, 2000).

Kallargras ist eine salz- und überflutungstolerante C4-Pflanze (Khan, 1966; Zafar und Malik, 1984), die als Pionierpflanze zur Bodenverbesserung in der pakistanischen Region Punjab eingesetzt wird (Sandhu und Malik, 1975). Das als Büffelfutter verwendete Gras kann mehrmals jährlich geerntet werden, obwohl keine Stickstoffdüngung der Böden erfolgt (Sandhu et al., 1981), was auf den Einfluss der biologischen N2-Fixierung hindeutet. Der endophytisch lebende Diazotrophe Azoarcus sp. BH72 wurde aus der Endorhizosphäre von Kallargras (Leptochloa fusca (L.) Kunth) isoliert (Reinhold et al., 1986; Reinhold-Hurek

et al., 1993b). Es handelt sich dabei, um ein gelb pigmentiertes, bewegliches Stäbchen mit

einem strikt respiratorischen, chemoorganotrophen Stoffwechsel, das die Fähigkeit zur Fixierung von molekularem Stickstoff besitzt. Azoarcus kann neben Ethanol auch einige organische Säuren, wie Malat, und außerdem Aminosäuren als Kohlenstoff- und Energiequelle verwenden (Reinhold-Hurek et al., 1993b).

Bakterien der Gattung Azoarcus spp. kommen in terrestrischen Ökosystemen vor und lassen sich nach Habitat und ökophysiologischen Eigenschaften in zwei Gruppen unterteilen. Die eine Gruppe umfasst die pflanzenassoziierten Arten, wie A. indigens, A. communis, und

Azoarcus sp. BH72, die in Wurzeln oder auf der Wurzeloberfläche von Gramineae

vorkommen (Reinhold-Hurek und Hurek, 1998b). Im Gegensatz dazu wurden alle Isolate, die der Gruppe von A. tolyticus, A. toluvorans, A. toluclasticus, A. evansii oder A. anaerbius zugeordnet sind aus Böden und Sedimenten isoliert (Reinhold-Hurek et al., 2005). Der genombasierte Vergleich von dem Gras-Endophyten Azoarcus sp. BH72 mit dem denitrifiziererenden Bodenbakterium Azoarcus sp. EbN1 zeigt die unterschiedlich ausgerichtete genetische Ausstattung, welche die Ausrichtung auf verschiedene Habitate und Lebensweisen verdeutlicht (Rabus et al., 2005; Krause et al., 2006). Die phylogenetische Distanz zwischen Stamm BH72 und EbN1 von 5-6%, die gänzlich unterschiedlichen Habitate

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sowie die verschiedenen phänotypischen Eigenschaften könnten zu einer künftigen Spaltung der Gattung Azoarcus führen (Reinhold-Hurek et al., 2005).

Azoarcus sp. BH72 ist in der Lage, seine Wirtspflanze Kallargras sowie Reis (Oryza sativa),

systemisch zu infizieren (Hurek et al., 1994; Reinhold-Hurek und Hurek, 1998a) und seinen Wirt mit beträchtlichen Mengen an fixiertem Stickstoff zu versorgen (Hurek et al., 2002). Ausgehend von den Orten der primären Infektion, den Elongationszonen junger Wurzeln sowie den Austrittstellen der Lateralwurzeln (Abb. 1), besiedelt der Endophyt Azoarcus sp. BH72 das Wurzelinnere der Gräser einschließlich Cortex und Zentralzylinder. Die Hauptkolonisierung findet im Wurzelcortex, dem Aerenchym, statt (Hurek et al., 1994). Trotz hoher Besiedlungsdichten sind keine Erkrankungssymptome der Pflanzen zu beobachten. Es wurden lediglich leichte Abwehrreaktionen bei infizierten Reiskeimlingen nachgewiesen (Miché et al., 2006). Der zur endophytischen Stickstofffixierung befähigte Azoarcus exprimiert die Gene für die Nitrogenase in den Wurzeln von Kallargras (Hurek et al., 1997) sowie in Reispflanzen (Reinhold-Hurek und Hurek, 1998b; Egener et al., 1999).

Bisher ist nur sehr wenig über den Mechanismus bekannt, der zur Etablierung von endophytischen Bakterien in Gräsern führt. Die vollständige Genomsequenz von Azoarcus sp. BH72 kann daher dazu beitragen, die Lebensweise von Endophyten besser zu verstehen.

Abb. 1: Besiedlung der Austrittstellen von Lateralwurzeln durch Azoarcus sp. BH72 in

gnotobiotischer Kultur. Der Reiskeimling wurde nach der Inokulation für 13 Tage inkubiert. Anschließend wurden die Wurzeln mit dem LIVE/DEAD® BacLight™ Bacterial Viability Kit (Molecular Probes, Leiden, Niederlande) angefärbt und bakterielle Mikrokolonien mittels Fluoreszenzmikroskopie nachgewiesen. Der Balken entspricht einer Größe von 10 µm (Bild: Dr. T. Hurek).

(11)

Für die Besiedlung von Reis und Kallargras durch Azoarcus sp. BH72 ist die Überwindung, der zum großen Teil aus Cellulose bestehenden, pflanzlichen Zellwände Voraussetzung.

Azoarcus produziert eine Endoglucanase, die die internen β-1,4-glycosidischen Bindungen hydrolysiert, und eine unspezifische Exoglucanase, die eine β-Glucosidase- und Cellobiohydrolase-Aktivität sowie Affinität zu Xylanen aufweist (Reinhold-Hurek et al., 1993a). Die beim Abbau von Cellulose entstehende Glucose kann von Azoarcus nicht als Kohlenstoff- oder Energiequelle verwendet werden, was vermuten lässt, dass die Funktion der Cellulasen auf die Pflanzeninfektion beschränkt ist. In neueren Studien konnte gezeigt werden, dass die Inaktivierung des Endoglucanase-Gens, eglA, in Azoarcus zum Verlust der systemischen Ausbreitung innerhalb der Pflanze und zur Verringerung der intrazellularen Besiedlung von Zellen der Wurzelepidermis führte (Reinhold-Hurek et al., 2006).

Die Fähigkeit zur Interaktion mit der Reispflanze ist ein kritischer Schritt in der Kolonisierung durch Azoarcus sp. BH72 (Dörr et al., 1998). Die erfolgreiche Infektion mit der nachfolgenden Besiedlung ist abhängig von der Fähigkeit der Bakterien, sich an die Wirtsoberfläche anzuheften. Viele Bakterien nutzen für diese Interaktion Typ Pili. Typ IV-Pili sind flexible dünne Filamente mit einem ungefähren Durchmesser von 6 nm und bis zu einigen µm Länge, die aus mehreren tausend Untereinheiten eines einzigen Proteins, dem Pilin, aufgebaut sind, welches aus ca. 150 Aminosäureresten (AS) besteht (Strom und Lory, 1993). Posttranslationale Modifikationen von Pilin-Untereinheiten in Form von Glykosylierungen und/oder Phosphorylierungen konnten für verschiedene Bakterien gezeigt werden (Burrows, 2005). Obgleich Typ IV-Pili filigrane Strukturen sind, können sie dennoch Kräften über 100 pN standhalten (Maier et al., 2002).

Es gibt zwei Subklassen von Typ IV-Pilinen. Die Subklasse A besitzt ein kurzes, positiv geladenes N-terminales Leaderpeptid (5-6 Aminosäurereste). Die Vorstufe, das Präpilin, wird durch eine Leaderpeptidase gespalten und somit in die aktive Form überführt. Am N-Terminus des prozessierten Pilins findet eine Methylierung der Aminosäure Phenylalanin statt. Weiterhin werden die Typ IV-Pilingene der Subklasse A von einem σ54-abhängigen Promotor aus transkribiert. Für die Piline der Subklasse B hingegen ist ein σ70-abhängiger Promotor charakteristisch. Diese Subklasse verfügt über ein 15-30 Aminosäuren langes basisches Leaderpeptid und wird am N-terminalen Methionin, Leucin oder Valin methyliert (Strom und Lory, 1993; Craig et al., 2004). Der Typ IV-Pilus ist eine spiralförmige Faser mit einer dreilagigen Struktur von α-Helices umrandet von β-Faltblättern (Parge et al., 1995). Die hydrophobe N-terminale Region ist zur Innenseite hin orientiert. Der C-Terminus ist bis auf

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zwei konservierte Cysteine hochvariabel und im zusammengelagerten Pilus zur Außenseite exponiert (Forest und Tainer, 1997).

Eine große Anzahl an Genen kontrolliert die Biogenese und Funktion des Pilus. In

Pseudomonas aeruginosa sind daran ca. 40 Gene beteiligt (Mattick, 2002). In neueren

Untersuchungen wurden weitere wichtige Gene identifiziert: das Genprodukt von fimX ist zum Beispiel für die pilusabhängige Twitching Motility erforderlich (Huang et al., 2003),

fimL ist in die Biogenese und Funktion des Typ IV-Pilus sowie in die Typ III-Sekretion und

Biofilm-Formation involviert (Whitchurch et al., 2005).

Die multifunktionalen Typ IV-Pili sind in Gram-negativen Bakterien weit verbreitet. In pathogenen Organismen fungieren sie als Virulenzfaktoren, aber auch in Umweltbakterien wie Myxococcus, Synechoystis, Aquifex und Shewanella kommen sie vor (Burrows, 2005). Typ IV-Pili vermitteln die Anheftung von pathogenen Bakterien an Wirtsoberflächen, wie in den Tier- und Humanpathogenen Pseudomonas aeruginosa, Neisseria meningitidis, Neisseria

gonorrhoeae und Moraxella bovis (Strom und Lory, 1993; Hahn, 1997). Zudem können

weitere Funktionen für den Typ IV-Pilus beschrieben werden, wie die Adsorption von Bakteriophagen (Bradley, 1974), Biofilm-Formation (O`Toole und Kolter, 1998), Transformations-Kompetenz (Fussenegger et al., 1997) und der Einfluss von Pili in der Modulation der Zielzell-Spezifität (Jonsson et al., 1994) sowie die Fähigkeit der DNA-Bindung (van Schaik et al., 2005). Für Myxococcus xanthus wurde 1995 das Soziale Gleiten beschrieben, bei dem Bakterien mit Hilfe des Typ IV-Pilus gemeinsam über feste Oberflächen gleiten und sich zu einem Fruchtkörper formieren können (Wu und Kaiser, 1995). Außerdem vermittelt der Typ IV-Pilus eine flagellenunabhängige Form der Bewegung, die Twitching Motility (Bradley, 1980; Burrows, 2005).

Twitching Motility ist eine Bewegungsform, die sich durch kurze, periodisch auftretende Bewegungen beschreiben lässt. Die Antriebskraft für die Twitching Motility ist die Retraktion des Pilus (Bradley, 1980; Skerker und Berg, 2001), welche über das Filament-Disassembling entsteht, welches durch das Nukleotid-Bindeprotein PilT vermittelt wird (Herdendorf et al., 2002; Merz et al., 2000; Wolfgang et al., 2000; Nudleman und Kaiser, 2004). Mutationen in dem pilT-Gen führen zu einem charakteristischen Phänotyp: Zellen sind nicht mehr in der Lage, sich durch Twitching fortzubewegen und weisen eine Hyperpilierung auf (Whitchurch

et al., 1991; Pujol et al., 1999; Wolfgang et al., 1998; Wu et al., 1997; Bhaya et al., 2000).

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Oberflächen benutzt (Burrows, 2005). Der Pflanzenpathogene Xylella fastidiosa ist fähig, sich mittels pilusvermittelter Twitching Motility gegen die Richtung des Transpirationsflusses im pflanzlichen Vaskularsystem fortzubewegen (Meng et al., 2005).

Typ IV-Pili lassen sich bei wichtigen Phytopathogenen, wie zum Beispiel Ralstonia

solanacearum (Liu et al., 2001), Pseudomonas syringae pv. tomato DC3000 (Roine et al.,

1998), Pseudomonas putida (de Groot et al., 1994) und in Xanthomonas campestris (van Doorn et al., 1994; Ojanen-Reuhs et al., 1997) finden. Durch die zunehmende Anzahl von Veröffentlichungen bakterieller Genome konnten auch Gene, die für das Typ IV-Pilin codieren, in vielen symbiotisch lebenden Bakterien, wie zum Beispiel Sinorhizobium meliloti 1021 (Capela et al., 2001) und Rhizobium sp. NGR234 (Streit et al., 2004) identifiziert werden.

Die Ausbildung des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72 (Abb. 2) ist abhängig von dem

pilAB-Operon, wie Komplementationsstudien gezeigt haben. Das pilA-Gen codiert für ein

ungewöhnlich kurzes Präpilin mit nur 59 Aminosäureresten. PilA hat ein kurzes positiv geladenes Leaderpeptid und einen N-Terminus, der 100% Sequenzübereinstimmungen zu dem hochkonservierten N-Terminus der Subklasse A zeigt, und wird zusammen mit pilB von einem σ54-abhängigen Promotor aus transkribiert (Dörr, 1998; Dörr et al., 1998). Das PilB-Protein zeigt nur geringe bis keine Sequenzähnlichkeiten zu Proteinen mit bekannter Funktion. Geringe Sequenzübereinstimmungen wies PilB zu dem bekannten FimF-Protein aus

Escherichia coli auf (Dörr et al., 1998), das eine Komponente des Typ I-Pilus darstellt (Jones et al., 1995; Hahn et al., 2002). Für das 142 AS lange PilB konnte in

immunfluoreszenzmikroskopischen Aufnahmen eine Lokalisation auf der Zelloberfläche von

Azoarcus und in Bereichen zwischen den Bakterienzellen gezeigt werden, was

möglicherweise für eine Beteiligung von PilB an dem Pilus-Biogeneseapparat spricht oder dafür, dass PilB Bestandteil der Pilusstruktur selbst ist (Dörr et al., 1998). Die Mikrokoloniebildung auf Reiswurzeln und die Anheftung an Pilzmyzel kann nur durch den Typ IV-Pilus vermittelt werden, wenn beide Gene vorhanden sind. Hingegen ist für die Wiederherstellung der Sekretion von Cellulasen nur die Komplementation von pilA essentiell (Dörr, 1998; Dörr et al., 1998). Die Rolle von Pilinproteinen als Komponenten der Proteinsekretion von Exoenzymen konnte unter anderem für das humanpathogene Bakterium

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Abb. 2: Typ IV-Pilusstruktur in Azoarcus sp. BH72. Die transmissionselektronenmikroskopische

Aufnahme einer Azoarcus Zelle zeigt Pilus und Flagelle. Der Pilus ist mit einem Pfeil markiert. Der Balken entspricht einer Größe von 0,2 µm (Bild aus Dörr et al., 1998).

In Pseudomonas aeruginosa bilden PilR und PilS ein klassisches RpoN-abhängiges Zwei-Komponenten-System, welches für die transkriptionelle Regulation des Pilingens, pilA, erforderlich ist (Hobbs et al., 1993). Bakterien haben diese Zwei-Komponenten-Regulationssysteme, um auf Veränderungen in der Umwelt reagieren zu können. In Folge eines Umweltsignals wird eine Sensorkinase an einem konservierten Histidinrest autophosphoryliert, die Phosphatgruppe im Anschluss auf einen konservierten Aspartatrest des korrespondierenden Responseregulators übertragen, worauf dieser in der Regel an eine Sequenz, stromaufwärts vom Zielpromotor bindet. Bedingt durch die Bindung des Regulatorproteins an die DNA, bildet die DNA eine Schleife, so dass das Regulatorprotein mit dem Sigmafaktor des Promotors inteagieren kann und somit die Aktivierung der Transkription der Zielgene bewirkt (Hoch und Silhavy, 1995).

Das pilS-Gen in Pseudomonas aeruginosa codiert für eine Sensorkinase, die membranständig an den Polen der bakteriellen Zelle lokalisiert ist (Boyd, 2000). Der Stimulus, auf den die Sensorkinase PilS reagiert, ist unbekannt (Ethier und Boyd, 2000). Der korrespondierende Transkriptionsaktivator PilR erkennt ein Bindungsmotiv, welches aus vier Bindestellen besteht, von denen drei aufeinanderfolgend das Motiv 5` N(4-6) C/GTGTC3` aufweisen. Jede einzelne dieser vier Bindestellen ist notwendig für die PilS/PilR-vermittelte Pilin-Genexpression (Jin et al., 1994). Das PilR-Bindemotiv aus Pseudomonas aeruginosa weist Ähnlichkeiten zu der DNA-Erkennungssequenz des transkriptionellen Aktivators der Nitrogenase-Strukturgene, NifA (5`TGT-N11-ACA3`), aus Klebsiella pneumoniae auf (Merrick, 1992; Jin et al., 1994). In dem fruchtkörperbildenden Bakterium Myxococcus

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xanthus ist PilR für die pilA-Genexpression erforderlich, nicht aber die Sensorkinase PilS, die

reprimierend auf die Typ IV-Pilin-Genexpression wirkt (Wu und Kaiser, 1997).

Zur Regulation der Typ IV-Pilin-Genexpression in Azoarcus sp. BH72 ist die Involvierung eines Zwei-Komponenten-Regulationssystems bekannt, dessen Komponenten auf Proteinebene eindeutige Homologien zu Sensorkinasen und Transkriptionsaktivatoren bakterieller Zwei-Komponenten-Regulationssysteme aufweisen (Dörr, 1998). PilS zeigt alle notwendigen Signaturdomänen einer Sensorkinase einschließlich des konservierten Histidinrestes, welcher der Autophosphorylierung dient. Wahrscheinlich ist es, wie andere PilS-Proteine über sechs Transmembranhelices in der Cytoplasmamembran verankert. PilR weist typische Motive eines Transkriptionsaktivators auf: die Responseregulator-Empfänger-Domäne, die ATP-Bindedomäne sowie das für die Interaktion mit der DNA nötige Helix-turn-Helix-Motiv (Dörr, 1998). Die Inaktivierung von PilR in Azoarcus sp. BH72 durch Markeraustauschmutagenese führte zu einer ca. zwanzigfachen Abnahme des Expressionslevels des pilAB-Operons, was PilR als Transkriptionsaktivator der Typ IV-Pilingene bestätigte (Dörr, unveröffentlicht). Reportergenfusionsanalysen mit den Typ IV-Pilingenen zeigten, dass Sequenzdeletionen stromaufwärts des σ54-abhängigen Promotors zu einer drastischen Abnahme des Transkriptionslevels führen (Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Dies legt die Vermutung nahe, dass das Bindemotiv des Pilingen-Transkriptionsaktivators in Azoarcus sp. BH72 innerhalb der deletierten Sequenz liegt, in deren Bereich eine potentielle NifA-Bindestelle identifiziert wurde (Dörr et al., 1998). Es konnte bereits ein Umweltstimulus identifiziert werden, über den die Typ IV-Pilin-Genexpression in Azoarcus über das Zwei-Komponenten-Regulationssystem PilSR reguliert wird. Allerdings gab es auch Hinweise, die außerdem für eine Regulation der Typ IV-Pilingene über Quorum Sensing sprechen (Plessl, 2001; Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung).

Der als Quorum Sensing bezeichnete Prozess befähigt bakterielle Populationen zur Kommunikation untereinander sowie zur kollektiven Reaktion auf Veränderungen in den Umweltbedingungen. Viele Bakterien produzieren chemische Signalmoleküle (Autoinducer) und setzen sie danach frei, um ihre Populationsdichte zu detektieren und eine große Anzahl an physiologischen Prozessen zu regulieren. Diese Regulierungsweise wurde zum Beispiel bei folgenden Vorgängen gefunden: Symbiose, Virulenz, Kompetenz, Konjugation, Antibiotika-Produktion, Sporulation, Bewegung sowie Biofilm-Formation (Miller und Bassler, 2001). Im

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Allgemeinen benutzen Gram-negative Bakterien Quorum Sensing-Systeme, die auf membranpermeablen N-Acyl-L-Homoserinlactonen (AHLs) beruhen, während Gram-positive lineare oder zyklische Oligopeptide als Autoinducer verwenden (Whitehead et al., 2001; Sturme et al., 2002). Die Synthese der AHLs erfolgt durch AHL-Synthetasen, welche in zwei Klassen unterteilt werden: die LuxI- und die AinS-Homologen (Fuqua und Greenberg, 2002). Parallel zur Zunahme der Zelldichte steigt die Autoinducer-Konzentration an, und ein LuxR-Homolog, das als Transkriptionsregulator fungiert, detektiert das Signal und kontrolliert die Expression der Quorum Sensing regulierten Gene (Fuqua und Greenberg, 1998). In Gram-positiven Bakterien werden Zwei-Komponenten-Regulationssysteme verwendet, um den Autoinducer zu detektieren und das Signal bis zum Genexpressionslevel weiterzuleiten. Zur Sekretion der peptidbasierten Signalmoleküle werden ABC-Transporter (ATP-binding cassette transporter) benötigt, welche die Vorläufer-Peptide prozessieren (Sturme et al., 2002). In dem Humanpathogenen Pseudomonas aeruginosa basiert Quorum Sensing auf zwei AHL-Systemen, LasR-LasI und RhlR-RhlI, welche eine große Anzahl an Genexpressionen regulieren (Fuqua und Greenberg, 2002). Außerdem weist Pseudomonas noch ein weiteres chemisches Signal auf, das PQS (3,4-Hydroxy-2-Heptylquinolone) (Pesci et al., 1999), welches für die Produktion von rhl-abhängigen Exoprodukten, wie zum Beispiel Pyocyanin, am Beginn der stationären Phase verantwortlich ist (Diggle et al., 2003).

In dem marinen Bakterium Vibrio harveyii wurde erstmalig ein Autoinducer identifiziert, der eine Zell-Zellkommunikation zwischen bakteriellen Arten erlaubt. Diese Kommunikation zwischen verschiedenen Arten wird durch ein furanonbasiertes Quorum Sensing-Signal (Autoinducer-2) vermittelt (Chen et al., 2002) und tritt in beiden bakteriellen Gruppen gleichermaßen auf (Federle und Bassler, 2003). Die Synthese des Autoinducers-2 (AI-2) ist abhängig von dem LuxS-Enzym (Surette et al., 1999). In dem enterohämorrhagischen

Escherichia coli (EHEC) wurde neben dem AI-2 ein weiteres Quorum Sensing-Signal, der

Autoinducer-3, identifiziert, dessen Struktur noch nicht aufgeklärt ist (Sperandio et al., 2003).

AHLs sind als Quorum Sensing-Signale in pflanzenassoziierten Bakterien weit verbreitet (Schripsema et al., 1996; Cha et al., 1998; Rosemeyer et al., 1998; Thorne und Wiliams, 1999; Elasri et al., 2001). Nur für die pflanzenpathogenen Bakterien Ralstonia solanacearum (3-OH PAME) (Flavier et al., 1997) und Xanthomonas campestris (DSF; diffusible signal factor) (Barber et al., 1997; Wang et al., 2004), sowie für den Pflanzensymbionten

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Bradyrhizobium japonicum (Bradyoxetin) (Loh et al., 2002) wurden bisher andere

Signalmoleküle neben AHLs beschrieben.

Der Typ IV-Pilus spielt eine Schlüsselrolle in der endophytischen Lebensweise von Azoarcus. Daher stellte sich die Aufgabe, die Regulation und Funktion des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72 genauer zu untersuchen. Die Biogenese und Funktion des Pilus wird von einer großen Anzahl an Genen kontrolliert. Im Rahmen des Genomprojekts von Azoarcus sp. BH72 wurden die relevanten Gene, die potentiell an der Biogenese und Funktion des Typ IV-Pilus beteiligt sind, charakterisiert und im Vergleich mit anderen bakteriellen Genomen betrachtet (Kapitel 1,2).

Da die pilusvermittelte Twitching Motility von vielen Bakterien für die Besiedlung von Wirtsoberflächen benutzt wird, war die Untersuchung, ob Twitching Motility an der Etablierung der endophytischen Kolonisierung beteiligt ist und in welchen Phasen der Besiedlung Ziel dieser Arbeit (Kapitel 3). Hierfür wurde das pilT-Gen im Zuge des Azoarcus Genomprojekts, welches für das konservierte Pilusretraktions-Protein PilT codiert, identifiziert und mittels Insertionsmutagenese inaktiviert. Die pilT-Mutante wurde phänotypisch charakterisiert (Krause et al., 2006; Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert).

Ein weiterer Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Aufklärung der zugrundeliegenden regulatorischen Mechansimen, welche in die Typ IV-Pilin-Genexpression involviert sind. Zum einen sollten die DNA-Bindemotive für den Transkriptionsaktivator PilR charakterisiert werden. Zum anderen sollten nähere Untersuchungen mittels Reportergenfusionen und Northern-Blot-Analysen zu den möglichen Umweltstimuli, wie Kohlenstoffmangel, unternommen werden, welche durch die Sensorkinase PilS Einfluss auf die pilAB-Genexpression haben. Der Nachweis der zelldichteabhängigen Regulation der Typ IV-Pilingene führte unweigerlich zu den Fragestellungen, welches Quorum Sensing-System

Azoarcus als Gras-Endophyt für die Zell-Zellkommunikation benutzt und welche Struktur das

vermittelnde Signalmolekül der Autoinducer hat. Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden biochemische sowie genombasierte Untersuchungen angewandt, um Hinweise auf die Identität des unbekannten Quorum Sensing-Signals zu erhalten (Kapitel 4).

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Ergebnisse und Diskussion

Reis gehört zu der Familie der Gramineae, welche keine speziellen symbiotischen Strukturen mit stickstofffixierenden Mikroorganismen ausbildet, wie es von den Fabaceae-Rhizobien-Interaktionen bekannt ist (Reinhold-Hurek und Hurek, 1998b). Der Gras-Endophyt Azoarcus sp. BH72 ist in der Lage, seine Wirtspflanze mit beträchtlichen Mengen an Stickstoff zu versorgen (Hurek et al., 2002). Endophytisch lebende Bakterien besiedeln das Pflanzeninnere ohne den Wirt dabei zu beschädigen (Quispel, 1992). Obgleich diese in der Pflanze inter- und intrazellular vorkommen, können sie weder den Pathogenen noch den Endosymbionten zugeordnet werden (Reinhold-Hurek und Hurek, 1998b).

Weitere Erkenntnisse zu der Lebensweise von Azoarcus und dessen Interaktion mit der Reispflanze könnten Grundlagen für biotechnologische Anwendungen darstellen, um künstliche Düngung von Kulturpflanzen, wie Reis, überflüssig zu machen (Hurek und Reinhold-Hurek, 2003). Die Interaktion des endophytisch lebenden, diazotrophen Bakteriums

Azoarcus sp. BH72 mit der Pflanze ist abhängig von Typ IV-Pili (Dörr et al., 1998). Es ist

bisher wenig bekannt über die Mechanismen der aktiven Pflanzenbesiedlung durch endophytische Bakterien, und Azoarcus ist bisher der einzige Gras-Endophyt, für den die aktive Kolonisierung der Pflanze mittels Typ IV-Pili beschrieben wurde. Daher beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der weiteren Aufklärung der Biogenese, Funktion und Regulation des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72.

Hierzu wurden genombasierte Vergleiche zwischen den Genprodukten der Typ IV-Pilus-Maschinerie von Azoarcus mit anderen Organismen vorgenommen. Des Weiteren wurde die Rolle der pilusabhängigen Twitching Motility in dem aktiven Besiedlungsprozess durch

Azoarcus näher untersucht, und ein dritter Schwerpunkt der Arbeit wurde auf die Aufklärung

der Mechanismen gelegt, die in die Regulation der Typ IV-Pilingene involviert sind.

Genombasierte Analyse von Genen, die potentiell an der Biogenese, Funktion sowie Regulation des Typ IV-Pilus in Azoarcus sp. BH72 beteiligt sind

Die Biogenese des intakten Typ IV-Pilus und seine Funktion erfordern die Produkte einer großen Anzahl von Genen. In dem Humanpathogenen Pseudomonas aeruginosa sind mit den kürzlich identifizierten fimX und fimL ca. 41 Gene bekannt, die an der Typ IV-Pilus-Maschinerie beteiligt sind (Mattick, 2002; Huang et al., 2003; Whitchurch et al., 2005). Im Genom von Azoarcus sp. BH72 konnten 41 Gene gefunden werden, deren Produkte potentiell

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in die Pilusproduktion und -funktion sowie -regulation involviert sind (Krause et al., 2006). Die Genomanalyse des nahe verwandten, nicht pflanzenassoziierten Bodenbakteriums

Azoarucs sp. EbN1 ergab nur 30 potentiell involierte Gene (Rabus et al., 2005). Azoarcus sp.

BH72 und Azoarcus sp. EbN1 sind Vertreter zweier Hauptgruppen innerhalb der Gattung

Azoarcus spp., die aufgrund ihrer Lebensweise in unterschiedlichen Habitaten völlig

verschiedenen ökophysiologischen Bedingungen ausgesetzt sind. Die phylogenetische Verwandtschaft der beiden Bakterienarten spiegelt sich vorwiegend in den Sequenzähnlichkeiten von Proteinen mit konservierter Funktion wider, wozu Genprodukte zählen, die in dem Assembling oder auch in der Regulation von Typ IV-Pili eine Rolle spielen (Krause et al., 2006).

Im Sequenzvergleich zwischen vorhergesagten Proteinen der Typ IV-Pilus-Maschinerie aus

Azoarcus und denen anderer Bakterien wurden die höchsten Sequenzähnlichkeiten zu den

Proteinen der β-Proteobakterien Azoarcus sp. EbN1 (Rabus et al., 2005), Ralstonia

solanacearum (Salanoubat et al., 2002) , Nitrosomonas europaea (Chain et al., 2003) und

Chromobacterium violaceum (Vasconcelos et al., 2003) sowie der γ-Proteobakterien

Xanthomonas axonopodis pv. citri (da Silva et al., 2002), Xylella fastidiosa (Simpson et al.,

2000) und Pseudomonas aeruginosa (Stover et al., 2000) gefunden. Lediglich das ammoniakoxidierende Bakterium Nitrosomonas europaea und Azoarcus sp. EbN1 gehören nicht zu den wirtsassoziierten Bakterienarten. Stamm EbN1 zeigt mit über 50% die höchste Sequenzübereinstimmung zu den Proteinen aus Azoarcus sp. BH72. Pseudomonas aeruginosa und Ralstonia solanacearum folgen mit jeweils 30% Sequenzähnlichkeit.

Geringe bis keine Sequenzähnlichkeit wiesen die Proteine aus Azoarcus sp. BH72 zu Proteinen aus Azoarcus sp. EbN1 und P. aeruginosa auf, die zu den pilinähnlichen Proteinen (PilV, PilX, PilW, PilE, FimT) zählten (Russel und Darzins, 1994; Alm und Mattick, 1995; Alm et al., 1996; Alm und Mattick, 1996). In Pseudomonas wurden PilV, PilW und PilX ausschließlich in der Zellmembranfraktion gefunden, was möglicherweise ein Hinweis ist, dass diese Proteine am Aufbau der Pilusbasis, vergleichbar mit den Pseudopilus-Strukturen, die an der Typ II-Proteinsekretion, beteiligt sind (Hobbs und Mattick, 1993; Mattick und Alm, 1995; Mattick, 2002). Die kurze Pilin-Untereinheit in Azoarcus sp. BH72 könnte womöglich der Grund für die geringen Sequenzähnlichkeiten zu anderen Pilusbasisproteinen sein. Der Aufbau aus einem nur 59 Aminosäurenresten langem Pilin erfordert vermutlich eine ganz andere Basis als die, die für die weit verbreiteten Piline mit einer Länge von 150 Aminosäurenresten erforderlich ist. Pflanzenassoziierte α-Proteobakterien wie

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Sinorhizobium meliloti (Capela et al., 2001), Mesorhizobium loti (Kaneko et al., 2000), Bradyrhizobium japonicum (Kaneko et al., 2002) sowie Agrobacterium tumefaciens (Wood et al., 2001) oder das apathogene α-Purpurbakterium Caulobacter crescentus (Skerker und Shapiro, 2000) weisen ebenso kurze Typ IV-Präpilinuntereinheiten auf wie Azoarcus (Dörr

et al., 1998). In den Genomsequenzen dieser α-Proteobakterien konnten fast ausschließlich keine Proteine gefunden werden, die Sequenzähnlichkeiten zu den pilinähnlichen Proteinen PilV, PilX und PilW aus P. aeruginosa aufzeigten. Nur im Genom von B. japonicum konnte ein putatives pilV-Gen identifiziert werden (Kaneko et al., 2002). Die oben beschriebenen kurzen Präpiline der α-Proteobakterien sind vielmehr Teil eines Pilus-Assembling-Systems, welches Ähnlichkeiten zu dem neuen Pilus-Assembling-System (cpaA-cpaF) von

Caulobacter crescentus und zu dem verwandten Flp-Pilussystem von Actinobacillus actinomycetemcomitans aufweist (Inoue et al., 1998; Skerker und Shapiro, 2000; Kachlany et al., 2001; Streit et al., 2004).

Interessanterweise verdeutlicht ein Alignment der Typ IV-Pilinsequenzen, dass sich PilA aus dem β-Proteobakterium Azoarcus sp. BH72 deutlich von den Pilinen anderer Bakterien unterscheidet. Der N-Terminus von PilA zeigt hingegen hohe Sequenzähnlichkeit zu den Präpilinen von Pseudomonas aeruginosa und Neisseria gonorrhoeae (Dörr et al., 1998).

Azoarcus ist der einzige bekannte Vertreter der β-Proteobakterien, der ein kurzes PilA-Protein als Präpilin benutzt. Der eindeutige Sequenzunterschied zwischen der α-Typ IV-Pilinen zu den β- und γ-Typ IV-Pilinen spiegelt auch die phylogenetische Distanz zwischen α- und β-Proteobakterien wider. Dies könnte somit ein Hinweis auf die früh voneinander getrennte Entwicklung der Typ IV-Pilussysteme sein.

Die Ausbildung des Typ IV-Pilus ist in Azoarcus sp. BH72 abhängig von dem pilAB-Operon (Dörr et al., 1998). Die Funktion des PilB-Proteins konnte noch nicht geklärt werden. PilB zeigt nur sehr geringe Sequenzähnlichkeit zu dem FimF-Protein aus Escherichia coli und keinerlei Sequenzübereinstimmungen zu Proteinen, welche von anderen Typ IV-Pilus-Biogeneseapparaten bekannt sind (Dörr et al., 1998). Das FimF ist eine Komponente des Typ I-Pilus (Jones et al., 1995; Hahn et al., 2002). Untersuchungen von Dörr et al. (1998) zeigten, dass PilB außerhalb der Zelle vorliegt und dass es für die Pilierung und Interaktion von Azoarcus mit der Reispflanze sowie mit dem Rhizosphärenpilz Acremonium alternatum obligatorisch ist. Dies legt die Hypothese nahe, dass PilB einen Teil des Assemblingkomplexes oder einen Bestandteil des Pilus selbst darstellt (Dörr et al., 1998) und so womöglich die kurze Pilin-Untereinheit kompensiert. Es wurde zudem kein Genortholog

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zu pilB aus Azoarcus sp. BH72 bei den α-Proteobakterien gefunden, was die Schlussfolgerung zulässt, dass PilB möglicherweise eine Schlüsselrolle in der Struktur des

Azoarcus Typ IV-Pilus einnimmt. Dennoch, ist solch ein Pilus-Assembling ungewöhnlich, da

die Typ IV-Pili typischerweise nur aus einer strukturellen Pilin-Untereinheit (PilA) bestehen.

Typ IV-Pili sind in der Lage an viele verschiedene Oberflächen zu binden und somit Interaktionen herzustellen, die unter anderem zu einer Kolonisierung von Wirtsoberflächen führen können (Strom und Lory, 1993; Merz und So, 2000). Die Anheftung an inerte Oberflächen ist relativ unspezifisch (Skerker und Berg, 2001), während die Anheftung an Zelloberflächen durch die Struktur des Pilus und/oder durch die Präsenz einer an der Pilusspitze exponierten Bindestelle oder eines Adhesins hingegen sehr spezifisch sein kann (Hahn, 1997). Die Gene pilY1A und pilY1B zeigten auf Proteinebene geringe Ähnlichkeiten zu dem gut untersuchten pilusassoziierten Adhesin PilY1 von P. aeruginosa. Eine höhere Sequenzübereinstimmung wurde jedoch im Vergleich zu Proteinen aus den pflanzenassoziierten Bakterien Ralstonia solanacearum (31%) und Xylella fastidiosa (39%) gefunden (Krause et al., 2006), was durch den unterschiedlichen Wirt (Pflanze bzw. Tier/Mensch) naheliegend erscheint. Stamm BH72 ist in der Lage, seine ursprüngliche Wirtspflanze Kallargras, aber auch Reis, systemisch zu infizieren (Hurek et al., 1994; Reinhold-Hurek und Hurek, 1998a). Es ist bis heute allerdings wenig über den Prozess der Gräser-Bakterien-Interaktion bekannt. Im Gegensatz zu der sehr spezifischen Fabaceae-Rhizobien-Interaktion, konnten keine strukturellen Veränderungen an der Wirtspflanze beobachtet werden (Reinhold-Hurek und Hurek, 1998b), was möglicherweise ein Hinweis auf einen grundsätzlich unspezifischeren Mechanismus ist. Reis besitzt zwar orthologe Gene, die für Komponenten der Fabaceae-Rhizobien-Symbiose-Signalkaskade codieren, dies liegt jedoch in der Tatsache begründet, dass Reis mit Mykorrhiza-Pilzen eine Symbiose eingehen kann und ein Teil der erforderlichen Signalkaskade mit jener der Fabaceae-Rhizobien-Symbiose übereinstimmt (Zhu et al., 2006). Ein weiterer Punkt, der für einen weniger spezifischen Mechanismus sprechen würde ist, dass Azoarcus über den Typ IV-Pilus nicht nur in Interaktion mit der Reispflanze treten kann, sondern sich auch an das Pilzmyzel anheften kann (Dörr et al., 1998).

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PilT-vermittelte Twitching Motility ist essentiell für die endophytische Lebensweise von

Azoarcus sp. BH72

Die spezielle Typ IV-Pilus-vermittelte Twitching Motility kommt im Rahmen von Kolonisierungen von Wirtsoberflächen immer größere Bedeutung zu (Mattick, 2002). Diese flagellenunabhängige Bewegungsform ist unter anderem dafür verantwortlich, dass der Pflanzenpathogene Xylella fastidiosa sich gegen die Richtung des Transpirationsflusses im pflanzlichen Vaskularsystem fortbewegen kann (Meng et al., 2005). Für Azoarcus sp. BH72 konnte in früheren Studien gezeigt werden, dass er in der Lage ist, sich mittels Twitching Motility über feste Oberflächen fortzubewegen (Plessl, 2001).

Um die Rolle des Typ IV-Pilus in der Interaktion von Azoarcus sp. BH72 mit der Reispflanze (Dörr et al., 1998) näher zu charakterisieren, wurde untersucht, ob Twitching Motility in die Besiedlung der Reispflanze durch Azoarcus involviert ist. Die Twitching Motility basiert auf der Retraktion des Typ IV-Pilus, die durch das Motorprotein PilT vermittelt wird (Bradley, 1980; Whitchurch et al., 1991; Merz et al., 2000; Sun et al., 2000; Skerker und Berg, 2001). PilT zeigt Homologien zu dem Pilusassembling-Protein PilB (bei Azoarcus sp. BH72 als PilB2 bezeichnet), ist aber einzigartig für den Typ IV-Pilus (Mattick, 2002). PilB und PilT liefern als ATPasen die Energie, die für das Assembling und Disassembling der Pilin-Untereinheiten nötig ist (Merz und Forest, 2002; Nudleman und Kaiser, 2004).

In der Genomsequenz von Azoarcus sp. BH72 wurde ein für das Twitching Motility-Protein PilT codierendes Gen identifiziert, welches mit 77% zu PilT aus P. aeruginosa und mit 91% zu PilT aus Stamm EbN1 sehr hohe Sequenzähnlichkeiten zeigt (Krause et al., 2006). Um die Bedeutung der Twitching Motility bei der Interaktion von Azoarcus mit der Reispflanze zu untersuchen, wurde eine pilT-Insertionsmutante konstruiert. Im Twitching-Assay wiesen die Kolonien der pilT-Mutante sowie der pilusdefizienten pilA-Deletionsmutante im Vergleich zum Wildtyp keine charakteristischen Twitching-Zonen auf (Abb. 3). Es konnte gezeigt werden, dass der Verlust der PilT-ATPase in einer Mutante mit offenbar nicht-retraktilen Pili resultiert (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert).

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Abb. 3: Twitching Motility-Assay von Azoarcus sp. BH72. Aufnahme einer einzelnen Kolonie, die

unter feuchten Bedingungen gewachsen ist. Die sogenannte Twitching-Zone beginnt am Kolonierand und zeichnet sich durch einen ausgefransten und unregelmäßigen Rand aus. Der Balken entspricht einer Größe von 1 mm (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert).

Der beschriebene Phänotyp beruht bei Pseudomonas aeruginosa auf der Unfähigkeit, die Pilin-Untereinheiten durch Disassembling aus dem Pilus zu entfernen, was zu einer hyperpilierten Variante führt (Whitchurch und Mattick, 1994). Um festzustellen, ob die Deletion des pilT-Gens in Azoarcus ebenfalls zu einer Hyperpilierung führt, wurden Western-Blot-Analysen von Gesamtzellextrakten und Pilipräparationen unter Verwendung von Antikörpern gegen die putativen strukturellen Komponenten des Typ IV-Pilus PilA und PilB durchgeführt. Im Vergleich zum Wildtyp wurde bei der Mutante ein stärkeres Signal von PilA und PilB festgestellt. Das Ergebnis, dass sowohl PilA als auch PilB in der Piluspräparation detektiert wurden, unterstützt die These, dass beide Proteine strukturelle Komponenten des Typ IV-Pilus von Azoarcus sp. BH72 sind. Interessanterweise war das PilA-Protein in der Piluspräparation der Wildtyp-Zellen nicht detektierbar. Der Anti-PilA Antikörper ist gegen ein C-terminales Peptid von PilA gerichtet (Dörr et al., 1998). Möglicherweise verhindern Modifikationen des extrazellulären Pilins die Antikörperbindung. Posttranslationale Modifikationen der Pilinproteine wurden für Pseudomonas und Neisseria beschrieben. Diese führten zu Veränderungen in den Oberflächen-Eigenschaften und der Pilus-Morphologie (Forest et al., 1999). Eine gesättigte Modifikationsmaschinerie in der pilT-Mutante resultierte dann möglicherweise in der Anwesenheit von unmodifiziertem und detektierbarem PilA-Protein. Anderseits ist auch vorstellbar, dass PilT direkt für die Modifikation der Pilin-Untereinheiten erforderlich ist, wie es für Synechocystis angenommen wird (Bhaya et al., 2000).

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Elektronenmikroskopische Untersuchungen bestätigten die Hyperpilierung der pilT-Mutante (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Die Hyperpilierung, einhergehend mit dem Defekt in der Twitching Motility, konnte für Pseudomonas aeruginosa (Bradley, 1980; Whitchurch et al., 1991), Neisseria gonorrhoeae (Merz et al., 2000) und auch für das fruchtkörperbildene Bakterium Myxococcus xanthus (Sun et al., 2000) gezeigt werden. Die phänotypische Charakterisierung der Azoarcus pilT-Mutante zeigt, dass die Funktion von PilT, die Pilusretraktion, nicht nur bei Gram-negativen Pathogenen konserviert auftritt, sondern auch in nicht-pathogenen pflanzenassoziierten Bakterien vorkommt. Neuere Studien an Neisseria meningitidis zeigten, dass PilT nicht nur in die Pilus-Retraktionsmaschinerie involviert ist, sondern möglicherweise auch an der Regulation von pilusvermittelter Adhäsion beteiligt ist (Yasukawa et al., 2006).

Um festzustellen, ob Twitching Motility an dem Besiedlungsprozess von Azoarcus sp. BH72 beteiligt ist und in welcher Phase der Endophyt diese flagellenunabhängige Form der Bewegung nutzt, wurden Besiedlungsexperimente durchgeführt. Die pilA-Mutante war nicht mehr in der Lage, die Reispflanze zu besiedeln, was entsprechende Ergebnisse von Dörr et al. (1998) an einer pilAB-Insertionsmutante bestätigen. Im Vergleich dazu konnte die hyperpilierte, nicht mehr zur Twitching Motility befähigte pilT-Mutante immer noch an die Pflanzenoberfläche anheften, obgleich nur mit halber Effizienz. Die pilT-Mutante von

Azoarcus verlor jedoch die Fähigkeit, in die Wirtspflanze einzudringen. Demnach ist die

Anheftung an den Wirt abhängig von dem Typ IV-Pilus, nicht aber von der Pilusretraktion. Die Twitching Motility ist für den darauffolgenden Schritt, die Invasion der Reispflanze und für die Etablierung der Besiedlung erforderlich (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Im Vergleich zu Azoarcus wurde auch in anderen Bakterien das pilT-Gen mutagenisiert, um den Einfluss der Twitching Motility zu untersuchen. Eine pilT-Mutante des pflanzenpathogenen Bakteriums Ralstonia solanacearum verursachte im Vergleich zum Wildtyp ein schwächeres und langsameres Verwelken bei Tomatenpflanzen, was vermutlich auf die fehlende Twitching Motility zurückzuführen ist (Liu et al., 2001). Des Weiteren konnte für Xylella fastidiosa eine auf Twitching Motility basierte Migration in das Vaskularsystem des Wirts beschrieben werden (Meng et al., 2005). Trotz der sehr filigranen Struktur der Typ IV-Pili, konnten Studien an Neisseria gonorrhoeae zeigen, dass ein einziger Typ IV-Pilus in der Lage ist, einer Kraft von über 100 pN standzuhalten (Maier et al., 2002). Die Bedeutung von Twitching Motility in der Bakterien-Wirts-Interaktion von pflanzenassoziierten Bakterien ist, im Vergleich zu Tier- und Humanpathogenen, noch

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weitgehend ungeklärt. Ralstonia und Xylella sind die einzigen pflanzenpathogenen Bakterien, für die bisher die Bedeutung von Twitching Motility in der Besiedlung gezeigt werden konnte. Azoarcus ist das erste mutualistische, pflanzenassoziierte Bakterium, welches nachweislich Twitching Motility für die Besiedlung seiner Wirtspflanze Reis benutzt (Böhm

et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Die PilT-vermittelte Twitching Motility ist essentiell für

die endophytische Lebensweise von Azoarcus sp. BH72. Neben der Involvierung von Typ IV-Pili (Dörr et al., 1998) und der Rolle von zellwanddegradierenden Enzymen, wie Endoglucanasen (Reinhold-Hurek et al., 2006), Polygalacturonase (Compant et al., 2005) und Pectatlyasen (Kovtunovych et al., 1999), ist Twitching Motility einer der wenigen bekannten Faktoren für die endophytische Besiedlung von Gräsern.

Das Protein PilU in Azoarcus und seine Beteiligung an der Twitching Motility - eine genombasierte Analyse

Im selben Operon mit pilT befindet sich das Gen pilU, welches wie pilT für ein Protein mit einer NTP-Bindedomäne codiert. Azoarcus sp. BH72 sowie Stamm EbN1 weisen jeweils drei Kopien von pilU auf (Krause et al., 2006; Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Die Deletion von pilU führte in P. aeruginosa zu einem hyperpilierten Phänotyp und einem Verlust der pilusvermittelten retraktilen Bewegungsform (Whitchurch und Mattick, 1994). Im Gegensatz zu der pilT-Mutation führte die Deletion im pilU-Gen im pilQ-Mutanten-Hintergrund weder zu einem Einwachsen der Pilusstruktur (Wolfgang et al., 2000) noch zur Phagensensitivität (Whitchurch und Mattick, 1994). Das PilQ-Protein bildet einen Sekretin-Komplex, der es der Pilusstruktur ermöglicht, die äußere Membran zu durchqueren (Thanassi und Hultgren, 2000). Dies lässt auf keine direkte Involvierung von PilU in die Pilusretraktion schließen (Burrows, 2005). Die genaue Funktion von PilU ist dabei jedoch unklar. Eine Vermutung ist, dass PilU mit PilT in P. aeruginosa kooperiert (Mattick, 2002) und als retraktionsfördernder Faktor dient. Durch die Abwesenheit von PilU ist der Einfluss von PilT reduziert und somit das System in Richtung Pilusverlängerung ausgelegt (Abb. 4) (Burrows, 2005).

Zur Beantwortung der Fragen, warum die nahen verwandten Bakterienstämme BH72 und EbN1 je drei Kopien von PilU im Genom tragen, ob jede Kopie der ATPase aktiv ist und welche Funktion sie in Azoarcus erfüllen, sind Mutationsanalysen notwendig. Für Azoarcus sp. BH72 wurde bereits die Bedeutung der Typ IV-Pilus vermittelten Twitching Motility für die endophytische Lebensweise gezeigt (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Ob der

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Stamm EbN1 diese spezielle Form der Bewegung in seinem Habitat nutzen kann, ist nicht bekannt.

Abb. 4: Modell der PilU-Funktion in P. aeruginosa (modifiziert nach Burrows, 2005). Im Vergleich

zum Wildtyp zeigt die pilU-Mutante, genau wie die pilT-Mutante, einen hyperpilierten Phänotyp. Das Fehlen von PilU begünstigt vermutlich die Pilusverlängerung durch die PilB-ATPase. Die Inaktivierung derselben führt zu einem nicht-pilierten Phänotyp. Es wird angenommen, dass die Anwesenheit von PilU die PilT-vermittelte Pilusretraktion begünstigt.

Das Kontrollsystem der Twitching Motility in Azoarcus - eine genombasierte Analyse

In Pseudomonas aeruginosa wird die Twitching Motility von einem komplexen Signaltransduktionsweg kontrolliert. Dieses System setzt sich zum einen aus PilG, PilH, PilI, PilJ und PilK (Mattick, 2002) und zum anderen aus drei weiteren kürzlich identifizierten Komponenten (chpA, chpB, chpC) zusammen. Die Gene chpD und chpE, die im selben Cluster wie chpABC gefunden wurden, sind womöglich ebenfalls an der Regulationskaskade beteiligt (Whitchurch et al., 2004). In Azoarcus wurde ein Gencluster mit hoher Sequenzähnlichkeit zu pilGHIJ von Pseudomonas gefunden (Krause et al., 2006). Interessanterweise konnte weder bei BH72 noch bei EbN1 ein für das PilK-Protein codierendes Gen identifiziert werden. In P. aeruginosa stellt PilK ein CheR-Homolog mit einer Methyltransferase-Domäne dar. Im Gegensatz zu Mutationen in den Genen pilG-J, die in P. aeruginosa zu einer sehr starken Beeinträchtigung in der Pilusproduktion und/oder -funktion führten, bewirkte die Deletion von pilK, im Vergleich zum Wildtyp, phänotypisch keinen Unterschied. Komplementationsstudien lassen vermuten, dass PilK aus

Wildtyp

pilB-Mutante

pilT-Mutante

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P. aeruginosa und CheR aus E. coli sich funktionell nicht ersetzen können (Darzins, 1995).

Da Azoarcus bis auf das PilK-Protein den vollständigen Signaltransduktionsweg aufweist, ist es durchaus vorstellbar, dass das chemosensorische Signaltransduktiossystem aus

P. aeruginosa auch an der Regulation der Twitching Motility in Azoarcus beteiligt ist. Die

Twitching Motility hat nachweislich eine essentielle Funktion in der aktiven Besiedlung der Reispflanze durch Azoarcus (Böhm et al., 2006; Manuskript akzeptiert). Mutationsanalysen des chemosensorischen Systems könnten Aufschluss über die Bedeutung derselben geben und somit neue Einblicke in die Bakterien-Pflanzen-Interaktion selbst verschaffen.

Regulation der Pilin-Genexpression

Das Zwei-Komponenten-Regulationssystem PilSR in Azoarcus sp. BH72

Stromaufwärts von dem Typ IV-Pilingen-Operon (pilAB) wurden die Gene pilS und pilR identifiziert, die für Komponenten eines Zwei-Komponenten-Regulationssystems codieren (Dörr, 1998). Zwei-Komponenten-Regulationssysteme sind generell in die Aktivierung von Genen als Antwort auf Umweltsignale involviert (Hoch und Silhavy, 1995). Die Sensorkinase PilS und der Responseregulator PilR aus Azoarcus sp. BH72 zeigten hohe Sequenzübereinstimmungen zu dem Zwei-Komponenten-System aus dem Humanpathogenen

Pseudomonas aeruginosa (Hobbs et al., 1993) sowie zu den Systemen aus den

Pflanzenpathogenen Ralstonia solanacearum (Allen et al., 1997) und Xylella fastidiosa (Frohme et al., 2000; Coltri und Rosato, 2005). PilS und PilR aus Azoarcus sp. BH72 zeigten die charakteristischen Domänen einer Zwei-Komponenten-Sensorkinase und eines korrespondierenden Transkriptionsaktivators. (Dörr, 1998; Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Um den Einfluss von PilS und PilR auf die pilAB-Genexpression zu untersuchen, wurde die Gene transkriptionell mit dem Reportergen gusA, das für die β-Glucuronidase codiert, fusioniert.

Charakterisierung der PilR-Bindestelle

Das PilR-Protein wurde als Transkriptionsaktivator der Typ IV-Pilin-Genexpression in den gut untersuchten Bakterien P. aeruginosa und M. xanthus identifiziert (Jin et al., 1994; Wu und Kaiser, 1997). Die stromaufwärts von dem pilAB-Operon identifizierte σ54-abhängige Promotorsequenz wurde mittels Primer-Extensions-Analyse als der verantwortliche

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Typ IV-Pilingen-Promotor in Azoarcus bestätigt (Dörr, 1998). σ54-abhängige Promotoren benötigen Transkriptionsaktivatoren für die Expression ihrer Zielgene (Hoch und Silhavy, 1995). Die Insertionsmutante von PilR zeigte eine drastische Abnahme der pilAB-Genexpression, was PilR als Transkriptionsaktivator der Typ IV-Pilingene in Azoarcus charakterisierte (Dörr, 1998).

Das PilR-Bindemotiv besteht in P. aeruginosa aus vier Bindestellen, von denen drei aufeinanderfolgend das Motiv 5` N(4-6) C/GTGTC3` aufweisen (Jin et al., 1994). Der Transkriptionsaktivator der Nitrogenase-Strukturgene, NifA, bindet an ein ähnliches 5`TGT-N10-ACA3` Motiv (Buck et al., 1987). In Azoarcus wurde eine starke Abnahme des

pilAB-Expressionslevels nach Deletion einer 142 bp langen Sequenz stromaufwärts des

σ54-Promotors beobachtet (Böhm, unveröffentlicht). Dieses Ergebnis ließ die Vermutung zu, dass sich die Bindestelle für PilR innerhalb des deletierten Bereiches befindet. Im Bereich der deletierten Sequenz befindet sich das Motiv der Bindestelle für den Transkriptionsaktivator NifA, der für die Aktivierung der Nitrogenasegene in vielen Organismen verantwortlich ist (Merrick, 1992). Die potentielle NifA-Bindestelle könnte als Bindemotiv für PilR in Frage kommen. In Pseudomonas aeruginosa führt eine Deletion der Bindestelle zur drastischen Verminderung der Transkription des Typ IV-Pillin-Strukturgens (Pasloske et al., 1989).

Zielgerichtete Punktmutationen innerhalb der potentiellen NifA-Bindestelle und zweier weiterer palindromischer Sequenzen zeigten für die Mutationen in dem zweiten Teil des NifA-Motivs eine extreme Abnahme des Typ IV-Pilingen-Expressionslevels. Punktmutationen in dem ersten Teil der NifA-Bindestelle resultierten nur in einer leichten Abnahme des Transkriptionslevels (Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Möglicherweise hat das Azoarcus PilR-Bindemotiv Ähnlichkeiten zu dem von NifA. Es wäre zu erwarten gewesen, dass beide Teile des Palindroms zu einer gleichermaßen starken Reduktion der

pilAB-Genexpression führen, wenn PilR exakt dieselbe Sequenz als Motiv nutzt wie NifA.

Vielleicht verhindern die durchgeführten Basenaustausche im ersten Teil der potentiellen NifA-Bindestelle die Bindung von PilR nicht vollständig, so dass kein drastischer Effekt gefunden werden konnte. Um die exakte Sequenz der PilR-Bindestelle feststellen zu können, sollten DNase-I-Footprint Untersuchungen vorgenommen werden.

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Die Sensorkinase PilS reagiert auf Kohlenstoffmangel als Umweltstimulus

Ein Bestandteil des Zwei-Komponenten-Regulationssystems für die Typ IV-Pilin-Genexpression ist die Sensorkinase PilS. Welcher Stimulus zur Autophosporylierung der Sensorkinase PilS in P. aeruginosa führt und somit die Expression der Typ IV-Pilingene beeinflusst, ist bisher nicht bekannt (Ethier und Boyd, 2000). In Azoarcus sp. BH72 wurde unter Kohlenstoffmangel eine Induktion der Pilin-Genexpression beobachtet, während die Expression der pilSR-Gene sich nicht veränderte. Um festzustellen, ob die Sensorkinase PilS diese Signalantwort vermittelt, wurde eine pilS-Deletionsmutante erstellt und die pilAB-Genexpression untersucht (Plessl, 2001). Die Mutante zeigte keine erhöhte Typ IV-Pilin-Genexpression unter Kohlenstoffmangel. Dies lässt den Schluss zu, dass PilS in der Lage ist, Kohlenstoffmangel in der Umgebung zu detektieren (Plessl, 2001; Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Andere Bakterien wie Escherichia coli nutzen cAMP als Signal für Kohlenstoffmangel, dessen Konzentration bei Mangel an Glucose ansteigt und als Komplex mit dem Crp-Protein (cAMP-Rezeptorprotein) gezielt die Transkription von Zielgenen kontrolliert, so dass das Bakterium in der Lage ist, auf den Kohlenstoffmangel mit einer übergreifenden Streßantwort zu reagieren (Schultz et al., 1988). Ein möglicher Grund für die Induktion der Typ IV-Pilin-Genexpression bei Kohlenstoffmangel in Azoarcus könnte eine vermehrte Pilierung sein, um ein schnelleres Auffinden von Kohlenstoffquellen zu gewährleisten.

PilS kann aber nicht nur die Expression der Pilingene positiv beeinflussen, wie es für

Pseudomonas gezeigt werden konnte, sondern führt bei Überexpression ebenfalls zur

Inhibition der pilA-Genexpression (Boyd und Lory, 1996). In dem fruchtkörperbildenden Bodenbakterium Myxococcus xanthus hat die Sensorkinase PilS ausschließlich reprimierende Wirkung auf die Typ IV-Pilin-Genexpression (Wu und Kaiser, 1997). Für Azoarcus konnte

gezeigt werden, dass PilS einen hemmenden Effekt auf die pilAB-Genexpression bei hohen Zelldichten hat. Die pilAB-Genexpression wurde in der stationären Phasen in der pilS-Mutante im Vergleich zum Wildtyp um das 8-fache höher induziert. Auf diese Beobachtung wird im nächsten Abschnitt detailiert eingegangen.

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Azoarcus kommuniziert nicht über ein AHL-basiertes Quorum Sensing-System

Die AHL-basierten Quorum Sensing-Systeme sind in Gram-negativen Bakterien weit verbreitet (Fuqua und Greenberg, 2002). Bereits 1970 beschrieben Nealson et al. als Pioniere auf dem Gebiet der bakteriellen Zell-Zellkommunikation, dass die Lumineszenz in dem marinen Gram-negativen Vibrio fischeri von einem sich selbstinduzierenden Signalmolekül reguliert wird.

Der pilAB-Expressionslevel wurde im Wildtyp sowie in der pilS-Deletionsmutante in Kulturen mit unterschiedlichen Zelldichten und mitels Reportergenstudien (gusA und gfp) bestimmt. Dies führte zu der interessanten Beobachtung, dass die pilAB-Genexpression mit zunehmender Zelldichte anstieg. Im Wildtyp wurden Verstärkungen des Transkriptionslevels um das 2,6-fache festgestellt. Die pilS-Mutante zeigte hingegen eine Induktion der Typ IV-Pilin-Genexpression um das 10- bis 11-fache (Plessl, 2001: Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Dies lässt vermuten, dass das pilAB-Operon in Azoarcus unter der Kontrolle von Quorum Sensing steht und dass die Sensorkinase PilS unter diesen Bedingungen die Induktion der Expression reprimiert.

Dieser negative Effekt von PilS auf die pilAB-Genexpression und somit auf die Pilierung wurde außerdem durch Western-Blot-Analysen und mittels Elektronenmikroskopie bestätigt (Plessl, 2001). Die durch PilS verursachte hemmende Wirkung auf die pilAB-Genexpression könnte in dem Phosphorylierungsstatus des korrespondierenden Responseregulators PilR begründet liegen. Vorangegangene Ergebnisse sprechen dafür, dass PilR der Hauptregulator der Typ IV-Pilingene ist (Dörr, unveröffentlicht). Folglich würde in der stationären Phase, wo sich voraussichtlich beginnender Kohlenstoffmangel einstellt, die Sensorkinase PilS, PilR durch Phosphorylierung aktivieren. In aktiver Form könnte dieser nur eingeschränkt auf eine weitere Aktivierung durch Quorum Sensing reagieren (Abb. 5).

Um den Nachweis für das Vorhandensein eines Autoinducers zu führen, wurde zellfreier Überstand stationärer Kulturen (konditionierter Überstand) auf Reporterzellen (pilAB::gusA) gegeben, die sich in der exponentiellen Wachstumsphase befanden. Der pilAB-induzierende Effekt des konditionierten Überstandes legte die Anwesenheit eines Quorum Sensing-Signalmoleküls in adäquaten Konzentrationen nahe (Plessl, 2001; Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). Da Azoarcus zu den Gram-negativen Bakterien zählt, wurde zunächst überprüft, ob das Quorum Sensing auf einem AHL als Autoinducer basiert. Generell bestehen AHLs aus einer Fettsäurekette, die über eine Amidbindung mit einem Lactonring verbunden ist, wobei die Länge der Acylkette von 4-16 Kohlenwasserstoffen variieren kann.

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Abb. 5: Hypothetisches Schema der Regulation der pilAB-Genexpression. Die Sensorkinase PilS ist

vermutlich als Dimer in der Cytoplasmamembran lokalisiert. (In der Abbildung sind die Sensorkinasen einfachheitshalber als eine Komponente dargestellt, obgleich Sensorkinasen als Homodimere auftreten, da ein Protein die Phosphorylierung des Histidinrests am zweiten Protein katalysiert). C-Quellen-Mangel bewirkt eine Autophosphorylierung von PilS unter Spaltung von ATP. Die Phosphatgruppe wird darauffolgend auf den Responseregulator PilR übertragen, wodurch dieser aktiviert wird. PilR bindet in phosphorylierter Form an die Aktivatorbindestelle stromaufwärts des

pilAB-Operons, wodurch es zur Schleifenbildung der DNA kommt. In Folge kann PilR als Dimer

(oder Tetramer) über den alternativen σ54-Faktor mit der, an den pilAB-Promotor gebundenen, RNA-Polymerase interagieren und eine Aktivierung der Transkription der Typ IV-Pilingene bewirken. Das

pilAB-Operon steht auch unter der Kontrolle von Quorum Sensing. Die Bindung des unbekannten

Autoinducers an eine Sensorkinase (X), im Fall der pilAB-Gene möglicherweise ColS, bewirkt die Autophosphorlierung derselben. Anschließend könnte direkt, oder über ein unbekanntes Adapterprotein, die Phosphatgruppe auf den Hauptregulator PilR der Typ IV-Pilingene übertragen werden und somit ebenfalls eine Aktivierung der Transkription erfolgen.

Für Azoarcus sp. BH72 konnte mit unterschiedlichen AHL-Sensorstämmen sowie durch Untersuchungen der AHL-Extraktionsfraktion die Verwendung von AHLs und von zyklischen Dipeptiden ausgeschlossen werden (Plessl, 2001; Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung). In Pseudomonaden und anderen Gram-negativen Bakterien wurden die sogenannten DKPs (Diketopiperazine) identifiziert, die in der Lage sind, mit dem cytoplasmatischen AHL-Rezeptor LuxR zu interagieren (Holden et al., 1999). Ein weiterer Hinweis auf ein nicht AHL-basiertes Quorum Sensing-System in Azoarcus war die Tatsache, dass die pilAB-induzierende Aktivität in der wäßrigen Phase der Dichlormethanextraktion

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gefunden wurde, was eindeutig für eine hydrophile Substanz spricht (Plessl, 2001; Böhm

et al., Manuskript in Bearbeitung).

Unter den pflanzenassoziierten Bakterien finden sich viele, die AHL zur Kommunikation verwenden, sogenannte AHL-Produzenten (Cha et al., 1998; Elasri et al., 2001; Thorne und Wiliams, 1999; Schripsema et al., 1996; Rosemeyer et al., 1998). Ungefähr 10-20% der kultivierbaren Bakterien aus Böden und Rhizosphären produzieren Homoserinlactone als Quorum Sensing-Signalmolekül (Pierson et al., 1998; Steidle et al., 2001; d´Angelo-Picard

et al., 2004; d´Angelo-Picard et al., 2005). Die Pflanzenpathogenen Ralstonia solanacearum

(Flavier et al., 1997), Xanthomonas campestris (Wang et al., 2004) und Xylella fastdiosa (Scarpari et al., 2003), sowie der Pflanzensymbiont Bradyrhizobium japonicum (Loh et al., 2002) benutzen alleine oder neben einem AHL-basierten System weitere Moleküle als Autoinducer. Möglicherweise bietet die Verwendung von speziellen Signalmolekülen zur Kommunikation mehr Schutz vor infiltrierenden Mechanismen wie AHL-Mimiken oder enzymatischer Degradierung des Autoinducers. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnte die Quorum Sensing inhibierende Wirkung von Vanilleextrakt über die signifikant reduzierte Violaceinproduktion in Chromobacterium violaceum gezeigt werden (Choo et al., 2006). Gerade im Zusammenhang mit Abwehrmechanismen oder um einen Vorteil innerhalb einer ökologischen Nische zu erwerben, werden immer mehr sogenannte Quorum Quenching-Enzyme (AHL-degradierende Quenching-Enzyme) sowohl bei Prokaryoten als auch bei einer Vielzahl von Eukaryoten identifiziert (Dong und Zhang, 2005). Für Bacillus-Isolate wurde das erste AHL-degradierende Enzym, die AHL-Lactonase, beschrieben(Dong et al., 2000; Dong et al., 2001). Die Verwertung von AHLs als Energie und Stickstoffquelle konnte für Variovorax

paradoxus gezeigt werden, der Abbau findet vermutlich durch eine AHL-Acylase statt

(Leadbetter und Greenberg, 2000).

Die Genomsequenz von Azoarcus sp. BH72 zeigte keine Gene, die für Komponenten von bekannten Quorum Sensing-Systemen codieren könnten: Gene, die für eine Autoinducer-Synthetase (LuxI/LasI oder AinS-Typ) oder für den verantwortlichen cytoplasmatischen Autoinducer-Rezeptor (LuxR/LasR-Typ) codieren (Fuqua und Greenberg, 2002), fehlten (Krause et al., 2006). Auch das Gen, das für die Autoinducer-2-Synthetase LuxS (Surette

et al., 1999) codiert und somit Azoarcus befähigen würde, über die Artgrenze hinaus zu

kommunizieren, konnte in der Genomsequenz von Azoarcus nicht gefunden werden (Krause

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Gram-positive Bakterien verwenden generell Peptide als Quorum Sensing-Signalmoleküle (Sturme et al., 2002). Im Zuge der Annotation und Auswertung des Azoarcus sp. BH72 Genoms konnten jedoch auch keine Gene identifiziert werden, deren Genprodukte eine Rolle in peptidbasierten Systemen spielen könnten (Krause et al., 2006). Dazu zählen unter anderem Gene, die für Komponenten der folgenden Modelle von Quorum Sensing-Systemen codieren: Staphy lococcus aureus (Agr-System), Enterococcus faecalis (Fsr-System) und

Bacillus subtilits (Phr-System) (Sturme et al., 2002).

Deshalb wurde die Azoarcus Genomsequenz auf vorhergesagte Proteindomänen hin untersucht, die für die Zell-Zellkommunikation von Bedeutung sein könnten. Die potentiellen Gene wurden mittels Insertionsmutagenese inaktiviert. Es wurde ein konserviertes hypothetisches Protein mit einer LasI, AHL-Synthetase-Domäne (Whitehead et al., 2001) und ein weiteres mit einem vorhergesagten PeptidaseC39-Motiv gefunden, welches charakteristisch für die Peptid-Autoinducer exportierenden ABC-Transporter ist (Dirix et al., 2004). Außerdem wurden zwei konservierte hypothetische Proteine mit einem LactamaseB-Motiv identifiziert, die unter anderem auch für das pqsE-Gen aus Pseudomonas aeruginosa vorhergesagt wurde, welches vermutlich an der zellulären Signalweiterleitung zu dem PQS-Molekül beteiligt ist (Gallagher et al., 2002). Keine der Insertionsmutanten zeigte eine Abnahme in der pilAB-induzierenden Aktivität (Böhm et al., Manuskript in Bearbeitung).

Die Ergebnisse der genombasierten Untersuchungen im Bezug auf Quorum Sensing sowie der experimentelle Nachweis, dass Azoarcus kein AHL als Autoinducer produziert, sprechen für die Anwesenheit eines bislang unbekannten Quorum Sensing-Signalmoleküls in dem Gras-Endophyten Azoarcus sp. BH72.

Das Quorum Sensing-Signal in Azoarcus war nicht sensitiv gegenüber unspezifischen Proteasen (Subtilisin, Chymotrypsin), was ein Peptid als Autoinducer ausschloss. Die pH-Stabilität bei pH 5-7 und die Fähigkeit der Bindung an einen Kationenaustauscher legten die Beteiligung eines bei pH 6 kationisch geladenen Signalmoleküls nahe. Der Nachweis der

pilAB-induzierenden Aktivität in dem Filtrat nach einer Ultrafiltration von konditioniertem

Überstand über eine Membran mit einer Ausschlussgrenze von 1 kD, sprach für eine Größe des Autoinducers unter 1 kD. Ergebnisse der HPLC-Aufreinigungen unterstützten die Hypothese eines hydrophilien Charakters des Signalmoleküls, da die pilAB-induzierende Fraktion bereits bei 2-7% Acetonitril von einer RP18-Kapillarsäule eluiert wurde (Böhm

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