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Archiv "Forderungen des Marburger Bundes" (05.04.2002)

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❃ Der Bundesminister für Arbeit (BMA), Walter Riester (SPD), muss den § 5 Abs. 3 des ArbZG streichen, um die Fiktion „Bereitschaftsdienst gleich Ruhezeit“ aus dem Gesetz zu eliminie- ren. Folgeänderungen wären im § 7 Abs. 2 ArbZG erforderlich.

❃ Die Bundesministerin für Ge- sundheit (BMG), Ulla Schmidt (SPD), muss in das Krankenhausfinanzierungs- recht Formulierungen aufnehmen, die die neue Personalkostensituation bei der Kalkulation der Budgets – solan- ge es diese noch gibt – und der Fall- pauschalen angemessen berücksichtigt.

Dieses wäre durch eine Anpassung des

§ 6 Abs. 5 der Bundespflegesatzverord- nung (BPflVO) möglich.

❃ Die Tarifvertragsparteien müssen auf der Basis dieser neuen gesetzlichen Formulierungen Verhandlungen zur Tarifierung der Arbeitszeit aufnehmen – die seit 1996 stagnierenden Tarifver- handlungen zu diesem Thema könnten Auftrieb durch vernünftige rechtliche Rahmenbedingungen erhalten.

Die Koalitionsfraktionen im Deut- schen Bundestag und das Bundesge-

sundheitsministerium haben nach lan- gem Widerstand gesetzliche Änderun- gen in das Fallpauschalengesetz auf- genommen. Diese Änderungen sind aber nicht zeitgerecht, weil sie erst ab 2003 greifen. Sie sind auch nicht ausrei- chend, weil mit lediglich 0,2 Prozent der Budgetsumme eines Krankenhauses nur 100 Millionen Euro mobilisiert wer- den. Das entspricht bei mehr als 2 000 Akutkrankenhäusern in Deutschland weniger als einer Stelle je Kranken- haus. Zudem ist das Verfahren über- mäßig kompliziert. So müssen die Krankenhäuser zuerst Betriebsverein- barungen zur Qualitätsverbesserung der Arbeitszeit mit ihren örtlichen Per- sonal- oder Betriebsräten treffen und dann mit den Krankenkassen verhan- deln. Das ist Bürokratie pur – dem fehlt die Realitätsnähe.

Der Alltag im Krankenhaus wird sich durch die gesetzlichen Verände- rungen stark wandeln: Arbeit wird wertvoller. Diese Wertsteigerung erfor- dert rationalere und rationellere Ar- beitsformen. Eine bessere Abstimmung der Berufsgruppen unter- und mitein-

ander wird die Tagesabläufe verändern.

Summative Arbeitsformen wie „Bereit- schaftsdienst“ werden in vielen arbeits- intensiven Bereichen durch klassische Schichtdienste mit allen ihren Vor- und Nachteilen ersetzt. Neben dem klassi- schen „dreitaktigen“ Schichtdienst müs- sen aber auch „intelligente“ Schichtmo- delle entwickelt werden, die Raum für dem traditionellen Bereitschaftsdienst entlehnte Arbeitsformen lassen. Ver- walten und umsetzen kann man alles dieses nur durch neue Formen der Ar- beitszeitdokumentation. Elektronische Zeiterfassungssysteme müssen entwik- kelt und auf das Krankenhaus ange- passt werden.

Europäischer Gerichtshof muss nun entscheiden

Unabdingbar aber scheint eine Auf- gabe der umstrittenen Positionen, „ob man denn überhaupt EuGH wolle, oder müsse“. Über das „ob“ ist längst entschieden. Es kommt jetzt auf eine konsequente und intelligente Umset- zung des „wie“ an. Es wäre eine große Chance, wenn nun der Europäische Ge- richtshof auch in einer deutschen Ange- legenheit die Frage um die Beurteilung von Bereitschaftsdiensten als Ruhe- oder Arbeitszeit ein für alle Mal klar- stellen würde. Bisher haben Bundesre- gierung und Arbeitgeber die Relevanz des Arbeitszeiturteils des EuGH vom 3. Oktober 2000, wonach Bereitschafts- dienst Arbeitszeit ist, immer unter dem Hinweis angezweifelt, dass es sich um ein von spanischen Ärzten erwirktes Urteil handele. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Hol- steins, den Rechtsstreit um Bereitschafts- dienste in Krankenhäusern (Az.: 3 Sa 611/01) dem EuGH vorzulegen, ist für die Klinikärzte strategisch das Beste, was passieren konnte. Denn nun sind Verfahren vor dem Bundesarbeitsge- richt und dem EuGH anhängig. Ich bin davon überzeugt, dass die europäi- schen Richter für deutsche Ärzte glei- ches Maß anlegen werden wie für die spanischen.

Dr. med. Frank Ulrich Montgomery 1. Vorsitzender des Marburger Bundes Riehler Straße 6

50668 Köln

A

A904 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002

P O L I T I K

Forderungen des Marburger Bundes

Der Marburger Bund, Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands, hat seinen Forderungskatalog für die Tarifverhandlungen präzisiert. Ziel der Verhandlungen müsse es sein, die 80-Stunden-Woche abzu- schaffen. Ein direkter Übergang zu einer normierten 38,5-Stunden-Woche er- scheine aber angesichts des fehlenden Personals, der daraus resultierenden Mehrkosten und auch der Zwänge der Patientenversorgung kaum möglich.

„Unverrückbare“ Parameter seien aber:

❃ Mehr als 48 Stunden Arbeit in der Woche, gemittelt über eine in Tarif- verhandlungen festzulegende Anzahl von Monaten, dürfe es nicht mehr geben.

Ziel ist es, den Ausgleichszeitraum möglichst kurz zu halten.

❃ Der Dienst sollte in der Regel nicht länger als acht (maximal zehn) Stun- den „Vollarbeit“ sein.

❃ Der Dienst kann auf bis zu zwölf Stunden (am Wochenende auch 13) aus- gedehnt werden, wenn in diese Zeiten auch „Arbeitsbereitschaft“ fällt. Dabei dürfe dann aber die Belastung der gesamten Arbeitszeit nicht höher als 49 Pro- zent sein.

❃ Die tarifliche Bewertung der vom EuGH als Arbeitszeit definierten Zeiträume soll 100 Prozent betragen.

❃ Um niedrig ausgelastete Nachtdienste zu vermeiden, sollte Rufbereit- schaft mit bis zu 12,5 Prozent Belastung verstärkt eingesetzt werden.

Die finanziellen Auswirkungen dieser Regelungen belaufen sich nach Be- rechnungen des Marburger Bundes auf der Basis notwendiger Neueinstellun- gen von etwa 15 000 Ärzten und rund 20 000 Mitarbeitern der Pflege auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr.

Referenzen

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