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A-1700 (84) Dt. Arztebl. 86, Heft 22, 1. Juni 1989 Im Süden von Südamerika: die
südlichste Stadt Argentiniens, Us- huaja (oben), mit Blick auf den Beagle-Kanal. Der ist in Europa vorwiegend wegen der Grenz- streitigkeiten zwischen Argenti- nien und Chile in Erinnerung.
Dem Touristen bleibt er wegen seiner vielfältigen landschaft- lichen Eindrücke im Sinn. Auf dem Foto rechts eine Seerobben- insel im Beagle-Kanal - viel weiter nördlich, am Rande Patagoniens liegt Punta Tombo, wo sich die Pinguine (auf dem Foto oben rechts Pinguin-Mutter und Junge) tummeln. Fotos vom Autor
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Auf die Frage, wie man Ar- Auf
wohl beschrei- ben könnte, meinte der Taxi- fahrer in Buenos Aires: „Am besten als Land mit etwa 4000 km Nord-Süd-Ausdehnung, Luftlinie versteht sich, dreißig Millionen Einwohnern, von denen die Hälfte in Buenos Aires und fünfzig Kilometer Umgebung lebt, noch mehr Schafen sowie über fünfzig Milliarden Dollar Auslands- schulden. Nicht zu vergessen über zwei Millionen Pinguine
allein an einer einzigen Stelle am Ozean." Die Skepsis, die wir als verwöhnte Europäer einem südamerikanischen Land entgegenbrachten, ver- ringerte sich nicht durch eine solche Einschätzung.
Doch der Taxifahrer hatte gegensätzliche Eindrücke zu- treffend verkürzt: einerseits eine ungefestigte schuldenbe- lastete Demokratie mit nicht ganz ausgerotteter Bak- schisch-Verwaltung sowie täglichen Improvisationen
(zum Beispiel Stromsperren infolge Fehlplanungen; Vor- sicht auf Fußwegen: Repara- turen von Löchern sind Glücksache!). Andererseits überraschen der europäische Gesamteindruck mit tadello- sem Hotelstandard auch in entlegensten Landesecken (Klassifikation wie in Europa;
3- und 4-Sternehotel je nach Stadt zwischen 50 bis 100 DM pro Nacht und Doppelzim- mer einschließlich Frühstück;
Kreditkarten sehr verbreitet)
sowie eine atemberaubende Naturvielfalt - von Steppen in Hochlandlagen bis zum Re- genwald. Nur „tropischen"
Sandstrand muß man in ei- nem anderen Land suchen.
Argentinien wartet mit zahlreichen (Natur-)Attrak- tionen auf. Dank des gut funktionierenden Verkehrs- systems sind sie trotz großer Entfernungen ohne übermä- ßige Strapazen zu erreichen.
Besonders einfach reist man mit dem Flugzeug. Wer mit der Staatslinie Aerolineas Ar- gentinas ab Frankfurt anreist, kann mit dem in der Bundes- republik zu erwerbenden „Vi- site-Argentina-Ticket" mit der Aerolineas-Luftflotte das hervorragende argentinische Luftverkehrsnetz nutzen, das nur wenige Flugverspätungen oder -streichungen kennt.
Als kritische, flugängst- liche Reisende fühlten wir uns bei dieser Linie, die als die sicherste südamerikani- sche gilt, gut aufgehoben und ausgezeichnet betreut: Die Flugzeuge sind recht neu, und Sicherheit hat erkennba- ren Vorrang. Bei geringsten Wetterzweifeln werden Starts und Landungen lieber einmal umdisponiert. Die inländi- sche Privatlinie „Austral" gilt hingegen als „Draufgänger", weshalb es hier in der Ver- gangenheit immer wieder zu.
Zwischenfällen und auch Un- glücken kam.
Ausgangsort jeder Argentinienrundreise:
Buenos Aires
Schon der erste Eindruck beim Landeanflug ist über- wältigend: Stadtausmaße und Mündung des Paranä sind von nichteuropäischer Di- mension. Dem Besucher of- fenbart sich eine dynamische Weltstadt mit pulsierendem Leben bis in die frühen Mor- genstunden. Und das bei Temperaturen im Dezember von über 35° C (beste Reise- zeit für Argentinien: Oktober bis März). Eine Stadt der Ge- gensätze: Europäische Ge- schäftigkeit und Kultur - mit
Für Individualisten: Argentinien
Der Verfasser und seine Frau sind drei Wochen als Individualtouristen durch
Argentinien gereist - und kamen begeistert zurück. Die Reiseroute reichte
von den berühmten Iguazu-Fällen bis nach Feuerland ganz im Süden. Hier
Ratschläge für alle, die es ihnen nachmachen wollen.
der breitesten Straße der Welt (Avenida 9 de Julio), ei- ner Straße voller Kinos (La- velle), einem der größten Opernhäuser (Teatro Colön)
— stoßen mit lateinamerikani- schem Lebensgefühl zusam- men. Das ist von Individuali- tät, offener Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft geprägt, be- sonders gegenüber Auslän- dern (auf uns wartete bei ei- nem Zuspätkommen eine fast vollbesetzte 737 auf der Start- bahn mit laufenden Trieb- werken: weil wir ja Ausländer waren . . .). Zur Verständi- gung sind einige Brocken Spanisch hilfreich; mit Fremdsprachen hapert es in Argentinien, Ausnahme: gro- ße Hotels. Allerdings gibt es mehrere deutsche Kolonien und viele versprengte Aus- siedler. In Feuerland wurden wir in einem Geschäft auf Deutsch begrüßt und bedient
— der Großvater der Besitze- rin stammte aus Deutschland.
Reiseziel Feuerland
Welcher Argentinienrei- sende will nicht auf diese zu.
Chile und Argentinien gehö- rende Insel zwischen Magel- lan-Straße und Beagle-Kanal mit seinen letzten Zivilisa- tionsstützpunkten vor dem ewigen Eis der Antarktis?
Die jetzt ausgerotteten India- ner führten das Feuer stets mit sich, auch auf ihren Ka- nus beim Fischfang; daher der Name „Tierra del fuego".
Vom Innenstadtflughafen in Buenos Aires ist man in knapp drei Flugstunden dort.
Es empfiehlt sich der Non- stopflug mit einer 727 nach Rio Grande, einem kleinen, windumtosten Ort in patago- nienähnlicher Einöde und baumloser Weite. Von dort lohnt die etwa vierstündige Busfahrt in das 230 km ent- fernte Ushuaja, der südlich- sten Stadt der Welt. Etwa 100 km hinter Rio Grande ändert sich das trostlose Land- schaftsbild, in das nur einige
Guanakos Abwechslung brin- gen,
schlagartig. Nach Über- querung der letzten Kordille- renausläufer stößt man zu ei-ner sattgrünen, mischwaldrei- chen Landschaft vor, die mit den schönsten Gegenden Skandinaviens konkurrieren kann. Nach acht Monaten Schnee im Jahr explodiert hier die Natur in einer unvor- stellbaren Farben- und Ar- tenvielfalt.
Und schließlich liegt sie vor einem: die hundert Jahre alte 40 000 Einwohnerstadt Ushuaja am windgeschützten Beagle-Kanal mit Blick auf die schneebedeckten Berge Chiles. Von hier lohnen Aus- flüge in den herrlichen Natio- nalpark mit der Lapataia- Bucht, Flüssen, Seen, Torf- mooren und Wäldern, sowie die Fahrt mit einem Motorka- tamaran auf dem Beagle-Ka- nal, vorbei an Seerobben- und Kormoraninseln — auf den Spuren Darwins. Vom erst- klassigen Hotel Canal Beagle aus liegt einem die Kanal- bucht zu Füßen, und das sehr preisgünstig: ADAC-Mitglie- der erhalten einen 30prozen- tigen Rabatt (bei anderen Hotels unbedingt auf deren Zugehörigkeit zum Argenti- nischen Automobilclub ach- ten!) und bezahlen pro Nacht für das Komfort-Doppelzim- mer (Fernsehen, Bad) inclusi- ve Frühstück umgerechnet et- wa 40 DM.
Sehr schwierig, aber nicht unmöglich ist es, von Ushuaja in Richtung Antarktis zu rei- sen. Man muß mindestens zehn Tage einplanen und ei- nes der wenigen Transport- oder Forschungsschiffe dort- hin erwischen.
Nach Kap Horn, das nur 150 km entfernt liegt, gibt es überhaupt keine Ausflüge.
Hingegen kann man von Us- huaja aus mit einer Propeller- maschine zum berühmten Moreno-Gletscher gelangen, der in den Lago Argentino Südpatagoniens kalbt; ein grandioses Schauspiel.
Auf dem Rückweg nach Buenos Aires empfiehlt sich ein Zwischenstop in der Indu- striestadt Trelew, die als Aus- gangspunkt zu einmaligen At- traktionen dient. Zum Bei- spiel zur 200 km entfernten Halbinsel Valdds, an deren Küste Tausende von Seerob-
ben und -elefanten
leben. Au- ßerdem bringen zwischen Au- gust und Oktober vor der In- sel Wale ihre Jungen zur Welt. 120 km südlich am Meer liegt Punta Tombo, wo bei hochsommerlichen Tem- peraturen zwischen Oktober und Februar etwa zwei Mil- lionen Pinguine ihre Jungen großziehen. Man läuft inmit- ten der streng geschützten Tiere, die gegenüber Men- schen keinerlei Scheu emp- finden. Doch Vorsicht vor zu großer Anbiederung; Magel- lan-Pinguine verfügen näm- lich über spitze Schnäbel, mit denen sie vortrefflich zuhak- ken können, vor allem, wenn man sie streicheln will.Badeurlaub in Argentinien?
400 km südlich von Bu- enos Aires liegt das mondäne Mar del Plata mit einem der größten Spielkasinos und über einer Million Badegä- sten in der Hochsaison — durchaus eine Alternative zu den Kanarischen Inseln. Es gibt zudem zahlreiche Nach- barorte, die in waldreicher Umgebung zu ruhigeren Ba- deaufenthalten einladen.
Von Mar del Plata aus kann in einem
Tagesausflug
per Flugzeug die „Schweiz"Argentiniens besucht werden;
Bariloche steht für idyllische Seen- und Waldlandschaft,
aber auch für ausgedehnte Skigebiete.
Ein Ausflug
zu den Wasserfällen des Iguazu
Zurück in Buenos Aires, sollte man noch einen Abste- cher nach Iguazu im Norden des Landes verwirklichen.
Dank stadtnah gelegener Flughäfen und raschester Ab- fertigungen (auch des Ge- päcks!) ist Fliegen vom Auf- wand her eher mit hiesigen Bahn- oder Busfahrten zu vergleichen. Daher sind die 1300 km in das nördliche Dreiländereck anstrengungs- arm als Tagesausflug zu rea- lisieren. Wer will, kann auch noch mit Ortsbussen über die Grenzen nach Brasilien und Paraguay fahren. Und wer bleiben möchte, findet direkt an den berühmten Wasserfäl- len des Iguazu, deren Ge- samtpanorama sich am be- sten von brasilianischer Seite erschließt, das schönste Hotel Argentiniens (Hotel Interna- cional).
Unser Eindruck verfestig- te sich: Argentinien ist ein Land voller Überraschungen für Naturliebhaber, das man auch ohne Reisegruppe für
sich entdecken kann.
Latein- amerikanisch herzliche Gast- freundschaft und Hilfsbereit- schaft gibt es dazu — umsonst.Dr. med. Christian Floto
Rundflugtickets zu günstigem Preis
Die bisherigen Air-Pässe Visite Argentina I und II wurden zu einem innerargentinischen Ange- bot vereinigt. Zur Wahl stehen Rundflugtickets mit (je nach Reiseroute) vier bis zehn Flugcoupons von 30tägiger Geltungsdauer.
Die ganzjährig geltenden Preise betragen US-$
199 für vier, US-$ 249 für sechs, US-$ 299 für acht und US-$ 349 für zehn Flugcoupons.
Der neue Visite-Argentina-Air-Paß kann nur außerhalb Argentiniens erworben werden und nur von Argentinien-Besuchern. Er gilt in Verbindung mit internationalen Flugpassagen. EB
Dt. Ärztebl. 86, Heft 22, 1. Juni 1989 (89) A-1701