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Archiv "Meningokokken-Impfung" (18.09.1985)

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Academic year: 2022

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Die Meningokokkenmeningitis und -sepsis gehören mit einer jährlichen Erkrankungshäufigkeit von ein bis zwei pro 100 000 Ein- wohnern bei uns zu den seltenen

Infektionen. Mit einer Sterblich- keit von 5 bis 10 Prozent (Meningi- tis), beziehungsweise 20 bis 30 Prozent (Sepsis) zählen sie aber zu den gefährlichsten Infektions-

krankheiten überhaupt. Beide In- fektionsformen treten bei uns vor allem im Säuglings- und Kleinkin- desalter auf. Eine routinemäßige Impfprophylaxe im Rahmen der Basisimmunisierungen im Säug- lingsalter wäre wünschenswert.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Meningokokken-Impfung

Christian Herzog

Aus dem Departement Innere Medizin Kantonsspital Basel

D

ie Meningokokken werden aufgrund ihrer Kapsel-Poly- saccharide (PS) in die Se- rogruppen A, B, C (90 bis 95 Pro- zent aller Isolate), W 135 und Y (5 bis 10 Prozent), sowie seltenere Gruppen eingeteilt. Epidemien treten weltweit in fünf- bis zehn- jährigen Zyklen auf. Die traditio- nellen Endemiegebiete sind Afri- ka (Shelzone) und Südamerika für A-, Europa für B- und Nord- amerika für C-Meningokokken.

Seit den siebziger Jahren sind je- doch A-Epidemien in Finnland und verschiedenen Ostblockstaa- ten und C-Epidemien in Südame- rika und Afrika aufgetreten.

Leider gibt es gegen die in Mittel- europa vorherrschenden B-Me- ningokokken (60 bis 80 Prozent der Fälle) noch keinen Impfstoff.

Die bisher eingesetzten Polysac- charid-Impfstoffe gegen A- und C- Meningokokken sind für Kinder unter zwei Jahren nur wenig im- munogen; ihre Schutzwirkung reicht höchstens für zwei bis drei Jahre. Die Einsatzmöglichkeiten für Meningokokkenimpfstoffe sind bei uns beschränkt: in Kom- bination mit der Chemoprophyla- xe bei Kontaktfällen, bei Epide- mien und für jüngere Personen (bis zum 30. Lebensjahr), die sich länger in Endemiegebieten auf- halten werden (Tabelle).

Indikationen

und Kontraindikationen

Bei der gegenwärtigen epidemio- logischen Situation (nur mäßige Erkrankungshäufigkeit und Vor- herrschen von B-Meningokokken) ist eine routinemäßige Immunisie- rung von Kindern und Jugendli- chen mit A+C- oder tetravalentem

A+C+W135+Y-Meningokokken- Impfstoff nicht indiziert. Zudem ist der Impfschutz nur kurz und die Frage der Boosterung noch nicht gelöst.

Als Postexposition-Prophylaxe nach engem Kontakt mit Menin- gokokken-Infektionen (exponierte Personen der Tabelle) sind die entsprechenden Impfstoffe nur in Kombination mit einer Chemopro- phylaxe (Rifampicin: 2x600 mg oder 2x10 mg/kg Körpergewicht für zwei Tage) sinnvoll, weil die alleinige Impfung, auch wenn sie innerhalb von 24 bis 48 Stunden einsetzt, höchstens 50 Prozent der Sekundärfälle verhindern kann.

Als alleinige Präventivmaßnahme (gefährdete Personen der Tabel- le) kön.len die Meningokokken- Impfstoffe zur Eindämmung von Epidemien eingesetzt werden.

Bei Personen bis zum 30. Alters- jahr ist bei längeren Reisen oder Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 38 vom 18. September 1985 (41) 2717

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Tabelle: Zielgruppen der Kontrollmaßnahmen bei Me- ningokokken-Infektionen Exponierte Personen Postexpositionsprophylaxe innerhalb von 48 Stunden für alle Altersgruppen:

• Haushaltskontakte

• Spielgruppen- und Kin- dergartenkontakte (nur Vorschulkinder!)

• Kontakte in geschlosse- nen Institutionen (Anstal- ten, Kasernen)

• Pflegepersonal und Ärzte nur bei engem Kontakt wie nach der Mund-zu- Mund-Reanimation oder direktem Anhusten Gefährdete Personen Präventive Prophylaxe bis zum 30. Lebensjahr:

• Armeerekruten (z. B. in Finnland, USA)

• Geschlossene Bevölke- rungsgruppen (z. B. Ort- schaften, geographisch definierte Landesteile) bei beginnender Epide- mie 1 Fall pro 1000 Ein- wohner und pro Woche)

• Bevölkerungen und Rei- sende (längere Aufent- halte) in Epidemiegebie- ten

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Meningokokken

Aufenthalten in Epidemiegebie- ten (Sahelzone, Südamerika) eine Immunisierung mit dem kombi- nierten A+C+W135+Y-Impfstoff zu erwägen.

Spezifische Kontraindikationen sind bis heute noch nicht bekannt.

Auch wenn es keine Anhaltspunk- te für Schädigungen der Frucht- entwicklung gibt, sollte in der Schwangerschaft nur bei einer zwingenden Indikation geimpft werden.

Nebenwirkungen und Komplikationen

In der Bundesrepublik Deutsch- land ist zur Zeit der A+C-Menin- gokokken-Impfstoff nur direkt vom Hersteller (zum Beispiel Merieux) erhältlich. 0,5 ml Impf- stoff werden in einmaliger Gabe subkutan injiziert. Kinder unter zwei Jahren (nur A-Impfstoff!) be- nötigen jedoch zwei Dosen im Ab- stand von drei bis vier Monaten.

Die Meningokokken-Impfstoffe sind im allgemeinen sehr gut ver- träglich. Bei Schulkindern und Er- wachsenen treten in nur zehn Pro- zent milde Lokalreaktionen und in weniger als zwei Prozent Fieber und Abgeschlagenheit während ein bis zwei Tagen auf. Bei Säug- lingen und Kleinkindern sind die- se leichten Impfreaktionen etwas häufiger.

Qualität und

Dauer des Impfschutzes

Die Ende der sechziger Jahre ent- wickelten A- und C-Polysaccharid- Impfstoffe führen innerhalb einer Woche zu einer serogruppenspe- zifischen Immunität, die jedoch von beschränkter Dauer und stark altersabhängig ist. Mit einer ein- maligen Dosis des A-Impfstoffes läßt sich eine 90- bis 95prozentige Schutzwirkung erreichen, die zwei bis drei Jahre, manchmal so- gar bis fünf Jahre anhält. Kinder unter zwei Jahren benötigen für die gleiche Schutzwirkung, die

nur ein bis zwei Jahre anhält, eine zweite Dosis nach drei bis vier Monaten.

Der C-Impfstoff erzeugt einen nur 75- bis 90prozentigen und kaum mehr als ein Jahr anhaltenden Schutz. Bei Kindern unter zwei Jahren ist er wirkungslos. Beide Impfstoffe, heute meist als A+C- Kombinationsimpfstoff angebo-

ten, wurden bereits erfolgreich bei der Bekämpfung von Epide- mien eingesetzt. Die Notwendig- keit und das Intervall von späteren Boosterinjektionen ist noch un- klar.

Da die W135- und Y-Serogruppen in einigen Gebieten der Welt ei- nen erheblichen Anteil der Menin- gokokken-Infektionen verursa- chen und ihre Kapsel-Polysaccha- ride sehr immunogen sind, wer- den sie seit kurzem in kombinier- ten A-, C-, W135-, Y-Impfstoffen verwendet.

Die Qualität und Dauer des Impf- schutzes dieser beiden neuen Impfstoffkomponenten konnte bis heute jedoch noch nicht festge- stellt werden. Die Kapsel-Polysac- charide der B-Meningokokken sind nur wenig immunogen; bis heute konnte noch kein wirksa- mer Impfstoff entwickelt werden.

Kombination

mit anderen Impfstoffen

Über die Wechselwirkungen der Meningokokken-Impfstoffe mit anderen Impfstoffen ist nur wenig bekannt. Diphtherie- oder Teta- nus-Impfungen können jedoch ohne weiteres gleichzeitig verab- reicht werden, hingegen scheinen Viruslebendimpfstoffe (zum Bei- spiel Masern) bei gleichzeitiger Gabe die Immunantwort abzu- schwächen.

Literatur

(1) Herzog, Ch.: „Meningokokkeninfektionen:

Impf- und Chemoprophylaxe", Ther. Umschau 40 (1983) 239-243— (2) Immunization Practices Advisory Committee (ACIP): "Meningococcal Vaccines" Morbidity and Mortality Weekly Re- port 34 (1985) 255-259

Weitere Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Christian Herzog Departement Innere Medizin Kantonsspital Basel

CH-4031 Basel 2718 (42) Heft 38 vom 18. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

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